Normen
GebG 1957 §17 Abs4;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 idF 1976/668;
GebG 1957 §17 Abs4;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 idF 1976/668;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 16.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mittels Anbot und Annahme schlossen im Juli 1982 die Beschwerdeführerin als "Vermieter" und die Spedition B. als "Mieter" zwei als "Leasingverträge" bezeichnete, aktenkundige Vereinbarungen. "Mietgegenstände" waren nach dem ersten Leasingvertrag eine Waschanlage und ein Hänger. Für diese beiden Gegenstände bestimmt der erste Leasingvertrag im wesentlichen folgendes:
Netto-Kaufpreis | S | 534.000,-- |
Nebenleistungen, 0,8 % Kreditgebühr | S | 4.272,-- |
Mietberechnungsbasis ohne gesetzl. USt | S | 538.272,-- |
Der Mieter verzichtet auf sein Recht zur Kündigung gemäß 6,1 der (Vertrags‑)Bedingungen auf die Dauer von 60 Monaten ab Vertragsbeginn.
Monatsmiete 2,39 %, Monatsmiete (exklusive USt) S 12.865,--.
Sondervereinbarungen: Mietbeginn: 1.1.1982/Vormieten werden mit Mietfaktor 1,125 % von den ausgezahlten Beträgen berechnet.
"Mietgegenstände" des zweiten Leasingvertrages waren 30 Wechselpritschen, 30 Planen und ein Hänger. Für diese Gegenstände bestimmt der zweite Leasingvertrag im wesentlichen folgendes:
Netto-Kaufpreis | S | 2,446.200,-- |
Nebenleistungen, 0,8 % Kreditgebühr | S | 19.570,-- |
Mietberechnungsbasis ohne gesetzl. USt | S | 2,465.770,-- |
Der Mieter verzichtet auf sein Recht zur Kündigung gemäß 6,1 der (Vertrags‑)Bedingungen auf die Dauer von 60 Monaten ab Vertragsbeginn.
Monatsmiete 2,39 %, Monatsmiete (exklusive USt) S 58.932,-- Sondervereinbarung: Mietbeginn: 1.1.1983/Vormieten werden mit
Mietsatz 1,125 % von den ausbezahlten Beträgen berechnet.
Des weiteren sehen beide Leasingverträge übereinstimmend unter anderem folgendes vor:
"Mit Zahlung der 60. Monatsmiete gehen die Mietgegenstände in das Eigentum des Mieters über."
Der erwähnte Punkt 6,1 und der folgende Punkt 6,2 der Vertragsbedingungen lauten:
"6,1 Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und kann jeweils zum Ende jedes Mietmonats unter Einhaltung einer einmonatigen Frist mittels Einschreibebriefes gekündigt werden. Der Mieter verzichtet jedoch ausdrücklich und unwiderruflich darauf, vor dem umseitig festgelegten Zeitpunkt von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. Danach ist eine Kündigung auch für ihn möglich. Mit schriftlicher Zustimmung des Vermieters kann der Mieter sein Kündigungsrecht bereits vor dem umseitig festgelegten Zeitpunkt ausüben.
6,2 Der Vermieter kann diesen Vertrag jedoch jederzeit mit sofortiger Wirkung auflösen, wenn der Mieter seinen Verpflichtungen aus diesem Vertrag trotz Mahnung mittels eingeschriebenen Briefes innerhalb von 14 Tagen nicht nachkommt oder seine wirtschaftlichen Verhältnisse sich derart verändern, daß eine regelmäßige Zahlung der vereinbarten Mieten gefährdet erscheint, oder wenn über sein Vermögen ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren bzw. ein anderes der Schuldenregelung dienendes Verfahren eingeleitet wird oder ergebnislos Exekution in sein Vermögen geführt wird. Ein weiterer Auflösungsgrund ist gegeben, wenn insbesondere in der Struktur der Rechtsperson des Mieters eine wesentliche Änderung eintritt (z.B. hinsichtlich der Haftung) oder der Mieter seiner Verpflichtung zur Anzeige der Veränderung seines Firmensitzes oder der Einhaltung anderer wesentlicher Vertragsbestimmungen nicht nachkommt."
Das Finanzamt setzte für die Leasingverträge mit zwei Bescheiden die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) fest (erster Leasingvertrag: Monatsentgelt S 12.865,-- zuzüglich 18 % USt = S 15.180,70, 36faches Monatsentgelt S 546.505,20, hievon 1 % Rechtsgebühr, das sind S 5.465,--; zweiter Leasingvertrag: Monatsentgelt S 58.932,-- zuzüglich 18 % USt = S 69.539,76, 36faches Monatsentgelt S 2,503.431,--, hievon 1 % Rechtsgebühr, das sind S 25.034,--).
Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, daß die Sondervereinbarung in den Leasingverträgen über den Eigentumsübergang der Mietgegenstände auf den Mieter die abweichenden, vorgedruckten bestandrechtlichen Regelungen aufhebe und die Vereinbarung in zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtung zu Ratenkäufen mache. Die Vereinbarung des späteren Eigentumsüberganges stelle lediglich einen bei Kaufverträgen und insbesondere bei Ratengeschäften üblichen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers dar. Dieser Eigentumsvorbehalt beschränke die Verfügungsmacht des Käufers (hier als Mieter bezeichnet) nicht weiter als analoge Vereinbarungen in den üblichen Kaufverträgen des täglichen Geschäftsverkehrs. Die gegenständlichen Verträge entsprächen daher reinen Kaufverträgen, in denen gleichzeitig ein Tilgungsplan für die Kaufpreisschuld vereinbart werde. Allein diese Vertragsauslegung entspreche dem Willen der vertragschließenden Parteien, welcher auch in weiteren Vertragsbedingungen zum Ausdruck komme. Der Käufer (hier als Mieter bezeichnet) verzichte über die gesamte Vertragslaufzeit, in der der Kaufpreis bereits zur Gänze getilgt werde, auf die Ausübung seines Kündigungsrechtes. Er verpflichte sich daher mit Vertragsabschluß wie - bei einem reinen Kaufvertrag - zur Bezahlung des gesamten Kaufpreises und trage mit Übernahme des Vertragsgegenstandes das volle wirtschaftliche Risiko eines Eigentümers. Auch der Verkäufer könne aus diesem Vertrag nicht mehr zurücktreten. Er könne lediglich bei Zahlungsverzug den Eigentumsvorbehalt geltend machen. Die zuerst zitierte Sonderbestimmung ermögliche es dem Käufer durch Zahlung von 60 "Monatsmieten" den Eigentumsvorbehalt jederzeit aufzuheben. Die fixierte Eigentumsübertragung unterscheide den Vertragsinhalt eindeutig von in echten Leasingverträgen vorkommenden Mieten mit nachfolgender Optionsmöglichkeit.
In einem gegen abweisende Berufungsvorentscheidungen gerichteten Antrag auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies die Beschwerdeführerin auf Abschnitt 172 Abs. 6 DE-USt, AÖFV Nr. 283/72, und das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 5. November 1957, I 221/56 U, BFHE 1958/148.
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge. Nach dem ersten Augenschein erfüllten die mit Leasingvertrag bezeichneten Urkunden sämtliche Tatbestandselemente des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG. Es sei sowohl der Vertragsgegenstand als auch die Vertragsdauer (60 Monate) und der Preis genau bestimmt. Ein wesentliches Vertragselement, welches für das Vorliegen eines Bestandvertrages und nicht eines Kaufgeschäftes spreche, sei das der vereinbarten Vertragsdauer. Ebenso sei die Vereinbarung von Kündigungsfristen ein Kriterium für das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses und nicht eines Punktgeschäftes wie das eines Kaufvertrages. Bis zum Ablauf der 60-monatigen Kündigungsfrist liege jedenfalls ein Dauerschuldverhältnis vor, welches von der Vermieterseite her durch Kündigung aufgelöst werden könne. Nach dem Gebührengesetz sei nur die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend, wobei auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise und den wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht Bedacht genommen werden könne.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit der beiden angefochtenen Bescheide als auch deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG unterwirft "Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält," einer Rechtsgebühr.
Die zitierte Fassung erhielt die Gesetzesstelle durch die Gebührengesetznovelle 1976, BGBl. Nr. 668. Während § 33 TP 5 GebG früher mit seiner an § 1090 ABGB angelehnten Begriffsumschreibung schlechthin Bestandverträge im Sinne des bürgerlichen Rechtes erfaßte (§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG alte Fassung: "Bestandverträge (Miet- oder Pachtverträge), wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält"), sollen nunmehr
- a) Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und
- b) sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält,
Gegenstand der Rechtsgebühr (Bestandvertragsgebühr) sein.
Da die belangte Behörde in ihren Gegenschriften beide Tatbestandselemente des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG (a und b) für ihren Standpunkt ins Treffen führte, gilt es vorerst zu untersuchen, welche Bedeutung der Neufassung des § 33 TP 5 Abs. 1 leg. cit. beizumessen ist, und was insbesondere unter den "sonstigen Verträgen" im Sinne der Gesetzesstelle zu verstehen ist.
Bei dieser Untersuchung ist davon auszugehen, daß das Gebührengesetz in seinem III. Abschnitt Rechtsgeschäfte einer Gebühr unterwirft (siehe § 1 GebG und die Überschrift des III. Abschnittes) und daß § 33 nach seiner Überschrift und seinem Inhalt den Tarif der Gebühren für Rechtsgeschäfte enthält. Dies gebietet es, bei Lösung der Frage, ob ein Sachverhalt einem Rechtsgeschäft im Sinn des § 33 GebG entspricht, der (zivil)rechtlichen Betrachtungsweise den Vorzug gegenüber der wirtschaftlichen Betrachtungsweise einzuräumen. § 33 TP 5 Abs. 1 GebG im besonderen legt - auch in der neuen Fassung - die zivilrechtliche Betrachtungsweise insofern nahe, als er einerseits unmittelbar an das Zivilrecht anknüpft (§§ 1090 ff ABGB) und andererseits auch zur Umschreibung der "sonstigen Verträge" sich der zivilrechtlichen Begriffsbestimmung des Bestandvertrages in § 1090 ABGB bedient. Es ist daher auch die Frage, ob ein "sonstiger Vertrag" im Sinn des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG (neue Fassung) vorliegt, nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu prüfen (vgl. auch schon das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1979, Zl. 2330/78, betreffend einen "Leasingvertrag").
Trägt man nun aber der zivilrechtlichen Betrachtungsweise Rechnung und berücksichtigt man dabei weiters, daß auch die "sonstigen Verträge" des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG mit den Begriffsmerkmalen des (zivilrechtlichen) Bestandvertrages umschrieben sind und unter dem Oberbegriff "Bestandverträge" (siehe die Überschrift zur TP 5) einer Rechtsgebühr unterworfen werden sollen, so erscheinen von § 33 TP 5 GebG (neue Fassung) umfaßt
a) die "lupenreinen" Bestandverträge im Sinne der §§ 1090 ff
ABGB
b) Verträge, die sich ihrem Wesen nach "als eine Art Bestandvertrag" darstellen (siehe nochmals das Erkenntnis Zl. 2330/78), d.h. Verträge, die zwar von den Regeln der §§ 1090 ff ABGB abweichen, aber auf Grund von für Bestandverträge charakteristischen Merkmalen noch als "Bestandverträge" im weiteren Sinn anzusprechen sind. Dieses Verständnis liegt offenbar auch den Gesetzesmaterialien (Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 338 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIV. GP) zugrunde, wenn es dort heißt, die neue Fassung des § 33 TP 5 Abs. 1 ordne an, daß jedenfalls alle Miet- oder Pachtverträge, die nach den Bestimmungen der §§ 1090 ff ABGB zu beurteilen seien, darüber hinaus aber auch jene Verträge, die an sich zwar den Tatbestand des § 1090 ABGB erfüllten, aber in der Literatur oder Rechtsprechung verschiedentlich wegen Nichterfüllung sonstiger Voraussetzungen nicht als Bestandverträge gewertet würden, der Gebühr unterlägen.
Weder als Bestandverträge im Sinne der §§ 1090 ff ABGB noch als "sonstige Verträge" im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG können hingegen Vereinbarungen gewertet werden, die ihrem Wesen nach einer anderen Art von Rechtsgeschäft entsprechen, das entweder einer anderen Tarifpost des § 33 GebG unterliegt oder das von dem auf bestimmte Rechtsgeschäftstypen abgestellten Tarif des § 33 GebG überhaupt nicht erfaßt wird.
II. Die bereits zitierten Gesetzesmaterialien erwähnen als Beispiel für "sonstige Verträge" im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG u.a. die Leasingverträge. Mit der Anführung der Leasingverträge schlechthin haben sich jedoch die Gesetzesmaterialien eines gegenüber dem Gesetzeswortlaut zu weiten Begriffes bedient, zumal keineswegs alle Leasingverträge im Sinne der Gesetzesmaterialien "an sich zwar den Tatbestand des § 1090 ABGB erfüllen". Beim sogenannten Personalleasing trifft dies schon ganz offenkundig nicht zu. Der Verwaltungsgerichtshof hält auch nach der Gesetzesänderung durch die Gebührengesetznovelle 1976 an der Aussage seines Erkenntnisses vom 15. Dezember 1976, Zl. 2005/74, Slg. Nr. 5059/F, fest, daß Leasingverträge durchaus keinen einheitlichen feststehenden Inhalt haben, sondern in vielfältigen Varianten und Erscheinungsformen mit jeweils anderen Rechten und Pflichten auftreten und daß nach dem Inhalt der jeweiligen Urkunde zu prüfen ist, ob ein Bestandvertrag (im engeren oder weiteren Sinn) vorliegt.
III. Bezogen auf die verschiedenen Arten von Leasingverträgen lassen sich die beiden streitgegenständlichen Rechtsgeschäfte am ehesten dem sogenannten "Finanzierungsleasing" zuordnen (näheres darüber siehe Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts6, I, Seite 300, und den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 2. Mai 1979, 1 Ob 586/79). Bei dieser Form des Leasing finanziert im wesentlichen der Leasinggeber die Anschaffung des Leasinggutes, das er dem Leasingnehmer über die vereinbarte Leasingdauer gegen Entrichtung der Leasingraten zur Nutzung überläßt (vgl. auch Stoll, Leasing2, Seite 3 ff). Finanzierungsleasing-Verträge unterscheiden sich von Bestandverträgen meist dadurch, daß der Leasingnehmer wirtschaftlich den zufälligen Untergang der Sache zu tragen hat, ebenso auch die Instandhaltungs- und Reparaturkosten. Beim Finanzierungsleasing hat der Leasingnehmer bei Mangelhaftigkeit der Sache üblicherweise keine Ansprüche gegen den Leasinggeber; er wird jedoch berechtigt, die dem Leasinggeber gegenüber dem Lieferanten zustehenden Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Mängel des Leasinggegenstandes berühren den Leasingvertrag nicht und es muß daher der Leasingnehmer auch bei Unbrauchbarkeit weiterhin leisten (siehe nochmals Koziol-Welser, a. a.O.).
Wenn auch das hier in Rede stehende Finanzierungsleasing Merkmale eines Bestandvertrages aufweist, bestehen doch wie ausgeführt auch für den Bestandvertrag atypische Vertragselemente, sodaß die Zuordnung des Leasing zu einer der konventionalen Vertragsfiguren im zivilrechtlichen Schrifttum umstritten ist (siehe hiezu die Darstellung bei Stoll, a.a.O., Seite 73 ff). Besonders die Abgrenzung zum Kaufvertrag steht in Streit (siehe nochmals den zitierten Beschluß des Obersten Gerichtshofes). Wird dem Leasingnehmer der geleaste Gegenstand nicht nur zur Nutzung überlassen, sondern ihm auch eine Kaufoption eingeräumt, so rückt das Finanzierungsleasing von vornherein in das Licht eines Ratenkaufes (Stoll, a.a.O., Seite 72, Koziol-Welser, a.a.O., Seite 300). Nicht Bestandvertrag, sondern schlicht Sachkauf ist jedenfalls gegeben, wenn der Leasingnehmer bei Ausübung der Kaufoption nur eine Anerkennungsgebühr, also kein besonderes Äquivalent zu entrichten hat (Stoll, a.a.O., Seite 76 unter Hinweise auf Frotz in Hämmerle-Festschrift, Seiten 97 bis 127).
Gebührenrechtlich kann freilich eine eingeräumte Kaufoption der Wertung eines Rechtsgeschäftes als Bestandvertrag keinen Abbruch leisten. Ist doch die Abrede, mit der dem Leasingnehmer die Kaufmöglichkeit eingeräumt und durch die die im § 1109 ABGB normierte Pflicht des Bestandnehmers zur Rückgabe der Bestandsache bei beendetem Bestandvertrag unmöglich werden könnte, nur eine bedingte: Ihre Realisierung hängt nämlich davon ab, ob der Bestandnehmer von der ihm eingeräumten Befugnis, den Gegenstand käuflich zu erwerben, auch Gebrauch macht. Wenn nun das Gebührengesetz in § 17 Abs. 4 ausdrücklich anordnet, daß es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluß ist, ob die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes von einer Bedingung abhängt, so kann umso weniger der bedingte Verzicht eines Vertragsteiles auf eine dem anderen Vertragsteil obliegende Vertragsverpflichtung vom gebührenrechtlichen Standpunkt aus eine Zuordnung des Rechtsverhältnisses zu einer anderen Vertragstype und damit den Entfall der Gebührenpflicht bewirken (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1976, Slg. Nr. 5059/F).
Diese Betrachtung kann jedoch nur Platz greifen, wenn eine Kaufoption vereinbart ist. In den beiden Beschwerdefällen wurde aber nicht bloß eine Kaufoption eingeräumt, sondern vereinbart, daß mit der Zahlung der 60. "Monatsmiete" die "Mietgegenstände" in das Eigentum des "Mieters" übergehen, so daß bei Eigentumsübergang nicht einmal mehr ein Anerkennungspreis (siehe oben) zu bezahlen war. Festzuhalten ist hier noch, daß die "Mieten" dem Urkundeninhalt zufolge auf Basis der Anschaffungskosten der "Mietgegenstände" errechnet wurden.
IV. Der belangten Behörde ist einzuräumen, daß die beiden Leasingverträge auch Bestandvertragselemente aufweisen, so insbesondere die Überlassung der "Mietgegenstände" an den "Mieter" zunächst ohne Eigentumsübergang gegen ein auf die Dauer dieser Überlassung zu leistendes laufendes Entgelt, die Pflicht zur pfleglichen Behandlung der "Mietgegenstände" und das Kündigungsrecht (lediglich) des "Vermieters", das allerdings nur auf ganz bestimmte, in der Person des "Mieters" gelegene Gründe beschränkt ist und nicht so sehr auf Erhaltung und Rückgabe der "Bestandsachen", sondern vor allem auf die Absicherung des finanziellen Risikos des "Vermieters" ausgerichtet ist.
Andererseits sind Vertragselemente gegeben, die eher auf einen Kaufvertrag denn auf einen Bestandvertrag hindeuten, so die Instandhaltungspflicht des "Mieters" auf seine Kosten, das ihn jedenfalls treffende Risiko des Unterganges der Bestandsache bei fortdauernder Verpflichtung zur Bezahlung oder "Miete" sowie seine nur gegenüber dem Lieferanten, nicht aber gegenüber dem "Vermieter" bestehenden Gewährleistungsansprüche. Ausschlaggebend für die Annahme eines Kaufvertrages (Ratenkaufes) und nicht eines Bestandvertrages (auch nicht in weiterem Sinn) ist aber letztlich, daß der "Mieter" den "Mietgegenstand" nach Ablauf der Vertragsdauer, also nach vereinbarungsgemäßer Abwicklung des Vertrages, nicht dem "Vermieter" zurückgeben muß, sondern am "Mietgegenstand" ohne weiteres (und ohne weitere Zahlung) Eigentum erwirbt (siehe nochmals Punkt III.).
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht bei seiner Beurteilung nicht, daß die gegenständlichen "Leasingverträge" in sich widersprüchlich sind, insbesondere deshalb, weil der vorgedruckte Vertragstext grundsätzlich eine Rückstellung des "Mietgegenstandes" an den "Vermieter" nach an sich unbestimmter Vertragsdauer vorsieht, während laut maschinschriftlicher Einfügung - wie erwähnt - mit der Zahlung der 60. "Monatsmiete" der "Mietgegenstand" in das Eigentum des "Mieters" übergeht. Gerade diese maschinschriftliche Einfügung bringt aber hinreichend deutlich den Willen der Vertragsteile zum Ausdruck, daß der "Mieter" den "Mietgegenstand" bei Vertragserfüllung (Zahlung von 60 "Monatsmieten") nicht zurückgeben muß, sondern (als Eigentümer) behalten kann und daß damit auch die Vertragsdauer mit dem Ablauf des 60. Monats begrenzt ist.
Ohne Bedeutung für die Entscheidung, ob Kauf oder Miete vorliegt, sind, wie die belangte Behörde in den Gegenschriften richtig erkennt, die von den Vertragsteilen gewählten Bezeichnungen wie "Leasingvertrag", "Miete", "Mietgegenstand", "Mieter", "Vermieter", u.dgl.; maßgeblich ist vielmehr allein, welches Rechtsgeschäft nach dem Urkundeninhalt (§ 17 Abs. 1 GebG) anzunehmen ist, (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Slg. Nr. 5059/F). Der Urkundeninhalt spricht aber in den Beschwerdefällen für Kauf- und nicht für Bestandverträge. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Ein Kostenersatz für Fotokopien war nicht zu gewähren, weil es der Beschwerdeführerin unbenommen blieb, die angefochtenen Bescheide im Original vorzulegen.
Wien, am 15. November 1984
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