Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
ZustG §17 Abs2 idF 2008/I/005;
ZustG §7 idF 2008/I/005;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwRallg;
ZustG §17 Abs2 idF 2008/I/005;
ZustG §7 idF 2008/I/005;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 wies die Bundespolizeidirektion Wien den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet aus. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 7. März 2008 Berufung. Mit Schreiben vom 19. März 2008 teilte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien dem Beschwerdeführer mit, dass die Berufung als verspätet angesehen werde, und räumte ihm Gelegenheit zur Stellungnahme ein.
Mit Schriftsatz vom 4. April 2008 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und führte unter einem die Berufung erneut aus.
Mit Bescheid vom 6. August 2008 hat die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) "abgelehnt".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 2008 gab die belangte Behörde zum einen der Berufung gegen den Bescheid vom 6. August 2008 betreffend die Wiedereinsetzung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid; zum anderen wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid vom 6. Februar 2008 betreffend die Ausweisung des Beschwerdeführers als verspätet zurück.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, dass der erstinstanzliche Ausweisungsbescheid nach dem "formell unbedenklichen Zustellnachweis" am 12. Februar 2008 durch Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung beim Postamt 1140 Wien rechtswirksam zugestellt worden sei. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer angegeben, die Hinterlegungsanzeige nicht in seinem Postfach, sondern am 3. März 2008 auf der Hausbrieffachanlage liegend vorgefunden zu haben, worauf er den Bescheid am 4. März 2008 behoben habe. Die zuständige Zustellerin habe bei ihrer Einvernahme am 6. Oktober 2008 angegeben, sie könne sich hinsichtlich des "Verständigungszettels" genau erinnern; dieser sei "hundertprozentig in die Hausbrieffachanlage (im richtigen Fach) eingelegt" worden. Der Beschwerdeführer habe das letzte Fach in der Hausbrieffachanlage, dieses Postfach sei auch laufend geleert worden. Weiters verwies die belangte Behörde auf den Bericht über eine am 17. Oktober 2008 durchgeführte Erhebung im Wohnhaus des Beschwerdeführers. Die zwei dabei angetroffenen Hausparteien hätten angegeben, sich an "keine Mängel oder Fehlzustellungen sowie an kein aufgebrochenes oder beschädigtes Postfach" erinnern zu können; die Hausbrieffachanlage sei in ordnungsgemäßem Zustand gewesen.
Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde weiter - vorgebracht, dass die Angaben der Zustellerin im Hinblick auf die verstrichene Zeitspanne zu relativieren seien. Außerdem habe es gerade in letzter Zeit Fehlzustellungen gegeben; so habe er etwa am 17. November 2008 einen an eine andere Hauspartei adressierten Brief in seinem Brieffach vorgefunden.
Die belangte Behörde erachtete die Ausführungen des Beschwerdeführers als nicht ausreichend, um damit erfolgreich den Gegenbeweis gegen den vorliegenden Zustellnachweis zu führen. Dem (nicht näher konkretisierten) Vorbringen des Beschwerdeführers, "das Zustellorgan müsse die Hinterlegungsanzeige wohl in ein nicht ihm zugehöriges Brieffach eingelegt haben und der Besitzer dieses Brieffaches habe sie dann erst am 03.03.2008 auf die Hausbrieffachanlage gelegt", stehe die Aussage des Zustellorgans entgegen, "die Hinterlegungsanzeige hundertprozentig in das richtige Brieffach eingelegt zu haben". Dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe "gerade in letzter Zeit, so am 17.11.2008" Fehlzustellungen gegeben, hielt die belangte Behörde entgegen, dass aus allfälligen Fehlzustellungen im November 2008 nicht darauf geschlossen werden könne, dass die hier gegenständliche Hinterlegungsanzeige im Februar 2008 nicht in das Brieffach des Beschwerdeführers eingelegt worden sei, zumal die damals zuständige Zustellerin seit November 2008 nicht mehr im Postdienst stehe.
Gestützt auf diese Beweisergebnisse ging die belangte Behörde davon aus, dass der erstinstanzliche Ausweisungsbescheid am 12. Februar 2008 rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Die am 7. März 2008 erhobene Berufung sei demnach verspätet. Dass der Beschwerdeführer durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die zweiwöchige Berufungsfrist einzuhalten, bzw. dass ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe, habe er nicht glaubhaft machen können.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
1. Zum Wiedereinsetzungsantrag:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist u.a. gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Eine Frist ist versäumt, wenn sie zu laufen begonnen hat und ungenützt verstrichen ist. Hängt der Fristenlauf von der Zustellung eines behördlichen Schriftstücks an die Partei ab, so beginnt die Frist dann nicht zu laufen - und kann deshalb auch nicht versäumt werden - wenn die Zustellung wegen Mängeln unwirksam ist (siehe dazu das Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2008/09/0327, mwN).
Gemäß § 17 Abs. 2 ZustG, idF des Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 5/2008, ist der Empfänger im Fall der Zustellung durch Hinterlegung von dieser schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Eine Hinterlegung ohne schriftliche Verständigung oder auf Grund einer fehlerhaften Verständigung entfaltet keine Rechtswirkungen (vgl. das Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2009/09/0127).
Der Beschwerdeführer hat in seinem Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht, die Hinterlegungsanzeige nicht in seinem Postfach, sondern (und dies erst am 3. März 2008) oben auf den Hauspostkästen vorgefunden zu haben. Wird aber die Verständigung von der Hinterlegung - wie vom Beschwerdeführer behauptet - nicht in die (für die Abgabestelle des Beschwerdeführers bestimmte) Abgabeeinrichtung eingelegt, dann wäre die Zustellung durch Hinterlegung nicht rechtswirksam erfolgt. Diesfalls hätte die Berufungsfrist erst mit dem tatsächlichen Zukommen des Bescheides am 4. März 2008 zu laufen begonnen; der Beschwerdeführer, der am 7. März 2008 Berufung erhoben hat, hätte keine Frist versäumt und es läge somit kein Wiedereinsetzungsgrund vor (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom 21. Juli 2011, Zl. 2007/18/0827).
Daran vermag auch der Verweis des Beschwerdeführers auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. 2007/11/0103 bzw. Zl. 2005/07/0166, nichts zu ändern, zumal dort - anders als im hier vorliegenden Fall - das Vorbringen jeweils auf die unverschuldete Versäumung der Frist nach einer unbestrittenermaßen rechtswirksamen Zustellung abzielte. Demgegenüber geht die Beschwerde davon aus, dass die "unwirksame Zustellung des Ausweisungsbescheides vom 06.02.2008 durch Hinterlegung erst durch die tatsächliche Übernahme des Bescheides am 4.3.2008 geheilt" worden sei.
Die belangte Behörde hat daher dem Wiedereinsetzungsantrag schon ausgehend vom Vorbringen des Beschwerdeführers zu Recht im Ergebnis keine Folge gegeben.
2. Zur Zurückweisung der Berufung:
Der Beschwerdeführer bestreitet auch in Bezug auf diese Frage, dass die Zustellung durch Hinterlegung rechtswirksam erfolgt sei.
Gemäß § 22 Abs. 1 ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.
Im vorliegenden Fall ist dem Zustellnachweis zu entnehmen, dass die Zustellung durch Hinterlegung mit 12. Februar 2008 (Beginn der Abholfrist) erfolgte. Der vom Zusteller erstellte Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Dem Empfänger steht der Gegenbeweis offen, allerdings hat er die Behauptung, es lägen Zustellmängel vor, auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. erneut das Erkenntnis vom 21. Juli 2011, Zl. 2007/18/0827).
Der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich - wie schon im Verwaltungsverfahren - vor, er habe die Hinterlegungsanzeige nicht in seinem Hausbrieffach, sondern - und zwar erst am 3. März 2008 - auf der Hausbrieffachanlage liegend vorgefunden. Die belangte Behörde hat daraufhin die Einvernahme des zuständigen Zustellorgans und die Durchführung einer Erhebung im Wohnhaus des Beschwerdeführers veranlasst. Im Zuge ihrer Einvernahme hat die Zustellerin angegeben, die Hinterlegungsanzeige "hundertprozentig" in das richtige Fach eingelegt zu haben; es gebe vier Hausparteien im gegenständlichen Haus, der Beschwerdeführer habe das letzte Fach in der Hausbrieffachanlage. Weiters hat die belangte Behörde dargestellt, dass die erfolgte Befragung von Hausparteien keine Hinweise auf Mängel bei der Zustellung in der Vergangenheit ergeben habe. Ausgehend von diesen Erhebungsergebnissen ist die behördliche Auffassung, dem Beschwerdeführer sei mit seinem Vorbringen der Gegenbeweis der inhaltlichen Unrichtigkeit der öffentlichen Urkunde (nämlich der Angaben auf dem Zustellnachweis) nicht gelungen, aber nicht zu beanstanden. Daran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die zwischen der Zustellung und der Einvernahme des Zustellorgans vergangene Zeit (von knapp acht Monaten) nichts zu ändern.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet somit im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, VwSlg. 11.894 A/1985) keinen Bedenken. Die belangte Behörde durfte daher ihrer Beurteilung zugrunde legen, dass die Hinterlegungsanzeige am 11. Februar 2008 in das Hausbrieffach des Beschwerdeführers eingelegt wurde und der Beginn der Berufungsfrist der 12. Februar 2008 war. Da die Berufung des Beschwerdeführers erst am 7. März 2008 erhoben wurde, war ihre Zurückweisung als verspätet nicht als rechtswidrig zu erkennen.
3. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. September 2012
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