Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Finanzamt Feldkirch zog den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 1. Dezember 2009 zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der R. GmbH in Gesamthöhe von 18.008,12 EUR heran.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2009 Berufung und brachte darin zum einen vor, soweit überhaupt ein "Primärbescheid" erlassen worden sein sollte, seien die darin enthaltenen einzelnen Positionen, soweit sie mit dem dem Haftungsbescheid angeschlossenen Rückstandsausweis vom 1. Dezember 2009 identisch sein sollten, falsch. Zum anderen führte der Beschwerdeführer ins Treffen, er habe seine Geschäftsführertätigkeit noch im Jahr 2008 zurückgelegt. Rechtlich bedeutsam sei nicht die "Austragung" im Firmenbuch, sondern die Rücktrittserklärung gegenüber den Gesellschaftern und den Mitgeschäftsführern, die noch im Jahr 2008 erfolgt sei. Schließlich wandte der Beschwerdeführer gegen die Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin ein, dass effiziente Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Primärschuldnerin nicht erfolgt seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 10. März 2010 wies das Finanzamt Feldkirch die Berufung als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom 14. April 2010 dagegen einen Vorlageantrag, in welchem er vorbrachte, er habe spätestens am 1. Mai 2008 die Geschäftsführertätigkeit gegenüber allen weiteren Gesellschaftern und handelsrechtlichen Geschäftsführern der Primärschuldnerin zurückgelegt. Des Weiteren wiederholte er im Wesentlichen die Ausführungen in der Berufung.
In der vor der belangten Behörde am 30. Juni 2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen, er habe bereits im Mai 2008 seine Geschäftsführertätigkeit zurückgelegt. Auf Vorhalt, ob er dafür einen schriftlichen Beweis habe, antwortete der Beschwerdeführer, die Zurücklegung sei nicht schriftlich festgehalten worden. Auf die Frage, in welcher Funktion er für die Primärschuldnerin tätig gewesen sei, gab er an, als Koch gearbeitet zu haben, und bestätigte auf Nachfrage, während der "gesamten Zeit", auch während der Zeit als er Geschäftsführer war, als Koch gearbeitet zu haben. Die Frage nach dem Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit beantwortete der Beschwerdeführer damit, dass sein Gehalt nach der Zurücklegung der Geschäftsführertätigkeit niedriger gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 1. Dezember 2009 hinsichtlich näher angeführter Lohnabgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag), Körperschaftsteuervorauszahlungen, Verspätungszuschläge und Säumniszuschläge auf. Hinsichtlich der Umsatzsteuer für März, Juni und August bis Dezember 2008 sowie Jänner 2009, welche mit einem Betrag von zusammen 12.090,60 EUR aushafteten, wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte die belangte Behörde fest, hinsichtlich der von der Aufhebung betroffenen Abgaben habe der bekämpfte Haftungsbescheid des Finanzamtes vom 1. Dezember 2009 keinerlei Angaben darüber enthalten, dass und ob gegenüber der Primärschuldnerin Abgabenbescheide erlassen worden wären. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, 2005/13/0145, wonach dies einen nicht sanierbaren Verfahrensmangel darstelle, hebe die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Bescheid in diesem Umfang daher auf.
Hinsichtlich der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Umsatzsteuer seien seitens der Primärschuldnerin beim Finanzamt Voranmeldungen eingereicht worden, wobei die Richtigkeit dieser selbstberechneten Abgaben von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen werde. Von den Voranmeldungen abweichende Festsetzungsbescheide seien keine ergangen.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe spätestens am 1. Mai 2008 seine Geschäftsführertätigkeit zurückgelegt, diese Zurücklegung aber nicht schriftlich festgehalten, stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer habe keinen Nachweis für seine Behauptung erbracht, die Geschäftsführertätigkeit am 1. Mai 2008 zurückgelegt zu haben. Vielmehr habe eine von der belangten Behörde vorgenommene elektronische Abfrage der Urkundensammlung des Firmenbuchs ergeben, dass der Beschwerdeführer, der seit dem 23. April 2002 Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei, mit Gesellschafterbeschluss vom 30. März 2009 als Geschäftsführer abberufen worden sei. Die Eintragung der Abberufung im Firmenbuch sei am 21. April 2009 erfolgt. Mit Notariatsakt vom 29. Mai 2008 und somit etwa zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion behauptet werde, habe der Beschwerdeführer sämtliche Gesellschaftsanteile (an der R. GmbH) abgetreten. Auch habe anhand der Akten nicht verifiziert werden können, dass das Entgelt, dass der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit im Betrieb der Primärschuldnerin nach behaupteter Zurücklegung der Geschäftsführerfunktion erhalten habe, tatsächlich geringer gewesen wäre, als jenes vor dem behaupteten Zeitpunkt der Zurücklegung. Der Fälligkeitstag der in Rede stehenden Umsatzsteuervorauszahlungen liege somit jeweils vor dem Gesellschafterbeschluss vom 30. März 2009 über die Abberufung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer.
Zur Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung stellte die belangte Behörde fest, dass mit Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. Juli 2009 der Antrag, über das Vermögen der R. GmbH den Konkurs zu eröffnen, mangels Kostendeckung abgewiesen worden sei. Am 4. Februar 2010 sei die R. GmbH im Firmenbuch amtswegig gelöscht worden.
Zur Pflichtverletzung des Beschwerdeführers und zur Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgaben hielt die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer behaupte zwar nicht das Vorliegen einer gänzlichen Liquidität der Primärschuldnerin zu den maßgeblichen Fälligkeitspunkten, wende aber ein, er habe den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger nicht verletzt. Dies sei nach der Aktenlage schon deshalb nicht zutreffend, weil im in Rede stehenden Zeitraum zwischen dem 15. Mai 2008 und dem 16. März 2009 sämtliche Löhne bezahlt worden seien und der Abgabenrückstand im selben Zeitraum jedoch von 1.836,61 EUR auf 16.011,47 EUR angewachsen sei. Überdies spreche auch das Berufungsvorbringen, bei Setzung effizienter Vollstreckungsmaßnahmen wären die Abgabenverbindlichkeit problemlos gänzlich einbringlich gewesen, gegen die tatsächliche Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger.
Abschließend begründete die belangte Behörde die Ermessensausübung.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung für Abgaben in Anspruch genommen zu werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Behörde beantragt.
Der Beschwerdeführer replizierte mit Schriftsatz vom 19. April 2012.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Der Beschwerdeführer trägt vor, die belangte Behörde hätte nach der Judikatur des EGMR in der Zusammensetzung eines Tribunals iSd Art. 6 EMRK entscheiden und eine volksöffentliche mündliche Verhandlung durchführen müssen.
Dazu genügt es, auf die hg. Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnis vom 22. September 2005, 2003/14/0002, vom 16. Dezember 2008, 2006/16/0107, und vom 18. Dezember 2008, 2006/15/0158) hinzuweisen, dass Abgabenangelegenheiten - wie im Beschwerdefall - nicht unter "civil rights" iSd Art. 6 EMRK fallen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung hat die belangte Behörde durchgeführt. Zur Tribunalqualität der belangten Behörde iSd Art. 47 der Grundrechte-Charta (GRC), welche in Angelegenheiten der Umsatzsteuer zu beachten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2013, 2010/15/0196), ist zu bemerken, dass der EuGH den unabhängigen Finanzsenat regelmäßig als Gericht angesehen hat (vgl. etwa das Urteil vom 1. Dezember 2011 in der Rs. C-492/10 (Immobilien Linz GmbH & CO KG))
Soweit die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Bescheid des Finanzamtes - im Hinblick auf das von ihr zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2010, 2005/13/0145, und auf das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2013, 2011/16/0053, zu Recht - aufgehoben hat, wurde der Beschwerdeführer, der seine Beschwerde diesbezüglich nicht eingeschränkt hat, im geltend gemachten Recht nicht verletzt.
Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2012, 2011/16/0126).
Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat, als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wären (vgl. für viele das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2012).
Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (vgl. abermals das erwähnte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2012).
Der Beschwerdeführer trägt vor, im angefochtenen Bescheid sei festgestellt worden, dass er im Mai 2008 die Geschäftsführertätigkeit durch mündliche Erklärung (ein Schriftlichkeitserfordernis bestehe nicht) gegenüber den weiteren Geschäftsführern, Gesellschaftern und der Gesellschaft selbst zurückgelegt habe. Allein schon deshalb sei eine Haftungsinanspruchnahme für die Umsatzsteuer der Primärschuldnerin für die in Rede stehenden Monate ab Juni 2008 ausgeschlossen.
Damit entfernt sich der Beschwerdeführer von dem von der belangten Behörde festgestellten und vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Sachverhalt. Die belangte Behörde hat eben nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Geschäftsführertätigkeit zurückgelegt habe, sondern dass der Beschwerdeführer erst mit Gesellschafterbeschluss vom 30. März 2009 als Geschäftsführer abberufen worden sei.
Soweit der Beschwerdeführer geeignete Beitreibungsmaßnahmen des Finanzamtes vermisst, übersieht er, dass seine Pflichtverletzung darin bestanden hat, die in Rede stehende Selbstbemessungsabgaben (Umsatzsteuervorauszahlungen) zu den Fälligkeitszeitpunkten zu entrichten.
Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde in Ausführung der Verfahrensrüge das Unterlassen von Ermittlungen vor. Dabei vernachlässigt er die ihm in der oben angeführten Rechtsprechung auferlegte Beweislast. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe einen von ihm als Zeugen beantragten Steuerberater der Primärschuldnerin und den alleinvertretungsbefugten "letzten" Geschäftsführer der Primärschuldnerin zum "relevanten" Beweisthema nicht einvernommen, geht schon deshalb ins Leere, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, zu welchem konkreten Beweisthema die Zeugen beantragt worden wären, weshalb die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels nicht dargetan wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 18. März 2013
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