VwGH 2012/22/0057

VwGH2012/22/00573.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des N, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 14. Februar 2012, Zl. 320.984/2-III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §24;
AVG §45;
NAG 2005 §41 Abs2 Z4;
AuslBG §24;
AVG §45;
NAG 2005 §41 Abs2 Z4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:

Der Beschwerdeführer habe zwecks Studiums an der W schon mehrmals über Aufenthaltsbewilligungen verfügt, zuletzt mit einer Gültigkeitsdauer bis Oktober 2011. Am 1. Februar 2011 habe er den gegenständlichen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Schlüsselkraft - selbständig" gestellt. Der Beschwerdeführer lebe seit 7. Oktober 2002 in Österreich.

Die Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice habe im Gutachten vom 18. Februar 2011 "festgestellt", dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 24 AuslBG zu qualifizieren sei. Dem Gewerbe der Hausbetreuung (bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungsarbeiten) durch den Beschwerdeführer als Einzelunternehmer komme kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen im Sinne des § 24 AuslBG zu. Ein solcher wäre nur gegeben, wenn durch die Verrichtung einer selbständigen Erwerbstätigkeit entweder ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital oder die Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen erfolge. Mit dem Dienstleistungsangebot des Beschwerdeführers sei kein maßgeblicher Geldfluss in das Bundesgebiet verbunden. Die Vollbeschäftigung von einem Arbeitnehmer, die Halbtagsanstellung von zwei Arbeitskräften sowie die geringfügige Beschäftigung von fünf Personen, was in Summe der Anstellung von zweieinhalb Arbeitnehmern entspreche, begründe keine wirtschaftliche "Wertschätzung" (gemeint wohl: Wertschöpfung) gemäß § 24 AuslBG.

Nachdem der Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 11. März 2011 eingebracht habe, sei das Arbeitsmarktservice um die Erstellung eines zweiten Gutachtens ersucht worden. Im Gutachten vom 18. März 2011 habe die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice neuerlich "festgestellt", dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft zu qualifizieren sei. Die Anschaffung einer Büroausstattung und der Kauf von zwei Autos bedinge keinen maßgeblichen monetären Aufwand im Sinne des § 24 AuslBG. Die Gewinnerzielung besitze für die Beurteilung nach § 24 AuslBG keine Relevanz. Das Gewerbe der Hausbetreuung werde von den zahlreich bestehenden Betrieben in ausreichender Form abgedeckt. Allein die Qualifikation des Beschwerdeführers selbst könne nicht eine Einstufung als Schlüsselkraft begründen.

Die belangte Behörde - so die weitere Bescheidbegründung - beurteile den Sachverhalt aufgrund der beiden Gutachten des Arbeitsmarktservice Wien sowie der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid. Der Beschwerdeführer habe am 21. April 2009 das Gewerbe der Hausbetreuung angemeldet, weiters das Gewerbe "Reinigung von öffentlichen und privaten Verkehrsflächen, Gehsteigen, Gehwegen und Garageneinfahrten, sowie Bewässerung von öffentlichen und privaten Verkehrsflächen, Grünanlagen und Schneeräumung". Er sei Einzelunternehmer mit der Firma "D Reinigung" mit Sitz in Wien.

Nach § 24 AuslBG sei der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgebend. Dabei sei zu berücksichtigen, ob ein Transfer von Investitionskapital mit der selbständigen Erwerbstätigkeit verbunden sei und/oder die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen diene. Der Gesetzgeber stelle also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten sei.

Bei Antragstellung habe der Beschwerdeführer angegeben, dass im ersten Jahr im Unternehmen vier Personen beschäftigt würden, im zweiten Jahr sechs. Am 14. April 2011 habe er angegeben, dass sein Unternehmen acht Personen beschäftigen würde, nämlich fünf geringfügig, zwei teilzeit- und eine vollbeschäftigt. Recherchen der belangten Behörde hätten jedoch ergeben, dass mittlerweile nur mehr fünf Personen beschäftigt seien (drei geringfügig und zwei mit jeweils 25 Stunden pro Woche). Seit dem AMS-Gutachten vom 18. Februar bzw. 18. März 2011habe sich die Anzahl der Arbeitskräfte von acht auf fünf verringert. Dies trage jedenfalls nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei. Die Sicherung bestehender Arbeitsplätze sei ebenfalls nicht gegeben. Mit der selbständigen Erwerbstätigkeit sei auch kein Transfer von Investitionskapital verbunden. Aus den Investitionen wie etwa dem Ankauf von zwei gebrauchten Autos bzw. der Anmietung von vier Autos könne ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen nicht abgeleitet werden.

Im Zuge des Verfahrens sei ein Einkommensteuerbescheid aus dem Jahr 2009 vorgelegt worden, wobei der Gesamtbetrag der Einkünfte EUR 5.270,87 betragen habe. Die Steuerberaterin habe erklärt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2010 einen vorläufigen Gewinn von EUR 16.685,39 erzielt habe. Laut nachgereichtem Einkommensteuerbescheid habe das Einkommen im Jahr 2010 EUR 11.906,40 betragen. Daraus errechne sich nach Abzug der Steuer ein monatliches Durchschnittseinkommen von lediglich EUR 937,38.

Der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers sei ausschließlich ein persönliches Interesse zuzumessen und es sei eine ökonomische Gesamtbedeutung nicht gegeben. Ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft sei nicht zu erwarten. Somit sei der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 24 AuslBG "zu verifizieren".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Februar 2012 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 112/2011 anzuwenden sind.

Gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllen und ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 AuslBG vorliegt.

§ 24 AuslBG lautet in der maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2005:

"Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden(en) Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

In Bezug auf die Würdigung dieses Gutachtens finden die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung. Der Gesetzgeber stellt mit der Bestimmung des § 24 AuslBG darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2011, 2008/22/0309).

Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, dass die oben dargestellte Beurteilung der belangten Behörde, er erfülle diese Kriterien des § 24 AuslBG nicht, unrichtig wäre.

Die belangte Behörde stellte fest, dass sich die Beschäftigtenanzahl im Unternehmen des Beschwerdeführers auf fünf Arbeitskräfte verringert habe. Drei davon seien geringfügig und zwei mit jeweils 25 Stunden pro Woche beschäftigt. Daraus leitete die belangte Behörde ab, dass die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers nur unwesentlich zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und Sicherung bestehender Arbeitsplätze beitrage. Einen Transfer von Investitionskapital verneinte die belangte Behörde mit dem Hinweis, dass aus dem Ankauf von zwei gebrauchten Autos bzw. der Anmietung von vier Autos und dem Ankauf einer Büroausstattung kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen festgestellt werden könne.

Diesen behördlichen Argumenten vermag der Beschwerdeführer nichts Wesentliches entgegenzusetzen. Soweit der Beschwerdeführer auf seine "hervorragende Ausbildung" hinweist, lässt sich daraus ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen seiner Erwerbstätigkeit nicht ableiten. Dies trifft auch auf das Vorbringen zu, dass weitere Umsatzsteigerungen "zu erwarten gewesen wären".

Der Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe sich an das Gutachten des Arbeitsmarkservice gebunden gefühlt, trifft nicht zu, hat die belangte Behörde doch unter Berücksichtigung der Gutachten und auch des Berufungsvorbringens eine eigene Beurteilung getroffen.

Gegen die behördliche Feststellung, dass mittlerweile nur mehr fünf Personen im Unternehmen des Beschwerdeführers beschäftigt seien, wendet der Beschwerdeführer lediglich ein, er sei in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, indem die belangte Behörde es versäumt habe, ihn vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu verständigen. In keiner Weise wird damit jedoch dargelegt, dass die zitierte Feststellung unrichtig wäre. Gleiches gilt für die behördliche Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2010 lediglich EUR 937,38 monatlich verdienen würde. Auch hier beruft sich der Beschwerdeführer auf sein Recht auf Parteiengehör, tritt der Richtigkeit der Feststellung jedoch in keiner Weise entgegen.

Die Beschwerde zeigt sohin eine Rechtsverletzung nicht auf. Sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 3. Oktober 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte