- "1. bei der Prüfung und gegebenenfalls Berichtigung von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen zur Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte die Leitlinien [OECD-VPL] befolgen - unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Leitlinien sowie der verschiedenen Kapitel im Zusammenspiel zueinander -, um zu fremdvergleichskonformen Verrechnungspreisen für Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Unternehmen zu gelangen;
- 2. die Steuerpflichtigen zur Befolgung der Leitlinien ermutigen; zu diesem Zweck sollten sie die Leitlinien bekannt machen und gegebenenfalls in ihre Landessprache(n) übersetzen lassen;
- 3. die Zusammenarbeit in Verrechnungspreisfragen auf bilateraler oder multilateraler Ebene ausbauen."
1.1.5. Verrechnungspreise und Einkünftezurechnung
Dem Grunde nach steuerlich anzuerkennende Transaktionen stellen den Ausgangspunkt einer Verrechnungspreisprüfung dar. Unter Beachtung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 21 BAO) sowie der allgemeinen Grundsätze der Einkünftezurechnung ist somit zunächst der wahre wirtschaftliche Gehalt einer Transaktion zu ermitteln. Bei Vorliegen eines Scheingeschäfts (§ 23 BAO) oder aufgrund von Rechtsmissbrauch (§ 22 BAO) kann die Anerkennung einer Transaktion versagt werden. Wird nach diesen allgemeinen Grundsätzen eine Transaktion zwischen verbundenen Unternehmen dem Grunde nach steuerlich anerkannt, gilt auch im Verhältnis zu Niedrigsteuerländern der Fremdvergleichsgrundsatz.Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 3 EStG 1988 sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das wirtschaftliche Eigentum, auf ein Mietrecht, auf ein Recht zur Weiter- oder Untervermietung, auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die rechtliche Gestaltung ist dabei nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt (EStR 2000 Rz 104). Einkünfte sind sonach dem tatsächlichen Träger der Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Nimmt daher eine ausländische Gesellschaft am Erwerbsleben nicht in der erklärten Art und Weise teil oder erfüllt sie nicht sinnvolle Funktionen, dann sind die Einkünfte nicht ihr, sondern dem tatsächlichen Träger der Erwerbstätigkeit zuzurechnen (VwGH 10.12.1997, 93/13/0185; 15.12.2010, 2008/13/0012).Wenn eine zwischengeschaltete Gesellschaft Einkünftezurechnungssubjekt ist, ist auf Basis einer Funktionsanalyse (Rz 61) festzustellen, ob sie ein wirtschaftlich signifikantes Risiko trägt oder eine wirtschaftliche Funktion in der Wertschöpfungskette ausübt. Tut sie das nicht, wird ihr aufgrund des Fremdvergleichsgrundsatzes kein Gewinn zugerechnet werden können, da unabhängige Unternehmen einer solchen Gesellschaft üblicherweise keinen Anteil am Gewinn des Geschäfts einräumen würden (Z 2.39 OECD-VPL; BFG 24.4.2015, RV/1100109/2011).Beispiel:
Die österreichische Konzerngesellschaft A-AG erzeugt Grundprodukte, die zur Weiterverarbeitung durch eine luxemburgische Konzerngesellschaft bestimmt sind. Das Endprodukt wird nach Weiterverarbeitung schließlich durch die luxemburgische Konzerngesellschaft an Fremdkunden verkauft. Wird nun eine luxemburgische Kapitalgesellschaft zwischen den österreichischen Lieferanten und die luxemburgische Konzerngesellschaft "zwischengeschaltet", so wird eine Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach Art. 6 DBA Luxemburg (entspricht Art. 9 OECD-MA) vermutet, wenn die Gesellschaft nicht nachweisen kann, dass sie ein wirtschaftlich signifikantes Risiko trägt oder eine wirtschaftliche Funktion in der Wertschöpfungskette ausübt (vgl. auch EAS 3210).