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22.4.2 Veräußerung, Anschaffung

BMF2023-0.871.81913.3.2024

22.4.2.1 Begriff und Allgemeines

Rz 6623
Einkünftebegründender Tatbestand des § 30 EStG 1988 ist die Veräußerung. Darunter ist jede entgeltliche Übertragung zu verstehen (Verkauf, Tausch, sonstiges Rechtsgeschäft oder Rechtsverhältnis, mit dem ein Grundstück entgeltlich übertragen wird; zum Erbschaftskauf siehe Rz 134e). Unter Anschaffung ist spiegelbildlich jeder entgeltliche Erwerb zu verstehen. Anschaffung und Veräußerung sind daher korrespondierende Begriffe. Jeder Veräußerung auf Seiten des Überträgers steht im gleichen Zeitpunkt eine Anschaffung des Erwerbers gegenüber.

Als Zeitpunkt der Veräußerung (= Anschaffung) ist im Zusammenhang mit Grundstücken der Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes (zB Kauf- oder Tauschvertrag) und - abweichend vom allgemeinen steuerlichen Anschaffungszeitpunkt (Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums im Sinne der Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über das Wirtschaftsgut, VwGH 28.2.2012, 2009/15/0218) - nicht jener der sachenrechtlichen Übergabe maßgebend (VwGH 08.02.1989, 88/13/0049; VwGH 20.11.1997, 96/15/0256). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn das wirtschaftliche Eigentum schon früher übertragen wurde (siehe Rz 6629). Dies gilt grundsätzlich auch bei bedingten Rechtsgeschäften:

Optionen sind Bedingungen nicht gleichzuhalten. Eine Option liegt vor, wenn dem Vertragspartner ein einseitiges Gestaltungsrecht eingeräumt wird, einen Vertrag abzuschließen. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtswirksamkeit eines Vertrages ausdrücklich von der Erklärung eines Vertragspartners (zB des Käufers) abhängt. Bei solchen Optionsgeschäften kommt das relevante Verpflichtungsgeschäft erst bei Ausübung der Option zustande (VwGH 24.10.2019, Ro 2019/15/0177). Es gilt daher - bei Ausübung einer vor dem 1.4.2012 eingeräumten Option nach dem 31.3.2012 - die neue Rechtslage für Grundstücksveräußerungen. Der Ausübung einer Option gleichzuhalten ist die Ausübung eines im Vertrag über die Veräußerung vereinbarten Wiederkaufsrechtes.

Wird ein Grundstück beispielsweise im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung erworben, ist der Zeitpunkt der Zuschlagserteilung als maßgeblicher Stichtag für die Veräußerung bzw. Anschaffung zu sehen.

Unabhängig vom steuerlichen Rückwirkungsverbot stellt die gerichtliche ex tunc-Auflösung eines Veräußerungsvertrages nach § 870 ABGB (List oder Zwang), § 871 ABGB (Irrtum), § 879 ABGB (Nichtigkeit auf Grund eines Verstoßes gegen die guten Sitten; zB Wucher), § 932 ABGB (Wandlung) und § 934 ABGB (Verkürzung über die Hälfte) ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar (siehe dazu auch Abschnitt 3.2.9. der Richtlinien zur Abänderung gemäß § 295a BAO, Erlass des BMF vom 29.11.2006, BMF-010103/0083-VI/2006). Dies gilt auch für eine Rückabwicklung des Veräußerungsgeschäftes auf Grund einer bloßen Vereinbarung der Vertragsparteien, wenn nachweislich (gegenüber dem Parteienvertreter oder dem Finanzamt) die Voraussetzungen für eine gerichtliche Vertragsaufhebung gegeben wären. Die ImmoESt als steuerliche Rechtsfolge eines Geschäfts kann jedoch nicht als Irrtum iSd § 871 ABGB eine gerichtliche ex-tunc-Vertragsauflösung begründen (OGH 29.9.2015, 8 Ob 46/15w; OGH 3.7.1979, 2 Ob 529/79).

Wird eine Schenkung rückabgewickelt, stellt dies ebenfalls keine Veräußerung dar. Werden aber für ein zwischenzeitig vom Geschenknehmer errichtetes Gebäude die Herstellungskosten dem rückübertragenden Geschenknehmer ersetzt, kann bei Überschreitung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eine Veräußerung des Gebäudes bewirkt werden. Beschränkt sich die Entschädigung auf einen reinen Aufwandsersatz bzw. Ersatz der Herstellkosten, ist aber davon auszugehen, dass keine steuerlich relevanten Einkünfte erzielt werden.

Ist bei einer Grundstücksveräußerung zum Zeitpunkt der Rückabwicklung des ursprünglichen Veräußerungsgeschäftes noch kein Abgabenanspruch entstanden, sind die oben dargestellten Grundsätze nicht zu beachten. So lange auf Grund des ursprünglichen Veräußerungsgeschäftes noch kein Abgabenanspruch entstanden ist, ist eine Rückabwicklung dieses Veräußerungsgeschäftes ohne ertragsteuerliche Konsequenzen möglich. Die Rückabwicklung ist somit keine (neue) Veräußerung, sondern kann so gestellt werden, als ob die Veräußerung nie vollzogen wurde.

Es führt auch nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn der Steuerpflichtige den noch nicht entstandenen Abgabenanspruch bereits (zum Teil) entrichtet hat.

Der Grundsatz, dass Veräußerung und Anschaffung spiegelbildliche Begriffe sind, wird bei Zuwendungen durch Privatstiftungen durchbrochen. Solche Zuwendungen stellen kein Veräußerungsgeschäft dar. Allerdings gilt eine solche Zuwendung gemäß § 15 Abs. 3 Z 2 lit. a EStG 1988 als Anschaffung beim Zuwendungsempfänger. Als Anschaffungskosten sind die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Zuwendung anzusetzen (§ 15 Abs. 3 Z 2 lit. b EStG 1988).

Zu Sonderfragen siehe Rz 6629 ff.

Rz 6624
Keine Veräußerung/Anschaffung liegt insbesondere in folgenden Fällen vor:

Keine Aufteilung des ehelichen (partnerschaftlichen) Gebrauchsvermögens oder der ehelichen (partnerschaftlichen) Ersparnisse liegt dann vor, wenn eheliches (partnerschaftliches) Gebrauchsvermögen oder eheliche (partnerschaftliche) Ersparnisse mit Wirtschaftsgütern getauscht werden, die gemäß § 82 EheG (§ 25 EPG) nicht der Aufteilung unterliegen. In diesem Fall liegt insgesamt ein steuerbarer Tauschvorgang vor. Gemäß § 82 EheG (§ 25 EPG) unterliegen zB Wirtschaftsgüter, die zu einem Unternehmen gehören, Anteile an einem Unternehmen wie zB an einer GmbH oder einer Personengesellschaft nicht der Aufteilung. Der Aufteilung gemäß § 82 EheG unterliegen Anteile an einem Unternehmen aber dann, wenn es sich um eine bloße Wertanlage handelt; dies ist dann der Fall, wenn die Beteiligung mit keinem maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen verbunden ist, wobei ein maßgeblicher Einfluss bereits dann gegeben ist, wenn die bloße rechtliche Möglichkeit dazu besteht, ohne diese auszuüben (OGH 24.7.2014, 1 Ob 132/14i). Dies gilt auch für § 25 EPG.

Wird im Zuge einer Ehescheidung (Auflösung der eingetragenen Partnerschaft) die gemeinsame Ehewohnung (partnerschaftliche Wohnung) veräußert und der Veräußerungserlös anschließend entsprechend den Miteigentumsanteilen aufgeteilt, fällt dies nicht unter die Aufteilung des ehelichen (partnerschaftlichen) Gebrauchsvermögens nach § 83 EheG (§ 25 EPG), da das eheliche (partnerschaftliche) Gebrauchsvermögen veräußert und nicht aufgeteilt wird.

Schenkung, Übergabeverträge

Rz 6625
Eine Schenkung ist grundsätzlich nur bei Vermögensübertragungen unter (nahen) Angehörigen anzunehmen (Fremde pflegen einander gewöhnlich nichts zu schenken). Ertragsteuerlich wird in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch bei einer gemischten Schenkung Unentgeltlichkeit des gesamten Vorgangs angenommen (keine "Teilentgeltlichkeit"), wenn insgesamt Zuwendungsabsicht besteht und der Schenkungscharakter des Geschäftes überwiegt (siehe Rz 5571 sowie VwGH 18.9.1964, 1118/64; VwGH 21.10.1966, 1484/65; VwGH 3.3.1967, 0721/66; VwGH 24.6.2009, 2007/15/0113; VwGH 16.11.2021, Ro 2020/15/0015). Für die Beurteilung gilt:

Zur Übertragung gegen Rente siehe Rz 7001 ff.

Für die steuerliche Behandlung von Grundstückstransaktionen im Zusammenhang mit vorweggenommenen Erbfolgeregelungen gelten folgende allgemeine Grundsätze:

Beispiel (Übertragung nach dem 15.11.2021):

Vom Vater wird eine Liegenschaft im Wert von 1.000 an den Sohn übertragen. Dieser verpflichtet sich im Gegenzug, eine Ausgleichszahlung in Höhe von 800 an seine Schwester zu leisten. Die Ausgleichszahlung (800) beträgt mehr als 75% des gemeinen Werts des Grundstücks (750). Es liegt daher eine Veräußerung durch den Vater vor (dh. Steuerpflicht beim Vater).

Die Verpflichtung, einen allfälligen Veräußerungserlös mit anderen Erbberechtigten zu teilen, stellt dagegen keine Verpflichtung zur Leistung einer Ausgleichszahlung aus der eigenen Vermögenssphäre dar. Es liegt daher kein entgeltlicher Vorgang vor. Die spätere Veräußerung der Eigentumswohnung führt aber zur Steuerpflicht beim Veräußerer, wobei die nachfolgende teilweise Weitergabe des Verkaufserlöses an die anderen Erbberechtigten (Kinder) eine steuerlich unbeachtliche Einkünfteverwendung darstellt.

Wird der "weichende Erbe" mit einem Teil des übertragenen Grundstückes abgefunden, kommt es zu keiner Realisierung der im Grundstück enthaltenen stillen Reserven; es gelten die Grundsätze der Grundstücksrealteilung (siehe Rz 6627).

Für Schenkungen auf den Todesfall gelten die Regeln der Erbauseinandersetzung; siehe Rz 134a ff.

Rz 6625a
Auch die Übernahme von Verbindlichkeiten stellt eine Gegenleistung dar (siehe Rz 6655). Dabei gilt Folgendes:

Tausch

Rz 6626
Tauschvorgänge sind grundsätzlich immer als Veräußerungsvorgänge (und Anschaffungsvorgänge) zu werten. Werden aber unter nahen Angehörigen (siehe Rz 1129) Grundstücke (insbesondere im Rahmen einer Erbauseinandersetzung) getauscht, deren Werte sich erheblich unterscheiden, kann auch ein für alle Beteiligten unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegen. Für die Beurteilung gelten die in Rz 6625 dargestellten Grundsätze.

Stellt der Tausch einen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang dar, ist als Veräußerungserlös des hingegebenen und gleichzeitig als Anschaffungskosten des erhaltenen Grundstücks jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Grundstücks anzusetzen (vgl. § 30 Abs. 1 letzter Satz iVm § 6 Z 14 lit. a EStG 1988); der Veräußerungserlös fließt allerdings erst in jenem Zeitpunkt zu, zu dem der Steuerpflichtige das wirtschaftliche Eigentum über das erhaltene Grundstück erlangt. Werden Grundstücke getauscht, liegt - sofern keine Steuerbefreiung eingreift (siehe zB zur Flurbereinigung uä. Rz 6652) - bei jedem der Tauschpartner ein steuerpflichtiger Vorgang vor. Durch Ausgleichszahlungen vorgenommene Wertauf- oder -abstockungen sind nur für die Ermittlung des Anschaffungspreises (zB für eine spätere Veräußerung), nicht jedoch für die Ermittlung des Veräußerungserlöses (der Einkünfte nach § 30 EStG 1988) zu berücksichtigen. Die Anschaffungskosten des erhaltenen Grundstückes setzen sich demnach aus dem gemeinen Wert des hingegebenen Grundstückes zuzüglich der geleisteten Aufzahlung zusammen. Beim Tauschpartner sind die Anschaffungskosten des erhaltenen Grundstückes der Wert des von ihm hingegebenen Grundstücks abzüglich der erhaltenen Aufzahlung (vgl. auch Rz 2592).

Beispiel:

Das Grundstück X (Altgrundstück; AK: 50.000; gemeiner Wert 70.000) steht im Eigentum von A und das Grundstück Y (Neugrundstück; AK: 80.000; gemeiner Wert 120.000) im Eigentum von B. Es werden die Grundstücke getauscht, sodass Grundstück X im Eigentum von B und Grundstück Y im Eigentum von A entsteht. A zahlt außerdem an B eine Ausgleichszahlung von 50.000.

Die Einkünfte ermitteln sich wie folgt:

a) A gibt Grundstück X (gemeiner Wert 70.000) an B und erhält dafür von B dessen Grundstück Y (120.000); zusätzlich leistet A eine Ausgleichszahlung von 50.000. Er realisiert dadurch Einkünfte nach § 30 Abs. 4 EStG 1988 von 70.000 Veräußerungserlös x 14% = 9.800. Die Regeleinkünfteermittlung könnte beantragt werden.

b) B gibt das Grundstück Y (gemeiner Wert 120.000) an A und erhält dafür von A dessen Grundstück Y (70.000) und bekommt eine Ausgleichszahlung von 50.000. Er realisiert dadurch nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 (vereinfachend ohne Berücksichtigung von Kosten der Mitteilung oder Selbstberechnung) ermittelte Einkünfte nach § 30 EStG 1988 von 120.000 Veräußerungserlös abzüglich 80.000 Anschaffungskosten = 40.000.

Die Ausgleichszahlung wirkt sich hier nur für die Ermittlung der Anschaffungskosten der erworbenen "Grundstückshälften" aus und beträgt nunmehr:

a) Für A 120.000 (70.000 zuzüglich 50.000, die A als zusätzliches Entgelt für das Grundstück Y bezahlt hat).

b) Für B 70.000 (120.000 abzüglich 50.000, die B als zusätzliches Entgelt für das Grundstück X erhalten hat).

Ein steuerpflichtiger Tausch liegt auch dann vor, wenn Miteigentumsanteile an Grundstücken, welche bewertungsrechtlich keine wirtschaftliche Einheit bilden, zur Begründung von Alleineigentum getauscht werden.

Ebenso kommen auf die Zusammenlegung von Teilflächen zu einer Miteigentümergemeinschaft (zB zur besseren Gestaltung von Bauland) und die nachfolgende Realteilung die Tauschregeln zur Anwendung, soweit der Vorgang nicht nach § 30 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 befreit ist (siehe dazu Rz 6652). Ob zunächst Miteigentum begründet und dieses in der Folge geteilt wird oder ob zwischen den Eigentümern benachbarter Grundstücke mehrere Tauschverträge geschlossen werden, darf zu keiner unterschiedlichen steuerlichen Beurteilung führen. Nur hinsichtlich jener Flächen, die in Erfüllung der Vereinbarung wiederum an die früheren (Mit-)Eigentümer zurückfallen, ist nicht von einer Anschaffung auszugehen (VwGH 28.11.2002, 2000/13/0155).

Realteilung

Rz 6627
Bei der Realteilung eines im Miteigentum stehenden Grundstücks bzw. einer Mehrzahl von Grundstücken (zB Grund und Boden und Gebäude), welche aber bewertungsrechtlich eine wirtschaftliche Einheit (§ 2 BewG 1955) bilden, liegt aufgrund des Anspruchs der Miteigentümer auf reale Teilung gemäß § 843 ABGB wirtschaftlich betrachtet keine Veräußerung/Anschaffung vor, soweit nicht eine Geldabfindung mit außerhalb der Teilungsmasse befindlichen Wirtschaftsgütern geleistet wird (VwGH 22.6.1976, 0507/74, 0509/74, 0529/74; VwGH 8.9.2022, Ro 2022/15/0007). Dazu zählt zB auch die Übernahme von Verbindlichkeiten; diese zählen selbst dann nicht zur Teilungsmasse, wenn sie untrennbar mit der Liegenschaft verbunden sind. Im Falle von Verschiebungen der Wertverhältnisse ist die "Realteilung" als zweistufiger Vorgang zu werten (Aufteilung entsprechend der Wertverhältnisse und nicht nach Fläche): In einem ersten Schritt erfolgt die Aufteilung entsprechend der bisherigen Miteigentumsquote(n). In einem zweiten Schritt erfolgt die Verschiebung der Wertverhältnisse. Erfolgt die Verschiebung der Wertverhältnisse nach dem 15.11.2021 gegen die Leistung einer Ausgleichszahlung, die mindestens 75% des von der Verschiebung betroffenen anteiligen gemeinen Wertes ausmacht, liegt eine Teilveräußerung vor (vgl. Rz 6625). Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob ein Grundstück auf alle Miteigentümer zur Begründung von Alleineigentum aufgeteilt wird, oder ob ein Grundstücksteil lediglich an einen oder mehrere Miteigentümer "abgeteilt" wird und der Rest des Grundstückes im Miteigentum der übrigen oder aller bisherigen Miteigentümer verbleibt.

Beispiel:

Ein Grundstück steht je zur Hälfte im Miteigentum von A und B. Der gemeine Wert des Grundstücks beträgt 100.000 Euro. Das Grundstück ist mit einer Hypothek in Höhe von 40.000 Euro belastet. Das Miteigentum wird nach den Wohnungsgrößen aufgeteilt. A erhält eine Wohnung mit einem gemeinen Wert von 70.000 Euro und B eine Wohnung mit einem gemeinen Wert von 30.000 Euro. Die Verbindlichkeit wird im selben Verhältnis wie die Wohnungen aufgeteilt (A übernimmt 28.000 Euro an Verbindlichkeiten, B 12.000 Euro).

In einem ersten Schritt erfolgt die Aufteilung entsprechend der bisherigen Miteigentumsquoten. In einem zweiten Schritt erfolgt die Verschiebung der Wertverhältnisse des Grundstücks (70/30 statt 50/50). Wenn Ausgleichszahlungen mit außerhalb der Teilungsmasse gelegenen Wirtschaftsgütern geleistet werden, die mindestens 75% des von der Verschiebung betroffenen anteiligen gemeinen Wertes (20.000 Euro) ausmachen, liegt ein entgeltlicher Vorgang (Teilveräußerung) vor. Da die Übernahme der Verbindlichkeiten nicht zur Teilungsmasse gehört, handelt es sich um eine Leistung mit Wirtschaftsgütern außerhalb der Teilungsmasse. A übernimmt Verbindlichkeiten in Höhe von 28.000 Euro, somit um 8.000 Euro mehr, als er entsprechend der Miteigentumsquote übernehmen müsste. Da die Gegenleistung nicht 75% des verschobenen gemeinen Wertes erreicht, liegt kein Veräußerungsvorgang vor.

Im Ausmaß der Verschiebung der Wertverhältnisse ändert sich der Charakter als Altgrundstück hinsichtlich des erworbenen Grundstücksteils. Für eine nachfolgende Veräußerung liegt daher eine anteilige Anschaffung eines Neugrundstücks vor.

Beispiel:

Ein Grundstück steht je zur Hälfte im Miteigentum von A und B. Die Anschaffungskosten betragen 20.000 Euro und der gemeine Wert beträgt 100.000 Euro. A und B kommen überein, das Grundstück zu teilen. Dabei erhält A einen Teil, dessen Wert 60.000 Euro beträgt und der Teil des B hat einen Wert von 40.000 Euro. A muss daher an B einen Wertausgleich in Höhe von 10.000 Euro zahlen. Die Ausgleichszahlung entspricht der Wertverschiebung, sodass ein entgeltlicher Vorgang gegeben ist.

Bezogen auf den Wert des Grundstücksanteiles des B vor der Teilung (50.000 Euro) kommt es zu einer Wertverschiebung im Umfang von 20%. Als Anschaffungskosten des durch B veräußerten Grundstücksteiles sind daher 20% der auf ihn entfallenden AK (10.000 Euro) anzusetzen. Der erhaltenen Ausgleichszahlung sind daher anteilige AK von 2.000 Euro gegenüberzustellen. Der Veräußerungsgewinn beträgt daher 8.000 Euro.

Bei A erhöhen sich die auf ihn entfallenden Anschaffungskosten von 10.000 Euro um die gezahlte Ausgleichszahlung und betragen daher insgesamt 20.000 Euro.

Werden aneinandergrenzende Grundstücke (im Alleineigentum verschiedener Steuerpflichtiger) zu einem Grundstück (im Miteigentum aller Beteiligten) vereinigt, sind die Grundsätze der Realteilung sinngemäß anzuwenden, es sei denn das vereinigte Grundstück ist dem Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft zuzurechnen.

Vermögensgegenstände können grundsätzlich nur dann eine wirtschaftliche Einheit bilden, wenn sie demselben Eigentümer gehören. Zwei Grundstücke, an denen zwar die selben beiden Personen Miteigentümer sind, aber in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen, stellen keine wirtschaftliche Einheit dar. Eine Teilung, sodass jede Person Alleineigentum an einem der beiden Grundstücke erwirbt, stellt einen Tausch dar (VwGH 8.9.2022, Ro 2022/15/0007).

Die Aufgabe des Miteigentums an einem Grundstück gegen Übertragung des Alleineigentums an einem anderen Grundstück stellt keine Realteilung dar. Es liegt ein Tauschvorgang und somit eine Veräußerung im Sinne des § 30 EStG 1988 vor.

Wird keine Ausgleichszahlung (zwischen Fremden) geleistet, ist anzunehmen, dass eine wertäquivalente Aufteilung erfolgt ("Fremde pflegen einander nichts zu schenken").

Bei Zivilteilung einer Liegenschaft und der damit verbundenen Veräußerung im Wege der öffentlichen Feilbietung liegt eine Veräußerung iSd § 30 EStG 1988 vor (VwGH 16.9.1975, 0733/75).

Eine unentgeltliche Anteilsberichtigung anlässlich der Begründung von Wohnungseigentum oder bei Änderungen der Nutzwerte stellt grundsätzlich keinen Veräußerungsvorgang dar (siehe bereits Rz 6624). Werden allerdings Ausgleichszahlungen (Spitzenausgleich) geleistet, besteht wie bei der Realteilung insoweit Steuerpflicht.

Eine vergleichsmäßige Festlegung eines unklaren Grenzverlaufes oder unklarer Eigentumsverhältnisse stellt ebenfalls keinen Tausch dar. Dagegen liegt dann ein Tauschvorgang vor, wenn ein klarer Grenzverlauf durch einen anderen ersetzt wird oder unstrittige Eigentumsverhältnisse einer Neuregelung unterzogen werden.

Die Einlage von Grundstücken in eine Kapitalgesellschaft gilt nach § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 als Tausch.

Kein Tausch ist die Zuwendung von Grundstücken an eine Privatstiftung (siehe Rz 6624).

Parifizierung

Rz 6627a
Die erstmalige Parifizierung von Eigentumswohnungen stellt keinen Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang dar (siehe Rz 6624). Wie bei einer Realteilung liegt eine Konkretisierung der bisherigen Miteigentumsanteile vor und das Wohnungseigentum tritt an die Stelle des bisherigen Miteigentums (bzw. auch Alleineigentums bei Parifizierung von im Alleineigentum stehenden Grundstücken). Somit tritt auch die Eigentumswohnung in die Rechtstellung des bisherigen (anteiligen) Grundstücks ein und es setzen sich die Anschaffungskosten und eine allfällige (anteilige) Altvermögenseigenschaft des Miteigentumsanteiles im geteilten Grundstück fort. Dies gilt sinngemäß auch für den Fall, in dem am ungeteilten Grundstück Alleineigentum des nunmehrigen Wohnungseigentümers aller neuen Eigentumswohnungen bestanden hat.

Beispiel:

A und B erben je zur Hälfte im Jahr 1999 ein Zinshaus mit 10 Mietwohnungen. Im Jahr 2005 kauft A auch den Hälfteanteil des B. Im Jahr 2014 lässt er das Gebäude parifizieren und die Wohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln (Begründung von vorläufigem Wohnungseigentum), um diese besser veräußern zu können. Das (vorläufige) Wohnungseigentum tritt an die Stelle des bisherigen Alleineigentums des A. Somit stellen die Eigentumswohnungen bei A je zur Hälfte Alt- und Neuvermögen dar.

Spätere neue Festsetzungen der Nutzwerte gemäß § 9 Abs. 2 WEG 2002 stellen ebenfalls keinen Veräußerungs- bzw. Anschaffungsvorgang dar, wenn keine Gegenleistung erbracht wird.

Zivilteilung

Rz 6627b
Erwirbt ein Miteigentümer aus Anlass einer Teilungsklage im Wege der Versteigerung die gesamte Liegenschaft, dann liegt eine Anschaffung nur hinsichtlich der erworbenen Miteigentumsanteile vor. Anschaffungskosten für die erworbenen Miteigentumsanteile sind nur die Teile des Meistbotes, die auf die weichenden bisherigen Miteigentümer entfallen.

Grundstücksverlosung

Rz 6628
Beim Verloser eines Grundstücks ist in wirtschaftlicher Betrachtung - ungeachtet der Bezeichnung als "Verlosung" - ertragsteuerlich ein Veräußerungsgeschäft anzunehmen. Der Verloser hat nicht die Absicht, das Grundstück unentgeltlich zu übertragen, sondern einen - einer "klassischen" Veräußerung vergleichbaren - Gewinn zu erzielen.

Der Verloser verwirklicht daher den Veräußerungstatbestand (zu den Steuerbefreiungen siehe Rz 6632 ff). Veräußerungserlös ist der Gesamterlös aller verkauften Lose.

Der Lospreis ist im Rahmen eines synallagmatischen Verhältnisses an den Gesamtwert des verlosten Objektes gebunden. Unter diesem Aspekt und unter Beachtung, dass die Begriffe "Veräußerung" und "Anschaffung" korrespondierend sind (siehe Rz 6623), führt die Veräußerung auf Seiten des "Verlosers" daher auf Seiten des "Gewinners" zu einem Anschaffungsvorgang.

Die Anschaffungskosten entsprechen seinem Lospreis zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten. Veräußert der "Gewinner" seinerseits das Grundstück, liegen bei ihm Einkünfte nach § 30 EStG 1988 vor. Die Besteuerung der vollen Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Veräußerungserlös (abzüglich allfälliger zwischenzeitiger Herstellungs- oder Instandsetzungskosten) entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

Baurecht

Rz 6628a
Die Veräußerung eines Baurechts an einem privaten Grundstück führt zu Einkünften gemäß § 30 EStG 1988. Eine Veräußerung liegt vor, wenn für die Übertragung des Baurechts ein entsprechendes Entgelt geleistet wird (zB Barzahlung oder Schuldübernahmen hinsichtlich bereits fällig gewordener und vom Veräußerer noch nicht entrichteter Bauzinse).

Die Übernahme der noch offenen, nicht fälligen Bauzinse stellt keinen Veräußerungserlös dar; es liegt eine unentgeltliche Übertragung des Baurechts vor.

Bei erstmaliger Einräumung des Baurechts entsteht das Baurecht originär, eine Anschaffung liegt daher nicht vor, sondern es führt die entgeltliche Einräumung des Baurechts gemäß § 28 EStG 1988 zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (siehe dazu Rz 6408a). Da der Tatbestand des § 30 EStG 1988 keine Anschaffung des veräußerten Wirtschaftsgutes verlangt, fällt auch die erstmalige Veräußerung des Baurechts unter § 30 EStG 1988. Hat der Baurechtsinhaber dem Grundstückseigentümer für die Einräumung des Baurechts kein eigenes Entgelt geleistet, sind die Anschaffungskosten des Baurechts mit Null anzusetzen.

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