VwGH 2012/12/0100

VwGH2012/12/01004.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und den Hofrat Dr. Zens sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, in der Beschwerdesache des RW in Z, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 51/II, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Zeltweg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. eines Antrages auf Auszahlung von Bezügen, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
B-VG Art132;
B-VG Art137;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
B-VG Art132;
B-VG Art137;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

In der Beschwerde wird der maßgebliche Sachverhalt im Wesentlichen wie folgt dargestellt:

"1.

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadtgemeinde Z. - Er hat im April 2010 eine Selbstanzeige wegen Verdachtes strafbarer Handlungen (im Wesentlichen geht es dabei um Verwendung von der Stadtgemeinde Z gebührender Gelder für den Eishockeyverein Z) erstattet.

Es ist darauf hinzuweisen, dass deswegen (im Übrigen auch den seinerzeitigen Bürgermeister der Stadtgemeinde Z und den Stadtamtsdirektor der Stadtgemeinde Z betreffende) Ermittlungen von der 'Korruptionsstaatsanwaltschaft' geführt werden und noch immer zu deren GZ 7 St 136/10g anhängig sind.

2.

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z hat am 07.04.2010 den Beschwerdeführer aufgrund des Verdachtes von schweren Verletzungen der Dienstpflicht gemäß § 111 Abs 3 des Steiermärkischen Gemeindebedienstetengesetzes vorläufig vom Dienst enthoben und Anzeige an die Disziplinarkommission erstattet.

Mit Beschluss der Disziplinarkommission bei der Bezirkshauptmannschaft J für öffentlich-rechtliche Gemeindebedienstete im Bezirk J vom 05.07.2010 wurde die gegen den Beschwerdeführer verfügte vorläufige Enthebung vom Dienst bestätigt. Mit Beschluss der Disziplinarkommission vom selben Tag wurde gegen den Beschuldigten die Disziplinaruntersuchung eingeleitet. Diese Beschlüsse sind rechtskräftig.

3.

Über einen entsprechenden Antrag der zuständigen Disziplinaranwältin fasste die Disziplinarkommission bei der Bezirkshauptmannschaft für öffentlich-rechtliche Gemeindebedienstete für den Bezirk J am 27.10.2010 den Beschluss auf Herabsetzung des für die Ruhegenussbemessung anrechenbaren Teiles des Monatsbezuges des Beschwerdeführers gemäß § 111 Abs 5 des Steiermärkischen Gemeindebedienstetengesetzes 1957 i.V.m. Abs 7 leg. cit. auf zwei Drittel. Dieser Beschluß ist rechtskräftig.

4.

Am 06.04.2010 wurde eine 'Niederschrift' mit dem Beschwerdeführer aufgenommen, in welcher festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer im Laufe der vergangenen Jahre der Stadtgemeinde Z aus diversen Darlehenszuzahlungen zustehende Beträge unerlaubt für den Eishockeyverein Z verwendet hat und dass sich die Gesamtsumme dieser Beträge auf etwa EUR 700.000,00 bis EUR 800.000,00 belaufen würde.

Weiters wurde in dieser 'Niederschrift' formuliert, dass sich der Beschwerdeführer dazu bereit erklären würde, den (angeblich von ihm verursachten) Schaden nach Möglichkeit auch wieder zur Gänze gutzumachen und dass er sich zu diesen Zwecke (unter anderem) bereit erklären würde 'seine gesamten Gehaltsansprüche gegenüber der Stadtgemeinde Z bis zur Grenze des gesetzlichen Existenzminimums an diese jetzt und unwiderruflich bis zur gänzlichen Schadenswiedergutmachung abzutreten'.

5.

Mit Wirkung bereits ab inklusive Mai 2010 (bis laufend) nimmt die Stadtgemeinde Z eine Bezugskürzung beim Beschwerdeführer vor. - Dies aber nicht nur um das auf Basis des (erst 5 Monate später ergangenen) vorgenannten Beschlusses der Disziplinarkommission vom 27.10.2010 gerechtfertigte Drittel, sondern darüber hinausgehend, nämlich bis auf das pfändungsrechtlich relevante Existenzminimum.

6.

Mit Schreiben an die Stadtgemeinde Z vom 04.11.2010 hat der Beschwerdeführer beantragt, die bis dahin zu Unrecht einbehaltenen Gehaltsansprüche auszubezahlen und in weiterer Folge seinen laufenden Bezug unter Berücksichtigung nur der Drittelkürzung wieder an ihn auszubezahlen.

Über diesen Antrag des Beschwerdeführers vom 04.11.2010 hat die belangte Behörde bis heute nicht entschieden.

In weiterer Folge haben auch

a) der vormals bevollmächtigte Rechtsanwalt des

Beschwerdeführers mit Eingabe, welche an die Stadtgemeinde Z

gerichtet war, vom 30.09.2010 und

b) der nunmehr bevollmächtigte Rechtsanwalt des

Beschwerdeführers mit Eingabe, welche an die Stadtgemeinde Z zuhanden des Bürgermeisters gerichtet war, vom 27.09.2011

die Auszahlung der zu Unrecht einbehaltenen Bezüge des Beschwerdeführers begehrt. - Auch über diese Anträge hat die belangte Behörde bis heute nicht entschieden.

..."

Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in Ansehung der von ihm erwähnten Anträge vom 4. November 2010, vom 30. September 2010 und vom 27. September 2011 geltend.

In der Sache geht er davon aus, dass die "Niederschrift", auf welche sich die Dienstgeberin berufe, schon mangels Teilnahme vertretungsbefugter Organe der Stadtgemeinde Z bzw. mangels Zustimmung zustimmungsberechtigter Organe derselben keine gültige Vereinbarung darstelle. Überdies liege auch auf Seiten des Beschwerdeführers lediglich die Bekundung einer Bereitschaft, nicht jedoch eine Willenserklärung vor. Schließlich würde das Zustandekommen einer Abtretungsvereinbarung an "Sittenwidrigkeit" scheitern. Auch das öffentliche Recht sehe keine gesetzliche Grundlage für eine Kürzung der Bezüge des Beschwerdeführers über das durch die Disziplinarkommission verfügte Ausmaß vor.

Die Eingaben des Beschwerdeführers vom 4. November 2010, vom 30. September 2010 und vom 27. September 2011 waren auf die Auszahlung seines Erachtens zu Unrecht einbehaltener Bezugsbestandteile gerichtet. Sie stellten sich daher als Liquidierungsbegehren in Ansehung dieser Bezugsbestandteile dar.

Die Erledigung von Liquidierungsbegehren fällt gemäß Art. 137 B-VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes, auch wenn dieses Liquidierungsbegehren zulässigerweise erst geltend gemacht werden kann, wenn über die Frage der Gebührlichkeit des ihm zu Grunde liegenden Anspruches mit Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde abgesprochen wurde. Über einen bloß auf Liquidierung gerichteten Antrag des Beamten selbst hat die Dienstbehörde grundsätzlich nicht bescheidförmig abzusprechen, es sei denn, der Beamte behauptet ausdrücklich die Zuständigkeit der Dienstbehörde zur bescheidförmigen Erledigung eines solchen Ansuchens. In diesem Fall ist das Liquidierungsbegehren des Beamten mangels Zuständigkeit mit Bescheid zurückzuweisen (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 9. Juni 2004, Zl. 2004/12/0006).

Vorliegendenfalls hat der Beschwerdeführer nach seinem Beschwerdevorbringen (Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den von ihm vorgelegten Urkunden) weder die Erlassung eines wie immer gearteten dienstrechtlichen Feststellungsbescheides begehrt, noch legt er dar, er habe ausdrücklich die Zuständigkeit der Dienstbehörde zur bescheidförmigen Erledigung seiner Auszahlungsbegehren behauptet (im Anwaltsschreiben vom 30. September 2010 wird für den Fall des Unterbleibens einer Auszahlung mit einer Klagsführung, in dem als Beilage I vorgelegten Schreiben des nunmehrigen Beschwerdevertreters mit der Einleitung der "in der gegebenen Situation vom Gesetz vorgezeigten Schritte" gedroht).

Eine Säumigkeit der belangten Behörde mit der Erlassung eines Bescheides liegt daher nicht vor.

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden derjenige erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Das Begehren nach Setzung eines tatsächlichen Vorganges allein begründet keine Verpflichtung der Behörde zu einer Sachentscheidung. Ein solches Verlangen löst daher auch keine Berechtigung zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Sinne des Art. 132 B-VG aus. Eine Säumnisbeschwerde mit der Behauptung, die belangte Behörde sei einem Verlangen nach Setzung eines tatsächlichen Vorganges nicht fristgerecht nachgekommen, erweist sich daher als nicht zulässig.

Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation, in welcher Grund und Höhe der Bezüge des Beschwerdeführers unstrittig sind und sich die Dienstgeberin offenbar ausschließlich auf Schuldtilgung durch Konfusion infolge einer ihres Erachtens wirksamen Zession dieser Bezugsbestandteile durch den Beschwerdeführer als Zedenten an die Gemeinde als Zessionar und Schuldner beruft (vgl. zur "rechtszerstörenden Wirkung der Konfusion" Klang in Klang VI, 534) einem Liquidierungsbegehren vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 137 B-VG überhaupt ein anderes Verfahren voranzugehen hätte (vgl. in diesem Zusammenhang zur Inanspruchnahme der eigenständigen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 137 B-VG über die Zulässigkeit bzw. Wirksamkeit einer behaupteten außergerichtlichen Kompensation öffentlich-rechtlicher Forderungen mit zivilrechtlichen Ansprüchen zu entscheiden die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1996, VfSlg. Nr. 14.618, bzw. vom 26. Juni 1968, VfSlg. Nr. 5732, welche sich beide nach Maßgabe der dort geschilderten Sachverhalte in Wahrheit auf außergerichtliche Aufrechnungserklärungen bezogen), sowie - bejahendenfalls - ob und inwieweit in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden dienstbehördliche Feststellungsverfahren überhaupt in Betracht kommen (vgl. in diesem Zusammenhang den hg. Beschluss vom 24. Jänner 1934, K 446/32 = VwSlg. aF Nr. 17.858/A, das hg. Erkenntnis vom 25. September 1973, Zl. 1621/1972 = VwSlg. Nr. 4.582/F und Herzog, Die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Ansprüche durch den zivilrechtlichen Erwerber in ÖVBl. 1936, S 79 ff, einerseits, sowie den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 25. Juni 1968, Zl. 4 Ob 530/68, und Just, Zur Frage der Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Ansprüche durch den zivilrechtlichen Erwerber in ÖVBl. 1936, S 134 ff, andererseits; vgl. schließlich auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 22. Februar 1999, VfSlg. Nr. 15.397, betreffend die Zurückweisung einer Klage gegen den Bund auf Auszahlung des Differenzbetrages zwischen Unterhaltsexistenzminimum und gepfändeten Ruhebezug eines unterhaltspflichtigen Bundesbeamten für die Dauer des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Unterhaltspflichtigen infolge Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte).

Schon aus den eingangs dargelegten Erwägungen war die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. September 2012

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