VwGH 2013/05/0102

VwGH2013/05/01025.3.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde des Ing. C K in L, vertreten durch Zeinhofer Scherhaufer Rechtsanwalts GmbH in 4020 Linz, Hofgasse 9, gegen 1. den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. April 2013, Zl. IKD(BauR)-014510/1-2013-Ma/Wm, betreffend Versagung einer Planänderungsbewilligung (mitbeteiligte Partei:

Landeshauptstadt Linz, Altes Rathaus, Hauptplatz 1, 4041 Linz - hg. Zahl 2013/05/0103), und 2. den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. April 2013, Zl. IKD(BauR)-014510/2-2013-Ma/Wm, betreffend Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, Altes Rathaus, Hauptplatz 1, 4041 Linz - hg. Zahl 2013/05/0102), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §36 Abs1;
BauO OÖ 1994 §36 Abs2;
BauO OÖ 1994 §36;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z1 litc;
VwRallg;
BauO OÖ 1994 §36 Abs1;
BauO OÖ 1994 §36 Abs2;
BauO OÖ 1994 §36;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z1 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.221,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 30. September 2011 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Bewilligung zur Abweichung vom auf der Liegenschaft F Straße 7 genehmigten Bauvorhaben nach § 39 Abs. 2 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO). Beantragt wurde die Erweiterung der hofseitigen Gaupen jeweils bis zur Giebelmauer mit Ziegelmauer ohne Öffnung (Länge 1 m), wobei die Ansichtsfläche mit dem Material der Dachdeckung verkleidet werde.

In einer Stellungnahme des Anlagen- und Bauamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 21. Oktober 2011 wurde das Bauvorhaben dahingehend beurteilt, dass die Planänderung vom Bebauungsplan insofern abweiche, als die hofseitigen Gaupenkonstruktionen beidseits den durch die verbindliche Richtlinie für den Dachraum- und Dachgeschossausbau mit 1 m vom aufgehenden Mauerwerk festgesetzten Mindestabstand zur Gänze unterschritten bzw. diesen vollkommen negierten. Eine solche Abweichung könne nicht als geringfügig angesehen werden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass in den vorgelegten Plänen eine Art bauliche Zäsur dahingehend hergestellt werden solle, als jener Teil der Gaupenkonstruktion, der den geforderten Mindestabstand unterschreite, nicht mit einer Fensterkonstruktion ausgeführt werde, sondern schlicht abgemauert werde. Denn dessen ungeachtet stelle sich die gesamte Konstruktion noch immer als Dachhautunterbrechung im Sinne der genannten Richtlinie dar, werde doch durch die bloße Abmauerung der bauliche Charakter als Gaupe nicht aufgehoben. Die Bauausführung widerspreche auch den Planungszielen der Gemeinde. Die Richtlinie für den Dachgeschossausbau verfolge das Ziel, dass im Dachbereich eine aufgelockerte Gestaltung mit Dachflächenfenstern, Gaupen oder Dacheinschnitten ausgeführt werde. Dazu gehöre auch das Abrücken vom aufgehenden Mauerwerk, um ein allzu massives Erscheinungsbild zu vermeiden. Im gegenständlichen Fall träten die bis an das aufgehende Mauerwerk heranreichenden Gaupen darüber hinaus wie ein Vollgeschoss in Erscheinung.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2011 legte der Beschwerdeführer einen abgeänderten Plan vor, nach dem die rechte hofseitige Gaupe nunmehr einen Abstand von 75 cm zum aufgehenden Mauerwerk aufweise. Der im Bebauungsplan festgelegte Mindestabstand werde somit um nur 25 cm überschritten, was als geringfügig gewertet werden könne. Die links gelegene Gaupe werde direkt an das bestehende, hochgezogene Mauerwerk der anliegenden Feuermauer angeschlossen und bilde somit eine "Einheit" mit dem angrenzenden Gebäude. Die Einhaltung des Mindestabstandes würde hier einen Einschnitt an der Innenecke zwischen der aufgehenden Feuermauer des angrenzenden Gebäudes und der Gaupe erzeugen, was sowohl technisch als auch aus gestalterischer Sicht zu einer inhomogenen Dachlandschaft führen würde. Ein homogener Anschluss der Gaupe an die bestehende Brandschutzmauer ohne Einschnitt zwischen den beiden Gebäudeteilen sei auch aus technischer Hinsicht im Hinblick auf Brandschutzvorschriften geboten. Die gesetzlich festgelegten Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden würden durch die Maßnahmen nicht unterschritten.

Mit Schreiben des Anlagen- und Bauamtes der Landeshauptstadt Linz vom 17. Jänner 2012 wurde das Bauvorhaben dahingehend beurteilt, dass die linke Gaupe nach wie vor den vom Bebauungsplan vorgegebenen Mindestabstand von 1 m zum aufgehenden Mauerwerk nicht nur nicht einhalte, sondern diesen zur Gänze unterschreite, indem sie an das Nachbargebäude anschließe. Eine derartige Abweichung könne nicht als geringfügig angesehen werden. Die rechte Gaupe unterschreite ebenfalls den Mindestabstand, indem der geplante Abstand statt 100 cm nur 75 cm betragen solle. Diese 25 %ige Abweichung stelle zwar eine deutliche Reduktion dar, erfülle jedoch nach wie vor nicht das Erfordernis der Geringfügigkeit. Dafür habe sich eine zwar nicht fixe, jedoch höchstens um das Ausmaß von rund 10 % tolerierbare Abweichungsmöglichkeit nach der Judikatur herausgebildet. Auch den Planungszielen der Gemeinde werde nicht entsprochen, weil der Dachausbau in seiner Größe den allgemein gültigen bebauungsplanmäßigen Bestimmungen widerspreche. Die Ausbildung könne als zusätzlicher Geschossausbau gesehen werden und werde daher aus städtebaulicher Sicht abgelehnt. Das Projekt weiche auch deshalb von den Festlegungen des Bebauungsplanes ab, weil die Summe der Dachhautunterbrechungen mehr als 50 % der Dachhaut, gemessen jeweils vom aufgehenden Mauerwerk zum aufgehenden Mauerwerk, ausmache. Nachdem die Gesamtlänge der relevanten Dachhaut, wovon der Stiegenhausbereich abgezogen werden könne, 11,06 m betrage, dürfte die Summe der Dachhautunterbrechungen nur 5,53 m betragen. Hingegen liege hier eine Unterbrechung von 7,87 m vor, das bedeute ein Gesamtausmaß von rund 71 %.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2012 äußerte sich der Beschwerdeführer ablehnend.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. März 2012 wurde der Planwechselantrag gemäß §§ 30 Abs. 6 Z 1, 54 und 55 BO abgewiesen.

Mit weiterem Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. März 2012 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 24, 39, 49, 54 und 55 BO der Auftrag erteilt, die im Dachgeschoss anstelle der bewilligten Dachflächenfenster rechts und links neben dem Stiegenhaus errichteten Dachgaupen, die trotz Bewilligungspflicht nach §§ 24 bzw. 39 BO ohne Baubewilligung ausgeführt worden seien, binnen acht Wochen nach Rechtskraft zu beseitigen und den mit Bescheid vom 14. September 2011 bewilligten Zustand herzustellen.

Der Beschwerdeführer brachte gegen beide Bescheide vom 8. März 2012 jeweils eine Berufung ein.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 31. August 2012 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung des Antrages auf Planänderungsbewilligung abgewiesen, mit weiterem Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 31. August 2012 auch jene, die der Beschwerdeführer gegen den Beseitigungsauftrag eingebracht hatte.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellungen gegen beide genannten Bescheide des Stadtsenates.

Mit dem zur hg. Zahl 2013/05/0102 angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Beseitigungsauftrag als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die nachträgliche Bewilligung der Planabweichungen könne aufgrund des Widerspruches zum Bebauungsplan nicht erteilt werden. Die Baubehörde habe daher auch nicht die Möglichkeit einzuräumen gehabt, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines unbedingten Beseitigungsauftrages seien daher vorgelegen. Der in der Natur tatsächlich vorhandene Baubestand, der in den Jahren 2010 und 2011 geschaffen worden sei, weiche vom genehmigten Umfang insofern ab, als beide Gaupen bis zu den Giebelmauern verbreitert und somit in ihrer Kubatur vergrößert worden seien. Unstrittig sei, dass die Verbreiterung dieser Gaupen durch keinen baubehördlichen Konsens gedeckt sei.

Mit dem zur hg. Zahl 2013/05/0103 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen die Abweisung des Antrages auf Planänderungsbewilligung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, den Baubehörden sei beizupflichten, wenn bezüglich der Abweichung der Gaupen vom Bebauungsplan um 25 % bzw. 100 % nicht von einer Geringfügigkeit im Sinne des § 36 BO ausgegangen worden sei. Argumente betreffend das Ortsbild und die Feuermauer spielten bei der Beurteilung der Geringfügigkeit keine Rolle. Hinsichtlich der Dachhautunterbrechungen normiere der Bebauungsplan, dass deren Summe nicht mehr als die Hälfte der Fassadenbreite betragen dürfe. Auch bei einer vom Beschwerdeführer angenommen Fassadenbreite von 17,23 m überschritte das Ausmaß von 11,96 m das zulässige von 8,615 m um 3,345 m, also mehr als 38 %. Neben den beiden Dachflächenfenstern von je 0,78 m sei auch die Breite der fassadenmittig befindlichen Gaupe der Wohnung Top 13 mit 5,5 m zu den Dachhautdurchbrechungen hinzuzurechnen. Die Baubehörden hätten nicht die Breite des Stiegenhauses dazugerechnet, sondern die Breite der darüber befindlichen Gaupe. Ein Fehler in der Berechnung der Dachhautunterbrechungen könne nicht festgestellt werden. Auch die verfahrensgegenständliche Verbreiterung der beiden seitlichen Dachgaupen um insgesamt 1,25 m stünde im Widerspruch zur betreffenden Festlegung im Bebauungsplan, woraus zwangsläufig folge, dass auch die projektgegenständliche weitere Überschreitung des zulässigen Maßes der Summe der Dachdurchbrüche über der Geringfügigkeitsgrenze liege.

Gegen die beiden Vorstellungsbescheide jeweils vom 18. April 2013 richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diese kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und in zwei Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung der Geringfügigkeit durch die belangte Behörde. Im Hinblick auf das Ortsbild sei insbesondere wegen der angrenzenden Bebauung eine Überschreitung von 25 cm in keiner Weise beeinträchtigend. Lege man den in § 36 Abs. 2 BO genannten absoluten Wert von 50 cm zugrunde, so sei festzustellen, dass die Abweichung um 25 cm deutlich unter diesem Grenzwert liege. Bezüglich der südlich gelegenen Gaupe würde die Einhaltung des Mindestabstandes zu einem 1 m breiten Einschnitt zwischen Gaupe und Feuermauer führen. Dadurch würden sich erhebliche Schwächungen aller Anschlussteile der Dachhaut zur Feuermauer und zur Gaupe ergeben. Durch Verschließen dieser Innenecke durch direkten Anschluss der Gaupe an die Feuermauer würden diese technischen Probleme vermieden. Durch den Bestand der Feuermauer des Nachbargebäudes wäre auch bei Einhaltung des Mindestabstandes von 1 m nicht von einer Auflockerung der Dachlandschaft zu sprechen. Es würde vielmehr zu einer Zerklüftung der Dachlandschaft und zu einer inhomogenen Gestaltung kommen. Das Gestaltungskriterium des Bebauungsplanes sei auf die Sonderkonstellation einer Innenecke nicht zutreffend und biete keine adäquate Lösung für diesen Fall. Insofern weise der Bebauungsplan eine planwidrige Verordnungslücke auf, die durch eine adäquate und sachgerechte Lösung zu schließen sei. Ein direkter Anschluss der Gaupe an die durchgehende Feuermauer sei sowohl aus technischer als auch aus gestalterischer Sicht die einzig logische Konsequenz. Nach § 36 Abs. 2 BO seien bei Zu- und Umbauten bei Errichtung von barrierefreien Anlagen und von Aufzügen und sonstigen Aufstiegshilfen sogar Abweichungen von Fluchtlinien ohne Einschränkung durch die 10 %-Regel zulässig, soweit dies technisch notwendig sei. Nach dieser Wertung seien daher (gesetzlich nur in einem eingeschränkten Bereich) auch technische Kriterien bei der Beurteilung von Planabweichungen heranzuziehen. Die einzig technisch sinnvolle und richtige Lösung könne somit im vorliegenden Fall auch eine gänzliche Überschreitung der Planfestlegungen rechtfertigen. Die Dachhautunterbrechungen seien im Übrigen jeweils gesondert für jede Ebene zu beurteilen, somit für die Ebene der Empore gesondert von der Hauptdachgeschossebene. In diesem Fall werde das zulässige Maß der Summe der Dachdurchbrüche nicht überschritten und den Vorgaben des Bebauungsplanes entsprochen. Es werde ferner nicht dargelegt, inwiefern gegen die allgemein gültigen bebauungsplanmäßigen Bestimmungen wesentlich verstoßen werde. Die Behörde habe sich auch nicht mit der Frage des Ortsbildes beschäftigt. Das Ortsbild wäre aber als Wertungskriterium auch im Rahmen der Beurteilung der Geringfügigkeit heranzuziehen gewesen. Die Planabweichungen erfolgten nur hofseitig. Das gesamte hofseitige Erscheinungsbild rund um das Bauprojekt sei durch Flachdächer und massive Dachausbauten geprägt, die das Bauprojekt weitgehend überragten. Im Vergleich zum Bestand könne hofseitig von keiner Beeinträchtigung des Ortsbildes gesprochen werden. Die geplante Ausführung der Gaupen bis zum aufgehenden Mauerwerk, insbesondere der südlich (links) gelegenen Gaupe, unterstütze ein homogenes Erscheinungsbild des gesamten Gevierts. Die Einhaltung des Abstandes nach dem Bebauungsplan würde zumindest hofseitig zu einer inhomogenen Dachlandschaft führen, was den Zielen des Bebauungsplans entgegenliefe. Zur relevanten Frage des Ortsbildes seien keine Erhebungen vor Ort geführt und auch keine Feststellungen getroffen worden. Abschließend regt der Beschwerdeführer an, den Bebauungsplan beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Die in den Bebauungsplan aufgenommene Richtlinie für den Dachraum- und Dachgeschossaufbau habe nach den Materialien und den behördlichen Angaben ihre Hauptzielsetzung im Ortsbild. Es solle eine aufgelockerte Gestaltung der Dachlandschaft bewirkt und ein massives Erscheinungsbild vermieden werden. Die Richtlinie widerspreche den Planungszielen unter Berücksichtigung des vorhandenen und beabsichtigten Orts- und Straßenbildes und dem örtlichen Entwicklungskonzept. Außerdem benachteilige die Richtlinie den Beschwerdeführer in unsachlicher Art und Weise, da der Bebauungsplan aufgrund des Bestandes an Gebäuden im örtlichen Geltungsbereich im Großen und Ganzen nur auf das Objekt des Beschwerdeführers und wenige weitere Objekte anwendbar sei, die überwiegende Mehrzahl der Gebäude habe bereits bei Erlassung der Verordnung die Beschränkungen des Bebauungsplans und der Richtlinie nicht erfüllt. Im örtlichen Entwicklungskonzept sei als Ziel die Erhaltung des charakteristischen Stadtbildes genannt. Bei Erlassung des Bebauungsplanes sei weder der Bestand im unmittelbaren örtlichen Wirkungsbereich des Bebauungsplanes noch das unmittelbar daran anschließende und heranrückende neue Ortsbild des Bahnhofsviertels berücksichtigt worden. Der Bebauungsplan stehe somit im Widerspruch zu den Planungszielen, nach denen die bestehende Charakteristik erhalten werden solle. Die Richtlinie beschränke die Schaffung und Erhaltung des bestehenden modernen Ortsbildes, indem sie einen Verbau in Anlehnung an den überwiegenden Bestand in diesem Bereich des Stadtgebietes und insbesondere im Vergleich zu dem heranrückenden neuen Bahnhofsviertel unterbinde. Die Beschränkung stehe auch im Widerspruch zum örtlichen Planungsziel betreffend Schaffung von neuem Wohnraum, insbesondere in Dachgeschossen. Eine Grundlagenforschung sei im vorliegenden Fall nicht, zumindest nicht in ausreichender Form, durchgeführt worden. Der Bebauungsplan berücksichtige in keiner Weise die konkrete Situation. Eine angestrebte Flexibilisierung der Bebauungsvorschriften werde durch den Bebauungsplan nicht erzielt. Die ausnahmslose Beschränkung der Bebauungsrichtlinien für Dachgeschossausbauten führe dazu, dass keine Anpassungsmöglichkeit an das bestehende Ortsbild gegeben und technisch vernünftige Lösungen nicht möglich seien. Die Benachteiligung des Beschwerdeführers liege darin, dass er ohne Beeinträchtigung des vorhandenen Ortsbildes im Vergleich zur überwiegenden Anzahl der benachbarten Gebäude nur beschränkt Wohnfläche im Dachgeschoss schaffen könne.

§ 36 BO idF LGBl. Nr. 96/2006 lautet:

"§ 36

Geringfügige Abweichungen vom Bebauungsplan

(1) Die Baubehörde kann über begründeten gesonderten Antrag des Bauwerbers im Rahmen der Baubewilligung für das einzelne Bauvorhaben geringfügige Abweichungen von den Bestimmungen des Bebauungsplanes gemäß § 32 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie Abs. 2 Z 2 bis 13 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 bewilligen, wenn

1. diese Änderung öffentlichen Interessen, die nach dem Oö. Raumordnungsgesetz 1994 bei der Erlassung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind, und den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und

2. von diesem Landesgesetz geschützte Interessen Dritter nicht verletzt werden.

Eine Unterschreitung der gesetzlich festgelegten Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden (§ 5 Oö. Bautechnikgesetz) ist unzulässig.

(2) Abweichungen gemäß Abs. 1 Z 1 von Fluchtlinien sind für Neubauten nur in dem Ausmaß zulässig, als von den Fluchtlinien des Bebauungsplanes höchstens um 10% des über den gesetzlichen Mindestabstand hinausgehenden Abstandes, jedoch keinesfalls mehr als 50 cm abgewichen werden darf. Darüber hinaus sind für Zu- und Umbauten Abweichungen insoweit zulässig, als von den Fluchtlinien des Bebauungsplanes zur barrierefreien Gestaltung baulicher Anlagen (§ 27 Oö. Bautechnikgesetz) oder zur Errichtung von Aufzügen und sonstigen Aufstiegshilfen abgewichen werden darf, soweit dies technisch notwendig ist."

§ 49 BO idF LGBl. Nr. 70/1998 lautet auszugsweise:

"§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

(2) Sucht der Eigentümer der baulichen Anlage um die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung fristgerecht an und wird dieser Antrag entweder zurückgewiesen oder abgewiesen oder zieht der Antragsteller den Antrag zurück, wird der Auftrag auf Beseitigung der baulichen Anlage rechtswirksam; die im Bescheid gemäß Abs. 1 festgesetzte Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage beginnt in diesem Fall mit der Rechtswirksamkeit der Zurückweisung oder Abweisung oder der Zurückziehung des nachträglichen Baubewilligungsantrages.

...

(4) Stellt die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung fest oder wurde die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben oder für nichtig erklärt, gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß.

(5) Unter baulichen Anlagen im Sinn der Abs. 1 bis 4 sind sämtliche bewilligungspflichtige Bauvorhaben (§ 24) zu verstehen.

..."

Die Frage, ob eine Abweichung geringfügig im Sinne des § 36 Abs. 1 BO ist, ist ausgehend von der jeweils konkreten Festlegung im Bebauungsplan, von der abgewichen werden soll, zu beurteilen (vgl. z.B. das zu einer vergleichbaren Rechtslage nach der Bauordnung für Wien ergangene hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. 2001/05/0275). Im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass der Bebauungsplan einen Abstand der Gaupen vom seitlich aufgehenden Mauerwerk von mindestens 1 m vorschreibt. Eine "geringfügige Abweichung" liegt somit keinesfalls vor, wenn dieser Abstand überhaupt nicht eingehalten wird, also die Gaupe direkt an die Feuermauer des angrenzenden Gebäudes anschließen soll.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Geringfügigkeit der Abweichung im hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2009, Zl. 2007/05/0046, ausgeführt, dass § 36 Abs. 2 BO auch dann, wenn es nicht um die dort genannten Abweichungen von Fluchtlinien geht, für die Auslegung diese Merkmales herangezogen werden kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 6. November 2013, Zl. 2011/05/0174, aber weiters ausgeführt hat, erübrigt es sich nicht, auf den konkreten Einzelfall einzugehen, zumal auch § 36 Abs. 2 BO nicht in jedem Fall eine Überschreitung von 10 % erlaubt. Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner betont, dass es sich bei § 36 BO um eine grundsätzlich restriktiv zu interpretierende Ausnahmebestimmung handelt.

Ausgehend davon kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie auch eine Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplans um 25 %, nämlich hier durch jene Gaupe, die lediglich 75 cm statt 100 cm vom aufgehenden Mauerwerk Abstand hält, als nicht mehr geringfügig qualifiziert hat.

Da somit keinesfalls eine geringfügige Abweichung vorliegt, erübrigt es sich, näher auf die Frage der Länge der Dachhautunterbrechungen einzugehen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, Zl. 2012/05/0030, ausgeführt hat, ist eine Dachgaupe ein Dachaufbau für ein stehendes Dachfenster. Eine Dachgaupe in diesem Sinn liege aber nicht mehr vor, wenn weitere Funktionen durch diesen Bauteil als diejenigen, ein stehendes Fenster zu tragen, vorhanden sind, wie etwa die Erschließung einer Terrasse. Entsprechendes muss im Übrigen auch dann gelten, wenn der Bauteil Funktionen bloß bautechnischer Art, die über das Tragen eines stehenden Fensters hinausgehen, übernehmen soll, ebenso, wenn der Bauteil nicht nur ein Fenster trägt, sondern etwa auch aus Gründen des Ortsbildes in einer für das Tragen des Fensters nicht notwendigen Abmauerung besteht.

Es kann hier im Hinblick auf die obigen Ausführungen dahinstehen, ob die beiden gegenständlichen Bauteile überhaupt noch Gaupen darstellen oder Bauteile sind, die im Dachbereich von vornherein unzulässig sind. Schon unter Zugrundelegung des Begriffs der Dachgaupe kann aber der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bedenken gegen den Bebauungsplan bzw. die darin enthaltene Richtlinie für den Dachraum- und Dachgeschossaufbau von Relevanz sind, beziehen sich diese doch auf grundsätzliche raumplanerische Gesichtspunkte und nicht auf die Zulässigkeit relativ geringfügiger Bauteile im Dachbereich. Es kann auch nicht erkannt werden, dass der Verordnungsgeber durch die Regelungen über Bauteile im Dachbereich seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Die Planung ist im Übrigen stets auf die bauliche Gestaltung in der Zukunft gerichtet und kann nicht nur bestandsfortschreibend sein. Zusammenfassend besteht daher keine Veranlassung, die gegenständliche Verordnung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.

Gegen den Bescheid betreffend den Bauauftrag bringt die Beschwerde nichts Weiteres vor.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Bemerkt wird, dass auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden sind.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 5. März 2014

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