Den Verwender, der einen dauernden Standort im Ausland behauptet, trifft dabei schon aufgrund der Verwendung des Kraftfahrzeuges im Inland und des gegebenen Auslandsbezuges die Pflicht, für die Erbringung des allenfalls erforderlichen Gegenbeweises vorzusorgen und erforderliche Beweismittel beizuschaffen (erhöhte Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflicht).
Nach der Rechtsprechung des VwGH setzt die Beurteilung, ob ein Kraftfahrzeug seinen dauernden Standort entgegen der in § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 normierten Standortvermutung nicht im Bundesgebiet hat, Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges voraus, aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte ergeben, ob das Kraftfahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung für Zwecke der Vollziehung des KFG 1967 einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zugeordnet werden muss oder nicht. Der Gegenbeweis ist als erbracht anzusehen, wenn sich anhand der Feststellungen über den regelmäßigen Ort sowie die Art und Weise der Verwendung des Fahrzeuges hinreichende Anhaltspunkte ergeben, dass das Kraftfahrzeug bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes zuzuordnen ist (vgl. VwGH 19.12.2023, Ra 2022/15/0055; VwGH 28.10.2009, 2008/15/0276; VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025; VwGH 19.3.2003, 2003/16/0007; VwGH 23.10.2001, 2001/11/0288).Ist der Verwender des Kraftfahrzeuges eine Privatperson, muss zur Erbringung des Gegenbeweises konkret dargelegt werden, dass in einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse dauerhaft hauptsächlich von einem bestimmten Ort im Ausland über das Fahrzeug verfügt wird (VwGH 16.6.2021, Ra 2018/16/0171; VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025). Der Ort, an welchen das Kraftfahrzeug regelmäßig zurückkehrt (Garagierung), an welchem allfällige Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden, eine überwiegend im Ausland zurückgelegte Kilometerleistung sowie eine überwiegende zeitliche Aufenthaltsdauer des Kraftfahrzeuges im Ausland stellen Indizien dafür dar. Bei Privatpersonen bedarf es zur Erbringung des Gegenbeweises in der Regel eines ausländischen Nebenwohnsitzes, welchem das Kraftfahrzeug zuzuordnen ist.Ist der Verwender des Kraftfahrzeuges ein Einzelunternehmer, muss zur Erbringung des Gegenbeweises konkret dargelegt werden, dass in einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse dauerhaft hauptsächlich von einem bestimmten Ort im Ausland über das Fahrzeug verfügt wird (VwGH 28.10.2009, 2008/15/0276). Der Ort, an welchen das Kraftfahrzeug regelmäßig zurückkehrt (Garagierung), an welchem allfällige Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden, eine überwiegend im Ausland zurückgelegte Kilometerleistung sowie eine überwiegende zeitliche Aufenthaltsdauer des Kraftfahrzeuges im Ausland stellen Indizien dafür dar. Eine Widerlegung der Standortvermutung gemäß § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967 kommt gleichermaßen und unabhängig davon in Betracht, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat verwendet wird. Bei Einzelunternehmern muss zur Erbringung des Gegenbeweises das Kraftfahrzeug dem ausländischen Betriebsstandort zuordenbar sein.Ist bei Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch ein ausländisches Unternehmen, welches im Inland keine Betriebsstätte hat, der inländische Dienstnehmer, selbstständige Handelsvertreter oder Gesellschafter-Geschäftsführer der Verwender des Kraftfahrzeuges (siehe Rz 50), muss zur Erbringung des Gegenbeweises konkret dargelegt werden, dass in einer Gesamtbetrachtung überwiegend vom ausländischen Betriebsstandort über das Kraftfahrzeug verfügt wird (vgl. VwGH 19.12.2023, Ra 2022/15/0055; VwGH 30.1.2020, Ra 2019/16/0215; VwGH 3.10.2016, Ra 2016/02/0151; VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025). Dass das Kraftfahrzeug regelmäßig an den Betriebsstandort zurückkehrt (Garagierung), an diesem allfällige Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt werden, eine überwiegend im Ausland zurückgelegte Kilometerleistung sowie eine überwiegende zeitliche Aufenthaltsdauer des Kraftfahrzeuges im Ausland stellen Indizien dafür dar. Maßgeblich ist zudem das Verhältnis zwischen betrieblicher Verwendung für das ausländische Unternehmen und Privatnutzung durch den Verwender. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelten als betrieblich veranlasste Fahrten. Eine strikte prozentuelle Aufteilung ist hierbei grundsätzlich nicht entscheidend, sondern aus der Gesamtbetrachtung der Verhältnisse ist zu entscheiden, ob das Kraftfahrzeug dem Betriebsstandort zuordenbar ist.Im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist der Gegenbeweis jedenfalls dann als erbracht anzusehen, wenn das Kraftfahrzeug weitaus überwiegend im Ausland verwendet wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich oder privat genutzt wird. Dass mit einem Kraftfahrzeug regelmäßig (z.B. täglich) ins Inland zurückgekehrt wird, dieses Kraftfahrzeug im Inland geparkt oder garagiert und im Inland über die Verwendung dieses Kraftfahrzeuges entschieden wird, vermag in diesen Fällen an der erfolgreichen Widerlegung der Standortvermutung im Inland nichts zu ändern (vgl. VwGH 12.11.2021, Ro 2019/16/0012; VwGH 23.9.2021, Ra 2019/16/0152; VwGH 16.6.2021, Ra 2018/16/0171; VwGH 28.10.2009, 2008/15/0276).Gelingt der Gegenbeweis zur Standortvermutung des § 82 Abs. 8 KFG 1967, ist davon auszugehen, dass trotz Vorliegens eines inländischen Hauptwohnsitzes bzw. Sitzes des Verwenders der Standort des Kraftfahrzeuges nicht im Bundesgebiet ist und die Bestimmungen des § 79 KFG 1967 anzuwenden sind.Beispiel:
Ein ausländischer Dienstgeber stellt seinem inländischen Dienstnehmer zur Erfüllung seiner Dienstverrichtungen in Österreich einen Pkw mit ausländischem Kennzeichen als Dienstfahrzeug zur Verfügung; eine private Nutzung ist ausgeschlossen.
Der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges liegt im Ausland, weil die Verfügungsmacht über das Kraftfahrzeug beim Dienstgeber liegt und er den Nutzen aus der Verwendung zieht. Daher ist das Kraftfahrzeug in Österreich nicht anzumelden. Wird dieses Kraftfahrzeug allerdings ununterbrochen länger als ein Jahr im Inland verwendet, ergibt sich gemäß § 79 KFG 1967 die Pflicht zur Anmeldung in Österreich.
A.2.3.8. Prüfungsschema für die Feststellung einer widerrechtlichen Verwendung
Folgende Schritte sind nacheinander bei der Überprüfung der widerrechtlichen Verwendung zu beachten:- 1. Bestimmung des Verwenders
- 2. Darauf beruhend standortmäßige Zuordnung des Kraftfahrzeuges das In- oder Ausland
- Bei einer Zuordnung in das Inland gilt die widerlegbare Standortvermutung gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967.
- 1. Bestimmung des Verwenders
- 2. Darauf beruhend standortmäßige Zuordnung des Kraftfahrzeuges das In- oder Ausland
- 3. Widerlegung der Standortvermutung durch den Verwender erfolgt durch:
- Eine Gesamtbetrachtung des regelmäßigen Orts sowie der Art und Weise der Verwendung des Kraftfahrfahrzeuges.
- Die Zuordnung zu einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung.
- Eine überwiegende Verwendung des Kraftfahrzeuges im Ausland (zurückgelegte Kilometer und Zeit).
- Ausnahme: Zuordnung des Kraftfahrzeuges zum Betriebsstandort im Ausland im Rahmen des Gegenbeweises (siehe Rz 62)
Bei den gefahrenen Kilometern erfolgt keine Unterscheidung in privat oder beruflich veranlasste Fahrten.
- Sticht das Merkmal gefahrene Kilometer im Ausland weitaus überwiegend (mit z.B. über 80%) hervor, dann ist die Standortvermutung jedenfalls widerlegt, auch wenn andere Anhaltspunkte im Rahmen der Gesamtbetrachtung (zeitlicher Aufenthalt, Garagierung, etc.) für einen dauernden Standort im Inland sprechen.
- Es bedarf jedenfalls eines Gegenbeweises; eine Glaubhaftmachung ist nicht ausreichend.
Randzahlen 66 bis 99: derzeit frei
Zusatzinformationen:
Betroffene Normen:
- § 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
- § 82 Abs. 8 erster Satz KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
- § 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
