VwGH 2000/13/0155

VwGH2000/13/015528.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des M N in E, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 58/12A, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat X) vom 21. Juli 2000, GZ. RV/814-17/05/99, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §30 Abs1 Z1 lita;
EStG 1988 §30 Abs1 Z1 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Eltern des Beschwerdeführers waren je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke 3505/1, 3507 und 3508 einer näher bezeichneten KG im Gesamtausmaß von 6.144 m2. Gemeinsam mit anderen Grundstücks(mit)eigentümern schlossen sie im September/Oktober 1997 eine Vereinbarung (Parzellierungsübereinkommen/Widmungsvertrag), wonach einzelne Trennflächen der Grundstücke der Vertragsparteien unter Zugrundelegung eines Teilungsplanes zu dem neu geschaffenen Grundstück 3519 zusammengelegt wurden. Weiters sah die genannte Vereinbarung vor, die Miteigentumsgemeinschaft in der Folge durch Realteilung aufzuheben und für übernommene "Mehrflächen" einen Verrechnungspreis von 900 S pro m2 zu leisten. Die Eltern des Beschwerdeführers hatten die eingebrachten Grundstücksflächen bereits mehr als zehn Jahre in Besitz.

Für die Einbringung von Teilflächen der angeführten Grundstücke im Ausmaß von 2.269 m2 erhielten die Eltern 4.538/34.338 Miteigentumsanteile an dem neu geschaffenen Grundstück 3519 und in der Folge die Parzellen 3519/4, 3519/10 und 3519/15 (mit einer Gesamtfläche von 1.961 m2) in ihr gleichteiliges Eigentum übertragen. Eine Teilfläche von 325 m2 wurde an das öffentliche Gut abgetreten; für den Erhalt von "Mehrflächen" im Ausmaß von 17,5 m2 fiel ein Gesamtbetrag von 15.645 S (Preis pro m2 900 S) an.

Mit Notariatsakt vom 16. September 1997 wurden dem Beschwerdeführer die angeführten Parzellen von seinen Eltern geschenkt. Schon im Dezember 1997 verkaufte er das Grundstück 3519/10 um 955.000 S und im September 1998 das Grundstück 3519/15 um 850.500 S.

Als dem Finanzamt diese Vorgänge bekannt wurden, nahm es die Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 1997 und 1998 wieder auf. Das Finanzamt beurteilte die Liegenschaftsverkäufe mit der Begründung als Spekulationsgeschäfte, dass die Einbringung der Liegenschaften in die Grundstücksgemeinschaft einen Tausch und damit einen Anschaffungsvorgang im Sinne des § 30 EStG dargestellt habe und die Veräußerung durch den Rechtsnachfolger daher innerhalb der 10-Jahresfrist erfolgt sei. Die Anschaffungskosten wurden folgendermaßen berechnet:

Eingebrachte Fläche 2.269 m2 zu 900,-- S/m2

gemeiner Wert 2,042.100 S

erhaltene Fläche 1.961 m2

Preis pro m2 daher 1.041,36 S/m2 Anschaffungskosten für Parzelle 3519/10 729.991 S

(701 m2)

Anschaffungskosten für Parzelle 3519/15 656.055 S

(630 m2)

In der gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Realteilung nicht unter den Spekulationstatbestand falle und dies auch für den umgekehrten Fall der Grundstückszusammenlegung gelten müsse. Auch sei der gemeine Wert mit 900 S/m2 unrichtig angenommen worden. Der gemeine Wert sei vielmehr aus Verkäufen in zeitlichem Zusammenhang zum Stichtag abzuleiten und entspräche daher den bei den nachfolgenden Veräußerungen erzielten Kaufpreisen. Auch habe das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern festgestellt, dass von der hingegebenen Fläche im Ausmaß von 2.269 m2 wiederum 1.588 m2 (somit 70 %) nach der Parzellierung unverändert in den Besitzstand der Eltern zurückgekommen seien und deshalb hinsichtlich dieser "Eigentum-deckungsgleichen Flächen" kein grunderwerbsteuerlicher Tausch vorliege. Dies müsse auch einkommensteuerlich gelten.

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde dem Grunde nach die Ansicht des Finanzamts, wonach hinsichtlich der Einbringung der Grundstücksflächen in ein gemeinsames Grundstück auf Grund des Parzellierungsübereinkommens von einem Tausch auszugehen sei. Als Anschaffungszeitpunkt sei der Zeitpunkt der Einbringung der Grundstücke in die Parzellierungsgemeinschaft anzunehmen. Die deckungsgleichen Flächen seien in die Spekulationsbesteuerung einzubeziehen, weil auch an diesen Flächen durch die Zusammenlegung Miteigentum der Grundstücksgemeinschaft entstanden und damit der Tatbestand des Tausches verwirklicht sei. Da das EStG eine § 3 Abs. 2 GrEStG (der eine Grunderwerbsteuerfreistellung deckungsgleicher Flächen normiere) vergleichbare Bestimmung nicht enthalte, könne nicht von einer vergleichbaren Einkommensteuerfreistellung ausgegangen werden.

Weiters änderte die belangte Behörde die Bescheide u.a. dahingehend ab, dass sie die Anschaffungskosten mit 900 S/m2 (demnach für Parzelle 3519/10 mit 630.900 S, und für Parzelle 3519/15 mit 567.000 S) bemaß, weil der Anschaffungswert ident sei mit dem gemeinen Wert laut Grunderwerbsteuerbescheid. Der Beschwerdeführer habe auch keine konkreten Nachweise dafür erbracht, dass der gemeine Wert höher gewesen sei. Zudem sei bei der Berechnung des Spekulationsgewinnes die an das öffentliche Gut abgetretene Fläche anteilig zu berücksichtigen und vom Veräußerungserlös abzuziehen.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 liegen Spekulationsgeschäfte vor, wenn Grundstücke und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung veräußert werden. Wurde das Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen.

Ein Tausch ist ein Anschaffungs- und ein Veräußerungsgeschäft zugleich. Erfolgt hingegen die Realteilung eines im Miteigentum stehenden Wirtschaftsgutes, gelten abgabenrechtlich die Regeln des Tausches nicht. Eine Anschaffung und Veräußerung liegt, soweit kein Spitzenausgleich geleistet wird, nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1976, 529/74).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist zu beurteilen, ob das beschwerdegegenständliche Parzellierungsübereinkommen vom September/Oktober 1997 in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Anschaffung (Tausch) oder als Realteilung anzusehen ist und demnach die dem Beschwerdeführer im Jahr 1997 geschenkten Parzellen erst in diesem Jahr angeschafft wurden. Die Beschwerde bringt dazu vor, die Zusammenlegung der Grundstücke stelle den "umgekehrten Vorgang einer Realteilung" dar und könne deshalb ebenso wenig wie die anschließende Realteilung einen Spekulationstatbestand begründen.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt nicht die Ansicht, dass das gegenständliche Übereinkommen keine Elemente eines Tausches enthält. Sinn und Zweck des Parzellierungsübereinkommens war (nach dessen ausdrücklichem Wortlaut) die bessere Gestaltung von Bauland, wozu es nötig war, einzelne Teilflächen zu tauschen. Ob dazu zivilrechtlich zunächst Miteigentum begründet und dieses in der Folge geteilt wird oder ob zwischen den Eigentümern der benachbarten Grundstücke mehrere Tauschverträge geschlossen werden, darf zu keiner unterschiedlichen steuerlichen Beurteilung führen. Soweit sich der wirtschaftliche Gehalt des Parzellierungsübereinkommens daher auf einen Tausch von Grundstücksflächen erstreckt, liegt eine Anschaffung und Veräußerung vor. Dass der Erwerb von so genannten "Mehrflächen" im Rahmen des Parzellierungsübereinkommens zu einer Anschaffung bzw. Veräußerung führt, liegt auf der Hand. Hinsichtlich jener Flächen allerdings, die in Erfüllung der Vereinbarung wiederum an die früheren (Mit-)Eigentümer zurückgefallen sind, folgt aus den Überlegungen zur Gleichbehandlung mit jenen Fällen, in denen derselbe wirtschaftliche Erfolg durch den unmittelbaren Tausch von Teilflächen zwischen den Grundstücksnachbarn erzielt wird, dass von einer Anschaffung nicht auszugehen ist.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die Veräußerungen 1997 und 1998 nur in Ansehung der neu hinzugekommenen Flächen den Spekulationstatbestand erfüllen. Insoweit die belangte Behörde auch hinsichtlich des unveränderten Besitzstandes (so genannte deckungsgleiche Flächen) einen Tausch angenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Die Beschwerde wendet sich weiters gegen den Ansatz des gemeinen Wertes mit 900 S/m2. Im Hinblick auf das fortzusetzende Verfahren ist dazu Folgendes zu bemerken:

Nach § 30 Abs. 5 EStG 1988 ist bei Tauschvorgängen im Sinne des § 6 Z. 14 EStG 1988 der gemeine Wert anzusetzen. Gemäß § 6 Z. 14 lit. a EStG 1988 ist als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen.

§ 10 Abs. 2 BewG 1955 zufolge wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat den gemeinen Wert mit 900 S/m2 angenommen, weil dies dem "gemeinen Wert laut Grunderwerbsteuerbescheid" entspreche. Aus dem späteren Verkaufspreis lasse sich der seinerzeitige gemeine Wert nicht ableiten, da es auf der Hand liege, dass die verkaufte "bauoptimale" Liegenschaft einen höheren Wert als zuvor aufweise. Der Beschwerdeführer bringt demgegenüber vor, der gemeine Wert sei in erster Linie aus Verkäufen in zeitlichem Zusammenhang zum maßgeblichen Stichtag abzuleiten. Die vom Beschwerdeführer in den Jahren 1997 und 1998 getätigten Grundstücksverkäufe würden in zeitlicher Nähe zum Anschaffungszeitpunkt liegen, so dass davon ausgegangen werden könne, dass zwischenzeitig eine Wertsteigerung nicht eingetreten sei.

Aus dem in den Verwaltungsakten erliegenden Parzellierungsübereinkommen geht hervor, dass das Grundstück 3519/16 unmittelbar im Anschluss an die Realteilung um

1.350 S/m2 (offenbar an ein selbst keine Grundstücksflächen einbringendes Ehepaar) verkauft wurde, während auf der anderen Seite laut Parzellierungsübereinkommen für "erworbene Mehrflächen" lediglich 900 S/m2 an die früheren Eigentümer zu zahlen waren. Diese unterschiedlichen Wertansätze für die eingebrachten Teilflächen einerseits und die neu geschaffene Parzelle andererseits lassen die behördliche Schlussfolgerung, die Wertsteigerung sei in der Schaffung "bauoptimaler" Grundstücke durch die Parzellierung begründet, nicht unschlüssig erscheinen. Dass die vom Parzellierungsübereinkommen betroffenen Grundstücke auch vor der Parzellierung - wie der Beschwerdeführer betont - bebaubar waren, steht - schon im Hinblick auf den unstrittigen Zweck des Parzellierungsübereinkommens ("die bessere Gestaltung von Bauland") - einer derartigen Sachverhaltsannahme nicht entgegen. Solcherart wird es im fortzusetzenden Verfahren allenfalls am Beschwerdeführer liegen, substanziiert vorzubringen, warum der im Parzellierungsübereinkommen angesetzte Verrechnungspreis nicht dem gemeinen Wert im Sinne des § 10 Abs. 2 BewG 1955 entsprochen haben sollte.

Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen, der angefochtene Bescheid sei aus näher angeführten Gründen nicht mit seiner Verkündung, sondern erst durch Zustellung wirksam geworden, sodass die belangte Behörde auf einen zwischen den beiden Zeitpunkten eingebrachten Schriftsatz hätte eingehen müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer abgegolten wird.

Wien, am 28. November 2002

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