19.5.1 Veräußerungstatbestände
19.5.1.1 Ausscheiden eines Gesellschafters
Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft stellt bei Entgeltlichkeit einen Veräußerungstatbestand dar. Dabei ist unerheblich, ob der Anteil an einen Neu- oder Altgesellschafter veräußert wird.Scheidet ein Gesellschafter gegen Übertragung eines Grundstückes aus dem Gesellschaftsvermögen aus der Mitunternehmerschaft aus, ist der Vorgang in zwei Schritte aufzuspalten: Die Abschichtung des Gesellschafters stellt bei diesem eine Mitunternehmeranteilsveräußerung dar (siehe dazu auch Rz 5975). Veräußerungserlös ist dabei der Wert der Abfindung. Im Rahmen der Betriebsveräußerung liegt hinsichtlich des im Gesellschaftsvermögen befindlichen Grundstücksanteiles eine Grundstücksveräußerung vor (siehe dazu Rz 5659 ff). In einem zweiten Schritt überträgt die Gesellschaft (steuerlich die Gesellschafter) das Grundstück als Leistung an Zahlungs statt an den ausscheidenden Gesellschafter und tilgt damit die gegenüber diesem bestehende Verbindlichkeit. Eine Leistung an Zahlungs statt stellt einen Veräußerungsvorgang dar (siehe auch Rz 6167a). Veräußerungserlös ist die getilgte Verbindlichkeit.Beispiel:
A, B und C sind zu je einem Drittel an der ABC-OG beteiligt. In dieser MU befinden sich seit der Gründung der OG durch A, B und C im Jahr 2000 zwei von fremden Dritten erworbene Grundstücke (Grundstück 1 AK gesamt: 90.000 Euro, gemeiner Wert: 300.000 Euro; Grundstück 2 AK gesamt: 180.000 Euro, gemeiner Wert: 420.000 Euro).
A scheidet aus der OG aus und wird von B und C abgeschichtet. Das Abschichtungsguthaben des A beträgt 420.000 (Unternehmenswert 1.260.000 Euro). Die Gesellschafter kommen überein, dass A das Abschichtungsguthaben durch Überlassung des Betriebsgrundstückes 2 "ausbezahlt" werden soll.
Das Kapitalkonto des A beträgt 150.000 Euro; in der Differenz zum Abschichtungsbetrag in Höhe von 420.000 Euro liegt bei A ein Gewinn aus einer Mitunternehmeranteilsveräußerung vor (270.000 Euro). Der Veräußerungserlös des A entfällt dabei im Verhältnis 10:14:18 auf Grundstück 1, Grundstück 2 und den übrigen MU-Anteil. Somit ergibt sich für
- Grundstück 1 ein Veräußerungsgewinn von 70.000 Euro (100.000 - 30.000),
- für Grundstück 2 ein Veräußerungsgewinn von 80.000 Euro (140.000 - 60.000) und für den
- übrigen MU-Anteil ein Veräußerungsgewinn von 120.000 Euro (180.000 - 60.000).
Der auf die Grundstücke entfallende Veräußerungsgewinn ist bei A mit dem besonderen Steuersatz zu erfassen.
In weiterer Folge wird der Anspruch des A auf Auszahlung des Abschichtungsguthabens durch die Übertragung des Grundstückes 2 entrichtet. Damit kommt es bei B und C zu einer Veräußerung dieses Grundstücks an A durch Überlassung an Zahlungs statt. Hinsichtlich des von A durch den Erwerb von dessen MU-Anteil erworbenen Drittels am Grundstück 2 liegt Neuvermögen vor; Anschaffungskosten und Veräußerungserlös decken sich aber, somit liegt der Veräußerungsgewinn für B und C hinsichtlich dieses Drittels bei 0.
Hinsichtlich der bei B und C zuzurechnenden Drittelanteile am Grundstück 2 werden durch die Überlassung an Zahlungs statt die stillen Reserven in Höhe von jeweils 80.000 Euro aufgedeckt. Im Ergebnis kommt es somit zur vollständigen Aufdeckung und steuerlichen Erfassung der in Grundstück 2 befindlichen stillen Reserven in Höhe von 240.000 Euro.
19.5.1.2 Veräußerung eines Teilanteiles
Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils liegt auch dann vor, wenn bloß ein Teil der Beteiligung an einen Alt- oder Neugesellschafter veräußert wird (VwGH 8.3.1994, 91/14/0173) oder wenn die Beteiligungsverhältnisse zwischen den Gesellschaftern auf entgeltlicher Grundlage geändert werden.19.5.1.3 Entgeltliche Übertragung einer Quote eines Einzelunternehmers
So wie die Schenkung der Quote eines Einzelunternehmens der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils iSd § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 gleichgehalten wird, kann die Veräußerung der Quote eines Einzelunternehmens wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gewertet werden.19.5.2 Umfang des Mitunternehmeranteiles
Der Mitunternehmeranteil umfasst neben dem quotenmäßigen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen auch das Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers. Daher sind die ertragsteuerlichen Konsequenzen bei Anteilsveräußerungen und Aufgabe von Mitunternehmeranteilen auch hinsichtlich des Sonderbetriebsvermögens zu ziehen.19.5.3 Abgrenzungsfragen
19.5.3.1 Formwechselnde Umwandlung
Eine bloß formwechselnde Umwandlung einer Mitunternehmerschaft (zB aus einer OG wird eine KG) löst keine der in § 24 EStG 1988 genannten Konsequenzen aus. Es sind die Buchwerte fortzuführen und sämtliche Fristen (zB Fristenlauf für die Übertragung stiller Reserven gemäß § 12 EStG 1988) laufen weiter.19.5.3.2 Ausscheiden eines reinen Arbeitsgesellschafters
Der bloße Arbeitsgesellschafter erzielt anlässlich seines Ausscheidens keinen Veräußerungsgewinn, weil er am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt ist. Er hat keinen Kapitalanteil, sondern nur Gewinnansprüche (VwGH 19.10.1988, 86/13/0169). Eine gezahlte Abfindung ist als nachträgliches Arbeitsentgelt und somit als Bestandteil des laufenden Gewinnes anzusehen.19.5.3.3 Erwerb durch eine Personengesellschaft, an der der Veräußerer beteiligt ist
Tritt als Gesellschafter einer Personengesellschaft (= Basisgesellschaft) eine weitere Personengesellschaft auf, sind die hinter ihr stehenden Gesellschafter als Gesellschafter der Basisgesellschaft anzusehen (VwGH 17.6.1992, 87/13/0157). Verkauft ein Gesellschafter der Basisgesellschaft seinen Mitunternehmeranteil an eine andere Personengesellschaft, an der er bereits beteiligt ist, dann findet - steuersubjektbezogen - eine Veräußerung ertragsteuerlich nur insoweit statt, als am Mitunternehmeranteil die anderen Gesellschafter der erwerbenden Personengesellschaft beteiligt sind.Beispiel:
An der ABC-OHG sind A, B und C zu je einem Drittel beteiligt. A verkauft seinen Anteil an die AD-OHG, an der A und D je zur Hälfte beteiligt sind. Der Gewinn aus der Veräußerung des Drittelanteils an der ABC-OHG ist nur zur Hälfte als Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG 1988 zu behandeln. Hinsichtlich der zweiten Hälfte des Anteiles ist eine Buchwertfortführung anzunehmen und liegt hinsichtlich des Erlösanteiles eine Entnahme vor.
19.5.3.4 Umgründungen
Soweit das UmgrStG Buchwertfortführung vorsieht, ist diese - abgesehen von den dort normierten Ausnahmen - zwingend vorzunehmen und kein Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Werden die Tatbestandsvoraussetzungen des UmgrStG nicht erfüllt, ist idR eine Veräußerungsgewinnermittlung die Folge (UmgrStR 2002 Rz 1275 ff, 1427 ff, 1506 ff, 1603 f, 1640 ff).19.5.3.5 Unentgeltliche Mitunternehmeranteilsübertragung
Die unentgeltliche Übertragung führt zu keiner Veräußerungsgewinnermittlung sondern zur Fortführung der bisherigen Buchwerte.Das Vorliegen einer Schenkung (unentgeltlichen Übertragung) setzt voraus, dass der Rechtsnachfolger durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils tatsächlich bereichert wird. Das ist der Fall, wenn der reale Wert des Gesellschaftsanteils positiv ist, dh. die (anteiligen) stillen Reserven und der Firmenwert höher sind als der Negativstand des Kontos. Die Übernahme der dem "negativen Kapitalkonto" des Geschenkgebers anhaftenden Einkommensteuerlatenz durch den Geschenknehmer stellt dabei keine Gegenleistung für die Übertragung eines Kommanditanteils dar. Es handelt es sich dabei bloß um die gesetzliche Folge der Schenkung und wäre § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 seines Regelungsinhalts beraubt, wenn die Übernahme der mit stillen Reserven verbundenen latenten Ertragsteuerlast der Unentgeltlichkeit der Übernahme eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils entgegenstünde (VwGH 21.9.2016, 2013/13/0018).