Der Ausgleich von Verlusten aus privaten Grundstücksveräußerungen, die im Überschussfall unter den besonderen Steuersatz fallen würden, ist - auch im Falle der Ausübung der Regelbesteuerungsoption (§ 30a Abs. 2 EStG 1988) - wie folgt beschränkt (§ 30 Abs. 7 EStG 1988):
In einem ersten Schritt kommt ein Ausgleich mit Überschüssen aus (anderen) privaten Grundstücksveräußerungen in Betracht, die unter den besonderen Steuersatz von 25% fallen.
Sind keine verrechenbaren positiven Einkünfte gegeben oder verbleibt dabei ein Verlustüberhang, ist der Verlust oder Verlustüberhang in einem zweiten Schritt zu halbieren. Dieser Hälfteverlust ist mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen. Der Verlustausgleich ist dabei immer nur mit dem Gesamtüberschuss aus Vermietung und Verpachtung nach Durchführung eines horizontalen Verlustausgleich
Beispiel:
Verlust aus privater Grundstücksveräußerung 1 | -100 |
Überschuss aus privater Grundstücksveräußerung 2 | 60 |
Verlust nach § 30 EStG 1988 | -40 |
Hälfteverlust | -20 |
Überschuss aus Vermietung und Verpachtung | 70 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 50 |
Rechtslage für realisierte Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen nach dem 31.12.2015
Durch die Erhöhung des besonderen Steuersatzes von 25% auf 30% für Veräußerungen nach dem 31.12.2015 werden die Verlustausgleichsbeschränkungen folgendermaßen angepasst:
In einem ersten Schritt kommt ein Ausgleich mit Überschüssen aus anderen privaten Grundstücksveräußerungen in Betracht, die unter den besonderen Steuersatz von 30% fallen.
Sind keine verrechenbaren positiven Einkünfte aus anderen privaten Grundstücksveräußerungen gegeben oder bleiben darüber hinaus Verluste übrig, sind diese auf 60% zu kürzen und gleichmäßig auf das Jahr der Verlustentstehung und die folgenden 14 Jahre zu verteilen und mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 oder 4 EStG 1988 in diesen Jahren auszugleichen.
Stattdessen kann in der Steuererklärung für das Verlustjahr beantragt werden, dass der auf 60% gekürzte Verlust im Verlustentstehungsjahr sofort mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen wird. § 39 Abs. 4 zweiter Satz EStG 1988 gilt entsprechend (vgl. Rz 7511a ff).
Diese Regelungen gelten für alle ab dem 1. Jänner 2016 realisierten Verluste - auch im Falle der Ausübung der Regelbesteuerungsoption (§ 30 Abs. 2 EStG 1988).
Beispiel 1:
A erzielt im Jahr 1 einen Verlust aus der Veräußerung von privaten Grundstücken in Höhe von 250 sowie einen Überschuss in Höhe von 100. Der nach der Verrechnung insgesamt verbleibende und erklärte Verlust in Höhe von 150 kann zu 60% ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden (somit in Höhe von 90). Dieser gekürzte Verlust ist auf 15 Jahre verteilt zu berücksichtigen oder stattdessen auf Antrag in voller Höhe (90) im Jahr der Verlustentstehung auszugleichen. Da A im Jahr 1 jedoch nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8 erzielt, stellt er keinen derartigen Antrag, sodass die Verteilung auf 15 Jahre zum Tragen kommt. Daher wirkt sich bei A im Jahr 1 - sowie in den folgenden 14 Jahren - der Verlust in Höhe von 6 steuermindernd aus.
Beispiel 2:
B erzielt im Jahr 1 aus der Veräußerung von privaten Grundstücken einen Verlust in Höhe von 100. Dieser kann zu 60% ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden (somit in Höhe von 60). B erzielt im Jahr 1 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und stellt daher keinen Antrag auf Berücksichtigung des Verlustes von 60. Da er in den folgenden Jahren 2 bis 5 keine positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, bleibt der jeweilige Jahresbetrag des Verlustes (4) ohne steuerliche Auswirkung. Im Jahr 6 nimmt B eine Vermietungstätigkeit auf und erzielt einen Überschuss in Höhe von 30. In diesem Jahr wirkt sich der Verlust aus dem Jahr 1 zu einem Fünfzehntel (somit in Höhe von 4) einkommensmindernd aus. Dies gilt auch bei ausreichenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Jahren 7 bis 15.
Wurde zunächst ein Gewinn aus Grundstücksveräußerungen versteuert und entsteht in einem späteren Zeitraum etwa wegen einer (Teil-)Rückzahlung des Kaufpreises (siehe dazu Rz 6677) ein Verlust, muss dieser Verlust im Abflussjahr berücksichtigt werden. Kam es jedoch zu gar keiner Besteuerung eines Gewinns aus Grundstücksveräußerungen, weil sich durch das Ausüben der Regelbesteuerungsoption (siehe dazu Rz 6683) keine Steuerbelastung ergab, ist ein später entstehender Verlust auch nicht zu berücksichtigen (VwGH 11.12.2019, Ro 2019/13/0035).
Beispiel 3:
Ein Steuerpflichtiger veräußerte 2016 eine Liegenschaft und erzielte einen Veräußerungsgewinn von 7.000 Euro, der als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen erfasst wurde. Aufgrund der ausgeübten Regelbesteuerungsoption nach § 30a Abs. 2 EStG 1988 und eines zu niedrigen Gesamteinkommens unterlagen diese Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung einem Steuersatz von 0%.
Im Jahr 2018 schloss der Steuerpflichtige mit dem seinerzeitigen Käufer einen gerichtlichen Vergleich und verpflichtete sich zu einer Teilrückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 20.000 Euro.
Da der Veräußerungserlös im Jahr 2016 zu keiner Besteuerung führte, weil sich insgesamt ein positives Einkommen von unter 11.000,00 Euro ergab, und der Gewinn aus der Grundstücksveräußerung auch nicht dazu geführt hat, dass potentiell vortragsfähige Verluste aus dem Jahr 2016 gekürzt wurden, war die im Jahr 2018 eingetretene Erlösminderung bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen.
22.4.6 Anrechnung der Grunderwerbsteuer und anderer Steuern (§ 30 Abs. 8 EStG 1988)
Gemäß § 30 Abs. 8 EStG 1988 wird die Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen entfällt, im Ausmaß einer sonst entstehenden Doppelbelastung auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung infolge eines vorangegangenen unentgeltlichen Erwerbes des Wirtschaftsgutes Erbschafts- oder Schenkungssteuer, Grunderwerbsteuer oder Stiftungseingangssteuer entrichtet hat. Der Antrag kann nur im Rahmen einer Veranlagung gestellt werden. Eine Doppelbelastung kann nur insoweit vorliegen, als die Bemessungsgrundlage für diese Steuern die ursprünglichen Anschaffungskosten bzw. im Fall der pauschalen Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 die anzuwendenden fiktiven Anschaffungskosten überstiegen hat. Bei Grundstücken und Gebäuden, bei denen die Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Grunderwerbsteuer oder die Stiftungseingangssteuer nach dem dreifachen Einheitswert bemessen wird, ist keine Anrechnung vorzunehmen, es sei denn, der dreifache Einheitswert liegt über den ursprünglichen Anschaffungskosten.Beispiel 1:
Ein Steuerpflichtiger hat im Erbweg vor dem 1.8.2008 ein vom Erblasser um 50.000 angeschafftes Neugrundstück erworben. Die Erbschaftssteuer wird am 1.6.2009 entrichtet. Das Grundstück wird am 1.12.2012 um 80.000 verkauft. Eine Anrechnung der Erbschaftssteuer kommt dem Grunde nach schon nicht in Betracht, weil sie nicht innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung entrichtet wurde.
Beispiel 2:
Ein Steuerpflichtiger hat im Erbweg vor dem 1.8.2008 ein vom Erblasser um 50.000 angeschafftes Neugrundstück erworben. Die Erbschaftssteuer wird am 1.8.2010 entrichtet. Das Grundstück wird am 1.5.2012 um 80.000 verkauft. Der Einheitswert im Zeitpunkt des Erbfalles hat 10.000 betragen.
Die Erbschaftssteuer wurde vom dreifachen Einheitswert in Höhe von 30.000 bemessen. Die auf die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen von 30.000 Euro entfallende Einkommensteuer kann nicht ermäßigt werden, weil insoweit keine Doppelbelastung mit Erbschaftssteuer vorliegt.
Beispiel 3:
Ein Steuerpflichtiger hat im Erbweg nach dem 31.7.2008 ein Grundstück erworben, das vom Erblasser um 120.000 angeschafft worden war. Das ursprünglich der landwirtschaftlichen Nutzung gewidmete Grundstück wurde in Bauland umgewidmet, der Einheitswert wurde mit 60.000 festgestellt. Die Grunderwerbsteuer wurde vom dreifachen Einheitswert bemessen und am 1.9 2010 entrichtet. Das Grundstück wird vom Erben um 200.000 am 1.12.2012 verkauft. Hinsichtlich eines Betrages von 60.000, um den der dreifache Einheitswert im Zeitpunkt des Erbfalles (180.000) die Anschaffungskosten (120.000) übersteigt, liegt eine Doppelbelastung vor; das ist ein Drittel der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer und drei Viertel der Einkünfte nach § 30 EStG 1988 (80.000). Da die Grunderwerbsteuer innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung entrichtet wurde, ist dem Grunde nach ein Drittel der auf das Grundstück entfallenden Grunderwerbsteuer anrechenbar. Der Höhe nach ist die Anrechnung mit drei Viertel der auf die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen entfallenden Einkommensteuer beschränkt.