VwGH 2010/10/0095

VwGH2010/10/009523.1.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des HZ in Graz, vertreten durch Mag. Walter Choc, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 10/1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Mai 2009, Zl. GS5- SH-17590/003-2008, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
SHG NÖ 2000 §26 Abs1 Z6;
SHG NÖ 2000 §26 Abs2;
SHG NÖ 2000 §26 Abs3;
SHG NÖ 2000 §32;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
SHG NÖ 2000 §26 Abs1 Z6;
SHG NÖ 2000 §26 Abs2;
SHG NÖ 2000 §26 Abs3;
SHG NÖ 2000 §32;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem - nicht näher begründeten - Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Mai 2009 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 32 des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000 (NÖ SHG 2000) über seinen Antrag ab 14. Juli 2008 der Aufenthalt im Wohnhaus sowie ab 11. August 2008 der Aufenthalt in der Tageswerkstätte "des XY-Institutes für Menschen mit Sehbehinderung oder YZ GmbH" in Graz bis 30. Juni 2011 als Maßnahmen der Hilfe zur sozialen Eingliederung bewilligt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass folgende Kosten vorerst vom Land Niederösterreich übernommen würden:

  1. 1. für die Wohnbetreuung
  2. 2. EUR 79,27 täglich während des Zeitraumes 14. Juli 2008 bis 31. Mai 2009,
  3. 3. ab 1. Juni 2009 derzeit EUR 66,34 täglich;
  4. 4. für die Tagesbetreuung
  5. 5. EUR 122,46 täglich während des Zeitraumes 11. August 2008 bis 31. Mai 2009,
  6. 6. ab 1. Juni 2009 derzeit EUR 60,12 täglich;
  7. 7.

    Taschengeld

  8. 8. derzeit EUR 50,70 monatlich.

    Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 22. Februar 2010, B 756/09, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200-6, (NÖ SHG 2000) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 26

Maßnahmenkatalog

(1) Die Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen umfasst:

...

6. Hilfe zur sozialen Eingliederung

...

(2) Auf die Hilfen gemäß Abs. 1, ausgenommen Abs. 1 Z. 2, 5 und 8, besteht ein Rechtsanspruch. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Maßnahme oder eine Einrichtung. Nach den Erfordernissen des Einzelfalles ist die Maßnahme auszuwählen. Hilfen gemäß Abs. 1 Z. 1, 3, 4, 6 und 7 sind nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Einrichtungen zu gewähren.

(3) Die Grundlage der Entscheidung für die Leistung und Auswahl der Hilfsmaßnahmen bildet ein Sachverständigengutachten eines Arztes oder die Stellungnahme eines Diplomsozialarbeiters. Erforderlichenfalls sind zur ganzheitlichen Beurteilung der Situation auch Personen aus anderen Bereichen, beispielsweise der Heil- und Sonderpädagogik, der Psychologie oder der Pflege, beizuziehen.

...

§ 32

Hilfe zur sozialen Eingliederung

(1) Die Hilfe zur sozialen Eingliederung umfasst alle Maßnahmen, die geeignet sind, Menschen mit besonderen Bedürfnissen in die Lage zu versetzen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und zu erhalten, um die in den unabänderlichen Lebensverhältnissen gelegenen Schwierigkeiten zu mildern und ihnen ein erfülltes Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.

(2) Die Maßnahme besteht in der aktivierenden Betreuung und Unterbringung in teilstationären und stationären Einrichtungen. Sie umfasst auch Geldleistungen nach § 10 Abs. 2 Z. 3 sowie Fahrtkosten im Sinne des § 27 Abs. 3.

(3) Die Hilfe zur sozialen Eingliederung ist nur solange zu gewähren, als eine Verbesserung und Erhaltung der selbstständigen Alltags- und Lebensgestaltung des Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu erwarten ist."

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den angefochtenen Bescheid lediglich insoweit, als er ausspricht, dass für die Wohnbetreuung ab 1. Juni 2009 nicht mehr täglich EUR 79,27, sondern nur mehr täglich EUR 66,34 aus Sozialhilfemitteln übernommen werden. Die nicht nachvollziehbare "Herabstufung" der Kostenübernahme sei nicht gerechtfertigt, zumal sich weder der Grad der Behinderung, noch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers geändert habe. Auch sein Betreuungsaufwand habe sich nicht geändert, die "Herabstufung" sei willkürlich. Auch der im Verfahren erstellte "Erhebungs- und Einschätzungsbogen" biete keinen Grund für eine Verringerung der vom Land Niederösterreich für die Wohnbetreuung ab 1. Juni 2009 zu übernehmenden Kosten. Schließlich stützten sich die zu erbringenden Leistungen auch nicht auf die Richtsatzverordnung, LGBl. 9200/1-9.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Gemäß § 26 Abs. 2 NÖ SHG 2000 hat eine Person mit besonderen Bedürfnissen - ungeachtet eines Anspruches auf Hilfe zur sozialen Eingliederung - keinen Anspruch auf die Gewährung einer bestimmten Maßnahme. Vielmehr hat die Behörde - nach Einholung des Gutachtens eines Arztes bzw. der Stellungnahme eines Diplomsozialarbeiters - nach den Erfordernissen des Einzelfalles die zu gewährende Maßnahme auszuwählen. Welche Maßnahme daher konkret, d.h. im einzelnen Fall nach Art und Ausmaß zu gewähren ist, ist der Behörde überlassen.

Hat die Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zur sozialen Eingliederung bejaht, so kann die Person mit besonderen Bedürfnissen mangels eines Rechtsanspruches die konkrete Festlegung der Maßnahme sowie deren gewährtes Ausmaß, jedenfalls sofern darin nicht der Sache nach eine Abweisung des Antrages auf Gewährung von Hilfe zur sozialen Eingliederung zu erblicken ist, nicht wegen behaupteter Rechtswidrigkeit erfolgreich bekämpfen (siehe das zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2009, Zl. 2008/10/0131, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen "durch Aufnahme in die Tageswerkstätte in Graz und 'teilzeitbetreutes Wohnen'" beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diesem Antrag - wie dargelegt - entsprochen. Betreffend das Ausmaß der Wohnbetreuung wurden, offenbar der Stellungnahme einer Diplomsozialarbeiterin folgend, es sei zwar eine umfassende Unterstützung des Beschwerdeführers notwendig, mit einer Reduzierung des Betreuungsaufwandes sei jedoch nach einer Eingewöhnungsphase zu rechnen und dann ein reduzierter Tagsatz möglich, zunächst Kosten der Wohnbetreuung in der Höhe von EUR 79,27 täglich und ab 1. Juni 2009 in der Höhe von EUR 66,34 täglich gewährt.

Dass in der Zuerkennung des "reduzierten Tagsatzes" ab 1. Juni 2009 der Sache nach eine Abweisung des Anspruches des Beschwerdeführers auf Hilfe zur sozialen Eingliederung läge, ist nicht ersichtlich. Dies wird auch in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet. Dadurch, dass der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer ein bestimmtes, seines Erachtens zu geringes Ausmaß an Wohnbetreuung gewährte, wurde dieser nach den obigen Ausführungen im Hinblick auf § 26 Abs. 2 NÖ SHG 2000 aber nicht in Rechten verletzt.

Wurde dem Beschwerdeführer solcherart Hilfe zur sozialen Eingliederung im Rahmen seines diesbezüglichen Anspruches antragsgemäß gewährt, so war die belangte Behörde gemäß § 58 Abs. 2 AVG allerdings auch ermächtigt, von einer Begründung des Bescheides abzusehen, ohne diesen dadurch mit Rechtswidrigkeit zu belasten.

Was schließlich den Beschwerdevorwurf anlangt, die zu erbringenden Leistungen stützten sich nicht auf die Richtsatzverordnung, übersieht der Beschwerdeführer, dass es beim Verweis in § 32 Abs. 2 NÖ SHG 2000 um den Beitrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse hilfebedürftiger Menschen geht, die Sozialhilfe in stationären Einrichtungen erhalten, dem Beschwerdeführer das damit angesprochene Taschengeld mit dem angefochtenen Bescheid aber ohnedies zuerkannt wurde.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. Jänner 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte