Normen
ABGB §1393
ABGB §1394
Forstrechtsbereinigungsgesetz, BGBl. Nr. 222/1962 §16 (2)
JN §1
ABGB §1393
ABGB §1394
Forstrechtsbereinigungsgesetz, BGBl. Nr. 222/1962 §16 (2)
JN §1
Spruch:
Ein dem öffentlichen Recht angehörender Anspruch wird durch den Gläubigerwechsel nicht zu einem privatrechtlichen. Die Verwaltungsbehörde hat auch über die Vorfrage zu entscheiden, ob eine Abtretung des öffentlich-rechtlichen Anspruches zulässig ist und stattgefunden hat.
Entscheidung vom 25. Juni 1968, 4 Ob 530/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Knittelfeld; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Die Klägerin behauptet, die Weggenossenschaft F. schulde ihr einen Betrag von 28.816 S. Der Beklagte schulde dieser Weggenossenschaft als deren Mitglied den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten für die Errichtung eines Weges im restlichen Betrag von 8360 S. Die Weggenossenschaft F. habe ihr diese Forderung am 15. November 1967 zediert. Sie begehrt ihre Berichtigung.
Der Beklagte wendet Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung ein, zur Feststellung der Forderung der Weggenossenschaft an ihn sei gemäß § 16 (2) des Forstrechtsbereinigungsgesetzes vom 12. Juli 1962, BGBl. Nr. 222, ausschließlich die Agrarbezirksbehörde Leoben zuständig. Eine derartige Feststeilung sei jedoch noch nicht getroffen worden. Das Verwaltungsverfahren hierüber sei noch anhängig.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung zurück, beim Anspruch der Weggenossenschaft F. gegen den Beklagten handle es sich um einen Anspruch öffentlichrechtlichen Charakters. Durch die behauptete Zession sei der Klägerin der Rechtsweg nicht eröffnet worden. Die Verwaltungsbehörde sei nach wie vor verpflichtet, dem säumigen Mitglied mit Bescheid den rückständigen Betrag vorzuschreiben.
Das Rekursgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Der Anspruch der Klägerin stütze sich auf eine Norm des bürgerlichen Rechts, nämlich auf § 1392 ABGB. Ob der Beklagte den Betrag tatsächlich schulde und damit die zedierte Forderung zu Recht bestehe, sei nur eine Vorfrage, die das Gericht selbst zu entscheiden habe, wenn noch kein Verwaltungsverfahren anhängig sei. Sei aber ein solches anhängig, könne das Erstgericht das Verfahren gemäß § 190 (1) ZPO. unterbrechen.
Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 16 (2) erster und dritter Satz des Forstrechtsbereinigungsgesetzes vom 12. Juli 1962, BGBl. Nr. 222, hat die Agrarbehörde rückständige Genossenschaftsbeiträge dem säumigen Genossenschaftsmitglied vorzuschreiben, also festzusetzen und zur Zahlung aufzutragen. Der Bescheid ist nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172/1950, vollstreckbar. Somit gehört die Festsetzung der Beitragspflicht des säumigen Mitgliedes dem öffentlichen Recht an. Daraus ergibt sich, daß der ursprüngliche Gläubiger, im vorliegenden Fall also die Weggenossenschaft F., ihre Forderung nicht im ordentlichen Rechtsweg, sondern nur im Verwaltungsweg durchsetzen könnte. Das Rekursgericht ist der Meinung, durch die Zession dieses öffentlich-rechtlichen Anspruchs an die Klägerin sei dieser zu einem privatrechtlichen Anspruch geworden, so daß hierüber vom ordentlichen Gericht entschieden werden könnte. Diese Ansicht ist aber nicht richtig, weil die Zession einer Forderung deren Charakter nicht verändert. § 1394 ABGB. bestimmt nämlich, daß die Rechte des Übernehmers mit den Rechten des Überträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung dieselben sind. Daraus folgt, daß die Zession nur die Wirkung hat, einen Wechsel in der Gläubigerstellung herbeizuführen (vgl. auch Judikat 63 neu = SZ. XXVIII 265, Abschnitt C). Ein an und für sich dem öffentlichen Recht angehörender Anspruch wird durch den Gläubigerwechsel nicht zu einem privatrechtlichen. Die Zession eines solchen Anspruches vermag die Zuständigkeit der Gerichte somit nicht auf Kosten der gesetzlich vorgesehenen Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde herbeizuführen (in diesem Sinne auch Ortner, Die Abtretung öffentlich-rechtlicher Ansprüche, ÖJZ. 1966 S. 199 f.). Diese Rechtsauffassung hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 12. Februar 1935, 1 Ob 535/34 = ImZ. 1935 Nr. 93, vertreten. Von ihr abzugehen besteht kein Anlaß.
Der Auffassung des Rekursgerichtes, der Bestand der zedierten Forderung sei bloß eine verwaltungsrechtliche Vorfrage, die zu lösen das Gericht nach § 190 (1) ZPO. berufen sei, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin begehrt nicht die Feststellung, daß die Forderung auf sie übergegangen sei, sondern die Leistung des vom Beklagten der Zedentin angeblich geschuldeten Betrages. Das Bestehen der Forderung dem Grund und der Höhe nach, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, kann daher nicht als Vorfrage angesehen werden. Bezieht sich die Abtretung auf ein im Rahmen des öffentlichen Rechtes geordnetes Rechtsverhältnis, muß vielmehr die Beurteilung der Zession als Vorfrage des Verwaltungsverfahrens angesehen werden (vgl. Just, Zur Frage der Geltendmachung öffentlichrechtlicher Ansprüche durch den zivilrechtlichen Erwerber ÖVBl. 1936, S. 134 ff.). Die Verwaltungsbehörde hat demnach auch darüber zu entscheiden, ob eine Abtretung des öffentlich-rechtlichen Anspruches überhaupt zulässig ist. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 12. Jänner 1962, Slg. NF. 2570 (F) und vom 7. Mai 1965, Slg. NF. 3273 (F) die Entscheidung über die Frage der Zulässigkeit der Abtretung öffentlich-rechtlicher Abgabeansprüche für sich in Anspruch genommen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 7. März 1951, SZ. XXIV 59, kann vom Rekursgericht nicht zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung herangezogen werden; dort handelte es sich um einen dem Privatrecht angehörenden zivilrechtlichen Verwendungsanspruch. Auch die vom Rekursgericht herangezogene Entscheidung vom 31. März 1926, SZ. VIII 97, steht den oben dargelegten Erwägungen ebenso wenig entgegen wie die Ausführungen Faschings in seinem Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, I S. 63, auf die sich die Klägerin in ihrem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß berufen hat. Die Entscheidung SZ. VIII 97 und Fasching gehen davon aus, daß der Anspruch auf ein privatrechtliches Anerkenntnis gestützt worden war. Im vorliegenden Fall aber liegt der Klage die bloße Abtretung eines Anspruches zu Gründe, dessen öffentlich-rechtlicher Charakter durch den Gläubigerwechsel allein nicht beseitigt werden kann. Somit liegt eine bürgerliche Rechtssache im Sinn des § 1 JN. nicht vor.
Dem Revisionsrekurs war demnach Berechtigung zuzuerkennen und der erstgerichtliche Beschluß wieder herzustellen.
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