Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
5. Wiederaufnahme bei Nichtberücksichtigung eines zweiten Lohnzettels (§ 303 Abs. 4 BAO)
5.1. Sachverhalt
Vom Abgabepflichtigen wurden in der Steuererklärung zwei bezugsauszahlende Stellen angekreuzt. Bei der Veranlagung konnte nur eine bezugsauszahlende Stelle festgestellt werden. Vom Sachbearbeiter wurde in der Meinung, dem Abgabepflichtigen sei ein Irrtum unterlaufen, eine Veranlagung unter Berücksichtigung nur des einen vorhandenen Lohnzettels durchgeführt. In weiterer Folge stellte sich heraus, dass der zweite Lohnzettel infolge einer unrichtigen Namensschreibweise (sz statt ß) ursprünglich nicht richtig zugeordnet werden konnte.
5.2. Fragestellung
Besteht die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens durchzuführen?
5.3. Lösung
Nachträgliche Lohnzettelberichtigungen bzw. das nachträgliche Hervorkommen der (teilweisen) Unrichtigkeit eines an das Finanzamt übermittelten Lohnzettels berechtigen zur amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens (zB UFS 14.01.2008, RV/0807-G/07).
In den Steuererklärungsformularen (vgl. E1, L1, und Ausfüllanleitungen) wird darauf hingewiesen, dass die Beilage eines Lohnzettels (welcher gemäß § 84 Abs. 1 EStG 1988 vom Arbeitgeber dem Finanzamt der Betriebsstätte nach § 81 EStG 1988 unaufgefordert zu übermitteln ist) nicht erforderlich ist und die Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht eingetragen zu werden braucht, weil eine automatisierte Zusammenführung der Steuererklärungsdaten mit den in der Lohnzetteldatenbank der Finanzverwaltung enthaltenen bzw. gespeicherten Angaben über dem Steuerabzug vom Arbeitslohn gemäß § 47 EStG 1988 unterliegende Einkünfte (§ 25 EStG 1988) programmtechnisch vorgesehen ist.
Wenn nun diese automatische Zusammenführung eines (zur Sozialversicherungsnummer des Arbeitnehmers) übermittelten Jahreslohnzettels mit anderen einkommensteuerpflichtigen Einkünften des betreffenden Abgabepflichtige bzw. seinen Angaben im eingereichten Steuererklärungsformular aus EDV-logischen Gründen scheitert, und sei es bloß auf Grund einer geringfügigen Schreibdifferenz, und deshalb die entsprechende Zuordnung zum nämlichen Steuersubjekt fehlschlägt bzw. vom Programm nicht gefunden werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor, soweit sich das Berichtigungserfordernis nachweislich erst später herausstellt und damit ein für die korrekte Steuererhebung bedeutsamer Umstand im Sinn des § 303 BAO nachträglich neu hervorgekommen ist. Nur unzutreffende Würdigungen oder Wertungen eines offen gelegten Sachverhaltes, wenn weitere Ermittlungen in diesem Bereich angestellt wurden, oder fehlerhafte rechtliche Beurteilungen könnten bei unveränderten Tatsachen nicht nachträglich im Weg der Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigt werden (vgl. UFS 02.07.2007, RV/1163-L/06).
Die vom Arbeitgeber dem Finanzamt der Betriebsstätte zu übermittelnden Lohnzettel müssen alle im amtlichen Formular vorgesehenen Daten enthalten. Der Lohnzettel stellt die grundlegende Information für die Arbeitnehmerveranlagung dar; durch das gesetzlich (nach § 84 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 im Verordnungsweg) festgelegte elektronische Übermittlungsverfahren wird ua. sichergestellt, dass Fehler in der Verarbeitung der bekannt gegebenen Daten verhindert werden. Das verspätete Hervorkommen eines zweiten, gemäß § 84 Abs. 5 EStG 1988 unter Angabe der Versicherungsnummer oder des Geburtsdatums sowie der Steuernummer des Arbeitgebers erstmals vollständigen Lohnzettels würde daher ebenfalls eine neu hervorgekommene Tatsache darstellen, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens berechtigt (siehe dazu UFS 03.01.2007, RV/0016-K/06).
Ein behördliches Verschulden (zB Oberflächlichkeit, Sorgfaltsverletzung) an der Nichtfeststellung der maßgeblichen Tatsachen bzw. steuererhebungsbedeutsamen Umstände bereits im abgeschlossenen Verfahren schließt eine Wiederaufnahme von Amts wegen nicht aus (zB VwGH 25.02.2005, 2001/14/0007; VwGH 06.07.2006, 2003/15/0016; VwGH 22.11.2006, 2003/15/0141).
Daher liegen im gegenständlichen Fall Gründe für eine Wiederaufnahme (im Sinn des § 303 Abs. 4 BAO) vor.
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 48a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Amtshilfe, Steuergeheimnis, Vollmacht, Telefax, Verjährung, Mängelbehebung, Wiederaufnahme, Lohnzettel, Ermessen, Umsatzsteuervorauszahlungen, Bilanzbuchhalter, Feststellungsverfahren, Vertreterhaftung |
Verweise: | Art. 18 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |