vorheriges Dokument
nächstes Dokument

3.4.2.6.6. Vorbehaltene Entnahmen nach dem Einbringungsstichtag

BMFBMF-010200/0029-IV/6/201817.12.2015

3.4.2.6.6.1. Begriff und Wirkung

Rz 911
Vorbehaltene Entnahmen im Sinne des § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG liegen vor, wenn an Stelle einer tatsächlichen Entnahme eine spätere durchzuführende Entnahme vorbehalten wird und dazu analog zu tatsächlich vorgenommenen Entnahmen eine Passivpost (Verbindlichkeit) in der Einbringungsbilanz eingestellt wird; beim Gesellschafter entsteht eine Forderung aus der vorbehaltenen Entnahme. Der Ansatz einer "Passivpost für vorbehaltene Entnahmen" hat bindende Wirkung und führt zur gleichen Buch- und Verkehrswertminderung wie die Passivpost für tatsächliche Entnahmen. Bei Vorliegen von tatsächlichen Entnahmen und einer vorbehaltenen Entnahme haben gesonderte Ansätze dieser Passivposten in der Einbringungsbilanz zu erfolgen. Ein nach Abschluss des Einbringungsvorganges gegenüber der übernehmenden Körperschaft getätigter Verzicht auf die Forderung aus der vorbehaltenen Entnahme hat keinen Einfluss auf die in der Einbringungsbilanz auszuweisende Verbindlichkeit (VwGH 2.10.2014, 2012/15/0213).

Zur KESt in Fällen eines negativen Buchwertes siehe Rz 972b ff.

Rz 912
Die Passivpost in der Einbringungsbilanz löst sich im Gegensatz zu jener für tatsächliche Entnahmen nicht auf, sondern wandelt sich bei der übernehmenden Körperschaft in eine Verrechnungsschuld gegenüber dem Einbringenden und beim Einbringenden in eine entsprechende Verrechnungsforderung. Die Verrechnungsschuld gehört zum Fremdkapital der übernehmenden Körperschaft und ist bis zur Tilgung oder einem Forderungsverzicht des Einbringenden weiterzuführen. Eine Verzinsung der entstehenden Verrechnungsforderung ist steuerwirksam möglich (siehe Rz 977 ff). Die Vereinbarung einer Nichtverzinsung vorbehaltener Entnahmen im Einbringungsvertrag löst für sich genommen keine Gesellschaftsteuerpflicht aus (vgl. UFS 16.3.2012, RV/3451-W/08).

Rz 913
Der mit dem Begriff der vorbehaltenen Entnahme verbundene Entnahmetatbestand bezieht sich ebenso wie jener der tatsächlichen rückwirkenden Entnahme im Sinn des § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG auf § 4 Abs. 1 EStG 1988. § 16 Abs. 5 Z 2 UmgrStG kann daher für einbringende Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 begrifflich keine Bedeutung haben.

3.4.2.6.6.2. Berechnung der unbaren Entnahme

Rz 914
Der Höchstbetrag für eine vorbehaltene (unbare) Entnahme ergibt sich aus folgenden drei Schritten:

1. Basis ist der positive Verkehrswert des einzubringenden Vermögens am Einbringungsstichtag nach der Stand-alone-Methode.

2. Alle Veränderungen nach § 16 Abs. 5 Z 1, Z 3, Z 4 UmgrStG und nicht nach Z 1 rückbezogenen Entnahmen (Rz 915) sind zu berücksichtigen, wenn der Saldo aus den rückwirkenden Erhöhungen und Minderungen negativ ist. Ergibt sich insgesamt eine Erhöhung des Basisverkehrswertes, bleibt die Erhöhung unberücksichtigt.

3. Der sich nach Pkt. 1 und einem allfälligen Kürzungsbetrag nach Pkt. 2 ergebende Nettoverkehrswert ist Bemessungsgrundlage für den maximal 50%igen Passivposten.

Bar- und Sachentnahmen nach dem Einbringungsstichtag kürzen daher auch dann die Bemessungsgrundlage für die vorbehaltene Entnahme, wenn sie nicht nach Z 1 auf den Einbringungsstichtag rückbezogen werden. Dies ändert nichts an der in § 16 Abs. 5 Z 1 UmgrStG enthaltenen Rechtsfolge des Entstehens von rückzahlbaren Forderungen der übernehmenden Körperschaft gegen den Einbringenden in Höhe der nicht rückbezogenen Entnahmen. Wird die vorbehaltene Entnahme in einem sehr hohen Ausmaß oder im vollen Ausmaß von 50% des Verkehrswertes ausgeschöpft, kann die Abgabenbehörde eine plausible Begründung des angenommenen Verkehrswertes einfordern (zB durch Vorlage des Unternehmensbewertungsgutachtens).

Beispiele:

1. Einzelunternehmer - Betriebseinbringung

 

Verkehrswert

Buchwert

Buchwert zum Einbringungsstichtag

 

200

Verkehrswert zum Einbringungsstichtag

1.000

 

Bareinlagen nach Abs. 5 Z 1

+ 10

+ 10

Barentnahmen nach Abs. 5 Z 1

- 70

- 70

Saldo

- 60

 

Zwischen-Verkehrswert

940

 

Vorbehaltene Entnahme nach Abs. 5 Z 2 max. 50%

- 470

- 470

Verkehrswert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen

470

 

Buchwert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen (Einbringungskapital)

 

- 330

2. Einzelunternehmer - Betriebseinbringung

 

Verkehrswert

Buchwert

Buchwert zum Einbringungsstichtag

 

- 250

Verkehrswert zum Einbringungsstichtag

1.200

 

Barentnahmen nach Abs. 5 Z 1

- 100

- 100

Zurückbehaltene Liegenschaft nach Abs. 5 Z 3 (Verkehrswert/Buchwert Grund und Gebäude)

- 700

- 80

Saldo

- 800

 

Zwischen-Verkehrswert

400

 

Vorbehaltene Entnahme nach Abs. 5 Z 2 max. 50%

- 200

- 200

Verkehrswert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen

200

 

Buchwert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen (Einbringungskapital)

 

- 630

3. Einzelunternehmer - Teilbetriebseinbringung

 

Verkehrswert

Buchwert

Buchwert Teilbetrieb zum Einbringungsstichtag

 

- 350

Verkehrswert Teilbetrieb zum Einbringungsstichtag

1.000

 

Barentnahmen nach Abs. 5 Z 1

- 100

- 100

Verschieben Aktiva und Passiva nach Abs. 5 Z 4

500

300

Saldo

400

 

Zwischen-Verkehrswert = 1.400, aber nicht maßgebend, weil Erhöhung

1.000

 

Vorbehaltene Entnahme nach Abs. 5 Z 2 max. 50%

- 500

- 500

Verkehrswert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen

900

 

Buchwert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen (Einbringungskapital)

 

- 650

4. Mitunternehmer - Einbringung des gesamten Anteils

 

Verkehrswert

Buchwert

Buchwert zum Einbringungsstichtag

 

600

Verkehrswert Teilbetrieb zum Einbringungsstichtag

1.400

 

Entnahme des (positiven) variablen Kapitalkontos nach Abs. 5 Z 1

- 300

- 300

Zurückbehalten der zum Sonderbetriebsvermögen gehörigen Liegenschaft nach Abs. 5 Z 3 (Verkehrswert/Buchwert Grund und Gebäude)

- 750

- 150

Zurückbehalten der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Kaufpreisrestschuld für den Anteil nach Abs. 5 Z 3

280

280

Saldo

- 770

 

Zwischen-Verkehrswert

630

 

Vorbehaltene Entnahme nach Abs. 5 Z 2 max. 50%

- 315

- 315

Verkehrswert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen

315

 

Buchwert des einzubringenden Vermögens nach rückwirkenden Korrekturen (Einbringungskapital)

 

115

Rz 915
Im Zusammenhang mit Mitunternehmerschaften ist Folgendes zu beachten:

Beispiel:

Der Mitunternehmer A bringt seinen 30%igen Kommanditanteil in die ihm zu 100% gehörende A-GmbH unter Verzicht auf eine Anteilsgewährung ein. Der Buchwert des Kommanditanteils zum Einbringungsstichtag laut Jahresabschluss der KG beträgt 11.000 (starres Kapitalkonto 1.000, variables Kapitalkonto 10.000). A tätigt eine vorbehaltene Entnahme von 8.000. Das Einbringungskapital beträgt somit 3.000.

Die Kommanditgesellschaft weist an Stelle des A die A-GmbH als neuen Kommanditisten aus, das starre und variable Kapitalkonto von insgesamt 11.000 ist unverändert der GmbH zuzurechnen.

Die übernehmende A-GmbH aktiviert (in der UGB-Bilanz) den Kommanditanteil mit 11.000, passiviert die entstandene Verbindlichkeit mit 8.000 und bildet eine Kapitalrücklage von 3.000. Um den Unterschied zwischen dem Mitunternehmeranteil in der KG und der Vermögensübernahme in der GmbH auszugleichen, bildet die GmbH eine Sonderbetriebsvermögensbilanz der KG und stellt in dieser die vorbehaltene Entnahme von 8.000 als Negativpost dar, wobei auf der Aktivseite ein Ergänzungskapital von 8.000 auszuweisen ist. Damit entspricht der von der GmbH bilanzierte Mitunternehmeranteil von 3.000 (laut Einbringungskapital) dem Mitunternehmeranteil in der KG (starres Kapitalkonto 1.000, variables Kapitalkonto 10.000, negatives Sonderbetriebsvermögen 8.000).

Rz 916
Übersteigt die vorgenommene vorbehaltene Entnahme den sich nach allfälliger Kürzung der gewählten Prozentgröße des positiven Zwischenverkehrswertes ergebenden Höchstbetrages, hat dies keine Auswirkungen auf die Anwendung von Art. III UmgrStG, sofern die Entnahmen nicht zu einem negativen Verkehrswert führen (vgl. UFS 4.2.2011, RV/3319-W/08).

Die Konsequenz einer zu hohen vorbehaltenen Entnahme besteht in der Umqualifikation des übersteigenden Betrages in steuerliches Eigenkapital, der übersteigende Betrag gilt bei der übernehmenden Körperschaft gemäß § 18 Abs. 2 Z 2 UmgrStG als versteuerte Rücklage (siehe Rz 981 ff). Dies gilt auch für den Fall, dass sich ein Übersteigen des Höchstbetrages erst auf Grund abgabenbehördlicher Feststellungen ergibt. Zur Frage der Erhöhung der Bemessungsgrundlage auf Grund abgabenbehördlicher Feststellungen siehe Rz 1273.

Stichworte