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Wegzug eines ÖBB-Pensionisten in die Schweiz

BMFBMF-010221/0055-IV/4/201227.1.20122012

EAS 3260

Verlegt ein österreichischer Staatsbürger, der von den Österreichischen Bundesbahnen eine Pension erhält, seinen Wohnsitz in die Schweiz, ist nach Artikel 18 und 19 des DBA-Schweiz zu prüfen, ob sich hierdurch das Besteuerungsrecht an der Pension von Österreich in die Schweiz verlagert.

Dies ist nicht der Fall, soweit die ÖBB-Pension unter Artikel 19 des Abkommens (Kassenstaatsprinzip für den öffentlichen Dienst) zu subsumieren ist. Ein Wechsel des Besteuerungsrechtes tritt hingegen insoweit ein, als Artikel 18 (Ansässigkeitsprinzip für Ruhegehälter) zur Anwendung kommt.

Artikel 19 kommt zur Anwendung, wenn die Ruhegehälter von einem Vertragstaat für ihm erbrachte frühere Dienst- oder Arbeitsleistungen gezahlt werden. Diese Regelung gilt zufolge des letzten Satzes von Artikel 19 Abs. 1 aber auch für Ruhegehälter, die von einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts gezahlt werden. Eine Ausnahmeregelung nach dem Muster des Art. 19 Abs. 3 OECD-MA (betr. erwerbswirtschaftliche Geschäftstätigkeiten öffentlich-rechtlicher Rechtsträger) ist im DBA-Schweiz nicht vorgesehen. Gemäß Art. 19 Abs. 2 DBA-Schweiz ist nach österreichischem Recht zu entscheiden, ob die ÖBB als juristische Person des öffentlichen Rechts anzusehen sind.

Im Rahmen der Ausgliederung des Wirtschaftskörpers "Österreichische Bundesbahnen" wurde durch Bundesgesetz (Bundesbahngesetz, BGBl. Nr. 825/1992) die Gesellschaft "Österreichische Bundesbahnen" errichtet. Sie hatte gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes eigene Rechtspersönlichkeit und es galten für sie subsidiär die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes, ohne dass sie jedoch selbst eine GmbH geworden wäre. Da diese Sondergesellschaft sonach nicht durch den privatrechtlichen Akt einer Gesellschaftsgründung, sondern unmittelbar durch Gesetz geschaffen wurde, wurde sie daher als eine österreichische juristische Person öffentlichen Rechts im Sinn der einschlägigen DBA-Bestimmungen gewertet (EAS 609, EAS 952, EAS 2026, EAS 2126).

Diese Rechtslage hat sich indessen durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003, BGBl. I Nr. 138/2003, geändert. Denn gemäß § 2 dieses Gesetzes hatte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie eine Kapitalgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft mit dem Firmenwortlaut "Österreichische Bundesbahnen-Holding Aktiengesellschaft" (ÖBB-Holding) mit dem Sitz in Wien zu gründen und zu errichten, wobei es sodann Aufgabe der ÖBB-Holding war, die ÖBB Personenverkehr AG und die Rail Cargo Austria AG zu gründen und zu errichten. Der bloße Umstand, dass die Anteile der ÖBB-Holding zu 100 v.H. dem Bund vorbehalten waren, reicht nicht aus, den Charakter als juristische Person öffentlichen Rechts im Sinn des DBA-Schweiz weiter aufrechtzuerhalten.

Wird nun die ÖBB-Pension nach Ansässigkeitsverlagerung gezahlt, dann wird zunächst - notfalls im Schätzungsweg - festzustellen sein, in welchem Ausmaß diese Pension für seinerzeitige Arbeitsleistungen an den öffentlich-rechtlichen Rechtsträger der ÖBB geleistet wird. In diesem Ausmaß unterliegt die Pension auch nach Ansässigkeitsverlagerung gemäß Artikel 19 DBA-Schweiz weiterhin der österreichischen Lohnabzugsbesteuerung. Hinsichtlich des restlichen Teiles besteht gemäß Artikel 18 DBA Anspruch auf Steuerfreistellung in Österreich.

Die pensionsauszahlende Stelle der ÖBB wird durch die DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005, berechtigt, bei Vorliegen eines von der schweizerischen Steuerverwaltung bestätigten Vordruckes ZS-QU1 in unmittelbarer Anwendung des DBA-Schweiz den Lohnsteuerabzug auf den steuerpflichtigen Teil der Pensionsleistungen zu beschränken. In Teil III des Vordruckes werden Angaben über die von der Besteuerung zu entlastenden Einkünfte abgefragt. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Sonderfall von teilentlastungsfähigen Pensionseinkünften in Frage c) ("Höhe der nach inländischem Recht abzugspflichtigen Einkünfte") der von der Lohnsteuer freigestellte Pensionsteil einzutragen ist; hinsichtlich dieses Teiles steht gemäß Artikel 18 DBA das Besteuerungsrecht der Schweiz zu.

Zur weiteren Frage, ob aus Anlass des Wegzuges in die Schweiz hinsichtlich der Beteiligung an einer österreichischen GmbH ein Antrag auf Besteuerungsaufschub gestellt werden muss, wird auf EStR 2000 Rz 6678 verwiesen. Daraus ergibt sich, dass im Hinblick auf die Sonderregelung von Art. 13 Abs. 4 DBA-Schweiz in Bezug auf Inlandsbeteiligungen kein Fall einer Wegzugsbesteuerung eintritt.

Bundesministerium für Finanzen, 27. Jänner 2012

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 18 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 19 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 19 Abs. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 19 Abs. 2 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
Art. 13 Abs. 4 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975
§ 1 Abs. 1 Bundesbahngesetz, BGBl. Nr. 825/1992
§ 2 Bundesbahngesetz, BGBl. Nr. 825/1992
DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005

Schlagworte:

Kassenstaatsprinzip, ÖBB-Pension, teilentlastungsfähige Pensionen, ZS-QU1, DBA-Entlastungsverordnung

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6678
EAS 609
EAS 952
EAS 2026
EAS 2126

Stichworte