VwGH 2013/13/0018

VwGH2013/13/001821.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Beschwerden des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 in 1220 Wien, Dr. Adolf Schärf-Platz 2, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, 1.) vom 10. Jänner 2013, Zl. RV/2204-W/12, betreffend Einkünftefeststellung gemäß § 188 BAO für 2008 (mitbeteiligte Partei: M KG in W, vertreten durch Ernst & Young, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19) und 2.) vom 11. Jänner 2013, Zl. RV/2205-W/12, betreffend Einkünftefeststellung gemäß § 188 BAO für 2008 und 2009 (mitbeteiligte Partei: M KG in W, vertreten durch Ernst & Young, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §24 Abs2;
EStG 1988 §24;
EStG 1988 §6 Z9 lita;
EStG 1988 §24 Abs2;
EStG 1988 §24;
EStG 1988 §6 Z9 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Die beiden mitbeteiligten Kommanditgesellschaften, die neben einer Reihe (über 60) weiterer Kommanditgesellschaften zur Unternehmensgruppe des K gehörten, waren seit 1999 (Erstmitbeteiligte) bzw. 2003 (Zweitmitbeteiligte) im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels tätig. Sie ermittelten ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1988, wobei die Anschaffungskosten für Immobilien des Umlaufvermögens nach der damaligen Rechtslage sofort als Betriebsausgabe abgesetzt werden konnten.

2 Bis 2008 erhielten die Kommanditisten der Erstmitbeteiligten Verluste im Gesamtausmaß von 250% ihrer Kommanditeinlage zugewiesen. Dies führte zu einem negativen Kapitalkonto im Ausmaß von 150% der Kommanditeinlage. Die den Kommanditisten der Zweitmitbeteiligten in den Jahren bis 2008 zugewiesenen Verluste beliefen sich auf 100% der Kommanditeinlage. 60% der Kommanditeinlage konnten entnommen werden. Dies führte zu einem negativen Kapitalkonto im Ausmaß von 60% der Kommanditeinlage.

3 Nach Wegfall der Schenkungssteuer mit 1. August 2008 übertrug ein Teil der Kommanditisten der beiden mitbeteiligten Parteien 90% ihrer Kommanditeinlagen samt den negativen Kapitalkonten an die U-GmbH. Diese war ebenso eine Kommanditistin der beiden mitbeteiligten Parteien. K, der Komplementär der beiden mitbeteiligten Parteien, war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der U-GmbH. Der Vorgang wurde von den Vertragsparteien als Schenkung behandelt, weshalb die U-GmbH die Buchwerte fortführte und ertragsteuerrechtlich ein Realisationsvorgang bei den bisherigen Kommanditisten unterblieb.

4 Im Oktober 2008 wurde den Kommanditisten der zur Unternehmensgruppe des K gehörenden Kommanditgesellschaften das Angebot zur erwähnten Übertragung ihrer Kommanditanteile unterbreitet. Das in den Verwaltungsakten der Zweitmitbeteiligten einliegende Angebot an den Kommanditisten P vom 23. Oktober 2008 lautet exemplarisch wie folgt (Hervorhebungen im Original):

"Betreff: Anbot zur Übertragung Ihres Kommanditanteils Sehr geehrter Herr (P)!

Die (Zweitmitbeteiligte) stellt Ihnen wie angekündigt ein Anbot zur Übernahme eines 90%igen Anteils Ihrer Kommanditeinlage. A) Inhalt und Vorteil

Durch die erfolgten Verlustzuweisungen weist Ihr Kapital- und Verrechnungskonto gemäß Beilage A 2) einen negativen Stand von EUR (...) aus. Die Übernahme dieses in der Regel mit einer 50%igen einkommensteuerlichen Nachbelastung behafteten negativen Standes kann unter Lebenden ausschließlich im Schenkungsweg steuerneutral übertragen werden.

Inhalt der vorgeschlagenen Transaktion ist die Schenkung von 90% Ihres Kommanditanteils an die (U-GmbH) zum Jahresende 2008 (siehe Beilage B 1) Muster Schenkungsvertrag). Einerseits übertragen Sie damit Ihre Beteiligungs- und Gewinnansprüche, andererseits übernimmt (die U-GmbH) das damit verbundene steuerliche negative Kapitalkonto. Es bleiben somit die bisher erzielten finanziellen Vorteile für Sie erhalten und fällt künftig die Nachversteuerung von 90% Ihres Kommanditanteils für Sie ersatzlos weg.

Gemäß den für Sie persönlich in der Anlage dargestellten Berechnungen (Beilage A 3) würde sich bei Annahme eines 110%igen Firmenwertes - jedenfalls auch bei einer bis zu 133% angenommenen Höhe des Firmenwertes - ein finanzieller Vorteil durch die Übertragung Ihres Kommanditanteils an eine Firma der Unternehmensgruppe (K) ergeben, und zwar (...) % respektive EUR (...).

(...)"

5 Die Beilage A 1) mit der Überschrift "Informationsblatt Schenkung von Kommanditanteilen" lautet auszugsweise wie folgt:

"(...)

II. Wirtschaftliches und steuerliches Umfeld

Die in einem nie vorhergesehenen Ausmaß aktuelle weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise lässt verlässliche Prognosen über künftige Immobilienpreisentwicklungen nur bedingt zu. Deshalb empfehlen wir bereits erzielte finanzielle Vorteile aus Kommanditbeteiligungen 1997 bis 2004 zum Großteil abzusichern; diese Sicherung kann im konkreten Fall ausschließlich über eine Schenkung erfolgen, da nur bei dieser Übertragung eine Fortführung der steuerlichen negativen Buchwerte und damit eine Nachversteuerung durch Sie als Kommanditist verhindert werden kann.

Derzeit kann auf Grund der österreichischen Budgetsituation und der unsicheren Konjunktur nicht seriös abgeschätzt werden, wie sich die (Spitzen‑)Steuersätze für Einkommen entwickeln, ob eventuell die Einführung von Vermögenssteuern und die Reaktivierung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes droht. All diese Risikofaktoren - auch mit der aktuellen Finanzkrise - können durch die vorgeschlagene Übertragung eines Großteils der Kommanditeinlage beseitigt bzw. eingedämmt werden.

(...)"

6 Die Beilage A 4) mit dem Titel "Risikohinweise Schenkung"

lautet auszugsweise wie folgt:

(...)

A) Mögliche einkommensteuerliche Risiken der Schenkung für Kommanditisten

(...)

2) Schenkung eines Kommanditanteils mit negativem Kapitalkonto - steuerlicher Veräußerungsgewinn

Grundsätzlich hat im Fall der Schenkung eines Kommanditanteils der Übernehmer (Geschenknehmer) die steuerlichen Buchwerte des bisherigen Anteilsinhabers zu übernehmen (Buchwertfortführung). Es besteht aber ein Risiko, dass die Finanzverwaltung in Höhe des negativen Kapitalkontos einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn im Ausmaß des negativen Kapitalkontos unterstellt.

3) Schenkung als Missbrauch (BAO § 21ff)

Unter Umständen könnte die Schenkung von der Finanzbehörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Missbrauch eingestuft und steuerlich nicht als Schenkung anerkannt werden.

Es besteht beispielsweise das Risiko, dass die Schenkung aus Sicht der Finanzbehörde in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Tauschgeschäft qualifiziert werden könnte, wie z.B: die Schenkung als Hingabe eines negativen Kapitalkontos durch den Geschenkgeber gegen Übernahme der künftigen Steuerlatenzen des Geschenknehmers.

In diesem Fall würde die Schenkung aus Sicht der Finanzbehörde möglicherweise als eine steuerlich wirksame (entgeltliche) Übertragung des Kommanditanteils vom Geschenkgeber an den Geschenknehmer qualifiziert werden.

Jede Übertragung eines Kommanditanteils wird steuerrechtlich zwingend aufgesplittet in eine (steuerpflichtige) Auflösung der Kommanditbeteiligung durch den Übertragenden (Geschenkgeber) und eine Übernahme durch den Übernehmenden (Geschenknehmer). In diesem Fall hätte der Geschenkgeber einen Veräußerungsgewinn zu versteuern.

(...)

B) Steuerliche und wirtschaftliche Risken bei Weiterbehalten des vollen Kommanditanteils (keine Schenkung)

(...)

2) Wert der Kommanditanteile unter 150 % bis 200 %.

Bei einer persönlichen Einkommensteuer-Progressionsstufe von 50 % ist im Falle einer Abschichtung der Kommanditanteile unter 150 % (bei 250%iger steuerlicher Verlustzuweisung) bzw. unter 200 % (bei 300%iger steuerlicher Verlustzuweisung) mit einem per Saldo liquiditätsmäßiger Nachteil für den Kommanditisten im Nachhinein (aber nicht insgesamt) verbunden:

Die persönliche Einkommensteuer-Nachzahlung wäre diesfalls höher als das Abschichtungsguthaben von der jeweiligen Kommanditgesellschaft.

Verstärkt käme der Wert einer Kommanditgesellschaft unter Druck, wenn gleichzeitig ein hoher Prozentsatz der Kommanditisten zu einem Zeitpunkt kündigen würden und de facto der Immobilienbestand zur Gänze - um die Liquidität für die Abschichtungsguthaben aufzubringen - auf einmal veräußert werden müsste. In diesem Fall wäre ein Wertverlust von 25% bis 50% des Wertes der Kommanditanteile auf Grund des Zeitdruckes zu befürchten.

(...)"

7 In den Verwaltungsakten der Erstmitbeteiligten liegt weiters der zwischen dem Kommanditisten A und der Erstmitbeteiligten abgeschlossene Schenkungsvertrag vom 30. Dezember 2008 ein. Dieser lautet - exemplarisch - auszugsweise wie folgt:

"(...)

Die Vertragsparteien halten fest, dass sich die Kommanditeinlage der geschenkgebenden Partei durch die Tätigkeit des Komplementärs (K) und der (U-GmbH) sehr vorteilhaft entwickelt hat. In Anerkennung dieser vorteilhaften Entwicklung und als Ausdruck der Zufriedenheit mit der Tätigkeit des (K) und der (U-GmbH) wird der gegenständliche Schenkungsvertrag abgeschlossen.

Die geschenkgebende Partei schenkt und übergibt 90% (neunzig Prozent) ihrer Kommanditeinlage, das sind nominell EUR (...) an der (Erstmitbeteiligten) und die geschenknehmende Partei übernimmt aus dem Rechtsgrund der Schenkung die genannte Kommanditeinlage mit denselben Rechten und Pflichten so in ihr Eigentum, wie sie die geschenkgebende Partei bisher besessen und benützt hat oder zumindest zu besitzen und benützen berechtigt gewesen ist und die geschenknehmende Partei nimmt die aus der Schenkung resultierende Bereicherung vertragsmäßig an.

(...)

Der geschenkgebenden Partei und der geschenknehmenden Partei sind der Stand des Kapital- und Verrechnungskontos der Kommanditeinlage bekannt. Insbesondere ist der geschenknehmenden Partei das handels- und steuerrechtliche negative Kapitalkonto im Ausmaß bis zu 200% (zweihundert Prozent) der Kommanditeinlage bekannt und übernimmt die geschenknehmende Partei dieses hiermit. Der Verkehrswert des Kommanditanteiles beträgt zum Zeitpunkt der Schenkung ca. 110% (einhundertzehn Prozent) der Kommanditeinlage

(...).

Sollten bis längstens 31.12.2010 (einunddreißigsten Dezember zweitausendzehn) der geschenkgebenden Partei rechtskräftig vom Finanzamt ‚Einkommensteuer-Zahlungen' (Nachforderungen) die ursächlich und im direkten Zusammenhang mit dem gegenständlichen Schenkungsvorgang stehen, vorgeschrieben werden, ist die geschenkgebende Partei berechtigt, die Schenkung mittels eingeschriebener Briefsendung an die geschenknehmende Partei teilweise oder zur Gänze nach Maßgabe der folgenden Regelungen zu widerrufen. (...)

(...)"

8 Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei den mitbeteiligten Parteien vertrat der Prüfer die Auffassung, dass es sich bei der Übertragung der Kommanditanteile um entgeltliche Vorgänge gehandelt habe.

9 In den Berichten über die Außenprüfung gemäß § 150 BAO jeweils vom 14. Mai 2012 wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, für eine Schenkung sei die Schenkungsabsicht maßgeblich. Bei einander fremd gegenüberstehenden Personen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass diese sich nichts schenken wollten. Bei der unentgeltlichen Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen müsse jedenfalls der Bereicherungswille als zwingende Voraussetzung für die Unentgeltlichkeit nachgewiesen werden. Im Schenkungsvertrag sei bloß die Zufriedenheit mit der Tätigkeit des Komplementärs und der U-GmbH als Schenkungsmotiv angeführt worden. Die Initiative zu den Rechtsgeschäften sei im Rahmen von Angeboten inklusive Vorteilsberechnung und steuerlicher Risikohinweise von der U-GmbH bzw. K ausgegangen. Die Kommanditisten hätten nicht den Willen gehabt, die U-GmbH zu bereichern. Vielmehr hätten sich diese durch die Übertragung des Kommanditanteils und des negativen Verrechnungskontos bei Einschätzung des Werts der Beteiligung insgesamt einen Vorteil für sich und nicht für die U-GmbH erwartet. Der Vorgang sei daher ungeachtet der Bezeichnung als Schenkung ertragsteuerrechtlich nicht als unentgeltliche Übertragung eines Kommanditanteils zu werten. Es widerspreche jeder ökonomischen Vernunft, auf den Wert (Verkehrswert der Kommanditeinlage) gegenüber einem fremden Dritten zu verzichten. Der angeführte Vertrauensverlust aufgrund der Wirtschaftskrise und Schwierigkeiten, die Abschichtungsforderungen der ausscheidenden Kommanditisten zu finanzieren, würden wirtschaftlich handelnde Gesellschafter nicht zu einem derart weitreichenden Verzicht auf ihre Einlage veranlassen. Das Bemühen, die Kommanditbeteiligung im Schenkungsweg zu übertragen, sei nur vor dem Hintergrund der steuerlichen Wirkungen des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 verständlich. Offenkundig hätte die Versteuerung des negativen Kapitalkontos nach § 24 Abs. 2 EStG 1988 umgangen werden sollen. Dass eine Bereicherung der U-GmbH seitens der Kommanditisten nicht beabsichtigt gewesen sei, zeige sich auch in der Widerrufsklausel für den Fall der steuerwirksamen Behandlung durch das Finanzamt. Im Übrigen seien die Kommanditisten über den wahren Wert ihrer Beteiligung im Unklaren gelassen worden. Es sei keine Ermittlung des Verkehrswerts durchgeführt, sondern der Verkehrswert sei "modellhaft in allen Schenkungsverträgen der (K)-Gruppe mit 110% angesetzt" worden. Weder im Schenkungsanbot noch in der Schenkungsurkunde sei der tatsächliche Wert der Kommanditanteile den Steuervorteilen der Kommanditisten gegenübergestellt worden. In den von K erstellten Schenkungsanboten sei dargelegt worden, dass den Kommanditisten bei der Übertragung der Kommanditanteile ohne Ausgleichszahlung nur aufgrund der Steuerersparnis bei einem angenommenen Verkaufspreis von 110% des Nominales eine entsprechende Verzinsung des eingesetzten Kapitals entstehe. Die fiktive Steuerersparnis sei in der "Vorteilshaftigkeitsberechnung" im "Infoblatt" zu den Schenkungen eingerechnet und die Bereicherung der "geschenkgebenden" Kommanditisten dargestellt worden. Nach § 24 Abs. 2 EStG 1988 sei nach Ansicht des Prüfers der Betrag des negativen Kapitalkontos aus der Übertragung des Mitunternehmeranteils als Veräußerungsgewinn anzusetzen. Da die Gewinnermittlung von den mitbeteiligten Parteien nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 vorgenommen werde, habe anlässlich der Übertragung der Kommanditanteile vorweg eine Ermittlung des Übergangsgewinns von § 4 Abs. 3 auf § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu erfolgen.

10 Das Finanzamt folgte der Ansicht des Betriebsprüfers und erließ entsprechende Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Erstmitbeteiligte betreffend das Kalenderjahr 2008 und für die Zweitmitbeteiligte betreffend die Kalenderjahre 2008 und 2009.

11 Gegen diese Bescheide erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufungen an die belangte Behörde, die diesen - nach Durchführung einer (gemeinsamen) Berufungsverhandlung - mit den angefochtenen Bescheiden stattgab.

12 Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden jeweils unter dem Titel

"2. Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit" u.a. aus, das Hauptmotiv der Kommanditisten sei es gewesen, durch die Schenkung ihren bisherigen Ertrag abzusichern und das Risiko eines künftigen Wertverlusts auszuschließen. Dies gehe aus den Einvernahmeprotokollen hervor, die das Finanzamt mit einigen Kommanditisten aufgenommen habe. Die Kommanditisten seien bestrebt gewesen, die bisherige Rendite somit den steuerlichen Vorteil, der sich aus der Entnahme und der steuerlichen Verwertung der Verlustzuweisungen ergeben habe, zu erhalten. Mit der Schenkung hätten sie in Kauf genommen, dass der tatsächliche Wert der Beteiligung höher sei bzw. sie an künftigen Wertsteigerungen nicht mehr teilhaben würden, was sie gegen das Risiko der Wertminderung abgewogen hätten. Die Bereicherung der Geschenknehmerin sei den Schenkenden "bewusst" gewesen. Sie sei in Kauf genommen worden, weil den Schenkenden vorgerechnet worden sei, dass sie durch die bisherige Gestaltung bereits eine sichere Rendite erzielt hätten.

13 Ohne Abschaffung der Schenkungssteuer mit 1. August 2008 wäre das vorliegende Modell nicht attraktiv gewesen. Die U-GmbH und ihr Alleingesellschafter hätten diese Tatsache zum Anlass genommen, um von der allgemeinen Verunsicherung am Markt zu profitieren. Auf eine Steuerersparnis sei es der Geschenknehmerin nicht angekommen. Sie habe im Gegenteil durch die Schenkungen die Steuerlatenzen aus den negativen Kapitalkonten übernommen. Der Geschenknehmerin sei es auf die tatsächliche Bereicherung durch den unentgeltlichen Erwerb der Kommanditanteile angekommen.

14 Die Kommanditisten hätten keine besondere Ahnung vom Geschäft gehabt. Sonst hätte ihnen auffallen müssen, dass die vorgerechnete Wertsteigerung von 100% auf 110% in neun (bei der Erstmitbeteiligten) bzw. fünf (bei der Zweitmitbeteiligten) Jahren fern der Realität am Immobilienmarkt sei und bei einer nur einigermaßen angemessen angenommenen Wertsteigerung ein Verkauf des Anteils unter Einrechnung der Steuerbelastung eine höhere Gesamtrendite gebracht hätte als eine Schenkung.

15 Bei einem als Schenkung bezeichneten Vertrag, der die empfangende Partei zu keiner Gegenleistung verpflichte, sei davon auszugehen, dass die Bereicherung der Geschenknehmerin von den Schenkenden billigend in Kauf genommen werde.

16 Weiters verneinte die belangte Behörde mit näherer Begründung das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 22 BAO oder eines Scheingeschäfts nach § 23 BAO.

17 Mit den vorliegenden Amtsbeschwerden werden die Bescheide insoweit angefochten, "als die belangte Behörde die mit Schenkungsvertrag erfolgte Übertragung der Kommanditanteile" an den mitbeteiligten Parteien "an die U-GmbH in rechtswidriger Weise als eine unter § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 fallende unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils eines Betriebes behandelt" und "damit in rechtswidriger Weise die Besteuerung eines Übergangsgewinnes gem. § 4 Abs. 10 EStG 1988 und eines Veräußerungsgewinnes gem. § 24 Abs. 1 EStG 1988 bei den übertragenden Kommanditisten unterlassen" habe.

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden nach Aktenvorlage und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:

19 Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 gehören zum Veräußerungsgewinn auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils erzielt werden. Scheidet ein Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto aus einer Mitunternehmerschaft aus, ist gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. das Erkenntnis vom 24. Oktober 2013, 2012/15/0028, mwN). § 24 EStG 1988 ist nur auf entgeltliche Erwerbe anzuwenden (vgl. Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18, § 24 Tz 108).

20 In den Fällen einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils sind allerdings nach § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 die Buchwerte des bisherigen Anteilsinhabers fortzuführen, ohne dass es beim übertragenden Gesellschafter zu einer Besteuerung nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 24. Oktober 2013, mwN). Der Gesetzgeber nimmt mit der Regelung des § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 bewusst in Kauf, dass beim Rechtsvorgänger eingetretene Wertsteigerungen beim Rechtsnachfolger besteuert werden (vgl. Doralt/Mayr, EStG14, § 6 Tz 405, mwN).

21 Das Vorliegen einer Schenkung (unentgeltlichen Übertragung) setzt voraus, dass der Rechtsnachfolger durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils tatsächlich bereichert wird. Das ist der Fall, wenn der reale Wert des Gesellschaftsanteils positiv ist, d.h. die (anteiligen) stillen Reserven und der Firmenwert höher sind als der Negativstand des Kontos (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 2. Dezember 1987, 87/13/0061, und vom 28. Oktober 2009, 2006/15/0126, VwSlg. 8478/F; vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch Jakom/Laudacher, EStG 2016, § 6 Rz 173, und Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2016, § 24 Rz 5, jeweils mwN).

22 Den unbestritten gebliebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zufolge hatten die übertragenen Kommanditanteile einen positiven Verkehrswert, sodass die U-GmbH durch die Übertragung dieser Anteile bereichert wurde. Nach den zusammenfassenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden sei den Schenkenden die Bereicherung der Geschenknehmerin auch bewusst gewesen.

23 Weiters ist unstrittig, dass für die Übertragung der Kommanditanteile kein separates Entgelt vereinbart wurde. Dass sich die Vertragsparteien jeweils einen Vorteil aus dem Geschäft erwarten, schließt das Vorliegen einer (wirtschaftlich motivierten) Schenkung nicht aus.

24 In den Amtsbeschwerden wird jedoch die Auffassung vertreten, die Übernahme der den "negativen Kapitalkonten" anhaftenden Einkommensteuerlatenzen durch die U-GmbH sei als Gegenleistung für die Übertragung der Kommanditanteile zu werten. Dem kann nicht gefolgt werden, handelt es sich dabei doch - worauf die belangte Behörde in den Gegenschriften zu Recht hinweist - bloß um die gesetzliche Folge der Schenkung und wäre § 6 Z 9 lit. a EStG 1988 seines Regelungsinhalts beraubt, wenn die Übernahme der mit stillen Reserven verbundenen latenten Ertragsteuerlast der Unentgeltlichkeit der Übernahme eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils entgegenstünde.

25 Die Amtsbeschwerden erweisen sich daher insgesamt als unbegründet und waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

26 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 21. September 2016

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