Da der Begriff der Unternehmensgewinne im Sinn von Art. 7 OECD-MA - und somit auch die Einordnung von Wirtschaftsgütern als Betriebs- oder Privatvermögen - unter Rückgriff auf Art. 3 Abs. 2 OECD-MA nach innerstaatlichem Recht zu definieren ist, kann das im Rahmen des AOA light den einzelnen Unternehmensteilen zuzuordnende Betriebsvermögen aus notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen bestehen. Gewillkürtes Betriebsvermögen wird jedoch - aufgrund des oftmals fehlenden funktionalen Zusammenhangs - einer Betriebsstätte regelmäßig nicht zurechenbar sein. Der buchmäßige Ausweis in der Betriebsstätte kann in allen Fällen nur Indiz, nicht aber Voraussetzung der Wirtschaftsgutzuordnung sein (BFH 29.7.1992, II R 39/89, BStBl II 1993, 63, EAS 3403). Die funktionalen Zurechnungskriterien gelten im Übrigen auch im Falle von Personengesellschaften, also wenn ein Mitunternehmer nur eine (Personengesellschafts-)Betriebsstätte hat (VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0014).
Die Anwendung des AOA light in Bezug auf den Umfang des Betriebsstättenvermögens bewirkt eine Änderung der österreichischen Verwaltungspraxis und ist daher auf österreichischer Seite erst für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach erstmaliger Veröffentlichung (EAS 2931 vom 7.2.2008) beginnen. Die vorhergehende österreichische Verwaltungspraxis beruhte auf dem Umstand, dass sich aus den DBA bislang keine Definition des Begriffs "Betriebsvermögen" ableiten ließ, wodurch im Wege eines Rückgriffs auf innerstaatliches Recht bei einer nach § 5 EStG 1988 vorzunehmenden Gewinnermittlung die Führung von gewillkürtem Betriebsvermögen in der Betriebsstätte jedenfalls zugelassen wurde. Zinsen aus Anleihen wurden daher dem Gewinn der inländischen Betriebsstätte nicht nur dann zugerechnet, wenn dieses Finanzanlagevermögen dem Kreis des notwendigen Betriebsvermögens (der inländischen Personengesellschaft) zugehörte, sondern auch dann, wenn es noch als gewillkürtes Betriebsvermögen eingestuft werden konnte (EAS 399, EAS 436, EAS 503, EAS 554, EAS 585). Zur Zuordnung von Beteiligungen als gewillkürtes Betriebsvermögen einer inländischen Betriebsstätte vor dem 1.7.2019 siehe KStR 2013 Rz 1487.Nach dem AOA light gehören Finanzierungsmittel grundsätzlich nur dann zum Betriebsstättenbetriebsvermögen, soweit sie zur Absicherung der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte erforderlich sind oder bei ihr zur Finanzierung von beschlossenen oder in absehbarer Zeit vorgesehenen Investitionen dienen. Darüberhinausgehende überschüssige Mittel sind dem Stammhaus zuzurechnen.Auch Kapitalbeteiligungen können einer Betriebsstätte zugerechnet werden, wenn sie - im Sinne einer tatsächlichen Zugehörigkeit - funktional der Ausübung der operativen Tätigkeit der Betriebsstätte dienen. Sie müssen Grundlage von wesentlichen Mitarbeiterfunktionen sein, zu denen auch das gesamte Risikomanagement zählt (AOA Report 2008 Z I/125, EAS 3010, EAS 3317, EAS 3371). Ein funktionaler Zusammenhang besteht etwa dann, wenn die Kapitalbeteiligung den Betriebszweck der Betriebsstätte fördert oder zwischen Betriebsstätte und Kapitalgesellschaft enge wirtschaftliche Beziehungen bestehen (EAS 3403). Die Erfassung der Beteiligung in den Büchern einer ausländischen (Personengesellschafts-)Betriebsstätte ist per se nicht ausreichend für die Zurechnung zur Betriebsstätte (AOA Bericht 2008 Z I/111, EAS 3010, EAS 3018, EAS 3317, EAS 3371). Allein der Umstand, dass eine Beteiligung das Betriebsstättenvermögen mehrt bzw. "verstärkt", reicht ebenso wenig für die Annahme der tatsächlichen Zugehörigkeit zur Betriebsstätte aus. Auch die Einordnung als notwendiges Betriebsvermögen (der Personengesellschaftsbetriebsstätte) führt nicht zwingend zu einer Zurechnung, da es selbst hier an einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Beteiligung und den Aktivitäten der Betriebsstätte fehlen kann (VwGH 18.10.2017, Ro 2016/13/0014; 15.10.2020, Ro 2019/13/0007; EAS 3403).Im Allgemeinen wird bei körperlichen Wirtschaftsgütern das wirtschaftliche Eigentum jenem Unternehmensteil zugeordnet, der diese Wirtschaftsgüter nutzt (AOA Report 2008 Z I/104, vorletzter Satz). Der AOA light lässt Ausnahmen nur dann zu, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine abweichende Beurteilung verlangen. Besondere Umstände werden jedenfalls bei Baubetriebsstätten vorliegen; denn es wäre nicht zu rechtfertigen, bei kurzfristig in Baubetriebsstätten eingesetztem Baugerät von einer Überführung der Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen der Baubetriebsstätte auszugehen (EAS 3251).Bei unkörperlichen Wirtschaftsgütern (immateriellen Werten) löst die bloße Nutzung in der Betriebsstätte noch nicht - wie dies bei körperlichen Wirtschaftsgütern die Regel ist - die Zuordnung in das fiktive wirtschaftliche Eigentum der Betriebsstätte aus. Denn anders als bei körperlichen Wirtschaftsgütern werden immaterielle Werte oft gleichzeitig von Mehreren genutzt (AOA Report 2008 Z I/242; OECD-MK Art. 7 Z 34 idF vor 2010). Es kommt daher in erster Linie darauf an, in welchem Unternehmensteil die DEMPE-Funktionen (Rz 141) in Bezug auf den immateriellen Wert und die wesentlichen Mitarbeiterfunktionen in Bezug auf das Eingehen und das Management der einschlägigen Risiken eigenverantwortlich ausgeübt werden (EAS 3006). Dabei ist nicht maßgeblich, in welchem Unternehmensteil der formale Beschluss gefasst, sondern wo die qualitative Entscheidung getroffen und das operative Management ausgeübt wird. Üben beide Unternehmensteile Kontrollfunktionen aus, wird ein fiktives wirtschaftliches Miteigentum an dem immateriellen Wert begründet.Beispiel:
Ein österreichisches Kunststoffunternehmen unterhält eine Betriebsstätte in der Slowakei, in der wesentliche Teile der Forschung und der Produktion erfolgen. Beide Unternehmensteile nehmen das operative Management hinsichtlich der Forschung und Entwicklung wahr und treffen aktiv Entscheidungen für das Risikomanagement des Entwicklungsprojekts (siehe dazu auch AOA Report 2008 Z I/116). Die entwickelten Rezepturen stehen somit im fiktiven wirtschaftlichen Miteigentum beider Unternehmensteile. Diese Zuordnung des immateriellen Werts hat in weiterer Folge eine Auswirkung auf die Gewinnzuordnung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte: beiden Unternehmensteilen werden einerseits die Entwicklungskosten als Betriebsausgaben und andererseits die aus dem immateriellen Wert resultierenden Erträge als Betriebseinnahmen zugeordnet.
Beispiel:
Hat ein schweizerisches Unternehmen die Herstellung eines Kosmetikprodukts vollumfänglich in eine österreichische Betriebsstätte ausgelagert, werden die in der Schweiz entwickelten und für die Produktion in Österreich genutzten Rezepturen nicht in das wirtschaftliche Eigentum der österreichischen Betriebsstätte übergehen, da die wesentlichen Mitarbeiterfunktionen in Hinblick auf die Rezepturen in der Schweiz ausgeübt wurden und in Österreich die bloße Lohnfertigung der Produkte übernommen wird. Diese Dienstleistung ist fremdüblich zu vergüten, eine Lizenzzahlung an das Stammhaus kommt nicht in Betracht.