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Organisationshandbuch KIAB

BMFBMF-280000/0070-IV/2/20081.8.20082008Organisationshandbuch KIAB

Zusatzinformationen

Materie:

Organisation

betroffene Normen:

§ 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 144 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 27 AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 27a AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 28a AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 7b AVRAG, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993
§ 89 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994
AlVG, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609/1977
§ 3 Abs. 4 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
§ 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 89 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 31 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 75 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975

Schlagworte:

KIAB, Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung

6.5. Ermittlungsmaßnahmen nach der Strafprozessordnung (StPO)

Standard

Bei den Ermittlungsmaßnahmen ist vor allem der Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit nach § 5 StPO zu beachten.

Jede Rechtsgutbeeinträchtigung muss in einem angemessenem Verhältnis zum Gewicht der Straftat, zum Grad des Verdachts und zum angestrebten Erfolg stehen.

Unter mehreren zielführenden Ermittlungshandlungen und Zwangsmaßnahmen ist jene zu ergreifen, welche am Geringsten die Rechte der Betroffenen beeinträchtigt.

Gesetzlich eingeräumte Befugnisse sind in jeder Lage des Verfahrens in einer Art und Weise auszuüben, die unnötiges Aufsehen vermeidet, die Würde der betroffenen Person achtet und deren Rechte und schutzwürdige Interessen wahrt.

6.5.1. Die KIAB darf von sich aus tätig werden

6.5.1.1. Indentitätsfeststellung nach § 117 Z 1 und § 118 StPO

Definition

Die Feststellung der Identität einer Person ist zulässig, wenn diese einer Straftat verdächtig ist oder über wesentliche Informationen zu ihrer Aufklärung verfügt oder Spuren hinterlassen hat, die der Aufklärung dienen können. Es sind Merkmale zu ermitteln und festzustellen, die diese Person unverwechselbar kennzeichnen.

Standard

Festgestellt werden dürfen Name, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf, Wohnanschrift. Sollte es notwendig sein (Prüfung der Verhältnismäßigkeit) kann die Größe festgestellt werden, die Person fotografiert und die Stimme aufgezeichnet werden.

Jedermann ist verpflichtet an der Identitätsfeststellung mitzuwirken oder diese zu dulden, soweit diese auf angemessene Weise abläuft. Der Person ist mitzuteilen, weshalb die Feststellung erfolgt.

Sollte die Person an der Identitätsfeststellung nicht mitwirken oder kann die Identität aus anderen Gründen nicht sogleich festgestellt werden, so kann die KIAB von sich aus eine Personendurchsuchung nach § 117 Z 3 lit. a StPO zur Feststellung der Identität durchführen.

Sollte auch diese Maßnahme keinen Erfolg haben, so ist die Exekutive unter Hinweis auf Artikel 22 Bundesverfassungsgesetz (BVG) beizuziehen.

6.5.1.2. Sicherstellung nach § 110 Abs. 3 StPO

Definition

Die Sicherstellung nach StPO ist die Begründung der tatsächlichen Verfügungsmacht über Gegenstände als auch das (vorläufige) Verbot der Herausgabe, Veräußerung oder Verpfändung solcher Gegenstände und das Verbot der Herausgabe von anderen Vermögenswerten an Dritte.

Die Sicherstellung ist ua. zulässig aus Beweisgründen.

Standard

Die KIAB ist berechtigt von sich aus Gegenstände sicherzustellen, wenn sich

Rechte gegenüber der Person, bei der ein Gegenstand sichergestellt wird

Jede Person, die Gegenstände oder Vermögenswerte, die sichergestellt werden sollen, in ihrer Verfügungsmacht hat, ist verpflichtet diese auf Verlangen der KIAB herauszugeben oder die Sicherstellung auf andere Weise zu ermöglichen. Diese Pflicht kann erforderlichenfalls auch mittels Durchsuchung von Personen oder Wohnungen erzwungen werden (siehe Abschnitt 6.5.3.2.).

Sollten auf Datenträgern gespeicherte Informationen sichergestellt werden, so hat jedermann Zugang zu diesen Informationen zu gewähren und auf Verlangen einen elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen.

Verpflichtung gegenüber der Person, bei der ein Gegenstand sichergestellt wird

Personen, die nicht selbst der Tat verdächtig sind, sind mögliche Kosten aus der Sicherstellung zu ersetzen.

Der betroffenen Person ist sofort oder zumindest binnen 24 Stunden eine Bestätigung über die Sicherstellung auszufolgen oder zuzustellen.

Verpflichtungen der KIAB bei erfolgter Sicherstellung

Die KIAB hat über jede Sicherstellung der Staatsanwaltschaft unverzüglich, längstens binnen 14 Tagen zu berichten, soweit sie nicht die Maßnahme bereits vorher aufhebt oder es sich um geringwertige Güter handelt. Über deren Sicherstellung kann im nächsten Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft berichtet werden.

Die von der Sicherstellung betroffenen Personen sind zu verständigen und über ihr Recht zu informieren, Einspruch wegen Rechtsverletzung erheben zu können.

Widerspruch gegen die Sicherstellung

Widerspricht die von der Sicherstellung betroffene Person oder bei ihr anwesende Person der Sicherstellung unter Berufung auf eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, so sind diese Aufzeichnungen und Datenträger auf geeignete Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und dem Gericht zur Entscheidung vorzulegen. Zuvor dürfen sie nicht eingesehen werden. Die Versiegelung ist zB mittels nicht zerstörungsfrei entfernbaren Klebestreifen, darauf angebrachtem Amtssiegel und Unterschriften sowohl eines Amtsorganes als auch des zur Verschwiegenheit Verpflichteten vorzunehmen.

Ende der Sicherstellung

Die Sicherstellung nach § 110 Abs. 3 StPO endet, wenn die KIAB sie aufhebt, wenn die Staatsanwaltschaft die Aufhebung anordnet oder wenn das Gericht die Beschlagnahme anordnet.

6.5.1.3. Durchsuchung von Personen nach § 117 Z 3 lit. a StPO

Die Durchsuchung der Bekleidung einer Person und der Gegenstände, die sie bei sich hat, ist zulässig, wenn diese festgenommen oder auf frischer Tat betreten wurde, einer Straftat verdächtig ist und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände bei sich hat, die der Sicherstellung unterliegen.

6.5.1.4. Durchsuchung eines nicht allgemein zugänglichen Grundstückes, Raumes, Fahrzeuges oder Behältnisses nach § 117 Z 2 lit. a StPO

Definition

Die Durchsuchung von Orten und Gegenständen ist zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen davon auszugehen ist, dass sich dort eine Person befindet, die einer Straftat verdächtig ist oder dass sich dort sicherzustellende Gegenstände befinden.

Unter Räumen sind hier nur vom Hausrecht nicht geschützte Räumlichkeiten zu verstehen.

Unter Räumlichkeiten sind alle von Menschen betretbare, überwiegend umschlossene Gebilde, etwa auch Räume auf Baustellen, zu verstehen.

Ein Behältnis ist ein zur Aufbewahrung von Sachen dienendes und sie umschließendes Gebilde, das (im Unterschied zum Raum) nicht dazu bestimmt ist von Menschen betreten zu werden.

Standard

Bei der Beurteilung, ob ein zu durchsuchender Ort dem Hausrecht unterliegt, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Im Zweifel ist von einem Hausrechtsschutz auszugehen und nach Abschnitt 6.5.3.2. zu verfahren.

Vor der Durchsuchung sind dem/der Betroffenen die Gründe für die Durchsuchung mitzuteilen.

Vor jeder Durchsuchung ist der Betroffene regelmäßig aufzufordern, das Gesuchte herauszugeben oder die Durchsuchung zuzulassen, außer bei Gefahr im Verzug.

Der/die Betroffene hat das Recht, bei einer Durchsuchung anwesend zu sein und eine Vertrauensperson zuzuziehen.

Ist der/die Inhaber/-in der zu durchsuchenden Räumlichkeit nicht anwesend, so kann ein erwachsene(r) Mitbewohner/-in dessen/deren Rechte ausüben. Ist das nicht möglich sind der Durchsuchung zwei unbeteiligte, vertrauenswürdige Personen zuzuziehen. Davon darf nur bei Gefahr im Verzug abgewichen werden.

Die Staatsanwaltschaft ist über die erfolgte Durchsuchung zu verständigen.

6.5.1.5. Observation nach § 130 StPO

Definition

Observation ist das heimliche Überwachen des Verhaltens einer Person mittels zeitlich beschränkter, vorübergehender, unauffälliger Beobachtung von Tatverdächtigen oder Bezugspersonen. Zufällige Wahrnehmungen im laufenden Dienstbetrieb stellen keine Observation dar. Die Verwendung von Fotoapparaten oder Videokameras stellt keine technische Observation gemäß § 130 Abs. 2 StPO (Erlaubnis der Staatsanwaltschaft) dar (siehe Abschnitt 6.5.2.2.).

Standard

Observation ist zulässig, wenn sie zur Aufklärung einer Straftat oder zur Ausforschung eines Beschuldigten erforderlich erscheint. Über die Durchführung einer Observation und deren Ergebnisse sind Amtsvermerk anzuführen, insbesondere haben diese zu enthalten: Ort, Zeit, Dauer, Grund, teilnehmende Personen, Ergebnis.

6.5.1.6. Erkundigungen

Definition

Erkundigungen sind das Verlangen von Auskunft und Entgegennehmen einer Mitteilung von einer Person.

Standard

Soweit die KIAB nicht verdeckt ermittelt, hat sie bei Erkundigungen auf ihre amtliche Stellung hinzuweisen, wenn diese nicht offensichtlich ist. Die Auskunft erfolgt freiwillig und darf nicht erzwungen werden, soweit sie nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung zu erteilen ist.

Auskünfte und sonstige Umstände, welche durch Erkundigungen erlangt wurden und für das Verfahren von Bedeutung sein können, sind in einem Amtsvermerk festzuhalten (siehe Abschnitt 6.3.1.).

6.5.1.7. Vernehmungen

Vernehmungen, sei es vom/von der Beschuldigten oder Zeugen/Zeuginnen, dienen der Aufklärung einer Straftat und der Aufnahme eines Beweises (siehe Abschnitt 6.3.2.).

6.5.1.8. Festnahmen bei Gefahr im Verzug (§ 170 Abs. 1 Z 2 bis 4 iVm § 171 Abs. 2 Z 1 StPO)

Definition

Gefahr im Verzug liegt vor, wenn ein Zuwarten mit der Amtshandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass das mit der Amtshandlung angestrebte Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Dies ist hinreichend zu dokumentieren.

Standard

Eine Festnahme bedarf, ausgenommen bei Gefahr im Verzug (siehe unten), der Anordnung der Staatsanwaltschaft nach gerichtlicher Bewilligung. Es ist daher zwingend der Versuch zu unternehmen die Staatsanwaltschaft am zuständigen Landesgericht zu erreichen und den Sachverhalt von dieser beurteilen zu lassen. Der Versuch der Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft muss jedenfalls auch noch vor Ort über Mobiltelefon unternommen werden.

Kann wegen Gefahr im Verzug (Staatsanwaltschaft kann wie oben beschrieben nicht erreicht werden) keine Anordnung der Staatsanwaltschaft eingeholt werden, so ist die KIAB von sich aus berechtigt den/die Beschuldigte(n) festzunehmen,

Über die Durchführung einer Festnahme ist ein Amtsvermerk anzufertigen und darin insbesondere festzuhalten: Ort, Zeit, Grund der Festnahme und Gründe von Gefahr im Verzug, teilnehmende Personen, Ergebnis.

Sollten Verletzungen ersichtlich sein oder behauptet werden, so ist unverzüglich eine ärztliche Beurteilung einzuholen. Nach Möglichkeit sind Amtsärzte/-innen oder Polizeiärzte/-innen zu konsultieren.

Bei Festnahmen sind grundsätzlich die Organe der Sicherheitsbehörden anzufordern. Lediglich in Ausnahmefällen kann bei Gefahr im Verzug eine Festnahme ausgesprochen werden.

 

Zusatzinformationen

Materie:

Organisation

betroffene Normen:

§ 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 144 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 27 AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 27a AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 28a AuslBG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975
§ 7b AVRAG, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993
§ 89 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994, Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994
AlVG, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609/1977
§ 3 Abs. 4 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
§ 114 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 89 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 31 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 75 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975

Schlagworte:

KIAB, Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung

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