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5.9.9 Doppelte Haushaltsführung

BMF2021-0.834.94320.12.2021

5.9.9.1 Voraussetzungen

Rz 341
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung dennoch als Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst gelten, als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass zwischen den für eine solche Unzumutbarkeit sprechenden Gründen und der Erwerbstätigkeit ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung, als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in einer Erwerbstätigkeit seines (Ehe-)Partners haben (VwGH 17.2.1999, 95/14/0059; VwGH 22.2.2000, 96/14/0018; VwGH 3.8.2004, 2000/13/0083, 2001/13/0216).

Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung können immer nur so lange vorliegen, bis der Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort verlegt wurde (Ausnahme siehe Rz 343 im Falle einer befristeten Entsendung).

Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz

Siehe auch Beispiel Rz 10341.

Rz 342
Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 80 Kilometer entfernt ist und die Fahrzeit mehr als eine Stunde beträgt (VwGH 31.07.2013, 2009/13/0132). Abzustellen ist jedenfalls auf das tatsächlich benutzte Verkehrsmittel.

Rz 342a
Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht. Die Abgabenbehörde ist in einem solchen Fall nicht verhalten, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptete Unzumutbarkeit zu suchen (VwGH 3.8.2004, 2000/13/0083; VwGH 3.8.2004, 2001/13/0216).

5.9.9.2 Familienwohnsitz (§ 4 Pendlerverordnung)

Rz 343
Ein Familienwohnsitz (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. f und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988) liegt dort, wo

seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat.

Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen keine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist beim Berufswohnsitz eines Steuerpflichtigen für die Anerkennung der Aufwendungen einer doppelten Haushaltsführung ein eigener Hausstand im Sinne des § 4 Abs. 2 Pendlerverordnung nicht erforderlich. Einen Berufswohnsitz für die Berücksichtigung von Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung stellt die eigene (Miet)Wohnung, ein (Untermiet)Zimmer oder die im Rahmen einer Wohngemeinschaft mit anderen Personen als einem Ehepartner oder Lebensgefährten benützte Wohnung dar (vgl. VwGH 24.09.2007, VwGH 2006/15/0024; VwGH 03.03.1992, 88/14/0081; VwGH 05.02.2021, Ra 2019/13/0061).

Es ist angesichts einer absehbaren befristeten Entsendung an einen anderen Beschäftigungsort dem Steuerpflichtigen nicht zumutbar, den gewählten Familienwohnsitz aufzugeben. Es ändert an dieser Unzumutbarkeit nichts, wenn die Familie des Beschwerdeführers ihn auf die Dauer seiner Entsendung an den Beschäftigungsort begleitet. Durch den absehbar vorübergehenden Aufenthalt der Familie des Beschwerdeführers am Ort seiner vorübergehenden Beschäftigung wurde der Familienwohnsitz am Heimatort nicht aufgegeben, sodass der Berücksichtigung von Werbungskosten für die Haushaltsführung am Beschäftigungsort das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 insoweit nicht entgegensteht, als die mit der Haushaltsführung am Beschäftigungsort verbundenen Auslagen die Person des Steuerpflichtigen betreffen. Keine Werbungskosten stellen jene Aufwendungen dar, die ihre Ursache darin haben, dass dem Steuerpflichtigen seine Familienangehörigen an den Ort der vorübergehenden Beschäftigung nachgefolgt sind (vgl. VwGH 20.12.2000, 97/13/0111; VwGH 07.08.2001, 2000/14/0122).

Siehe auch Beispiel Rz 10343.

Rz 343a
Auch ein allein stehender Steuerpflichtiger ohne Kind kann einen "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Voraussetzung ist, dass der allein stehende Steuerpflichtige an diesem Heimatort über eine Wohnung verfügt; der Besuch der Eltern ist nicht als Familienheimfahrt zu werten. Begründet ein allein stehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist jedoch besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist. In diesen Fällen stehen ab der Wohnsitzbegründung bzw. -verlegung keine Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu. Zur allfälligen Anerkennung einer vorübergehenden doppelten Haushaltsführung siehe Rz 346.

Beispiele:

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