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Gewinnausschüttung an eine niederländische Organträgergesellschaft

BMFL 45/15-IV/4/0020.11.20002000

EAS 1756

Die steuerliche Behandlung ausländischer Gesellschaften erfolgt in Österreich auf der Grundlage eines Typenvergleiches. Die Frage, ob eine ausländische Gesellschaft als Steuersubjekt (als Körperschaft) oder als transparent (im Fall einer Personengesellschaft) anzusehen ist, richtet sich daher nicht nach der steuerlichen Behandlung im ausländischen Recht, sondern ist daranach zu entscheiden, wie dieses ausländische Rechtsgebilde nach inländischem Steuerrecht einzustufen wäre.

Wendet man diese Grundsätze auf ein niederländisches Organschaftsverhältnis an, bei dem - anders als nach österreichischem Recht - offensichtlich keine Einkommensermittlung auf der Ebene der Organgesellschaften stattfindet, sondern die Einkünfte der Organgesellschaften unmittelbar der Organträgergesellschaft zugerechnet werden, dann kann dies nicht dazu führen, dass einer als Holdinggesellschaft gegründeten Organgesellschaft, die für sich alleine betrachtet keine über die bloße Vermögensverwaltung hinausgehende Betätigung entfaltet (§ 2 Abs. 2 Z 1 VO BGBl. Nr. 56/1995), nur wegen der im holländischen Recht entwickelten totalen Transparenz innerhalb des Organkreises der Holdingcharakter abzusprechen ist.

Sollte es allerdings so sein, dass die Gesellschafter der holländischen Organträgergesellschaft ausschließlich operative Gesellschaften anderer EU-Staaten sind, dann wurde bereits unter EAS 672 und EAS 871 zum Ausdruck gebracht, dass gegen eine steuerentlastete Ausschüttung von Gewinnen einer österreichischen Tochtergesellschaft an sie keine Bedenken bestehen. Denn ob entlastungsberechtigte operative EU-Gesellschaften unmittelbar oder unter Zwischenschaltung einer niederländischen Holdinggesellschaft eine Österreich-Beteiligung halten, ist für den Grad des potenziellen Mißbrauchs der EU-Mutter-Tochterrichtlinie unerheblich. Und es wurde bereits in EAS 996 ausgesprochen, dass bei EU-richtlinienkonformer Interpretation von § 94a EStG dieser Bestimmung keine über die Verhinderung von unberechtigten Steuerentlastungen hinausgehende Bedeutung beizumessen sein wird.

Liegt allerdings eine andersgeartete Verschachtelung vor und besteht demnach die Gefahr, dass österreichische Gewinnausschüttungen unter zweckentfremdeter Ausnutzung der EU-Mutter-Tochterrichtlinie in Steueroasenländer oder in Länder mit steueroasenähnlichen Besteuerungsregimen weitergeleitet werden, dann müssen derartige Gewinnabflüsse einer angemessenen behördlichen Kontrolle zugänglich gemacht werden, wie diese im Rahmen eines Rückerstattungsverfahrens gehandhabt werden kann.

20. November 2000 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 2 Z 1 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 94a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Typenvergleich, Körperschaft, Personengesellschaft, Organschaft, Organschaftsverhältnis, Organgesellschaft, Organträgergesellschaft, Holdinggesellschaft, bloße Vermögensverwaltung, Transparenz, Mißbrauch, Mutter-Tochter-Richtlinie, Steueroase, Steueroasenländer, Länder mit steueroasenähnlichen Besteuerungsregimen

Verweise:

EAS 672
EAS 871
EAS 996

Stichworte