Das Urkundenprinzip besagt, dass
- die Gebührenpflicht grundsätzlich an das Vorhandensein einer Schrift gebunden ist,
- für die Feststellung der Gebührenpflicht ausschließlich der Inhalt der Schrift maßgebend ist.
Für die Festsetzung der Gebühr ist der Inhalt der über das Rechtgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich (
VwGH 15.11.1984, 83/15/0181). Die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Rechtsgeschäftes ist unbedeutend (
VwGH 15.3.2001, 2000/16/0115).
Für das Entstehen der Gebührenschuld kommt es weder auf die Schreibweise, in der die Schrift abgefasst ist, noch auf die Absicht des Verfassers an, ob er ein Rechtsgeschäft bezeugen wollte oder nicht.
Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird, wie zB allgemeine Geschäftsbedingungen, unabhängig davon, ob diese Schriften, auf die in der Urkunde hingewiesen wird, der Urkunde angeschlossen sind oder nicht. Mündlich getroffene (weitere) Verabredungen sind jedoch gebührenrechtlich unbeachtlich. Ebenso unbeachtlich sind andere, nicht aus der Urkunde oder aus einer bezugnehmenden Schrift hervorgehende Tatsachen oder Abreden, wie die Beweggründe, die zur Errichtung der Schrift, zum Abschluss des Rechtgeschäftes oder zu einer bestimmten Art oder Formulierung geführt haben. Auf andere Urkunden ist nur dann Bedacht zu nehmen, wenn dem Gebührenschuldner ein Gegenbeweis zusteht (siehe Rz 501) oder wenn eine Schrift über einzelne gebührenrechtlich bedeutsame Umstände (zB über das Ausmaß der zu erbringenden Leistung) keine Angaben enthält, ohne dabei den Urkundencharakter zu verlieren. In diesem Fall sind die fehlenden Umstände in einem Ermittlungsverfahren, erforderlichenfalls an Hand anderer Urkunden, festzustellen.
Für die Gebührenfestsetzung sind unter Berücksichtigung des Urkundenprinzips andere als im Urkundeninhalt festgehaltene Umstände nicht zu berücksichtigen, auch wenn diese den tatsächlichen Vereinbarungen entsprechen (
VwGH 17.3.1986, 84/15/0158). Weiters ist unmaßgeblich, ob die Vereinbarung in weiterer Folge aufrechterhalten und ob und wie sie ausgeführt wird. Nähere Ausführungen siehe Rz 510 ff.
Die wirtschaftliche Betrachtungsweise der BAO tritt in Hinblick auf die im Gebührenrecht vorherrschende formale Betrachtungsweise in den Hintergrund (
VfGH 8.5.1980, V 14/80, VfSlg 8.807;
UFS 11.7.2005, RV/0495-G/02).
Bei Beurkundung eines Rechtsgeschäftes in einem Anbot- und einem Annahmeschreiben ist grundsätzlich der Inhalt des Anbotschreibens maßgeblich. Ein änderndes oder ergänzendes Annahmeschreiben ist als Gegenofferte zu qualifizieren und löst in Verbindung mit dem ursprünglichen Anbot noch keine Gebührenpflicht aus. Eine Gebührenpflicht entsteht erst mit schriftlicher Annahme der Gegenofferte.