2.2.4.1. Allgemeine Grundsätze
Nach den allgemeinen Grundsätzen über die steuerliche Gewinnermittlung wird der Gewinn aus der Bau- oder Montagebetriebsstätte in der Regel erst mit der Abnahme des Bauvorhabens realisiert. Der Gewinn ist bei Bau- und Montageleistungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte so aufzuteilen, dass die Betriebsstätte erhält, was ein fremder selbständiger Unternehmer für die Ausführung der Bau- oder Montageleistung unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen erhalten hätte. Die Fiktion, beim Stammhaus handle es sich um den General- und bei der Betriebsstätte um einen fiktiven Subunternehmer, bietet einen brauchbaren Ansatz für den Fremdvergleich (so auch BFG 1.8.2017, RV/4100134/2012), wobei aber Rz 326 zu beachten ist.Der Betriebsstätte ist in vielen Fällen ein auf ihre Bau- oder Montageleistung entfallender angemessener Teil des Gewinns nach der Kostenaufschlagsmethode zuzuordnen, sofern die Tätigkeiten der Betriebsstätte nur Routinecharakter haben (EAS 3253). Die Kostenbasis umfasst dabei die direkten und indirekten Herstellkosten, dh. die Einzel- und Gemeinkosten iZm der Bau- oder Montageleistung (Bruttogewinnaufschlag; Z 2.54 OECD-VPL). Von einer Routinetätigkeit ist in der Regel dann auszugehen, wenn in der Bau- oder Montagebetriebsstätte lediglich die eigentlichen Bau- oder Montagearbeiten erbracht werden, während das Unternehmerrisiko durch die Funktionen im Stammhaus bestimmt wird.Bei komplexen Leistungsbeziehungen (zB bei der Errichtung von Erst- oder Pilotanlagen oder bei Anlagenerrichtungen auf Grundlage neuer Technologien) kann jedoch eine Zuordnung des Auftragsergebnisses entsprechend den Tätigkeiten, Funktionen und der Risikoverteilung zwischen Stammhaus und Bau- oder Montagebetriebsstätte in einem kombinierten direkten/indirekten Verfahren (Kostenschlüsselmethode) sachgerechter als die Kostenaufschlagsmethode sein (EAS 3185). Dabei werden die durch die Auftragsdurchführung entstandenen Gesamtkosten verursachungsgerecht aufgeteilt, wodurch der Betriebsstättenanteil ermittelt und auf den aus dem Auftrag erzielten Gesamtgewinn umgelegt werden kann. Dieses Verfahren ist letztlich eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode mit einem Aufteilungsschlüssel auf Kostenbasis. Im Einzelfall (abhängig von der jeweiligen Funktions- und Risikoanalyse) kann sich auch ein anderer sachgerechter Aufteilungsschlüssel ergeben.In stark vereinfachter Darstellung wird nach der Kostenschlüsselmethode die Ergebnisaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte bei einem Bauauftrag in einer Auslandsbetriebsstätte, der beispielsweise einen Gesamtgewinn von 10 erbringt, wie folgt vorgenommen:Kostenelemente | Gesamtkosten | Betriebsstättenanteil | |
| % | | |
Vorbereitende Leistungen | 5 | 0% | 0,0 |
Engineering | 18 | 0% | 0,0 |
Material und Ausrüstungen | 116 | 10% | 11,6 |
Bauausführung und Überwachung | 15 | 90% | 13,5 |
Subauftragnehmer/Stammhaus | 4 | 0% | |
Subauftragnehmer/Betriebsstätte | 1 | 100% | 1,0 |
SUMME | 159 | 16,4% | 26,1 |
Der aus der Bauausführung erzielte Gewinn von 10 entfällt demnach mit 1,64 (16,4% von 10) auf die Bau- oder Montagebetriebsstätte.
Bei Subauftragnehmern, die im Betriebsstättenstaat ansässig sind, ist das Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaats abkommensrechtlich nicht beschränkt; bei ausländischen Firmen hingegen hängt das Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaats davon ab, ob die Subauftragnehmer mit ihrer Arbeit die maßgebende Baustellenfrist überschreiten. An Gewinnen, die der Generalunternehmer aus der Auftragsweitergabe an Subauftragnehmer erzielt, kann dem Betriebsstättenstaat jedoch keinesfalls ein Besteuerungsrecht zustehen, wenn die Auftragsweitergabe an die Subauftragnehmer zu den Funktionen des Stammhauses zählt (so auch BFG 1.8.2017, RV/4100134/2012); wobei es nicht auf den formalen Vertragsabschluss ankommt, sondern darauf, welcher Unternehmensteil für den Subauftragnehmer, dessen Überwachung und Koordination verantwortlich ist. Zwar kann in einem solchen Fall auch eine Betriebsstätte für den Generalunternehmer begründet werden, wenn der Generalunternehmer während der Zeit der Tätigkeit des Subunternehmers auf Grund der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls die faktische Verfügungsmacht über die Baustelle hat; eine Zurechnung von Gewinnen scheitert aber in vielen Fällen (EAS 3405, OECD-MK Art. 5 Z 54 idF 2017), beispielsweise wenn der Generalunternehmer an der Baustelle vor Ort keine Funktionen ausübt. Nur für jene Fremdfirmen, die von der Baustellenleitung selbst unter Vertrag genommen werden, kann dem Betriebsstättenstaat ein Besteuerungsrecht (an den Gewinnen des Generalunternehmers) zugeordnet werden. Es wäre daher sachlich nicht richtig, beim kombinierten Baustellengewinnaufteilungsverfahren die Kosten sämtlicher Subauftragnehmer zu 100% dem Baustellenstaat zuzuordnen.Beispiel (EAS 751, ähnlich EAS 1375):
Besteht die Funktion, die ein österreichischer Generalunternehmer an einer russischen Baubetriebsstätte wahrnimmt, lediglich in der Bauüberwachung, die durch gelegentliche Entsendung von einigen Unternehmensmitarbeitern sichergestellt wird, dann wird nur der diesen Überwachungsaktivitäten zuordenbare Gewinnteil aus der österreichischen Besteuerungsgrundlage des Generalunternehmers auszuscheiden sein, wobei für die Ermittlung dieses der russischen Baubetriebsstätte zuzurechnenden Gewinnanteils die Kostenaufschlagsmethode angewendet wird.