Mildtätige "und/oder" gemeinnützige Zwecke besagt, dass sich die Befreiung entweder auf die Mildtätigkeit allein oder auf die begünstigten gemeinnützigen Zwecke allein oder auf beide gleichzeitig verfolgten Zwecke erstrecken kann.
4.6.1 Mildtätige Zwecke
Was unter mildtätigen Zwecken zu verstehen ist, richtet sich nach § 37 BAO.Zum Begriff der Mildtätigkeit siehe Rz 28 und 29.
4.6.2 Gemeinnützige Fürsorgezwecke
- Was unter gemeinnützigen Zwecken auf dem Gebiet der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familie-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- und Altenfürsorge zu verstehen ist, richtet sich nach § 35 Abs. 2 BAO.
- Für die Abgrenzung der begünstigten Fürsorgezwecke können die Sozialgesetze der einzelnen Länder hilfsweise herangezogen werden.
4.6.2.1 Gesundheitspflege
- Unter Gesundheitspflege sind alle Maßnahmen zu verstehen, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit dienen. Das sind zum Beispiel:
- Jugendlichenuntersuchungen
- Vorsorge(Gesunden)untersuchungen
- Impfungen
- Kurse über Gesundheitsgefährdung, Krankheits- und Unfallverhütung, Verhütung von Berufskrankheiten und Erste-Hilfe
- Unterbringung und Behandlung in Genesungs-, Erholungsheimen, Kuranstalten und Heilbädern
- Blutspende-Abnahme
4.6.2.2 Kinderfürsorge
- Unter Kinderfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere der Unterbringung, Pflege, Beaufsichtigung, Erziehung, Betreuung und Beratung Minderjähriger bis zur Vollendung ihres 14. Lebensjahres dienen. Das sind zum Beispiel:
- Beratungshilfen, Hilfen im Bereich der Freizeitgestaltung von sozial benachteiligten Kindern, Kindertelefon, Kinderschutzzentren
- Unterbringung von Kindern in Familien, Kindertagesheimen (zB Säuglingskrippen, Kleinkindergruppen, Kindergärten, Horte), Kinder- und Schülerheimen, Internaten, Kinderdörfern, sozialpädagogischen Wohngemeinschaften und bei Tagesmüttern/-vätern
- Erholungsaktionen, Ferienlager
- Erziehungshilfen (zB Gruppenbetreuung, Erziehungsheime)
4.6.2.3 Jugendfürsorge
Unter Jugendfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere der Unterbringung, Pflege, Beaufsichtigung, Erziehung, Betreuung und Beratung von Personen vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 27. Lebensjahr dienen (VwGH 24.6.2004, 2001/15/0005, Studentenheim). Das sind zum Beispiel:- Beratungshilfen, Hilfen im Bereich der Freizeitgestaltung von sozial benachteiligten Jugendlichen
- Unterbringung von Jugendlichen in Familien, Heimen (zB Lehrlings-, Schüler-, Jugendheimen), Internaten, Kinderdörfern und sozialpädagogischen Wohngemeinschaften
- Erholungsaktionen, Ferienlager
- Erziehungshilfen (zB Gruppenbetreuung, Erziehungsheime)
- Der Betrieb einer Schule mit Öffentlichkeitsrecht durch einen Verein kann nicht einem Hoheitsbetrieb einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes gleichgestellt werden. Im Hinblick auf die Anlehnung des KommStG 1993 an das Gemeinnützigkeitsrecht der BAO kann das Betreiben einer Privatschule durch einen Verein nicht unter den Begriff der Kinder- und Jugendfürsorge subsumiert werden (VwGH 20.9.1995, 95/13/0127).
- Bei einer gemeinnützigen Privatschule (mit oder ohne Öffentlichkeitsrecht) mit Internatsbetrieb oder Nachmittagsbetreuung fällt der Schulbetrieb in den steuerpflichtigen Bereich und der Internatsbetrieb bzw. die Nachmittagsbetreuung in den steuerbefreiten Bereich. Die gleiche Beurteilung gilt im Übrigen für Schulen, die ohne Öffentlichkeitsrecht von einer Körperschaft öffentlichen Rechts betrieben werden.
4.6.2.4 Familienfürsorge
- Unter Familienfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere der Beratung, Unterbringung, Betreuung und Unterstützung bei der Haushaltsführung von Schwangeren, Eltern, Müttern/Vätern und Erziehungsberechtigten dienen. Das sind zum Beispiel:
- Beratungshilfen für Familienplanung, werdende Eltern und Erziehungsberechtigte mit Säuglingen und Kleinkindern
- Muttersprachliche Beratungsdienste
- Unterbringung von Schwangeren und Müttern/Vätern mit ihren Säuglingen und Kleinkindern in Krisenwohnungen, Heimen und sonstigen Einrichtungen (zB Frauenhäuser)
- Kinderkrippen, Tagesmütter/-väter
- Beratungs- und Betreuungshilfen für Alleinerzieher
- Elternberatungsstellen
- Eltern-Kind-Zentren
- Elternschulen
4.6.2.5 Krankenfürsorge
- Unter Krankenfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere der Krankenhilfe dienen. Das sind zum Beispiel:
- Krankenbehandlung einschließlich Zahnbehandlung
- Unfallheilbehandlung
- Pflege in öffentlichen und nichtöffentlichen Krankenanstalten
- Krankentransport
- Erste-Hilfeleistung
- Unterbringung in Sonderkrankenanstalten und Pflegeanstalten für chronisch Kranke
- Hauskrankenpflege
- Medizinische Maßnahmen der Rehabilitation
4.6.2.6 Behindertenfürsorge
- Unter Behindertenfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere dienen der Eingliederung, Hilfe zur geschützten Arbeit, Beschäftigungstherapie, Hilfe zur Unterbringung und persönlichen Hilfe von Behinderten. Das sind Personen, die infolge eines Leidens oder Gebrechens in ihrer Fähigkeit, eine angemessene Erziehung und Schulbildung zu erhalten, oder einen Erwerb zu erlangen oder beizubehalten, dauernd oder vorübergehend wesentlich beeinträchtigt sind. Begünstigt ist auch die Förderung der Kommunikation und Selbstentfaltung sowie arbeitstherapeutische Behandlung insoweit, als sie unmittelbar behinderten Personen zuteil wird. Die Information der Öffentlichkeit über Hintergründe, Ursachen und Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Mittellosigkeit, Nichtsesshaftigkeit und anderen psychosozialen Problemen ist grundsätzlich nicht begünstigt.
- Betreuungsleistungen und Hilfestellungen für Kranke und Behinderte eines Vereines für Sachwalter und Patientenanwälte fallen als "Rechtsfürsorge" unter den Begriff der Kranken- und Behindertenfürsorge (VwGH 24.11.1999, 95/13/0185).
- Beispiele:
- Wohnheime
- Pflegeheime
- Tagesheimstätten
- Behinderteninternate
- geschützte Werkstätte
- berufliche und soziale Maßnahmen der Rehabilitation
- Bereitstellung von zur Überwindung der Behinderung geeigneten Hilfsmitteln
- Hilfe zur Schulbildung und Erziehung
- Hilfe zur beruflichen Eingliederung
- Einrichtungen für Beschäftigungstherapie
4.6.2.7 Blindenfürsorge
- Unter Blindenfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die insbesondere dienen der Eingliederung, Hilfe zur geschützten Arbeit, Beschäftigungstherapie, Hilfe zur Unterbringung und persönlichen Hilfe von Blinden. Das sind blinde und schwerst sehbehinderte Personen. Das sind zum, Beispiel:
- Blindenheime
- Geschützte Werkstätten
- Bereitstellung von zur Überwindung der Behinderung geeigneten Hilfsmitteln
- Hilfe zur Schulbildung und Erziehung
- Hilfe zur beruflichen Eingliederung
4.6.2.8 Altenfürsorge
Unter Altenfürsorge sind alle Maßnahmen zu verstehen, die in Bezug auf Personen, die ein bestimmtes Alter erreicht haben (bei Frauen idR die Vollendung des 55. und bei Männern idR die Vollendung des 60. Lebensjahres), insbesondere dienen:- der Sicherung des Lebensunterhaltes (zB hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Bekleidung und Körperpflege);
- der Hilfe zur Weiterführung des Haushalts;
- der Unterbringung, Verpflegung und sozialen Betreuung in Wohn- und Altenheimen; das sind Heime für alte Menschen, welche die Verrichtungen des täglichen Lebens nur mit großer Mühe auf sich nehmen könnten;
- der Pflege innerhalb oder außerhalb von Pflegeheimen; das ist die körperliche und persönliche Betreuung von Personen, die auf Grund ihres körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes nicht imstande sind, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.
4.6.3 Bundesabgabenordnung
4.6.3.1 Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen
- Auf die weiteren Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen der Ausschließlichkeit (§ 39 BAO, siehe Rz 113), Unmittelbarkeit (§ 40 BAO, siehe Rz 119 bis 122.), entsprechenden Satzung (§ 41 BAO, siehe Rz 105 bis 112.) und tatsächlichen Geschäftsführung (§ 42 BAO, siehe Rz 126 bis 135) wird hingewiesen. Sollte der Verein einen Gewerbebetrieb, land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten, sind die §§ 44 bis 46 BAO zu beachten.
- Bei Vereinen sind die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen nicht betriebsbezogen, sondern müssen körperschaftsbezogen vorliegen.
4.6.3.2 Mehrheit von Betrieben
- Unterhält ein nach § 8 Z 2 KommStG 1993 begünstigter Verein einen entbehrlichen (§ 45 Abs. 1 BAO, siehe Rz 173 bis 179) und einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb (§ 45 Abs. 2 BAO, siehe Rz 151 bis 156), erstreckt sich die Kommunalsteuerpflicht nur auf den entbehrlichen Hilfsbetrieb.
- Ist ein solcher Verein darüber hinaus unternehmerisch tätig, indem er einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, einen Gewerbebetrieb oder einen wirtschaftlichen, nicht die Merkmale eines entbehrlichen oder unentbehrlichen Hilfsbetriebes aufweisenden Geschäftsbetrieb unterhält ("begünstigungsschädliche" Betriebe, siehe Rz 180 bis 183), ist zu unterscheiden:
- Übersteigen die Umsätze (§ 1 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994) der begünstigungsschädlichen Betriebe im Veranlagungszeitraum nicht 40.000 Euro, erstreckt sich die Kommunalsteuerpflicht auf diese begünstigungsschädlichen Betriebe sowie auf den entbehrlichen Hilfsbetrieb; ansonsten bleiben die abgabenrechtlichen Begünstigungen erhalten (§ 45a BAO, siehe Rz 198
- Wird die Umsatzgrenze von 40.000 Euro, überschritten, kommt dem Verein eine abgabenrechtliche Begünstigung nicht zu. Die Kommunalsteuerpflicht erfasst dann das gesamte Unternehmen des Vereins, es sei denn, die Abgabepflicht und damit auch die Kommunalsteuerpflicht wird gemäß § 44 Abs. 2 BAO mit Bescheid des für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamtes eingeschränkt (siehe Rz 184 bis 187). Bisher erlassene, allgemein gehaltene - nicht auf eine bestimmte Steuer abgestellte - Ausnahmebescheide der Finanzlandesdirektion bzw. des Finanzministeriums (für bis 30.6.1993 gestellte Anträge) haben auch für die Kommunalsteuer Gültigkeit.
- nur ein entbehrlicher und/oder unentbehrlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird oder
- der Umsatz der begünstigungsschädlichen Betriebe nicht über 40.000 Euro, hinausgeht oder
- ein Ausnahmebescheid vorliegt (siehe Rz 656),
fallen nur die begünstigungsschädlichen Betriebe und entbehrlichen Hilfsbetriebe unter das KommStG 1993, nicht jedoch die unentbehrlichen Hilfsbetriebe.
Da die Befreiung tätigkeitsbezogen ist, fällt die Vermögensverwaltung (zB Mietwohnhaus) in den steuerpflichtigen unternehmerischen Bereich, es sei denn, es besteht ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang mit dem steuerbefreiten Bereich.Zur Abgrenzung der entbehrlichen/unentbehrlichen Hilfsbetriebe und begünstigungsschädlichen Geschäftsbetriebe siehe Rz 151 bis 156, Rz 165 und 173 bis 178.
4.6.3.3 Krankenanstalten
Krankenanstalten, die von Vereinen betrieben werden, sind von der Kommunalsteuer befreit,- wenn es sich um eine iSd jeweils geltenden KAKuG gemeinnützig betriebene Krankenanstalt handelt (öffentliche Krankenanstalt, § 46 zweiter Satz BAO; Bindungswirkung an den Bescheid der Landesbehörde bzw. an deren Ansicht) oder
- wenn es sich um eine nichtöffentliche Krankenanstalt handelt, die aber die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO erfüllt.