Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht, Organisation, Zoll |
betroffene Normen: | KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 |
Schlagworte: | Bankenpaket, Kontenregister, Konteneinschau, Konto, Bank, Kreditinstitut, Bankgeheimnis, Rechtsschutzbeauftragter |
Verweise: | BMF 19.07.2021, 2021-0.509.787 |
6. Abgabensicherung der Abgabenbehörden
Die Einsicht in das Kontenregister ist eine weitere Maßnahme, die im Verfahren zur Einbringung vollstreckbarer Rückstände oder zur Sicherstellung zu erwartender Abgabenforderungen zur Verfügung steht. Der Einsatz dieser Maßnahme hat nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Angemessenheit und Sparsamkeit zu erfolgen. Im Einzelfall ist abzuwägen, welche Maßnahme zum Einbringungserfolg führen kann.
Die Abgabenbehörde ist berechtigt, im Zuge von Abgabensicherungsmaßnahmen unter den in der Folge genannten Voraussetzungen in das Kontenregister Einsicht zu nehmen.
6.1. Voraussetzungen für eine Einsicht in das Kontenregister
Eine Einsicht in das Kontenregister ist nur zulässig, wenn ein automatisiert oder händisch ausgestellter Rückstandsausweis, ein Vollstreckungsbescheid oder Sicherstellungsauftrag vorliegt oder wenn nach Punkt 6.1.4. vorzugehen ist.
Eine Einsicht in das Kontenregister ist nur zulässig, wenn der gesamte vollstreckbare Rückstand bzw. im Falle eines Sicherstellungsauftrages die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld einen Betrag von 1.000 Euro übersteigt. Gibt es für einen Abgabenschuldner mehrere Vollstreckungsakten (zB eigene Steuernummer und Haftung für Rückstände einer GmbH, ein oder weitere § 213 Abs. 2-Konten zusätzlich zum Hauptkonto), bestehen keine Bedenken, die geschuldeten Abgabenbeträge zusammenzurechnen.
Die Kontenregistereinsicht ist ausschließlich der aktenführenden Dienststelle vorbehalten.
6.1.1. Verfahren nach erstmaliger Ausstellung eines Rückstandsausweises
Nach erstmaliger Ausstellung eines Rückstandsausweises (neuer Vollstreckungsfall) ist eine Einsicht in das Kontenregister nur nach einer anderen Erstmaßnahme (zB Zahlungsaufforderung, Vollstreckungsaußendienst) zulässig. Erfolgt auf die Erstmaßnahme keine Reaktion oder wird die Abgabenschuld nicht bezahlt, kann eine Einsicht in das Kontenregister durchgeführt werden. Die Einsicht in das Kontenregister ist im B-Verfahren durch die Teamleiterin/den Teamleiter bzw. im Vollstreckungsakt (Zollamt) als eigene Maßnahme anzumerken und einer bestimmten Mitarbeiterin/einem bestimmten Mitarbeiter zuzuteilen. In der Abfragemaske ist "Einbringungsverfahren" aus dem Dropdown Menü auszuwählen.
Werden Konten festgestellt, die dem Abgabenschuldner zugerechnet werden können, ist mittels Forderungspfändung auf ein allfälliges Guthaben zuzugreifen. Da der Abgabenschuldner über die erfolgte Kontenregistereinsicht verständigt wird, hat die Forderungspfändung unmittelbar zu erfolgen.
Ausnahme
Sind in einem erstmaligen Rückstandsausweis überwiegend Abgabenforderungen enthalten, deren Festsetzung auf ein Prüfungsverfahren zurückzuführen ist, kann die Veranlassung einer Erstmaßnahme entfallen und eine Einsicht in das Kontoregister und die Pfändung von Guthaben sofort erfolgen.
Liegt die Registerabfrage im Prüfungsverfahren weniger als drei Monate zurück, kann auch diese als Grundlage für die Pfändung herangezogen werden.
6.1.2.Verfahren nach wiederholter Ausstellung eines Rückstandsausweises (aufrechtes Vollstreckungsverfahren)
Sind bisherige Einbringungsmaßnahmen in einem aufrechten Vollstreckungsverfahren nicht zielführend gewesen, sodass mit einer zeitnahen Abstattung des Rückstandes nicht zu rechnen ist, wird eine Kontenregistereinsicht zweckmäßig sein.
Der Dokumentation im B-Verfahren (Finanzamt) bzw. im Vollstreckungsakt (Zollamt) ist in diesem Zusammenhang besondere Beachtung zu schenken.
Die Einsicht in das Kontenregister ist im B-Verfahren durch die Teamleiterin/den Teamleiter als eigene Maßnahme anzumerken und einer bestimmten Mitarbeiterin/einem bestimmten Mitarbeiter zuzuteilen. Beim Zollamt sind der Auftrag zur Einsicht in das Kontenregister und die Zuteilung an eine bestimmte Mitarbeiterin/einen bestimmten Mitarbeiter im Vollstreckungsakt zu dokumentieren.
Eine weitere Einsichtnahme in das Kontenregister ist nicht zwingend erforderlich, wenn wiederholt Forderungspfändungen zu einem bestimmten Bankkonto oder Depot vorgenommen werden.
Werden Konten festgestellt, die dem Abgabenschuldner zugerechnet werden können, ist mittels Forderungspfändung auf ein allfälliges Guthaben zuzugreifen. Da der Abgabenschuldner über die erfolgte Kontenregistereinsicht verständigt wird, hat die Forderungspfändung unmittelbar zu erfolgen.
6.1.3. Verfahren bei Ausstellung eines Sicherstellungsauftrages
6.1.3.1. Sicherstellungsauftrag im Prüfungsverfahren
- Erlassung durch die prüfende Stelle
- Genehmigung lt. Genehmigungserlass
- Einsicht in das Kontenregister sollte bereits im Rahmen der Prüfung erfolgt sein und ist daher für Sicherstellungsmaßnahmen zu verwenden. Liegt die Kontenregisterabfrage länger als drei Monate zurück, ist im Rahmen des Sicherstellungsverfahrens eine neuerliche Abfrage durch den Teamleiter AS zu veranlassen. Der Ablauf erfolgt analog zur oben beschriebenen Vorgangsweise. Eine vorherige Kontaktaufnahme mit dem Abgabepflichtigen hat im Hinblick auf das laufende Prüfungsverfahren zu unterbleiben.
- Einleitung Sicherstellungsmaßnahmen, insbesondere Pfändung der Guthaben auf den festgestellten Konten
6.1.3.2. Sicherstellungauftrag außerhalb eines Prüfungsverfahrens der Abgabenbehörden
- Erlassung durch veranlassende Stelle (idR BV-Team, aber auch AV oder AS möglich)
- Für die weitere Vorgangsweise ist das Verfahren bei erstmaliger Ausstellung eines Rückstandsausweises sinngemäß anzuwenden, wobei die Zustellung des Sicherstellungsauftrages bereits als erste Maßnahme zu werten ist.
6.1.3.3. Sicherstellungsauftrag durch Finanzpolizei
- Standardprozess
- Sicherungsmaßnahmen ausschließlich auf Vor-Ort-Sicherstellung bei Gefahr in Verzug eingeschränkt
- Kontenregistereinsicht und weitere Maßnahmen in diesem Zusammenhang bleiben der aktenführenden Dienststelle vorbehalten (Prozess daher w.o.)
6.1.4 Verfahren bei Rückzahlungen oder Erstattungen ohne Rechtsgrund (§ 241a BAO)
Eine Kontenregisterabfrage ist in Fällen des § 241a BAO unter folgenden Voraussetzungen zulässig:
- Es liegt ein Anwendungsfall des § 241a BAO vor (Rückforderungsbescheid zB in Bezug auf Erstattung von Abgaben, Rückzahlungen aus der Arbeitnehmer- oder Einkommensteuerveranlagungen oder Rückzahlungen nach § 239 BAO)
- Der Inhaber des Bankkontos, auf das die Auszahlung erfolgt ist, ist unbekannt.
- Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen und die Abfrage im Kontenregister sind von der Fachdienststelle zu prüfen und schriftlich zu beauftragen. Die Einsichtnahme kann ohne Einschränkung des zu Grunde liegenden Betrages erfolgen.
- Die Einsicht in das Kontenregister erfolgt durch für das Kontenregister berechtige Bedienstete der Abgabensicherung.
- Die Abfrage erfolgt über den IBAN des Bankkontos, auf das die Überweisung erfolgt ist.
- Das Ergebnis der Abfrage ist zu dokumentieren und dem Rückforderungsakt anzuschließen.
6.2. Einsicht in das Kontenregister im Insolvenzverfahren
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat die Exekutionssperre zur Folge, weshalb ab diesem Zeitpunkt für die Dauer des Insolvenzverfahrens eine Einsicht in das Kontenregister nicht mehr zweckmäßig ist.
Eine Kontenregistereinsicht auf Ersuchen des Insolvenzverwalters ist nicht zulässig; Ergebnisse dürfen ihm nicht übermittelt werden.
Sollte auf Grund der Aktenlage festgestellt werden, dass Konten, die der Dienststelle bekannt sind und nach den vorliegenden Hinweisen Teil des Massevermögens sein müssten, im Insolvenzverfahren nicht aufscheinen, ist im Wege der Fachdienststelle Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft zu erstatten (§ 156 StGB - Kridadelikt).
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht, Organisation, Zoll |
betroffene Normen: | KontRegG, Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, BGBl. I Nr. 116/2015 |
Schlagworte: | Bankenpaket, Kontenregister, Konteneinschau, Konto, Bank, Kreditinstitut, Bankgeheimnis, Rechtsschutzbeauftragter |
Verweise: | BMF 19.07.2021, 2021-0.509.787 |