Übersteigen die Einkünfte des (Ehe)Partners oder des Steuerpflichtigen am Familienwohnsitz den der Rz 773 entsprechenden jährlichen Betrag nicht, machen sie jedoch mehr als ein Zehntel der Einkünfte des Steuerpflichtigen aus, kommt den Einkünften des (Ehe-)Partners bzw. des Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Bedeutung zu, die aus der Sicht des Steuerpflichtigen die Unzumutbarkeit eines Wechsels des Familienwohnsitzes bewirken kann.
Private Veranlassung ist hingegen zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige in anderen Fällen den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort zB ein Eigenheim errichtet hat.
5.9.9.4 Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes
Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ist zB unzumutbar:- Bei ständig wechselnder Arbeitsstätte (zB bei einem Bauarbeiter, bei saisonal Beschäftigten oder bei Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine häufige Abberufung zu entsprechend weit entfernten Arbeitsstellen gegeben ist. Die abstrakte Möglichkeit einer Abberufung reicht dazu aber nicht aus, es muss sich vielmehr um eine konkret, ernsthaft und latent drohende Möglichkeit einer solchen Abberufung handeln (VwGH 17.02.1999, 95/14/0059). Eine ständig wechselnde Arbeitsstätte liegt nicht mehr vor, wenn die Arbeitsstätte fünf Jahre beibehalten wurde.
- Wenn von vornherein mit Gewissheit anzunehmen ist, dass die auswärtige Tätigkeit mit vier bis fünf Jahren befristet ist (vgl. VwGH 26.11.1996, 95/14/0124; VwGH 24.11.2011, 2008/15/0296 zu einem auf zwei Jahre befristeten Projekt). Angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort ist es dem (auch alleinstehenden) Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben.
- Bei Unzumutbarkeit der (Mit)Übersiedlung von pflegebedürftigen Angehörigen (VwGH 27.5.2003, 2001/14/0121).
- Solange auf Grund fremdenrechtlicher Bestimmungen ein Familiennachzug nicht möglich ist (vgl. VwGH 19.10.2006, 2005/14/0127; VwGH 24.09.2007, 2007/15/0044).
- Im gemeinsamen Haushalt am Familienwohnsitz wohnen minderjährige unterhaltsberechtigte Kinder (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2016/13/0016).
- Wenn eine Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Aufgabe des Familienwohnsitzes muss sich aus Umständen von erheblichem objektivem Gewicht ergeben. Eine persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reicht nicht aus (VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0075; VwGH 03.08.2004, 2000/13/0083).
- Der Steuerpflichtige verfügt am Beschäftigungsort über keine Wohnung, sondern bewohnt eine Schlafstelle, die nicht geeignet ist, als Mittelpunkt der Lebensinteressen zu dienen (vgl. Rz 148).
- Der Verkauf des Einfamilienhauses bzw. der Wohnung am Familienwohnsitz würde aufgrund der Lage in einem strukturschwachen Gebiet zu erheblichen Vermögenseinbußen führen. Die Anschaffung einer adäquaten Wohnung am Beschäftigungsort wäre aus dem Erlös nicht möglich.
- Eigene Einkünfte bzw. Einkünfte des (Ehe)Partners am Familienwohnsitz (vgl. Rz 344) bzw. am Familienwohnsitz wird eine eigene - wenn auch kleine und nur der eigenen Selbstversorgung dienende - Landwirtschaft bewirtschaftet (vgl. UFS 07.07.2006, RV/0440-G/04; UFS 10.07.2009, RV/0137-K/07).
Wirtschaftliche Gründe, die die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort unzumutbar machen, können bei Vorliegen folgender beispielhaft angeführter Sachverhalte angenommen werden:
Bei ausländischem Familienwohnsitz gelten für die Frage der Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten grundsätzlich dieselben Kriterien wie bei inländischem Familienwohnsitz.
Siehe auch Beispiele Rz 10345.
Die Frage der Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen.Beispiel:
Bezieht die (Ehe)Partnerin oder der (Ehe)Partner am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte, liegt hinsichtlich der Wohnung am Beschäftigungsort ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der steuerlich relevanten Einkünfte der (Ehe)Partnerin oder des (Ehe)Partners am Familienwohnsitz eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung vor. Dies ist auch dann der Fall, wenn in der Zeit davor mangels des Vorliegens der steuerlich relevanten Einkünfte der (Ehe)Partnerin oder des (Ehe)Partners am Familienwohnsitz nicht von einer doppelten Haushaltsführung auszugehen war, und zB aus diesem Grund vom Finanzamt die diesbezüglichen Werbungskosten zu Recht versagt wurden (VwGH 21.06.2007, 2005/15/0079).