VwGH 2010/10/0141

VwGH2010/10/014121.3.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des D G in Salzburg, vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Markus Sittikus Straße 9/2/7, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. März 2010, Zl. 20305-B-3343/19-2010, betreffend Behindertenhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BehindertenG Slbg 1981 §18 Abs5;
BehindertenG Slbg 1981 §18 Abs6;
BehindertenG Slbg 1981 §4 Abs2;
BehindertenG Slbg 1981 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §52;
BehindertenG Slbg 1981 §18 Abs5;
BehindertenG Slbg 1981 §18 Abs6;
BehindertenG Slbg 1981 §4 Abs2;
BehindertenG Slbg 1981 §5 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 14. Mai 2008 wurde dem Beschwerdeführer in Stattgebung seines Antrages vom 16. März 2008 auf Bewilligung einer Hilfe nach dem Salzburger Behindertengesetz die Kostenübernahme für die Beschulung des Beschwerdeführers in der P-Schule, für den Hortbesuch an dieser Schule sowie für den Schultransport gewährt. Als Rechtsgrundlage wurden die §§ 1,2, 8 und 18 Salzburger Behindertengesetz 1981 (Sbg BehG) angeführt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des (durch seine Mutter vertretenen) Beschwerdeführers vom 28. April 2009 auf "Gewährung und Übernahme einer Integrationshelferin" abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der im Jahr 2001 geborene Beschwerdeführer sei laut sozialärztlichem Gutachten vom 29. Dezember 2009 im Sinne des § 3 lit a, h, und j SbgBehG behindert. Er erfülle - nach Befreiung vom Schulbesuch im Schuljahr 2008/2009 - seit Beginn des Schuljahres 2009/2010 die Schulpflicht durch den Besuch der P-Schule Salzburg, einer Behinderteneinrichtung im Sinne der §§ 12 und 13 SbgBehG. Die Beschulung erfolge in einer Kleinstgruppe von drei Kindern und sei im Einvernehmen mit der Mutter des Beschwerdeführers auf drei Stunden pro Tag begrenzt.

Nunmehr werde die Finanzierung einer zusätzlichen, ausschließlich für den Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden, Integrationshelferin bzw. Betreuungskraft (sogenannte "1:1 Betreuung") begehrt. Dies würde für den Beschwerdeführer naturgemäß die "optimalste" Lösung darstellen, was auch als Ergebnis der vom Sachverständigenteam durchgeführten Teamberatung zum Ausdruck komme. Die maßgeblichen Bestimmungen des SbgBehG würden aber keine "ideale" oder "optimale", sondern (lediglich) eine "angemessene" Hilfestellung erfordern. Faktum sei, dass sich die Möglichkeit und vor allem der Erfolg der Beschulung des Beschwerdeführers gerade auch ohne "1:1 Betreuung" innerhalb eines Jahres auch in einer Kleinstgruppe von drei Kindern deutlich verbessert habe. Konkrete Aussagen dahingehend, dass die aktuelle Beschulungsform des Beschwerdeführers in einer Kleinstgruppe nicht als angemessen zu beurteilen wären, seien auch dem vom Beschwerdeführer im Zuge des Parteiengehörs vorgelegten Schreiben des Sozialpädagogischen Zentrums des Landes Salzburg, Institut für Heilpädagogik, vom 5. Februar 2010 nicht zu entnehmen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Behindertengesetzes, LGBl. Nr. 93/1981 idF LGBl. Nr. 27/2007 (SbgBehG), lauten:

"Behindertenhilfe

§ 1

(1) Die Behindertenhilfe hat die Aufgabe, Personen die auf Grund ihres Leidens oder Gebrechens nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft zu einer selbständigen Lebensführung zu gelangen, nach Maßgabe dieses Gesetzes Hilfe angedeihen zu lassen.

(2) Die Behindertenhilfe umfasst die Eingliederungshilfe und die besonderen sozialen Dienste für Behinderte.

§ 2

Allgemeines

(1) Behinderte im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die infolge ihres Leidens oder Gebrechens (Behinderung) in ihrer Fähigkeit dauernd wesentlich beeinträchtigt sind, ein selbständiges Leben in der Gesellschaft zu führen, insbesondere eine angemessene Erziehung und Schulbildung oder Berufsausbildung zu erhalten oder eine ihnen auf Grund ihrer Schul- oder Berufsausbildung zumutbare Beschäftigung zu erlangen bzw. zu sichern.

(2) Voraussetzung für die Behindertenhilfe ist, dass der Behinderte

  1. a) österreichischer Staatsbürger ist;
  2. b) im Lande Salzburg seinen Hauptwohnsitz oder bei Minderjährigen mangels eines solchen im Inland im Lande Salzburg seinen Aufenthalt hat;

    c) auf Grund anderer Rechtsvorschriften - ausgenommen die Vorschriften über die Sozialhilfe - keine Möglichkeit besitzt, gleiche oder ähnliche Leistungen zu erlangen.

    Behinderung

    § 3

    Als Behinderung im Sinne dieses Gesetzes gelten

    a) Fehlformen oder Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungsapparates;

    h) Funktionsstörungen des Sehorgans;

    j) psychische Krankheiten, Schwachsinn, Anfallskrankheiten und Süchte.

    Zweck der Eingliederunghilfe

    § 4

(1) Zweck der Eingliederungshilfe ist es, den Behinderten durch die im § 5 angeführten Maßnahmen zu befähigen, in die Gesellschaft eingegliedert zu werden oder seine Stellung in der Gesellschaft zu erleichtern und zu festigen.

(2) Auf die Eingliederungshilfe besteht ein Rechtsanspruch. Maßnahmen der Eingliederungshilfe

§ 5

(1) Im Rahmen der Eingliederungshilfe können nach den Erfordernissen des einzelnen Falles gewährt werden:

c) Hilfe zur Erziehung und Schulbildung (§ 8);

(2) Auf eine bestimmte Maßnahme oder Art der Eingliederungshilfe besteht kein Rechtsanspruch.

Hilfe zur Erziehung und Schulbildung

§ 8

(1) Die Hilfe zu einer angemessenen Erziehung und Schulbildung umfasst die Tragung der durch die Behinderung bedingten Mehrkosten für alle jene Maßnahmen, die notwendig sind, um den Behinderten in die Lage zu versetzen, eine der Behinderung angemessene Erziehung in Verbindung mit einer Schulbildung in Pflichtschulen oder außerhalb einer solchen zu erlangen.

Einrichtungen der Eingliederungshilfe

§ 12

(1) Für die Eingliederungshilfe dürfen, soweit im Abs 3 nicht anderes bestimmt ist, nur Einrichtungen in Anspruch genommen werden, mit deren Rechtsträger das Land einen privatrechtlichen Vertrag insbesondere über die Aufgabenstellungen und die dabei zu erbringenden Leistungen, die Aufnahmekriterien und Einweisungsrechte, die sachlichen, personellen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sowie über die sich nach § 13 ergebenden Leistungsentgelte geschlossen hat. …

Verfahren

§ 18

(1) Eingliederungshilfe ist, sofern nicht anderes bestimmt ist, auf Antrag des Anspruchsberechtigten oder von Amts wegen zu leisten. Als Anspruchsberechtigter gilt der Behinderte, bei der Erprobung auf einem Arbeitsplatz (§ 9 Abs. 1 lit. b) sowie der geschützten Arbeit (§ 11) der Betriebsinhaber. Gegen den Willen eines Behinderten oder des gesetzlichen Vertreters kommt eine Hilfeleistung nicht in Betracht. Die Zuerkennung, Änderung und Einstellung der Eingliederungshilfe erfolgt durch Bescheid. Für bereits gesetzte Maßnahmen und vergangene Zeiträume kommt eine nachträgliche Hilfeleistung nicht in Betracht; dies gilt nicht für Leistungen, die nach der Antragstellung durch den Sozialhilfeträger auf Grund eines Bescheides erbracht wurden. Ändern sich die Voraussetzungen für die Hilfeleistung, so ist diese, sofern nicht besonderes bestimmt ist, den geänderten Gegebenheiten entsprechend neu festzusetzen. Dasselbe gilt, wenn nachträglich hervorkommt, dass die Voraussetzungen für die Hilfeleistung nicht in der ihr zugrundegelegten Weise gegeben waren.

(5) Die Entscheidung über die Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach § 5 ist auf Grund gutachtlicher Vorschläge von Sachverständigen zu treffen, die diese in Form der Teamarbeit nach Anhörung des Behinderten zu erstatten haben (Gesamtplan über die zu gewährenden Hilfeleistungen, deren Reihenfolge und Ablauf, Überwachungsmaßnahmen und Kontrolluntersuchungen sowie über die Beendigung der Hilfeleistung).

(6) Dem Sachverständigenteam (Abs. 5) haben der Amtsarzt oder ein Sozialarzt des Amtes der Landesregierung, möglichst jedoch beide, ein Vertreter der Bezirksverwaltungsbehörde sowie nach Bedarf weitere ärztliche Sachverständige, der für den Wohnsitz des Behinderten zuständige Sprengelarzt, Psychologen, Fürsorger, Berufsberater und Arbeitsvermittler anzugehören, die in der Behindertenbetreuung Erfahrung besitzen. Weiters kann ein Vertreter der mit den Aufgaben der Sozialhilfe betrauten Abteilung des Amtes der Landesregierung an den Teamberatungen teilnehmen.

…"

2. Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, die belangte Behörde habe es unterlassen, weitere ärztliche Sachverständige beizuziehen. Als inhaltliche Rechtswidrigkeit macht die Beschwerde geltend, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine - dem Gesetz entsprechende - "angemessene" Hilfeleistung zur Schulbildung insofern zu Unrecht verweigert habe, als eine Integrationshilfe notwendig sei, um den Beschwerdeführer auf Sonderschulniveau beschulbar zu machen.

3. Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Behinderte gemäß § 5 Abs. 2 SbgBehG - ungeachtet des Rechtsanspruchs auf Eingliederungshilfe gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. - keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Maßnahme oder Art der Eingliederungshilfe hat. Aus § 18 Abs. 5 und 6 SbgBehG ergibt sich vielmehr, dass die Entscheidung über die konkret zu gewährenden Maßnahmen der Eingliederungshilfe auf Grund eines gutacherlichen Vorschlages eines Sacherständigen-Teams, das auch den Behinderten anzuhören hat, zu treffen ist.

Daraus ist ersichtlich, dass die Entscheidung, welche Hilfeleistung im konkreten Fall nach Art und Ausmaß zu gewähren ist, der Behörde überlassen bleiben soll. Demgemäß kann der Behinderte einen Bescheid, mit dem ausschließlich eine bestimmte, konkret beantragte Maßnahme verweigert, der Anspruch auf Hilfeleistung aber nicht generell verneint wird, nicht wegen behaupteter Rechtswidrigkeit erfolgreich bekämpfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2010, Zl. 2010/10/0225; vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz auch das hg. Erkenntnis vom 18. April 2012, Zl. 2011/10/0034, mwN; sowie weiters zum Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2012, Zl. 2010/10/0095, mit Hinweis auf das zum Tiroler Rehabilitationsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/10/0131).

Im vorliegenden Fall wurde der Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Hilfeleistung (Eingliederungshilfe) gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 8 SbgBehG mit dem erwähnten Bescheid vom 15. Mai 2008 durch Übernahme der Kosten für die Beschulung des Beschwerdeführers in der P-Schule, der Hortkosten sowie der Kosten für den Schultransport grundsätzlich anerkannt und diese Hilfe auch tatsächlich geleistet.

Der Beschwerdeführer hat unstrittig das Schuljahr 2009/2010 im Rahmen der konkret erfolgten Betreuung in einer Kleinstgruppe von drei Kindern absolviert bzw. die Schulpflicht in diesem Zeitraum erfüllt; die Beschwerde tritt auch den Feststellungen, dass sich der Erfolg der Beschulung auch ohne zusätzliche "1:1- Betreuung" nach Ablauf dieses Jahres verbessert habe, nicht konkret entgegen.

Insofern vermag die - im Übrigen erstmals in der Beschwerde erhobene - Behauptung, wonach eine (zusätzliche) Integrationshilfe zur Beschulung des Beschwerdeführers erforderlich sei, keine Zweifel daran zu erwecken, dass bereits mit den durch Bescheid vom 14. Mai 2008 zuerkannten Hilfeleistungen eine "angemessene" Erziehung und Schulbildung des Beschwerdeführers im Sinne § 8 Abs. 1 SbgBehG gewährleistet wurde.

Der Beschwerdeführer ist somit durch die Nichtgewährung der von ihm angestrebten bestimmten Maßnahme der Eingliederungshilfe ("1:1-Betreuung") nicht in subjektiv öffentlichen Rechten verletzt.

Ausgehend vom Gesagten vermag auch die Rüge der unterlassenen Einholung von weiteren ärztlichen Sachverständigengutachtens die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen, weil ein relevanter Verfahrensfehler damit nicht aufgezeigt wird.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. März 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte