Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2006, 2003/13/0031, zu verweisen (im Folgenden:
Vorerkenntnis).
Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich zusammengefasst
folgender Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Gesellschaft (Beschwerdeführerin) ist
ein Unternehmen des S Konzerns, an dessen Spitze die S AB in Stockholm, Schweden, steht, und Rechtsnachfolgerin der L AG, welche zufolge Umwandlung gemäß §§ 2 ff Umwandlungsgesetz durch Übertragung des Unternehmens auf den Gesellschafter (beschwerdeführende Gesellschaft) mit Hauptversammlungsbeschluss vom 8. Oktober 2001 und Löschung im Firmenbuch durch Gerichtsbeschluss vom 7. November 2001 erloschen ist.
Die L AG war am 29. April 1992 gegründet worden und wies ein Grundkapital von 1.000.000 S auf.
Dem S Konzern gehörte auch die österreichische S AG an, welche im Jahr 1991 durch Veräußerung von Beteiligungen den Betrag von rund 224.000.000 DM flüssig und innerhalb des Konzerns angelegt hatte. Mit Kaufvertrag vom 23. Juni 1992 erwarb die S AG sämtliche Stammaktien an der L AG um den Kaufpreis von 215.000.000 DM plus 1.000.000 S.
Die L AG hatte bereits am 29. Mai 1992 die S Treasury Ltd auf der Kanalinsel Guernsey als 100%-ige Tochtergesellschaft gegründet. Am 22. Juni 1992 waren von der L AG Zuschüsse an die S Treasury Ltd in Höhe von 200.000.000 DM geleistet worden. Am 30. Juni 1992 erfolgten Geldflüsse von der S AG an die S Treasury Ltd in Höhe von 30.000.000 DM und 289.000.000 S.
Die S Treasury Ltd erzielte mit dem ihr zugeflossenen Kapital Zinsgewinne aus von ihr anderen Konzernunternehmen gewährten Darlehen.
Mit dem durch das Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheid der (damaligen) Finanzlandesdirektion hatte diese Behörde die Zwischenschaltung der S Treasury Ltd zur Veranlagung der ihr zugeflossenen Gelder in Darlehen innerhalb des S Konzerns als Missbrauch im Sinn des § 22 BAO gesehen und rechnete die von der S Treasury Ltd erzielten Zinsgewinne der L AG zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit dem Vorerkenntnis diese Ansicht der damals belangten Behörde geteilt, den damals angefochtenen Bescheid jedoch deshalb aufgehoben, weil damit nicht nur die der S Treasury Ltd von der L AG, sondern auch die von der S AG zugeflossenen Gelder miteinbezogen worden waren, ohne dass die damals belangte Behörde dafür eine Begründung geboten hätte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde ebenfalls von einem Missbrauch durch Einschalten der S Treasury Ltd aus und traf - im Hinblick auf die Einbeziehung auch der der S Treasury Ltd von der S AG zugeflossenen Gelder - folgende Feststellungen:
Laut Protokoll über die Aufsichtsratssitzung der S AG vom 23. Juni 1992 sei beantragt worden, die Aktien der L AG für einen Betrag von 215.000.000 DM und 1.000.000 S zu erwerben. Die L AG sollte die weitere Investitionstätigkeit der S AG zusammenfassen. Insbesondere sollten die Maschinenkapazitäten ausgebaut und eine Papiermaschine errichtet werden. Bis zum Zeitpunkt des Mittelbedarfes dafür sollten die verfügbaren finanziellen Mittel über die S Treasury Ltd in Zusammenarbeit mit dem Konzern optimal veranlagt werden. Der Kaufpreis sei noch am 23. Juni 1992 überwiesen worden. Weiters sei ein Kapitalzuschuss bis zur Höhe von 500.000.000 S mit der Begründung beantragt worden, im Sinne einer optimalen Veranlagung sollten die derzeit nicht benötigten Mittel von der S Treasury Ltd verwertet werden. Der Aufsichtsrat habe diesen Anträgen zugestimmt.
Mit der Herstellung der zu errichtenden Papiermaschine sei im August 2000 begonnen worden, seit Mai 2002 produziere diese. Das Finanzierungsvolumen habe etwa 225.000.000 EUR betragen. Die L AG sei 2001 liquidiert worden.
Die geleisteten Zuschüsse seien im Eigenkapital der L AG als nicht gebundene Kapitalrücklage ausgewiesen und auf Beteiligung aktiviert worden. In den Erläuterungen zur Bilanz zum 15. Juni 1993 (Anmerkung: die L AG bilanzierte zum 15. Juni - abweichendes Wirtschaftsjahr nach § 7 Abs. 6 KStG 1988 in der für die Streitjahre 1993 und 1994 anzuwendenden Stammfassung) sei ausgeführt worden, die Zugänge bei den Beteiligungen würden einen nicht rückzahlbaren Gesellschafterzuschuss an die S Treasury Ltd in Höhe von rund 1.400.000.000 S sowie indirekte, nicht rückzahlbare Gesellschafterzuschüsse durch die S AG in Höhe von rund 500.000.000 S an die S Treasury Ltd betreffen. In den Bilanzen der S Treasury Ltd seien die gesamten Zuschüsse in Höhe von rund 1.900.000.000 S als "distributable reserves", das heißt ebenfalls als nicht gebundene Kapitalrücklagen, ausgewiesen.
Die Beteiligung der L AG an der S Treasury Ltd habe sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum rechnerisch wie folgt zusammengesetzt: Stammkapitel rund 400.000 S, indirekter
Gesellschafterzuschuss rund 500.000.000 S, direkter
Gesellschafterzuschuss rund 1.400.000.000 S.
Daraus leitete die nunmehr belangte Behörde ab, die L AG habe die Investitionstätigkeit der S AG zusammenfassen sollen. Zu diesem Zweck hätten die aus einer Beteiligungsveräußerung von der S AG stammenden Mittel von der L AG veranlagt werden sollen, wobei auch damals (von der S AG) nicht benötigte Mittel von rund 500.000.000 S hätten mit veranlagt werden sollen. Zwischen den Mitteln, die im Wege des direkten Gesellschafterzuschusses durch die L AG und jenen, die im Weg des indirekten Gesellschafterzuschusses durch die S AG der S Treasury Ltd zur Verfügung gestellt worden seien, sei weder in den Bilanzen der L AG noch in den Bilanzen der S Treasury Ltd. eine Unterscheidung getroffen worden (gemeinsamer Ausweis in den ungebundenen Kapitalrücklagen). Im Übrigen hätten sich auch die Gewinnausschüttungen der S Treasury Ltd an die L AG sowie der L AG an die S AG nicht an dem im Verhältnis zur Verfügung gestellten Kapital, sondern an der Gewinnsituation der Gesellschaft, an der die jeweilige Beteiligung bestanden habe, und an den jeweils getroffenen Entscheidungen orientiert, den Gewinn auszuschütten oder zu thesaurieren. Die Ausstattung einer Tochtergesellschaft (der L AG) mit Kapital sei an sich noch nicht missbräuchlich. Bei der L AG handle es sich nach Ansicht der belangten Behörde im Hinblick auf die erwähnte Investitionstätigkeit um keine künstliche Gestaltung, auch wenn diese hinsichtlich des unter Einschaltung der S Treasury Ltd veranlagten Kapitals im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bloß Vermögen verwaltet habe. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin selbst ausgeführt, dass die Minderheitsaktionäre (der S AG) stets die Ausschüttung der überschüssigen Liquidität gefordert hätten. Deshalb sei in der Aufsichtsratsitzung vom 23. Juni 1992 der Betrag von rund 500.000.000 S als "derzeit nicht benötigte Mittel" bezeichnet worden. Die Kapitalausstattung der L AG sei daher auch wirtschaftlich begründet gewesen.
Die Absicht der S AG, dass das Kapital von der S Treasury Ltd veranlagt werden sollte, mache aus den erzielten Einkünften keine Einkünfte der S AG, weil diese zunächst der L AG zuzurechnen seien. Der Missbrauch sei daher auf der Ebene der L AG erfolgt. Die angemessene rechtliche Gestaltung habe nach Ansicht der belangten Behörde darin bestanden, dass die L AG den Unternehmen des S Konzerns Kapital zur Verfügung gestellt und dafür Zinsen erhalten hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 22 Abs. 1 BAO kann die Abgabepflicht durch Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes nicht umgangen oder gemindert werden. Liegt ein Missbrauch vor, so sind gemäß § 22 Abs. 2 leg. cit. die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.
Die Ansicht, dass die Zwischenschaltung der S Treasury Ltd zur Veranlagung von Geldern einen Missbrauch iSd § 22 BAO darstellt, hat der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis bereits geteilt. Die vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vermisste Begründung, warum auch die von der S AG unmittelbar der S Treasury Ltd zufließenden Gelder der L AG zugerechnet worden sind, hat die belangte Behörde im nun angefochtenen Bescheid geliefert.
Angesichts der von der Beschwerdeführerin insoweit nicht bekämpften Feststellungen ist es nicht für rechtswidrig zu befinden, wenn die belangte Behörde im Ergebnis die angemessene rechtliche Gestaltung darin gesehen hat, dass die S AG die in Rede stehenden Geldmittel, welche unmittelbar der S Treasury Ltd zugekommen sind, der L AG hätte zukommen lassen und damit den Wert ihrer Beteiligung an der L AG erhöht hätte, und dass diese Geldmittel durch die L AG veranlagt worden wären.
Einer solchen Erhöhung der Beteiligung der S AG an der L AG entspricht jedenfalls der von der belangten Behörde erwähnte Großmutterzuschuss, bewirkte ein als solcher gewerteter Geldfluss von der S AG zur S Treasury Ltd doch eine Erhöhung der Beteiligung der L AG an der S Treasury Ltd und eine Erhöhung der Beteiligung der S AG an der L AG (zur "Durchaktivierung der Großmutterzuschüsse" vgl. etwa das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 18. April 2007, 2003/13/0053).
Die Beschwerdeführerin trägt vor, bei Wertung der Zwischenschaltung der S Treasury Ltd zur Veranlagung der dieser zugeflossenen Gelder als Missbrauch sei das Zufließen dieser Gelder an die S Treasury Ltd wegzudenken, weshalb die durch die Verwertung dieser Gelder durch die S Treasury Ltd erzielten Einkünfte, soweit die Geldflüsse von der S AG stammten, nicht der L AG (sondern der S AG) zugerechnet werden könnten. Damit zeigt sie nicht auf, dass das von der belangten Behörde auf Grund der von ihr getroffenen Feststellungen gefundene Ergebnis rechtswidrig wäre. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, diese unterstelle mit deren Ansicht, dass auch ohne Einschaltung der S Treasury Ltd ein Zuschuss der S AG an die L AG erfolgt wäre, einen der Lebenserfahrung widersprechenden fiktiven Sachverhalt, der vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beurteilen sei. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Begründung für eine solche Annahme aus den oben widergegebenen Feststellungen der belangte Behörde über die beabsichtigte Verwendung der Gelder der S AG und deren Zurechnung zur L AG schlüssig ableitbar ist. Im Fall des § 22 Abs. 2 BAO sind die Abgaben gerade so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen - aber eben nicht tatsächlich gewählten - Gestaltung zu erheben wären.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 3. September 2008
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