VwGH 2010/05/0210

VwGH2010/05/021026.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und den Senatspräsidenten Dr. Waldstätten sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des C H und 2. des Ing. H G, beide in S und vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 15. September 2010, Zl. BMWFJ-551.600/0004-IV/1/2010, betreffend eine Windkraftanlage (mitbeteiligte Partei: A W Errichtungs- und Betriebs-AG in Wien, vertreten durch Dr. Reinhard Schanda, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stallburggasse 4), zu Recht erkannt:

Normen

Angelegenheit des Elektrizitätswesens Zuständigkeit BMHV 1926 §2 Abs2;
Angelegenheit des Elektrizitätswesens Zuständigkeit BMHV 1926 §3;
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §64;
AVG §66;
AVG §8;
B-VG Art12 Abs3;
B-VG Art144 Abs1;
ElektrizitätswesenG NÖ 2005 §10 Abs1 Z3;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2001 §40 Abs3;
Angelegenheit des Elektrizitätswesens Zuständigkeit BMHV 1926 §2 Abs2;
Angelegenheit des Elektrizitätswesens Zuständigkeit BMHV 1926 §3;
AVG §37;
AVG §42 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §64;
AVG §66;
AVG §8;
B-VG Art12 Abs3;
B-VG Art144 Abs1;
ElektrizitätswesenG NÖ 2005 §10 Abs1 Z3;
ElektrizitätswirtschaftsG Wr 2001 §40 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In dem in der Sache ergangenen Vorerkenntnis vom 24. November 2008, Zl. 2005/05/0355, ist der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Mit Eingabe vom 10. Juni 2002 beantragte die mitbeteiligte Partei unter Vorlage von Projektunterlagen die Erteilung der elektrizitätsrechtlichen Bewilligung für den Bau und den Betrieb von drei Windenergieanlagen im Gemeindegebiet E, in unmittelbarer Nähe des Gemeindegebietes P.

Mit Ladung vom 8. November 2002 beraumte die Niederösterreichische Landesregierung über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung für den 28. November 2002 an. Zu dieser Verhandlung wurden die Beschwerdeführer, deren Grundstücke nicht an die zu bebauenden Grundstücke angrenzen, nicht geladen. Am 19. Februar 2003 wurde vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eine weitere Verhandlung für den 12. März 2003 ausgeschrieben. Zu dieser Verhandlung wurden neben den Parteien und den bekannten Beteiligten des Verfahrens Amtssachverständige geladen; die Ladung wurde an das Gemeindeamt der Gemeinde E und an das Gemeindeamt der Gemeinde P zum Anschlag der öffentlichen Bekanntmachung übermittelt. Der Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes P erfolgte vom 5. März 2003 bis 12. März 2003. Die Ladung enthielt neben dem Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Projektunterlagen eine Belehrung über den allfälligen Verlust der Parteistellung. An der Verhandlung vom 12. März 2003 nahm keiner der Beschwerdeführer teil.

Mit Bescheid vom 18. März 2003 erteilte die Niederösterreichische Landesregierung der mitbeteiligten Partei die beantragte Bewilligung. Dieser Bescheid wurde u.a. einigen Nachbarn, die Einwendungen erhoben hatten, am 21. März 2003 zugestellt. An die Beschwerdeführer, die am Verfahren nicht teilgenommen hatten, erfolgte keine Zustellung.

Mit Schreiben vom 9. September 2003 übermittelte Mag. G.G. dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung folgenden "Einspruch", der am 10. September 2003 bei der Behörde einlangte:

"Im Namen aller Unterzeichnenden erhebe ich, …, Einspruch gegen die von Ihnen erteilte Errichtungs- und Betriebsgenehmigung nach dem NÖ Elekritzitätsgesetz 2001 (NÖ ElWG 2001).

Wir als Nachbarn, gemäß § 9 von der (Mitbeteiligten), errichtenden Windkraftanlagen der Type Nordex N 62 auf den Grundstücken Nr. … erheben den Anspruch auf unser Recht einer Parteienstellung gemäß § 7 und § 8.

Wir wurden über die gegenständliche Verhandlung nur unzureichend informiert (§ 11 Abs. 1 Zeile 2 und 3). Telefonische Auskünfte über gegenständliches Projekt wurden verweigert.

Der schriftliche Aushang an der Amtstafel belief sich maximal auf 8 Tage (04.03.2002 - 11.03.2002).

Auf Grund dieser Tatsache fordern wir, die Unterzeichnenden eine Wiederaufnahme der mündlichen Verhandlung um unsere Parteienstellung laut NÖ Landesrecht gewahrt zu wissen.

Bis dahin fordern wir die Anweisung eines sofortigen Baustopps sowie der Untersagung jeglicher Inbetriebnahme dieses Projekts durch die NÖ Landesregierung."

Der Eingabe war eine Unterschriftenliste angefügt, auf der 96 Unterschriften aufscheinen, darunter unter Nr. 52 der Erstbeschwerdeführer und unter Nr. 64 der Zweitbeschwerdeführer.

Aufgrund einer entsprechenden Aufforderung durch die Niederösterreichische Landesregierung führte Mag. G.G., die sich auch als Vertreterin der Beschwerdeführer deklarierte, in einer Eingabe vom 30. September 2003 u.a. aus, dass die Grundvoraussetzungen für die mündliche Verhandlung am 12. März 2003 nicht gegeben gewesen seien, zusammenfassend richte sich der Einspruch in erster Linie dagegen, dass den Einschreitern durch die unzureichende Benachrichtigung (Aushang vom 3. März 2003 bis 11. März 2003) die Möglichkeit genommen worden sei, an der Verhandlung teilzunehmen und dort den begründeten Einspruch zu Protokoll zu geben. Weiters wurden Sacheinwendungen betreffend Immissionen erhoben.

Mit Bescheid vom 11. November 2003 gab die Niederösterreichische Landesregierung dem Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung am 12. März 2003 nicht Folge. Dieser Bescheid erging ausschließlich an Mag. G.G. sowie an die mitbeteiligte Partei.

Gegen diesen Bescheid erhoben Mag. G. G. und die beiden Beschwerdeführer am 26. November 2003 einen Devolutionsantrag gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG an die belangte Behörde. (Anmerkung:

Der Devolutionsantrag richtet sich, wie auf dessen Seite 8 eindeutig formuliert, nicht nur gegen den Bescheid vom 11. November 2003, betreffend die Wiedereinsetzung, sondern auch gegen die hier ergangene Bewilligung mit Bescheid vom 18. März 2003).

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2005, der den Anfechtungsgegenstand des Vorerkenntnisses bildete, hat die belangte Behörde unter Spruchpunkt 1 dem Wiedereinsetzungsantrag der Mag. G.G. nicht Folge gegeben und unter Spruchpunkt 2 den Devolutionsantrag der nunmehrigen Beschwerdeführer mangels Parteistellung im gegenständlichen Verfahren als unzulässig zurückgewiesen.

Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Die belangte Behörde habe unberücksichtigt gelassen, dass § 42 Abs. 1 AVG für den Eintritt der Präklusion eine "doppelte" Kundmachung der mündlichen Verhandlung voraussetze. Eine dieser Formen allein (fallbezogen die Kundmachung durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel) genüge nicht. Da die Beschwerdeführer nach der Aktenlage auch nicht rechtzeitig eine persönliche Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten hätten, habe sich die im § 42 Abs. 1 AVG genannte Rechtsfolge (Verlust der Parteistellung) nicht auf sie erstreckt. Das Schreiben vom 9. September 2003 sei nicht bloß als Wiedereinsetzungsantrag iSd § 71 AVG zu deuten. Vielmehr stellten dieses Schreiben und das Schreiben vom 30. September 2003 (auch unter Berücksichtigung des ausdrücklich gestellten Devolutionsantrags) eine Berufung gegen die erteilte elektrizitätsrechtliche Bewilligung für den Bau und den Betrieb von drei Windenergieanlagen seitens übergangener Parteien dar. Bei der gegebenen Konstellation hätte die belangte Behörde den von der Erstbehörde erlassenen Bescheid über die Wiedereinsetzung aufzuheben und über die von allen beschwerdeführenden Parteien (des Vorverfahrens) erhobene Berufung zu entscheiden gehabt.

Die Beschwerdeführer ergänzten ihren Devolutionsantrag mit Schriftsatz vom 12. Mai 2009, in dem sie auf besondere Gefahrenmomente durch die gegenständliche Windkraftanlage hinwiesen. Weiters verwiesen die Beschwerdeführer ausdrücklich auf ihren Devolutionsantrag vom 26. November 2003 und eine Ergänzung vom 25. März 2004. Sie beantragten, den Betrieb der Anlage ab sofort zu untersagen, bis feststehe, dass die Untersagungsgründe nicht mehr vorlägen; sie hielten ihren Antrag auf Untersagung bzw. Nichtgenehmigung der gegenständlichen Windkraftanlage aufrecht.

In der Folge erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 5. Juni 2009, mit welchem (Spruchteil 1) die Anträge der Beschwerdeführer und der Mag. G.G. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung vom 12. März 2003 abgewiesen wurden und (Spruchteil 2) festgestellt wurde, dass gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. November 2003 (betreffend die Wiedereinsetzung) außer Kraft getreten sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das gegen den Bewilligungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. März 2003 eingebrachte Verlangen gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG, erhoben mit Schriftsatz vom 12. Mai 2009, auf Übergang der Zuständigkeit an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, zurück.

In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Vorerkenntnis, wonach das Schreiben vom 9. September 2003 vor dem Hintergrund des Schreibens vom 30. September 2003 als "Berufung" seitens übergangener Parteien anzusehen sei. Daher habe der Bewilligungsbescheid vom 18. März 2003 für die Beschwerdeführer keine Rechtswirkung entfaltet, da für diese Beschwerdeführer noch kein Verfahren eingeleitet und durchgeführt worden sei und die Beschwerdeführer noch keine Möglichkeit gehabt hätten, begründete Einwendungen zur Manifestation ihrer Parteistellung zu erheben. Ihnen gegenüber sei der Windpark als nicht genehmigte Anlage anzusehen und zu behandeln, weshalb die Niederösterreichische Landesregierung verbunden sei, diesem Antrag seitens übergangener Parteien zu entsprechen und das erstinstanzliche Verfahren auf Landesebene einzuleiten und durchzuführen.

Selbst unter der fiktiven Annahme, dass das ergänzende Verlangen der Beschwerdeführer vom 12. Mai 2009 für sich ein neuerliches Verlangen auf Übergang der Zuständigkeit gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG darstellen könnte, wäre für die Devolutionswerber nichts zu gewinnen, weil ihnen gegenüber noch keine Entscheidung der Landesregierung ergangen sei bzw. noch nicht einmal das Verfahren eingeleitet worden sei. Die Voraussetzung zur Einbringung eines Verlangens gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG auf Übergang der Zuständigkeit an den Bundesminister sei nicht gegeben. Die in diesen Schriftsätzen enthaltenen Vorbringen seien nach Einleitung eines Verfahrens für übergangene Parteien bei der Niederösterreichischen Landesregierung einzubringen. Der Antrag vom 12. Mai 2009 sei deshalb zurückzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge den bekämpften Bescheid zur Gänze wegen rechtlicher Unrichtigkeit "beheben" und der belangten Behörde auftragen, über die als Devolutionsantrag anzusehenden Eingaben der Beschwerdeführer vom 9. September 2003 und die Folgeeingaben gegen den Bewilligungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. März 2003 inhaltlich zu entscheiden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass sich seit dem Beurteilungszeitpunkt des Vorerkenntnisses die Rechtslage insofern geändert hat, als inzwischen das NÖ Elektrizitätswesengesetz 2005, 7800-0, ausgegeben am 30. November 2005, in Kraft getreten ist, welches keine Übergangsbestimmung für laufende Verfahren enthält. Die im Vorerkenntnis herangezogenen Bestimmungen des NÖ Elektrizitätswesengesetzes 2001 blieben jedoch, verglichen mit der im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides geltenden Fassung LGBl. 7800-2 (ElWG 2005), unverändert. Auch nach § 9 ElWG 2005 sind Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Erzeugungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.

Nach § 10 Abs. 1 leg. cit. haben in Verfahren gemäß den §§ 7 und 8 leg. cit. Parteistellung:

  1. "1. der Genehmigungswerber,
  2. 2. …,
  3. 3. die Nachbarn (§ 9) hinsichtlich des Schutzes der gemäß § 11 Abs. 1 Z. 2 und 3 wahrzunehmenden Interessen,
  4. 4. …,
  5. 5. … ."

    Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung verlieren die in Abs. 1 Z. 2 bis 5 genannten Personen ihre Parteistellung, wenn sie nicht fristgerecht begründete Einwendungen erheben.

Nach § 11 Abs. 1 ElWG 2005 (wie auch ElWG 2001) sind

Erzeugungsanlagen entsprechend dem Stand der Technik so zu

errichten, zu ändern und zu betreiben, dass durch die Errichtung

und den Betrieb der Anlage oder durch die Lagerung von

Betriebsmitteln oder Rückständen und dergleichen

1. ...,

2. das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn oder das

Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn nicht

gefährdet werden,

3. Nachbarn durch Lärm, Geruch, Erschütterung,

Wärmeschwingungen, Blendung oder in anderer Weise nicht unzumutbar

belästigt werden,

... .

Im Vorerkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof - mit der Wirkung des § 63 Abs. 1 VwGG, die nicht nur für die belangte Behörde, sondern auch für den Verwaltungsgerichtshof selbst besteht - ausgesprochen, dass sich die in § 42 Abs. 1 AVG genannte Rechtsfolge des Verlustes der Parteistellung nicht auf die Beschwerdeführer erstreckt hat; er hat die Beschwerdeführer ausdrücklich als "übergangene Parteien" im Verfahren zur Erteilung der elektrizitätsrechtlichen Bewilligung für die gegenständliche Anlage (Bescheid vom 18. März 2003) bezeichnet.

Dieser Bescheid erging im Mehrparteienverfahren, wurde jedenfalls der Projektwerberin zugestellt und ist somit "erlassen". Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, dass die übergangene Partei gegen einen solchen Bescheid berufen kann, auch wenn er ihr nicht förmlich zugestellt wurde (siehe beispielsweise die Nachweise bei Hengstschläger, Die übergangene Partei, in Oberndorfer/Schambeck, Festschrift Fröhler, 253 f.; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 97 f.). Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur stets darauf abgestellt, dass die übergangene Partei in der Berufung nicht nur darauf beschränken darf das Unterbleiben der Ladung zu rügen, sondern auch konkrete Einwendungen erheben muss (hg. Erkenntnis vom 16. März 1993, Zl. 93/05/0043, mwN).

Für den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass sowohl in der Eingabe vom 30. September 2003 als auch im Devolutionsantrag vom 26. November 2003 Sacheinwendungen erhoben wurden.

Zu untersuchen ist nun, ob das über die Berufung Gesagte auch bei einem Devolutionsantrag im Sinne des Art. 12 Abs. 3 B-VG Anwendung findet.

Art. 12 Abs. 3 B-VG hat folgenden Wortlaut:

"(3) Wenn und insoweit in den Angelegenheiten des Elektrizitätswesens die Bescheide der Landesinstanzen voneinander abweichen oder die Landesregierung als einzige Landesinstanz zuständig war, geht die Zuständigkeit in einer solchen Angelegenheit, wenn es eine Partei innerhalb der bundesgesetzlich festzusetzenden Frist verlangt, an das sachlich zuständige Bundesministerium über. Sobald dieses entschieden hat, treten die bisher gefällten Bescheide der Landesbehörden außer Kraft."

Bei seinem Vergleich der aufschiebenden Wirkung nach § 64 AVG mit jener der diesbezüglichen Regelung für den Devolutionsantrag nach Art. 12 Abs. 3 B-VG (§ 3 BG, BGBl. Nr. 62/1926) hat es Mayer, Rechtliche Aspekte landesübergreifender Stromversorgung, 24 f, unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 4.671 als "gewiss" festgehalten, dass beide rechtlichen Instrumente nach Zweck und Ergebnis in die gleiche Richtung zielen; auch der Devolutionsantrag nach Art. 12 Abs. 3 B-VG ziele - wie eine Berufung nach dem AVG - auf eine neue Sachentscheidung. Insofern sei auch zutreffend, dass sich ein Devolutionsantrag nach Zweck und Ergebnis nicht von einem ordentlichen Rechtsmittel unterscheidet.

Dafür spricht auch, dass der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung in der durch Art. 12 Abs. 3 B-VG geschaffenen Rechtsschutzeinrichtung einen Instanzenzug im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG erblickt (VfSlg. 13.865). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Beschluss eines verstärkten Senates vom 28. Juni 1994, VwSlg. 14.085 A, dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Im hg. Erkenntnis vom 16. November 2010, Zl. 2009/05/0238, wurde wörtlich wie folgt ausgeführt:

"Die auf Grund einer Anrufung des sachlich zuständigen Bundesministeriums gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG ergehende Entscheidung bewirkt eine an die Stelle des Bescheides der Landesinstanz tretende Entscheidung der Ministerialinstanz, da der Bescheid der Landesbehörde zufolge Art. 12 Abs. 3 B-VG außer Kraft tritt, sobald 'das sachlich zuständige Bundesministerium' entschieden hat. Im Ergebnis hat demnach der Bescheid des Bundesministers insofern dieselbe rechtliche Wirkung wie eine Berufungsentscheidung, als der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgeht und diese, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist. Auch ist der Zweck eines Devolutionsantrages einer Partei gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG und der eines ordentlichen Rechtsmittels der gleiche, nämlich eine Änderung der Entscheidung der Landesregierung zu erreichen. Das Verfahren vor der belangten Behörde infolge des Antrages nach Art. 12 Abs. 3 B-VG ist daher in allen entscheidenden Punkten einem Berufungsverfahren und der Entscheidungsspielraum der belangten Behörde demjenigen einer Berufungsbehörde vergleichbar

(...)."

Ausgehend vom Zweck eines Devolutionsantrages, eine Änderung der Entscheidung der Landesregierung zu erreichen, macht es aber keinen Unterschied, ob dieser Antrag von einer von vornherein am Verfahren beteiligten oder von einer Partei kommt, deren Beteiligung durch Missachtung des § 42 Abs. 1 AVG verhindert wurde. So wie die übergangene Partei in anderen Verfahren einen erlassenen Bescheid mit Berufung bekämpfen kann, kann sie auch in einer Angelegenheit des Elektrizitätswesens mit dem dafür vorgesehenen Devolutionsantrag vorgehen. Damit wird der sachlich zuständige Bundesminister zur Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag berufen.

Die belangte Behörde vermag auch keine stichhaltigen Gründe dafür anzuführen, warum anders als bei der Berufung eines übergangenen Nachbarn beim hier gegenständlichen Devolutionsantrag die Zuständigkeit auf die "Erstinstanz", also die Landesebene, zurückfallen soll. Keineswegs sind, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint, die in den Schriftsätzen der Beschwerdeführer vom 26. November 2003 und 25. März 2004 enthaltenen Verlangen bereits abschließend behandelt, weil, wie im Sachverhalt dargestellt, der Schriftsatz vom 26. November 2003 sich ausdrücklich auch auf den Bewilligungsbescheid vom 18. März 2003 bezogen hat. Zwar wird im Spruch des angefochtenen Bescheides nur ein "Verlangen vom 12. Mai 2009" genannt, die Begründung erfasst aber sehr wohl auch den Devolutionsantrag vom 26. November 2003, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich die belangte Behörde bezüglich des letztgenannten Antrages eine gesonderte Entscheidung vorbehalten hätte, sondern wurde mit dem angefochtenen Bescheid auch über den Devolutionsantrag vom 26. November 2003 abgesprochen.

Es geht hier auch nicht darum, ob eine Entscheidung der Landesregierung hinsichtlich der Beschwerdeführer ergangen ist bzw. ein Verfahren eingeleitet wurde, weil Zweck des Devolutionsantrages die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 18. März 2003 ist, wofür ausschließlich die Zuständigkeit des Bundesministers gegeben ist.

Da die belangte Behörde mit ihrer Verweigerung einer Sachentscheidung somit die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. Juni 2013

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