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Auslieferungslager im internationalen Konzernverbund

BMFA 1129/9/1-IV/4/9321.6.19931993

EAS 274

Unterhält eine schwedische Kapitalgesellschaft in Österreich ein Auslieferungslager, so stellt dieses für sich allein betrachtet auf Grund der Sonderregelung des Art. 5 Abs. 3 lit. b DBA-S keine inländische Betriebstätte des schwedischen Unternehmens dar. Auch der Umstand, dass sich dieses Auslieferungslager in den Räumlichkeiten eines verbundenen österreichischen Unternehmens befindet, vermag - für sich allein betrachtet - an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Schließlich bleibt auch der Umstand unbeachtlich, dass dieses Auslieferungslager aus umsatzsteuerlicher Sicht eine inländische Betriebstätte des schwedischen Unternehmens darstellt, da die oben zitierte Sonderregelung des DBA-S jedenfalls dem inländischen Recht vorgeht.

Dieses Auslieferungslager wird auch nicht dadurch zu einer DBA-relevanten Betriebstätte, dass die auszuliefernde Ware nicht aus Schweden sondern aus Österreich stammt, und von dem österreichischen verbundenen Unternehmen erzeugt wird.

Schließlich erscheint - wieder isoliert gesehen - auch der Umstand unschädlich, dass das schwedische Unternehmen, entsprechend den ihm gegenüber geäußerten Kundenwünschen, das verbundene österreichische Unternehmen damit beauftragt, die Edelstahlprodukte durch Sägen zu "portionieren".

Der vorliegende Fall weist allerdings insgesamt Besonderheiten auf, da hier nicht ein ausländisches Unternehmen seine (ausländische) Ware über ein österreichisches Auslieferungslager verkaufen möchte, sondern da es letztlich ein österreichischer Produzent ist, der seine Ware - unter Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft - an seine österreichischen Kunden verkauft, wobei noch dazu offenbar alle für den Inlandsvertrieb wesentlichen manipulativen Tätigkeiten von diesem österreichischen Produzenten selbst besorgt werden. Es wird unter solchen Umständen ausreichend zu dokumentieren sein, dass die Einschaltung des schwedischen Unternehmens nicht bloß formal erfolgt, sondern tatsächlich durch wesentliche wirtschaftliche Gründe motiviert ist (Problematik der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise").

Weiters erscheint wesentlich, dass die Rolle des verbundenen österreichischen Unternehmens nicht über die geschilderten Funktionen hinausgeht; denn wenn z.B. durch Entgegennahme von Bestellungen, durch Überwachung des Inkassos u.ä. das schwedische Unternehmen in die Lage versetzt wird, den Österreich-Markt mit gleicher Intensität wie bei Begründung einer inländischen Niederlassung zu betreuen, ginge hiedurch entweder die Nichtbetriebstätteneigenschaft des Auslieferungslagers verloren oder es müsste dem inländischen verbundenen Unternehmen die Eigenschaft eines ständigen Vertreters zugemessen werden (dann nämlich, wenn der österreichische Produkterzeuger über den Rahmen der eigenen betrieblichen Tätigkeit hinaus Handlungen im Interesse des ausländischen Betriebes vornimmt; BFH 27.11.63, BStBl. 1964 III, 76).

Vorsorglich wird beigefügt, dass dann, wenn sich die eingangs angenommene Beurteilung (keine inländische Betriebstätte) als zutreffend erweist, für die Leistungen des österreichischen Unternehmens an das verbundene schwedische Unternehmen eine angemessene Abgeltung im Verrechnungspreisweg erfolgen muss.

21. Juni 1993 Für den Bundesminister: Dr. Loukota

Für die Richtigkeit der Ausfertigung:

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 5 DBA S (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweden (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 39/1960

Schlagworte:

Inlandsbetriebstätte, verbundene Unternehmen, Vertriebsaktivitäten, Vertriebsfunktion, wirtschaftliche Betrachtungsweise, ständiger Vertreter, Verrechnungspreise, Verrechnungspreisgrundsätze

Verweise:

BFH 27.11.1963, I 335/60 U, BStBl III 1964, 76

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