3.4. Körperschaften öffentlichen Rechts
Rz 31a
Unter dem Begriff Körperschaft öffentlichen Rechts ist im Abgabenrecht die juristische Person öffentlichen Rechts allgemein zu verstehen. Es ist ein Sammelbegriff für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Soweit sich daher Abgabenvorschriften auf Körperschaften öffentlichen Rechts beziehen, sind regelmäßig auch öffentlich-rechtliche Anstalten, Stiftungen und Fonds davon betroffen (VwGH 06.10.1976, 2105/75).
Körperschaften öffentlichen Rechts sind beispielsweise (siehe auch KStR 2013 Rz 42 ff):
- Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden)
- Gemeindeverbände
- Gesetzliche Interessensvertretungen (Arbeiterkammern, Ärztekammer, Kammer der gewerblichen Wirtschaft usw.)
- Sozialversicherungsträger
- Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften
- Freiwillige Feuerwehren, soweit landesgesetzlich vorgesehen
- Österreichisches Rotes Kreuz mit den Landesverbänden und Bezirksstellen
Politische Parteien mit Rechtspersönlichkeit (iSd § 1 Abs. 4 Parteiengesetz 2012) sowie deren Neben- und Unterorganisationen werden den Körperschaften des öffentlichen Rechts abgabenrechtlich gleichgestellt (vgl. KStR 2013 Rz 56 ff).
Berufsvereinigungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974 idgF, wie zB der Österreichische Gewerkschaftsbund, sind nach den Grundsätzen des VerG errichtete Vereine und somit keine Körperschaften des öffentlichen Rechts (KStR 2013 Rz 58).
3.4.1. Betriebe gewerblicher Art
Rz 32
Gemäß § 3 Abs. 3 KommStG 1993 sind die Körperschaften öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 KStG 1988) gewerblich oder beruflich tätig. Das KommStG 1993 schließt sich inhaltlich weitgehend dem Unternehmensbegriff des § 2 Abs. 3 UStG 1994 an.
Soweit die Tätigkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts als unternehmerisch iSd UStG 1994 angesehen wird, gilt dies jedenfalls auch für die KommSt. Soweit besteht zwischen KommStG 1993 und UStG 1994 zwar keine formelle Abhängigkeit, wohl aber eine inhaltliche Übereinstimmung.
Als unternehmerische Tätigkeiten im Sinne des Kommunalsteuerrechts gelten jedoch (unabhängig von der Qualifikation nach § 2 Abs. 5 KStG 1988) stets
- Wasserwerke (Trink- und/oder Nutzwasserversorgung)
- Schlachthöfe
- Anstalten zur Müllbeseitigung, zur Tierkörpervernichtung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen (zB Kanalisationsanlagen) sowie
- die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.
3.4.2. Sozialversicherungs- und öffentliche Fürsorgeträger
Rz 33
Nicht übernommen wurde aus dem Umsatzsteuerrecht die Vorschrift des § 2 Abs. 4 UStG 1972 (1994), sodass die dort genannten Tätigkeiten nur insoweit unter den Unternehmensbegriff des KommStG 1993 fallen, als sie in der Form eines Betriebes gewerblicher Art iSd § 2 KStG 1988 ausgeübt werden. Bei Einrichtungen der im § 2 Abs. 4 Z 1 UStG 1972 (1994) genannten Sozialversicherungs- und öffentlichen Fürsorgeträger ist dann jeweils im Einzelfall zu prüfen, inwieweit auf diese die Befreiungsbestimmung des § 8 Z 2 KommStG 1993 Anwendung findet.
Kurheime und Pflegeheime der Sozialversicherungsträger bzw. der Gemeinden sind zwar Betriebe gewerblicher Art, jedoch sind diese nach § 8 Z 2 KommStG 1993 von der Kommunalsteuer befreit.
3.4.3. Keine Einnahmen
Rz 34
Ein Betrieb gewerblicher Art, der keine Einnahmen erzielt, weil er zB nur für andere Betriebe gewerblicher Art derselben Körperschaft öffentlichen Rechts tätig wird, zählt nicht zum Unternehmensbereich (VwGH 29.01.2003, 98/13/0205; UStR 2000 Rz 267); durch Einnahmen (Umsatz ab 2.900 Euro, vgl. KStR 2013 Rz 68) wird er jedoch zur Gänze Teil des Unternehmens der Körperschaft öffentlichen Rechts.
3.4.4. Dienstzuteilung und Arbeitskräfteüberlassung
Rz 35
Zur Dienstzuteilung und Arbeitskräfteüberlassung siehe Rz 17 ff.
3.4.5. Abgrenzung zum Hoheitsbereich
Rz 36
Körperschaften öffentlichen Rechts, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt und damit hoheitlich tätig werden, unterliegen nicht der KommSt (keine unternehmerische Tätigkeit). Eine solche Tätigkeit ist insbesondere anzunehmen, wenn es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnungen verpflichtet ist. Nur eine hoheitliche Tätigkeit, nicht aber eine sonstige "staatliche" Tätigkeit, also insbesondere eine solche im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, schließt die Unternehmereigenschaft aus (VwGH 13.10.1999, 99/13/0010).
Die wirtschaftlich selbständige, privatwirtschaftlichen Zwecken dienende und vom Hoheitsbereich abgrenzbare Tätigkeit einer Körperschaft öffentlichen Rechts ist ein Betrieb gewerblicher Art.
Eine Überwiegensprüfung ist nur bei Mischbetrieben, wenn eine Abgrenzung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, erforderlich, dh. wenn eine wirtschaftlich selbständige Einrichtung gleichzeitig untrennbar dem privatwirtschaftlichen Bereich und dem Hoheitsbereich dient (vgl. KStR 2013 Rz 69). Überwiegt der Privatwirtschaftsbereich, ist zur Gänze von einem Betrieb gewerblicher Art, überwiegt der hoheitliche Bereich, zur Gänze von einem Hoheitsbetrieb auszugehen.
Zur Dienstzuteilung siehe Rz 17 ff.
Einzelfälle
- Wird in einem Bundesgesetz die Eigenschaft einer Einrichtung als Betrieb gewerblicher Art ausgeschlossen, gilt dies auch für die KommSt (VwGH 31.01.2001, 2000/13/0193, Diplomatenakademie auf Grund des BG über die "Diplomatische Akademie Wien'', DAK - Gesetz 1996, BGBl. Nr. 178/1996).
- Dienstküchen und Kantinen von Körperschaften öffentlichen Rechts, bei denen eine Pflichtversorgung unentgeltlicher Art (Ausfluss des Hoheitsbereiches) mit einer entgeltlichen Verköstigung der öffentlich Bediensteten (privatwirtschaftliche Betätigung) in Verbindung steht, liegt ein Mischbetrieb vor, bei dem das Überwiegen für die Annahme eines Betriebes gewerblicher Art oder eines Hoheitsbetriebes maßgebend ist (zB Küchenbetriebe, die von Polizei-, Gendarmerie-, Justizdienststellen, Bundesheer, zur Versorgung von öffentlich Bediensteten, Soldaten, Gefangenen oder Flüchtlingen unterhalten werden), KStR 2013 Rz 76.
Dagegen ist eine Werksküche einer Körperschaft öffentlichen Rechts ein Betrieb gewerblicher Art, wenn er die öffentlich Bediensteten auf entgeltlicher Grundlage versorgt oder daneben auch "Fremde" mitversorgt (VwGH 17.10.2001, 99/13/0002). - Der Vermietung von Sportanlagen, ggf. samt sportlicher Betreuung, sowie die Vermietung von Unterkünften mit Bereitstellung von Verpflegung durch die Bundessportschule ist - außerhalb eines Schulbetriebes - privatwirtschaftlicher Charakter beizumessen (VwGH 28.11.2000, 99/14/0132, Bundes-Sportförderungsgesetz 2017).
- Die Übernahme von Haftungen in Form von Garantien oder Ausfallbürgschaften durch die Finanzierungsgarantie-GmbH des Bundes (Garantiegesetz 1977, BGBl. Nr. 296/1977) ist keine hoheitliche Tätigkeit (VwGH 13.10.1999, 99/13/0010).
- Das Bruckner-Konservatorium ist kein Hoheitsbetrieb (VwGH 21.07.1998, 97/14/0082).
- Eine Landesmusikschule, die nachhaltig Einnahmen (Schulgeld) erzielt, ist kein Hoheitsbetrieb, sondern ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechts (VwGH 21.07.1998, 97/14/0056). Es sind die jeweiligen gesetzlichen Regelungen zu beachten.
- Schulen mit oder ohne Öffentlichkeitsrecht, die von privaten Trägervereinen betrieben werden, sind keine Hoheitsbetriebe (VwGH 20.09.1995, 95/13/0127) (zB Waldorfschulen, Vienna International School).
- Universitäten auf Basis des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 207/2001, sind dem Hoheitsbereich zuzuordnen.
- Der wissenschaftliche Lehr- und Forschungsbetrieb an universitären Einrichtungen des Bundes oder von diesem gerade für diese Zwecke errichteter Körperschaft öffentlichen Rechts ist grundsätzlich eine hoheitliche Tätigkeit. Dabei ist es nicht schädlich, dass das Studienangebot auf postgraduale Universitätslehrgänge abstellt. An der Natur der hoheitlichen Tätigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass von Studierenden Taxen eingehoben werden.
Eine privatwirtschaftliche Tätigkeit könnte im Drittmittelbereich (so genannte Drittmittelforschung mit Geldern Dritter) oder in der Erstellung von Auftragsgutachten gelegen sein. Nur diesfalls wäre die Frage zu erheben, ob eine derartige Tätigkeit die hoheitliche Tätigkeit ihrem Umfange nach überwiegt (VwGH 07.06.2001, 98/15/0172, Universität für Weiterbildung Krems - DUK-Gesetz 2004, BGBl. I Nr. 22/2004). - Übersteigt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, der für einen hoheitlichen Schul- und Forschungsbetrieb unbedingt notwendig ist, deutlich das für den Schulbetrieb im Sinne eines Hilfsbetriebes notwendige Ausmaß, liegt zur Gänze ein kommunalsteuerpflichtiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb iSd § 3 Abs. 3 KommStG 1993 vor (VwGH 30.10.2003, 99/15/0186).
- Das Betreiben einer Kanalisationsanlage durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts, zB Gemeinde(verband), ist eine unter das KommStG 1993 fallende unternehmerische Tätigkeit; die diesem Unternehmen zuzurechnenden Arbeitslöhne sind kommunalsteuerpflichtig.
- Bei der Tätigkeit von Privatuniversitäten handelt es sich um solche privatwirtschaftlicher Natur (VwGH 04.03.2009, 2006/15/0071). Analog gilt dies auch für Fachhochschulen.
- Werden Mitarbeiter von juristischen Personen des Privatrechts bei der Realisierung von gesetzlich verpflichtenden Aufgaben tätig, handeln diese aber im privatwirtschaftlichen Bereich, liegt keine hoheitliche Tätigkeit vor (zB gemeinnütziger Verein nimmt Zivilschutz- und Brandschutzaufgaben wahr).
- Die dauerhafte entgeltliche Überlassung von Arbeitskräften stellt einen Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft öffentlichen Rechtes dar (VwGH 25.11.2010, 2007/15/0101).
- Die Tätigkeit einer politischen Partei, die im Pressedienst, der Öffentlichkeitsarbeit, der Herausgabe von Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Druckschriften, der Werbung und der Informationstätigkeit einschließlich Wahlwerbung besteht, kann nicht als Betrieb gewerblicher Art angesehen werden, weil diese Aktivitäten zum Kernbereich der Tätigkeit politischer Parteien (Hoheitsbereich) gehören (VwGH 09.11.1994, 92/13/0024).
- Auch wenn die Münze Österreich AG hoheitlich tätig und von der Körperschaftssteuer befreit ist, ist sie als Körperschaft iSd § 7 Abs. 3 KStG 1988 stets und in vollem Umfang Unternehmerin iSd § 3 Abs. 1 KommStG 1993; eine Kommunalsteuerbefreiung besteht nicht (VwGH 26.03.2014, Ro 2014/13/0017); vgl. dazu auch Rz 25.
3.5. Unternehmerwechsel bei Umgründungen
Rz 37
Bei Umgründungen kann im Hinblick auf die lohnsteuerliche Nahebeziehung des KommStG 1993 der Übergang der Dienstverhältnisse iSd § 2 KommStG 1993 auf die Rechtsnachfolger im Gleichklang mit dem lohnsteuerlichen Übergang (der Teile) des Unternehmens angenommen werden; siehe UmgrStR 2002 Rz 304, 595 ff, 1216 ff, 1467 ff, 1628, 1777.
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 |
Schlagworte: | Kommunalsteuer, KommSt, Kommunalsteuergesetz, KommStG |