VwGH 2013/07/0031

VwGH2013/07/003123.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, in der Beschwerdesache des Ing. F R in G, vertreten durch Benn-Ibler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 14, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. November 2012, Zl. ABT10-LAS16Ke-3-/2012-7, betreffend eine Angelegenheit des Steiermärkischen Einforstungsrechtes (mitbeteiligte Partei: M K in W, vertreten durch DI Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 2/I), den Beschluss gefasst:

Normen

AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
AVG §1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §20 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WWSGG §11;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §8;
AgrBehG 1950 §7 Abs2 Z4;
AVG §1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs1;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §20 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WWSGG §11;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

Mit der im Alleineigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaft EZ 8 KG A sind Einforstungsrechte im Sinne des § 1 des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983, LGBl. Nr. 1/1983 (StELG), auf Grundstücken im Eigentum der mitbeteiligten Partei (EZ 818 KG M) verbunden. Diese Einforstungsrechte gründen auf einem von der damaligen Agrar-Landesbehörde G genehmigten Übereinkommen vom 22. April 1922, einem Nachtrag vom 16. Juni 1922 und einem von der Agrarbezirksbehörde G (ABB) am 2. Jänner 1957 beurkundeten Parteienvergleich.

Der Beschwerdeführer stellte am 15. Mai 2008 im Rahmen einer mündlichen Parteienverhandlung einen Antrag auf Neuregulierung der gegenständlichen Einforstungsrechte. Mit Eingabe vom 14. Mai 2011 wandte sich die mitbeteiligte Partei mit einem Devolutionsantrag an die belangte Behörde und beantragte unter einem die Ablösung der gegenständlichen Nutzungsrechte in Geld.

Mit Bescheid vom 28. September 2011 gab die belangte Behörde diesem Devolutionsantrag statt und leitete unter einem das Einforstungsverfahren gemäß § 49 Abs. 1 StELG ein.

Weil in diesem somit rechtskräftig eingeleiteten Einforstungsverfahren keine weiteren Verfahrensschritte erfolgten, beantragte die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 26. September 2012 neuerlich den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde, diesmal hinsichtlich der Sachentscheidung über die eingebrachten Anträge auf Neuregulierung bzw. Ablösung der gegenständlichen Einforstungsrechte.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 2012 gab diese mit Spruchpunkt 1 dem Devolutionsantrag statt und stellte fest, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde übergegangen sei. Mit Spruchpunkt 2 wurden die Regulierungsanträge der Verfahrensparteien dahingehend erledigt, dass die mit amtlich beurkundetem Parteienvergleich vom 2. Jänner 1957 vorgenommene Umwandlung der Holz- und Streubezüge in Holz- und Streuabgaben gemäß § 20 Abs. 2 StELG aufgehoben wurde.

Im Wesentlichen wurden diese zwei Spruchpunkte damit begründet, dass die ABB im Verfahren über die Regulierung untätig geblieben und die Zuständigkeit zur Entscheidung infolge des Devolutionsantrags der mitbeteiligten Partei daher auf die belangte Behörde übergegangen sei. In der Sache selbst wurde die Entscheidung damit begründet, dass die Ablöse in Geld aus näher dargelegten Gründen nicht in Frage komme, hingegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 StELG vorlägen, denen zufolge eine Umwandlung von Holz- und Streubezügen in Holz- und Streuabgaben wieder rückgängig zu machen sei, wenn die Leistungen pflichtwidrig nicht erbracht würden.

Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides lautet dahingehend, dass ein ordentliches Rechtsmittel gemäß § 7 Abs. 1 Agrarbehördengesetz 1950 (AgrBehG 1950) nicht zulässig sei. Dazu heißt es in der Begründung, dass keine Maßnahme des § 7 Abs. 2 Z 4 AgrBehG 1950 vorliegen dürfte, weil diese Maßnahme der Neuregulierung die Einforstungsrechte lediglich auf den Bezug der Forstprodukte zurückführe und damit kein Eingriff in den Bestand und Umfang der Rechte bei der berechtigten und verpflichteten Liegenschaft verbunden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Beide Verfahrensparteien wandten sich parallel dazu mit Berufungen gegen den angefochtenen Bescheid an den Obersten Agrarsenat.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie auf die bereits erfolgte Aktenvorlage an den Obersten Agrarsenat verwies, und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Ablehnung, in eventu Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Ist der administrative Instanzenzug nicht erschöpft, dann mangelt es an der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.

Unter "Erschöpfung des Instanzenzuges" ist die restlose Ausschöpfung der ordentlichen Rechtsmittel des Verwaltungsverfahrens zu verstehen, sodass immer nur der Bescheid, der von der nach der gesetzlichen Ordnung des Instanzenzuges im Einzelfall in Betracht kommenden Behörde der höchsten Organisationsstufe erlassen worden ist, nicht aber ein in der Angelegenheit ergangener Bescheid einer Verwaltungsbehörde unterer Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen der Landesagrarsenat als im Devolutionsweg zuständig gewordene sachlich in Betracht kommende Oberbehörde in erster Instanz über einen Antrag betreffend eine in § 7 Abs. 2 des AgrBehG 1950 geregelte Angelegenheit abgesprochen hat, der Instanzenzug noch nicht erschöpft, sondern der Rechtszug an den Obersten Agrarsenat möglich (vgl. dazu u.a. den hg. Beschluss vom 10. November 1992, 92/07/0170, und die hg. Erkenntnisse vom 28. März 1995, 93/07/0028, 0045, und vom 16. Dezember 1999, 99/07/0147).

Ob im Beschwerdefall der Instanzenzug ausgeschöpft ist, hängt daher davon ab, ob die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung eine Materie des § 7 Abs. 2 des AgrBehG 1950 betrifft.

§ 7 Abs. 2 AgrBehG 1950 hat folgenden auszugsweisen Wortlaut:

"§ 7. (1) ...

(2) Die Berufung an den Obersten Agrarsenat ist nur in folgenden Fällen gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates zulässig:

  1. 1. ...
  2. 4. hinsichtlich der Frage des Bestandes von Wald- und Weidenutzungsrechten, hinsichtlich der Frage, welche Liegenschaften berechtigt oder verpflichtet sind, sowie hinsichtlich der Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung oder Regulierung (Neu-, Ergänzungsregulierung) von Wald- und Weidenutzungsrechten,

    5. ..."

    Die Frage der Gesetzmäßigkeit einer Ablösung oder Regulierung von Wald- und Weidenutzungsrechten (Einforstungsrechten) ist eine Angelegenheit des § 7 Abs. 2 Z 4 AgrBehG 1950.

    Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid - wie die belangte Behörde selbst zutreffend darlegt - das rechtskräftig eingeleitete Einforstungsverfahren "durchgeführt", also eine inhaltliche Entscheidung in einem Regulierungsverfahren durch Aufhebung einer zuvor verfügten Umwandlung von Bezügen in Abgaben getroffen.

    Der Tatbestand des § 7 Abs. 2 Z 4 AgrBehG 1950 erfasst nur Fälle, in denen eine Ablösung oder Regulierung vorgenommen wurde, weil nur dann, wenn bereits eine Regulierung vorliegt, auch deren Gesetzmäßigkeit beurteilt werden kann. Wurde keine Regulierung (Neuregulierung) vorgenommen, sondern deren Vornahme abgelehnt, so fällt eine solche Entscheidung nicht unter § 7 Abs. 2 Z 4 AgrBehG 1950 (vgl. den hg. Beschluss vom 23. September 2004, 2004/07/0121, und das Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, 99/07/0147).

    Entgegen der Ansicht der belangten Behörde stellt die Vorgangsweise nach § 20 Abs. 2 StELG eine Sachentscheidung über einen Regulierungsantrag dar, die nicht in der Ablehnung der Vornahme der Regulierung, sondern in der Gestaltung der Einforstungsrechte besteht. Auch wenn damit die Einforstungsrechte lediglich "auf den Bezug der Forstprodukte zurückführt werden", so liegt darin doch eine Veränderung der Art der Bezugsrechte und damit ein Regulierungsakt.

    Für dieses Verständnis spricht bereits der Umstand, dass nach § 14 Abs. 1 leg. cit. auch (lediglich) eine Veränderung der Art der Nutzungen und der Gegenleistung eine Neuregulierungsmaßnahme darstellen kann und sich die Bestimmung des § 20 Abs. 2 StELG zudem im Bereich des mit "Neuregulierung und Regulierung" überschriebenen II. Abschnitts des StELG befindet.

    Wenn die belangte Behörde meint, es sei mit der Maßnahme kein Eingriff in den Bestand und Umfang der Rechte bei der berechtigten und verpflichteten Liegenschaft verbunden, und auch deshalb liege kein Fall des § 7 Abs. 2 Z 4 AgrBehG 1950 vor, so übersieht sie, dass nach § 14 Abs. 3 StELG eine Schmälerung oder Erweiterung der urkundlich festgelegten Rechte durch eine Neuregulierung nicht eintreten darf. Dieses Gebot gilt daher für jede auch noch so tiefgreifende Neuregulierungsmaßnahme.

    Die im vorliegenden Fall durch den LAS vorgenommene Aufhebung der Umwandlung der Holz- und Streubezüge in Holz- und Streuabgaben gemäß § 20 Abs. 2 StELG stellt daher einen Akt der Neuregulierung von Einforstungsrechten dar.

    Daher ist in dieser Frage der Instanzenzug noch nicht erschöpft; gegen den angefochtenen Bescheid stand somit die Berufung an den Obersten Agrarsenat offen.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 455/2008. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf den von der belangten Behörde geltend gemachten Vorlageaufwand; die Verwaltungsakten wurden dem Verwaltungsgerichtshof aber nicht vorgelegt.

    Wien, am 23. Mai 2013

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