3.1. Anteile im Privatvermögen
3.1.1. Unbeschränkt steuerpflichtig natürliche Personen
3.1.1.1. Allgemeines
3.1.1.1.1. Transparenzprinzip
Ein Investmentfonds ist kein Steuersubjekt. Die steuerliche Erfassung von Erträgen aus Investmentfonds erfolgt daher unmittelbar beim Anteilinhaber (Durchgriff, auch "Transparenzprinzip").Erträge, die der Investmentfonds aus einzelnen Veranlagungen erzielt (zB Zinsen aus Anleihen) werden den Anteilinhabern zugerechnet und bei diesen entsprechend besteuert.Beispielsweise sind Zinsen aus Anleihen bei einer natürlichen Person, die den Anteil im Privatvermögen hält, mit 27,5% KESt endbesteuert. Ist der Anteilinhaber eine österreichische GmbH, unterliegen diese Erträge der 25-prozentigen Körperschaftsteuer.
Bei den ausgeschütteten bzw. ausschüttungsgleichen Erträgen eines Investmentfonds handelt es sich daher nicht um einen Ertrag sui generis, sondern um die Summe der vom Investmentfonds erwirtschafteten Erträge, die ihren Charakter als Zinserträge, Dividendenerträge oder Substanzgewinne nicht verlieren. Die in einer Ausschüttung oder in den ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltenen Ertragsbestandteile sind auf Ebene des Anteilinhabers grundsätzlich so zu erfassen, als ob er sie unmittelbar bezogen hätte. Diese Vorgangsweise erfordert eine differenzierte Darstellung der Erträge, weil auf Grund der vielfältigen Möglichkeiten sowohl der Erträge als auch der Anteilinhaber (natürliche Personen - juristische Personen, Privatvermögen - Betriebsvermögen) die steuerliche Behandlung der Erträge sehr unterschiedlich ausfallen kann.Diese direkte Zurechnung von Erträgen betrifft Erträge, die im Investmentfonds realisiert und an den Anteilinhaber ausgeschüttet werden bzw. als ausgeschüttet gelten.
Davon ist der Ertrag zu unterscheiden, der bei der Veräußerung des Investmentfonds durch den Anteilinhaber erzielt wird. Bei der Veräußerung des Anteils an einem Investmentfonds werden nämlich auch alle nicht realisierten Erträge erfasst. Dieser Ertrag ist beim Anteilinhaber in der entsprechenden Einkunftsart zu erfassen. Zum Beispiel führt die Veräußerung eines von einer natürlichen Person im Privatvermögen gehaltenen Investmentfondsanteils zu Einkünften aus Kapitalvermögen.
3.1.1.1.2. Öffentliches Angebot
Nach § 27a Abs. 2 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 gilt der besondere Steuersatz nicht für Einkünfte aus Anteilscheinen und Anteilen an einem Immobilien-Investmentfonds, wenn diese bei ihrer Begebung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht keinem unbestimmten Personenkreis angeboten werden. Diese Bestimmung ist für Investmentfonds (einschließlich AIF sowie Gebilde im Sinne des § 188 Abs. 1 Z 3 InvFG 2011) nicht anwendbar. Werden diese daher nicht öffentlich angeboten, unterliegen alle Kapitalerträge (Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge) dem Sondersteuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988. Enthält der Fonds allerdings nicht öffentlich angebotene Wirtschaftsgüter, muss der Fondsanteil zumindest in einer Weise angeboten werden, die einem öffentlichen Angebot gleichkommt.Zum Sondersteuersatz auf den Gewinn aus der Veräußerung eines Investmentfondsanteils siehe unten, Rz 154.
3.1.1.1.3. Ordentliche Erträge und außerordentliche Erträge
Dem Transparenzprinzip entsprechend sind Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge jeweils in ihre Ertragsbestandteile zu zerlegen. Dies ist erforderlich, weil einzelne Ertragskomponenten bei den verschiedenen Anlegergruppen unterschiedlich besteuert werden oder steuerbefreit sind. So gelten etwa bei Privatanlegern Substanzgewinne nur teilweise (zu 60%) als ausschüttungsgleiche Erträge oder sind Dividendenerträge bei Körperschaften gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 steuerbefreit.Bei klassischen inländischen Investmentfonds wird dabei zwischen folgenden Erträgen unterschieden:Zu den ordentlichen Erträgen zählen:
- Zinserträge aus Bankeinlagen und sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten
- Zinserträge aus Forderungswertpapieren
- Dividenden aus inländischen und ausländischen Aktien
- sonstige ordentliche Erträge wie Erträge, die Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen iSd § 14 Abs. 2 Z 1 und 2 ImmoInvFG entsprechen.
Zu den außerordentlichen Erträgen zählen:
- realisierte Substanzgewinne und -verluste aus der Veräußerung von Fondsvermögen und
- Einkünfte aus Derivaten.
Zu diesen Einkünften kommen bei AIF andere Einkünften iSd EStG 1988 hinzu ("AIF-Einkünfte").
3.1.1.1.4. Ausschüttungen - ausschüttungsgleiche Erträge
Die Besteuerung von Erträgen eines Investmentfondsvermögens erfolgt beim Anteilinhaber nicht bereits mit dem Zufluss der einzelnen Erträge an den Investmentfonds, sondern werden die Erträge zunächst im Fonds gespeichert. Steuerpflicht beim Anteilinhaber entsteht erst im tatsächlichen oder fingierten Zeitpunkt des Zuflusses beim Anteilinhaber, dh. mit der tatsächlichen oder fingierten Ausschüttung der Fondserträge.Werden die Erträge im Investmentfonds thesauriert und kommt es damit nicht zu tatsächlichen Ausschüttungen an den Fondsanteilinhaber, wird für steuerliche Zwecke ein jährlicher Zufluss der Fondserträge gesetzlich fingiert. Diese fiktiv zugeflossenen Fondserträge werden als ausschüttungsgleiche Erträge bezeichnet. Dabei gelten die thesaurierten Investmentfondserträge für steuerliche Zwecke jeweils mit Auszahlung der Kapitalertragsteuer gemäß § 58 Abs. 2 InvFG 2011, spätestens jedoch mit Veröffentlichung der steuerlichen Daten bei fristgerechter Meldung (ohne Meldung am 31.12.) als an den Anleger zugeflossen und lösen bei ihm eine Steuerpflicht aus.3.1.1.1.5. Veräußerung von Investmentfondsanteilen
Die Veräußerung von nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworbenen Anteilen an Investmentfondsvermögen führt im außerbetrieblichen Bereich, unabhängig von der Behaltedauer, beim Anleger zu steuerpflichtigen Einkünften iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 zum besonderen Steuersatz in Höhe von 27,5% gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (25% vor dem 1.1.2016). Erfolgte die Veräußerung eines nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworbenen Investmentfondsanteils vor dem 1.4.2012, hatte die Besteuerung noch zum normalen Einkommensteuertarif zu erfolgen. Bis zum Inkrafttreten des § 27 Abs. 3 EStG 1988 idF BBG 2011 war die Veräußerung von Investmentfondsanteilen im außerbetrieblichen Bereich lediglich im Rahmen des § 30 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988 idF vor BBG 2011 steuerhängig. Soweit die Veräußerung von Fondsanteilen außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erfolgte, war ein Realisierungsvorgang steuerneutral.Ein Anteil an einem Investmentfonds (unabhängig davon, ob es sich um einen Anteil an einem inländischen oder um einen Anteil an einem ausländischen Investmentfonds handelt) ist ein Wirtschaftsgut (ein Forderungswertpapier eigener Art). Nach der ständigen Judikatur des VwGH bedeutet dies, dass - ungeachtet des für die Besteuerung der Erträge geltenden Transparenzprinzips - beim Anteilinhaber keine anteilige Zurechnung der im (Sonder-)Vermögen des Investmentfonds befindlichen Wirtschaftsgüter erfolgt. Bei einem Kauf oder Verkauf eines Anteilscheines ist daher gedanklich gerade nicht von einem anteiligen Kauf oder Verkauf der im Fondsvermögen befindlichen Wirtschaftsgüter auszugehen (VwGH 6.7.2011, 2007/13/0123).3.1.1.1.6. Einteilung von Investmentfonds für steuerliche Zwecke
Für steuerliche Zwecke ist zu unterscheiden zwischen- Meldefonds, für die deren steuerlicher Vertreter die für die ertragsteuerliche Behandlung relevanten Daten für die Ausschüttung und die ausschüttungsgleichen Erträge an die Meldestelle gemäß § 12 KMG (OeKB) zur Veröffentlichung meldet (genauer Inhalt und Umfang sowie Form der Meldung sind in § 186 Abs. 2 Z 2 InvFG 2011 und der dazu ergangenen Fonds-Melde-Verordnung 2015 geregelt; siehe dazu Abschnitt 5.) und
- Nichtmeldefonds, die nicht oder nicht fristgerecht die ausschüttungsgleichen Erträge durch einen steuerlichen Vertreter an die Meldestelle gemäß § 12 KMG (OeKB) zur Veröffentlichung melden bzw. bei erstmaligem Vertrieb keine Absichtserklärung iSd § 5 Abs. 3 FMV 2015 abgegeben haben.