17.3.1 Allgemeines
Niedrigbesteuerung einer ausländischen Körperschaft im Sinne des § 10a KStG 1988 liegt vor, wenn deren tatsächliche Steuerbelastung des (gesamten) Einkommens im Ausland nicht mehr als 12,5% beträgt. Für die Beurteilung der Niedrigbesteuerung ist die effektive Steuerbelastung (Durchschnittssteuerbelastung) maßgeblich. Diese wird durch Division der tatsächlich entrichteten ausländischen Steuern bzw. der voraussichtlichen Steuerbelastung (siehe dazu näher Rz 1248bh) durch das ausländische Einkommen der ausländischen Körperschaft ermittelt.Nach Art. 7 Abs. 1 vorletzter Satz ATAD wird für Zwecke der Ermittlung der Niedrigbesteuerung einer ausländischen beherrschten Körperschaft eine Betriebsstätte, die im Steuergebiet des beherrschten ausländischen Unternehmens nicht der Steuer unterliegt oder steuerbefreit ist, nicht berücksichtigt.
Bei der Ermittlung der Niedrigbesteuerung einer ausländischen beherrschten Körperschaft gemäß § 10a Abs. 3 KStG 1988 für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung sind daher im Wege einer richtlinienkonformen Interpretation Betriebsstätten, die im Ansässigkeitsstaat der ausländischen Körperschaft steuerbefreit sind (insbesondere aufgrund einer DBA-Freistellungsverpflichtung), weder bei der Ermittlung des Einkommens noch der anzusetzenden ausländischen Steuern zu berücksichtigen.
Die Nichtberücksichtigung ausländischer Freistellungs-Betriebsstätten der beherrschten Körperschaft gilt jedoch entsprechend dem Wortlaut und Sinn und Zweck des § 10a Abs. 3 KStG 1988 zur Vermeidung unerwünschter Gestaltungen dann nicht, wenn bereits bei gesamthafter Betrachtung der ausländischen beherrschten Körperschaft einschließlich ausländischer Betriebsstätten insgesamt eine Niedrigbesteuerung einer ausländischen beherrschten Körperschaft vorliegen sollte.
Beispiel 1:
Die österreichische M GmbH beherrscht eine ausländische Körperschaft T Co (beherrschte Körperschaft), die in ihrem Ansässigkeitsstaat Passiveinkünfte iHv 100 erzielt, deren Steuerbelastung dort 15 beträgt. Die beherrschte Körperschaft T Co unterhält im Staat B eine Betriebsstätte, die aufgrund des DBA zwischen Staat A und B DBA-rechtlich freizustellende Betriebsstätteneinkünfte iHv 900 erzielt, deren tatsächliche Steuerbelastung im Staat B 90 beträgt.
Bei gesamthafter Betrachtung der ausländischen Körperschaft T Co beträgt die effektive Steuerbelastung unter Berücksichtigung der ausländischen Betriebsstätte insgesamt 10,05% (Einkommen 1.000; ausländische Steuern 105). Es liegt daher eine Niedrigbesteuerung iSd § 10a Abs. 3 KStG 1988 vor; eine isolierte Betrachtung der Einkünfte im Ansässigkeitsstaat unter Ausblendung der ausländischen Betriebsstätte erfolgt nicht.
Beispiel 2:
Die österreichische M GmbH beherrscht eine ausländische Körperschaft T Co (beherrschte Körperschaft), die in ihrem Ansässigkeitsstaat Passiveinkünfte iHv 100 erzielt, deren Steuerbelastung dort 10 beträgt. Die beherrschte Körperschaft T Co unterhält im Staat B eine Betriebsstätte, die aufgrund des DBA zwischen Staat A und B DBA-rechtlich freizustellende Betriebsstätteneinkünfte iHv 900 erzielt, deren tatsächliche Steuerbelastung im Staat B 180 beträgt.
Aufgrund der richtlinienkonformen Interpretation hat in diesem Fall die Ermittlung der Niedrigbesteuerung unter Ausblendung der Freistellung-Betriebsstätte zu erfolgen. Es liegt eine Niedrigbesteuerung iSd § 10a Abs. 3 KStG 1988 vor.
Aufgrund von § 10a Abs. 11 KStG 1988 idF COVID-19-StMG gilt eine Körperschaft jedenfalls als niedrigbesteuert, wenn diese in einem Staat ansässig ist, der zum Abschlussstichtag dieses Wirtschaftsjahres in der Liste jener Drittländer geführt wird, die von den Mitgliedstaaten gemeinsam als nicht kooperierende Länder eingestuft worden sind (§ 10a Abs. 11 KStG 1988 idF COVID-19-StMG, BGBl. I Nr. 3/2021). Damit kommt Österreich seiner Verpflichtung nach, mit 1.1.2021 mindestens eine der von der EU-Arbeitsgruppe "Verhaltenskodex" (Unternehmensbesteuerung) empfohlenen koordinierten steuerlichen Abwehrmaßnahmen gegenüber diesen Listenstaaten umzusetzen. Diese steuerlichen Abwehrmaßnahmen sollen dazu beitragen, dass sich die Kooperationsbereitschaft dieser Länder und Gebiete zukünftig verbessert.
Mit Stand 12.10.2021 sind folgende Staaten auf dieser Liste (vgl. ABl. Nr. C 413I vom 12.10.2021 S. 1): Amerikanische Jungferninseln, Amerikanisch-Samoa, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, Vanuatu.
Die Durchschnittssteuerbelastung ist für jedes Wirtschaftsjahr gesondert zu ermitteln, dh. dass Steuerbelastungen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre außer Acht zu lassen sind. Dies gilt auch dann, wenn in dem zu beurteilenden Wirtschaftsjahr die Durchschnittssteuerbelastung nicht mehr als 12,5% beträgt und in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren keine Niedrigbesteuerung vorlag.17.3.2 Ermittlung des Einkommens
Gemäß § 10a Abs. 3 KStG 1988 iVm § 1 Abs. 2 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften ist das Einkommen der ausländischen Körperschaft nach § 5 Abs. 1 EStG 1988, den übrigen Vorschriften des EStG 1988 sowie des KStG 1988 zu ermitteln.Sollte bei der Einkommensermittlung die Erstellung einer Eröffnungsbilanz der ausländischen Körperschaft erforderlich sein, hat dies unter sinngemäßer Anwendung der Grundsätze in Rz 1081 für ausländische Gruppenmitglieder zu erfolgen.
Liegen fremdunübliche Leistungsbeziehungen zwischen der ausländischen Körperschaft und ihrer inländischen beherrschenden Körperschaft bzw. weiteren inländischen verbundenen Unternehmen vor, die bereits nach Maßgabe von § 6 Z 6 EStG 1988 zu einer Verrechnungspreiskorrektur im Inland geführt haben, ist der fremdübliche Verrechnungspreis auch bei der sinngemäßen Ermittlung des Einkommens der ausländischen Körperschaft anzusetzen (siehe zum Verhältnis zwischen Verrechnungspreiskorrekturen und Hinzurechnungsbesteuerung Rz 1248ac).
Inländische Einkünfte sind bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen, wenn Österreich für diese ein Besteuerungsrecht zusteht (§ 1 Abs. 2 Z 2 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften); dies betrifft insbesondere Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen und Betriebsstätten im Inland. Korrespondierend dazu sind bei der Ermittlung der ausländischen Durchschnittssteuerbelastung auch die auf diesen inländischen Einkünften lastenden Steuern nicht zu berücksichtigen.Einkünfte aus inländischen Quellen, bei denen Österreich nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen kein Besteuerungsrecht hat (zB Einkünfte aus der Veräußerung von inländischen Beteiligungen) sind in die Ermittlung des Einkommens einzubeziehen. Die auf diese Einkünfte entfallenden ausländischen Steuern sind korrespondierend bei der Ermittlung der ausländischen Durchschnittssteuerbelastung zu berücksichtigen.
Beispiel:
Die österreichische A-GmbH ist zu 100% an der ungarischen B K.F.T. beteiligt, die ihrerseits wiederum an der österreichischen C-GmbH beteiligt ist. Die B K.F.T. hat kurz vor Ende des Wirtschaftsjahres die Beteiligung an der C-GmbH mit Gewinn veräußert. Weiters hat die B K.F.T. in Österreich eine Betriebsstätte.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 1 DBA Österreich-Ungarn wendet Ungarn die Befreiungsmethode auf die nach dem Abkommen von Österreich zu besteuernden Betriebsstätteneinkünfte an. Bei der Ermittlung der Durchschnittssteuerbelastung der B K.F.T. sind daher weder diese inländischen Einkünfte noch die auf diesen inländischen Einkünften lastenden Steuern zu berücksichtigen.
Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf der Beteiligung an der österreichischen C-GmbH darf gemäß Art. 13 Abs. 3 DBA Österreich-Ungarn hingegen nur in Ungarn besteuert werden. Da Österreich kein Besteuerungsrecht für diesen Veräußerungsgewinn hat, ist dieser sowie die auf dem Veräußerungsgewinn lastende ungarische Steuer in die Ermittlung der Durchschnittssteuerbelastung einzubeziehen.
Bezieht die ausländische beherrschte Körperschaft Beteiligungserträge aus qualifizierten Portfoliobeteiligungen gemäß § 10a Abs. 7 KStG 1988 oder internationalen Schachtelbeteiligungen gemäß § 10 Abs. 2 KStG 1988, die von einer Enkelgesellschaft stammen, die die Kriterien der Niedrigbesteuerung und des passiven Unternehmensschwerpunktes gemäß § 10a Abs. 7 KStG 1988 erfüllt, weshalb für diese Beteiligungserträge bei einer inländischen beteiligten Körperschaft der Methodenwechsel zur Anwendung käme, sind diese Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für die Veräußerungsgewinne, Veräußerungsverluste und sonstige Wertänderungen aus diesen internationalen Schachtelbeteiligungen.
Beispiel:
Die österreichische A-GmbH ist zu 100% an der ungarischen B K.F.T. beteiligt, die ihrerseits wiederum seit zwei Jahren eine 100%-Beteiligung an der ungarischen C K.F.T. hält. Die C K.F.T. erwirtschaftet seit mehreren Jahren ausschließlich passive, niedrigbesteuerte Einkünfte. Im Einkommen der B K.F.T. ist eine Dividende der C K.F.T. enthalten, die zur Gänze aus dem Bilanzgewinn des Vorjahres stammt.
Bei der Einkommensermittlung für Zwecke der Beurteilung der Durchschnittssteuerbelastung ist hinsichtlich der Dividende von der C K.F.T. zu prüfen, ob auf diese der Methodenwechsel anzuwenden wäre. Da die Voraussetzungen für den Methodenwechsel (passiver Unternehmensschwerpunkt und Niedrigbesteuerung) erfüllt wären, ist die Dividende bei der Einkommensermittlung der B K.F.T. zu berücksichtigen.
Beispiel - Fortsetzung:
Die passiven Einkünfte der C K.F.T. sind hingegen dem Einkommen der B K.F.T. nicht durch eine Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung hinzuzurechnen.