VwGH AW 2012/17/0026

VwGHAW 2012/17/002624.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der X Bank AG, vertreten durch W Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 4. April 2012, Zl. FMA-KI23 5451/0020-ABS/2012, betreffend Auftrag gemäß § 70 Abs. 4 Z. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 BWG, erhobenen und zur hg. Zl. 2012/17/0150 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BWG 1993 §5 Abs1 Z3;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
VwGG §30 Abs2;
BWG 1993 §5 Abs1 Z3;
BWG 1993 §70 Abs4 Z1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit ihrer zur hg. Zl. 2012/17/0150 protokollierten Beschwerde bekämpft die beschwerdeführende Partei den an sie unter Androhung einer Zwangsstrafe von EUR 20.000,-- ergangenen Auftrag, "den rechtmäßigen Zustand" längstens bis 30. Juni 2012 in der Form wiederherzustellen, dass die Personen, die eine qualifizierte Beteiligung am Kreditinstitut halten, den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Kreditinstituts zu stellenden Ansprüchen genügen, und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit dieser Personen ergeben.

Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die beschwerdeführende Partei begründet ihren Antrag mit dem Vorbringen, der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden keinen zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Von der belangten Behörde sei mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 lit. a BWG eine Regierungskommissärin für die beschwerdeführenden Partei bestellt worden. Diese Regierungskommissärin sei weiters von der FMA angewiesen worden, dafür Sorge zu tragen, dass "die neuen qualifizierten Miteigentümer" keinerlei Einfluss auf die Geschäfte der beschwerdeführenden Partei nehmen könnten. Zudem ruhten nach Ansicht der FMA ex lege die Stimmrechte jener Personen gemäß § 20 Abs. 4 BWG, die ohne entsprechende Anzeige eine qualifizierte Beteiligung an der beschwerdeführenden Partei erworben hätten. Letztendlich sei auf Antrag der FMA vom Handelsgericht Wien ein Treuhänder für die Ausübung der Stimmrechte der betroffenen drei Aktionäre der beschwerdeführenden Partei gemäß § 20 Abs. 6 BWG bestellt worden.

Das BWG sehe somit spezielle Maßnahmen vor, die auch von der FMA ergriffen worden seien, um einen etwaigen negativen Einfluss von Personen mit einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut bis zur Entscheidung der FMA über die Untersagung oder Nichtuntersagung des Erwerbs von Aktien hintanzuhalten. Diese Maßnahmen seien ausreichend und geeignet, dem öffentlichen Interesse Genüge zu tun. Vor diesem Hintergrund bestehe auch keine Gefahr, dass durch jene Personen, die eine qualifizierte Beteiligung an der beschwerdeführenden Partei hielten, ein wie auch immer gearteter negativer Einfluss auf bzw. Eingriff in die Geschäfte der beschwerdeführenden Partei möglich sei oder überhaupt drohe oder generell eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen erfolge.

Einen unverhältnismäßigen Nachteil erblickt die beschwerdeführende Partei in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darin, dass ein massiver Reputationsverlust für die beschwerdeführende Partei und damit ein unwiederbringlicher Schaden für diese entstehen könne. Darüber hinaus drohe auch der Vollzug der Zwangsstrafe in der Höhe von EUR 20.000,--.

Es sei überdies darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei nicht in der Lage sei, dem ihr auferlegten Auftrag Folge zu leisten; die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bis längstens 30. Juni 2012 würde nämlich erfordern, dass die beschwerdeführende Partei darauf Einfluss nehmen könne, wer an ihr generell eine Beteiligung halte. Eine derartige Einflussmöglichkeit sei jedoch schon infolge der rechtlichen Struktur der beschwerdeführenden Partei (einer Aktiengesellschaft) nicht vorhanden. Es könne nur jeder einzelne Aktionär für sich selbst entscheiden, ob er die Aktien veräußere oder nicht. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass die beschwerdeführende Partei nicht nur nicht fristgerecht sondern überhaupt nicht in der Lage sei, dem ihr erteilten Auftrag nachzukommen. Die beschwerdeführende Partei gehe deshalb davon aus, dass die belangte Behörde einen weiteren gleichlautenden Auftrag erteilen und zudem die mit dem gegenständlichen Bescheid angedrohte Zwangsstrafe vollziehen werde. Nach der in § 70 Abs. 4 BWG vorgegebenen gestuften Vorgangsweise hätte danach die FMA die Möglichkeit, der beschwerdeführenden Partei mittels Bescheid die Konzession zu entziehen. Dies bedeute aber den Entzug der Geschäftsgrundlage für die beschwerdeführende Partei, was gegebenenfalls sogar deren Auflösung bzw. Liquidation als Gesellschaft nach sich ziehen würde.

Da im Beschwerdefall der Nachteil, der der beschwerdeführenden Partei durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohe (so insbesondere der Konzessionsentzug) selbst im Fall eines Erfolges der Beschwerde nicht oder nur schwer rückgängig gemacht werden könne, hingegen vom Standpunkt der öffentlichen Interessen ein Zuwarten mit der Durchsetzung des normativen Gehalts des Bescheides zumutbar sei, sei jedenfalls der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG kommt den Beschwerden (an den Verwaltungsgerichtshof) eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 erster und zweiter Satz leg. cit. hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für eine Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

Es ist davon auszugehen, dass der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid einem "Vollzug" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich ist; er enthält Aufträge an die beschwerdeführende Partei, die diese zu einem bestimmten Handeln verpflichten. Insoweit ist der Bescheid nicht nur einer Umsetzung in die Wirklichkeit zugänglich, sondern eine solche auch rechtlich geboten. Die Wirkung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre der Wegfall der sich aus dem Bescheid ergebenden Handlungsverpflichtung (vgl. den hg. Beschluss vom 17. März 2010, Zl. AW 2010/17/0004 mit weiteren Nachweisen).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die für die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides sprechenden öffentlichen Interessen im Sinne der hg. Rechtsprechung als "zwingende" öffentliche Interessen anzusehen sind. Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird nämlich kein Nachteil für die beschwerdeführende Partei geltend gemacht, der im Rahmen der nach § 30 Abs. 2 VwGG erforderlichen Interessenabwägung den Ausschlag zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei geben würde. Auch wenn die Gefährdung der durch das Bankwesengesetz verfolgten Interessen als nicht so schwerwiegend zu qualifizieren wäre, dass die sofortige Vollziehung des angefochtenen Bescheides im zwingenden öffentlichen Interesse gelegen wäre, kommt der Aufrechterhaltung eines klaglos funktionierenden Bankwesens unter Einhaltung der Gesetze durch Kreditinstitute im Hinblick auf das Vertrauen der Marktteilnehmer in die ordnungsgemäße Abwicklung ihrer Geschäfte und das klaglose Funktionieren des Bankwesens eine solche Bedeutung zu, dass dies die Hintanhaltung von Unregelmäßigkeiten und möglichen Nachteilen für die Kunden grundsätzlich und unabhängig von der Größe und wirtschaftlichen Bedeutung der Kreditinstitute, mit denen die Kunden in Geschäftsverbindung stehen, jedenfalls als im besonderen öffentlichen Interesse stehend erkennen lässt. Dass sich aus derartigen Aufsichtsmaßnahmen regelmäßig Nachteile für die betroffenen Kreditinstitute ergeben, vermag demgegenüber noch nicht einen überwiegenden Nachteil des vom konkreten Auftrag betroffenen Kreditinstitutes nachzuweisen (vgl. wiederum den bereits zitierten hg. Beschluss vom 17. März 2010, Zl. AW 2010/17/0004 mit weiteren Nachweisen).

Insbesondere bedeutet das im Antrag hervorgehobene Risiko der Tragung der Kosten einer erst zu verhängenden Zwangsstrafe im Falle der Nichtbefolgung des Auftrags für sich allein keinen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG (vgl. den hg. Beschluss vom 2. April 2010, Zl. AW 2010/17/0015).

Auch soweit die beschwerdeführe Partei auf den ihr drohenden Reputationsverlust verweist, kann ihr nicht gefolgt werden. Die beschwerdeführende Partei befindet sich nämlich - wie sie selbst vorgebracht hat - unter der Aufsicht einer Regierungskommissärin. Desgleichen wurden weiter - oben näher dargelegte - Aufsichtsmaßnahmen hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit dem im vorliegenden Beschwerdefall zugrundeliegenden Sachverhalt ergriffen. Es ist daher nicht erkennbar, dass gerade der beschwerdegegenständliche Auftrag, dessen Vollzug durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zumindest vorläufig hintangehalten würde, das Image der beschwerdeführenden Partei unverhältnismäßig schädigen würde.

Soweit sich die beschwerdeführende Partei schließlich darauf beruft, dass sie dem erteilten Auftrag nicht (fristgerecht) nachkommen könnte, macht sie geltend, dass der angefochtene Bescheid zu Unrecht (an sie) ergangen sei. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof nach der ständigen Rechtsprechung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen; selbst die wahrscheinliche Rechtswidrigkeit des Bescheides wäre kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die hg. Beschlüsse vom 30. November 2011, Zl. 2011/04/0036, vom 24. Juni 2011, Zl. AW 2011/17/0024 und vom 6. Juli 2010, Zl. AW 2010/17/0027).

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 24. Mai 2012

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