VwGH 2011/23/0295

VwGH2011/23/029524.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Haunold, Mag. Feiel und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Andreas Reichenbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Dezember 2008, Zl. E1/495.859/2008, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, war mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Februar 1999 gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 Fremdengesetz 1997 ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit erlassen worden. Am 24. Februar 1999 wurde er aus dem Bundesgebiet abgeschoben.

Am 30. März 2007 wurde der Beschwerdeführer von Finanzbeamten in Wien 16 beim Verputzen einer Hausmauer betreten. Er trug dabei u. a. eine blaue Jacke und Arbeitsschuhe. Auf dem ihm ausgefolgten Personalblatt gab er an, bereits einen Tag für die V.-GmbH gearbeitet und dafür EUR 50,-- Lohn erhalten zu haben.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 2. Dezember 2008 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren.

Begründend führte sie - ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und unter Einbeziehung der übernommenen Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - im Wesentlichen aus, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer der V.-GmbH mit rechtskräftigem Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 29. Mai 2007 gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wegen der Beschäftigung des Beschwerdeführers als Maurer ohne die erforderliche Bewilligung nach dem AuslBG zu einer Geldstrafe von EUR 9.240,-- verurteilt worden sei. Dem Berufungsvorbringen, dass der Beschwerdeführer durch seinen Arbeitgeber über die Notwendigkeit eines Aufenthaltstitels und einer Arbeitserlaubnis falsch informiert worden sei, hielt die belangte Behörde entgegen, dass "Unwissenheit" nicht vor Sanktionen schütze. Dem Beschwerdeführer sei vorzuwerfen, dass er sich die entsprechenden Informationen nicht selbst besorgt habe, beispielsweise bei einer Österreichischen Botschaft oder einem Konsulat.

Davon ausgehend schloss die belangte Behörde rechtlich, dass der Beschwerdeführer einer Beschäftigung nachgegangen sei, die er nach dem AuslBG nicht habe ausüben dürfen, wobei er von Beamten des Finanzamts auf frischer Tat betreten worden sei, weshalb der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt sei. Dem öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarkts komme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots gegen den Beschwerdeführer, der diese maßgeblichen öffentlichen Interessen durch sein Fehlverhalten beeinträchtigt habe, nach § 60 Abs. 1 FPG gegeben seien.

Im Hinblick auf den kurzen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers, der sich nach seinen eigenen Angaben nur fallweise in Österreich aufhalte, und wegen des Fehlens familiärer Bindungen - so führte die belangte Behörde weiter aus - könne von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen (offenbar gemeint: relevanten) Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben keine Rede sein. Weil auch keine Umstände vorlägen, die besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechen würden, könne sie auch nicht im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand nehmen. In Anbetracht seines Gesamt(fehl)verhaltens sei ein Wegfall der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraums zu erwarten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 Z 8 FPG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 99/2006) hat als die erwähnte Gefährdungsprognose rechtfertigende Tatsache zu gelten, wenn ein Fremder von einem Organ der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG, der regionalen Geschäftsstelle oder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen.

Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend seine Betretung bei einer Tätigkeit, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, nicht. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 8 FPG erfüllt sei, erweist sich somit nicht als rechtswidrig.

Dies indiziert die Gefährdungsprognose des § 60 Abs. 1 FPG, weshalb die entsprechende Annahme der belangten Behörde keinem Einwand begegnet.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, dass ihm sein Fehlverhalten "subjektiv nicht vorgeworfen werden" könne und es "zur Gänze entschuldbar" sei. Er habe sich nämlich auf die unrichtigen Angaben seines Arbeitgebers, dieser werde eine Arbeitsbewilligung sowie die für eine legale Beschäftigung erforderlichen Unterlagen besorgen, verlassen. Dadurch sei er in die Irre geführt und bei ihm ein Rechtsirrtum veranlasst worden.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer schon deshalb keinen Mangel des angefochtenen Bescheides auf, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Fremden verlangt werden muss, sich mit den hiefür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es auch nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (siehe dazu etwa das Erkenntnis vom 29. September 2011, Zl. 2009/21/0324, mwN).

Auch die weiteren Beschwerdeausführungen, dass der Beschwerdeführer inzwischen bereits über 58 Jahre alt sei und er in Hinkunft keinerlei Arbeitstätigkeit mehr im Bundesgebiet anstrebe, vermögen weder einen Wegfall der Gefährdung noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch die belangte Behörde aufzuzeigen. Dieses Vorbringen geht über die bloße Behauptung eines Gesinnungswandels nicht hinaus. So stellt der Beschwerdeführer, der bei seiner Betretung bei der Schwarzarbeit im Übrigen auch schon beinahe 57 Jahre alt war, insbesondere nicht dar, aus welchen Mitteln er zukünftig seinen Lebensunterhalt (bei Aufenthalten in Österreich) bestreiten will. Ebenso kann die Tatsache, dass der Beschwerdeführer - wie er in seiner Beschwerde ausführt - bereits am ersten Tag seiner illegalen Tätigkeit betreten wurde, nicht zu seinen Gunsten ausschlagen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Juni 2009, Zl. 2006/18/0329). Schon sein Vorbringen zur zugesagten Beschaffung einer Arbeitsbewilligung durch seinen Arbeitgeber würde jedoch überdies den Schluss zulassen, dass eine längerfristige Beschäftigung geplant gewesen war.

Nach § 60 Abs. 6 FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) "gilt" bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots auch der - nach seinem Wortlaut nur auf Ausweisungen abstellende - § 66 FPG. Demnach ist ein Aufenthaltsverbot, mit dem in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsverbot ist der Behörde Ermessen eingeräumt.

Das in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit der Beurteilung der belangten Behörde unter den erwähnten Gesichtspunkten nicht aufzuzeigen. So legt die Beschwerde keine konkreten Umstände der privaten Lebenssituation des Beschwerdeführers dar, in die durch das Aufenthaltsverbot "schwer wiegend" eingegriffen würde. Der Beschwerdeführer gesteht vielmehr selbst zu, dass er sich nur fallweise und ausschließlich aus "privaten oder familiären" Gründen in Österreich aufhalte. Damit wird der Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass familiäre Bindungen in Österreich fehlten, jedoch nicht ausreichend konkret entgegen getreten. Unbestritten liegt auch keine berufliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich vor.

Wenn die belangte Behörde daher zum Ergebnis gelangte, dass von einem maßgeblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch das Aufenthaltsverbot nicht ausgegangen werden könne, erweist sich dies somit nicht als rechtswidrig.

Die Beschwerde zeigt schließlich auch keine konkreten Umstände auf, die die belangte Behörde dazu hätten veranlassen müssen, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. April 2012

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