VwGH 2006/18/0329

VwGH2006/18/03294.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des M T J in W, geboren am 10. September 1971, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/30, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. August 2006, Zl. SD 812/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z8;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. August 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 und Z. 8 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 14. Dezember 2004 nach Österreich eingereist und seit diesem Zeitpunkt auch aufrecht gemeldet. Er verfüge über keinen Aufenthaltstitel. Am 22. März 2005 sei er von Organen des Zollamts Wien in der Produktionshalle einer Gemüseverarbeitung beim Sortieren und Schneiden bzw. Abpacken von Gemüse betreten worden, obwohl er über keine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verfügt habe.

In seiner Stellungnahme vom 10. Februar 2005 habe der Beschwerdeführer angegeben, bei dieser Firma erst seit einem Tag auf Probezeit gearbeitet zu haben. Der Arbeitgeber habe ihm versprochen, für ihn eine Arbeitsbewilligung zu beantragen.

Solcherart sei als erwiesen anzusehen gewesen, dass der in § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG normierte Sachverhalt verwirklicht sei. Auch eine Beschäftigung auf Probe (wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht) unterliege den Bestimmungen des AuslBG und es wäre hiefür eine Bewilligung erforderlich gewesen, über die der Beschwerdeführer jedoch nicht verfügt habe.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19. Juli 2006 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, binnen einer gleichzeitig festgesetzten Frist das von ihm behauptete eheliche Verhältnis zu einer näher genannten, in W lebenden Frau durch Vorlage einer Heiratsurkunde zu belegen sowie eine Gehaltsbestätigung und eine Bestätigung über das aufrechte Dienstverhältnis seiner angeblichen Gattin vorzulegen, da die während des Verfahrens vorgelegten Kontoauszüge seiner "Frau" regelmäßige Einkünfte nicht erkennen hätten lassen. Da laut diesen Kontoauszügen auch kein nennenswerter Geldbetrag auf dem Konto vorhanden gewesen sei, sei dem Beschwerdeführer gleichzeitig mitgeteilt worden, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass er über die erforderlichen Mittel für seinen Unterhalt verfüge.

Am 27. Juli 2006 sei bei der belangten Behörde ein Antrag auf Gewährung einer Fristerstreckung zur Stellungnahme bis zum 30. August 2006 ohne jegliche Begründung eingelangt. Mangels Begründung, warum die gewährte Frist für die Vorlage der eingeforderten Bescheinigungsmittel nicht hinreichend sein könnte, sei diesem Antrag nicht nachgekommen worden.

Solcherart sei auch der in § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG normierte Sachverhalt verwirklicht gewesen. Aus dem Akteninhalt lasse sich nicht einmal im Entferntesten erahnen, dass der Beschwerdeführer über die erforderlichen Mittel für seinen Unterhalt verfügen könnte. Trotz ausdrücklicher Aufforderung seien Bescheinigungsmittel hiefür auch nicht beigebracht worden.

Die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - seien im Grunde des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen.

Da der Beschwerdeführer trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht darlegen habe können, dass er verheiratet sei, sei ein solches Familienverhältnis dem gegenständlichen Verfahren auch nicht zu Grunde zu legen gewesen. Behauptetermaßen sei der Beschwerdeführer für ein Kind sorgepflichtig. Selbst wenn man von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgehen wollte, wäre dieser Eingriff zulässig, da er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und des geregelten Arbeitsmarktes - dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer habe gegen die Bestimmungen zum Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie die die Beschäftigung von Fremden regelnden Bestimmungen des AuslBG verstoßen, weshalb die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes als dringend geboten und zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG erscheinen müsse.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung könne der Beschwerdeführer auf keine maßgebliche Integration in Österreich verweisen. Er verfüge über keinen Aufenthaltstitel und sei lediglich zur sichtvermerksfreien Einreise und zum sichtvermerksfreien Aufenthalt für die Dauer von drei Monaten in einem Zeitraum von sechs Monaten berechtigt. Selbst unter Zugrundelegung der von ihm geltend gemachten (und unbescheinigt gebliebenen) Bindungen zur Ehegattin erscheine das dem Beschwerdeführer zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet gering. Dem gegenüber stehe jedoch das hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und Arbeitsmarktes.

Die belangte Behörde sei zu der Ansicht gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes. Den Kontakt zu seiner (angeblichen) Ehefrau könne der Beschwerdeführer - wenn auch eingeschränkt - vom Ausland aus aufrecht erhalten. Diese Einschränkung werde er im öffentlichen Interesse zu tragen haben.

Die belangte Behörde habe auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 dieser Bestimmung umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß § 60 Abs. 2 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 leg. cit. zu gelten, wenn (Z. 7) ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen, oder (Z. 8) er von Organen der Abgabenbehörde nach Maßgabe der Bestimmungen des AVOG, der regionalen Geschäftsstelle oder der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen.

Der Fremde hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfüge, sondern dass sein Aufenthalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2007/18/0080).

2.1. Der Beschwerdeführer bringt in Bezug auf die Ausführungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht nachgewiesen, über die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt zu verfügen, vor, es sei ihm unmöglich gewesen, binnen der von der belangten Behörde vorgegebenen Frist die Unterlagen beizuschaffen, und habe daher eine Fristerstreckung beantragt, der nicht stattgegeben worden sei. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, dem Beschwerdeführer Parteiengehör zu gewähren.

Diese Verfahrensrüge ist - abgesehen davon, dass auch mit der Beschwerde die fehlenden Unterlagen nicht vorgelegt wurden, und somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan wurde - nicht berechtigt. Dem Beschwerdeführer war die Absicht der belangten Behörde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot aus dem Grund der Mittellosigkeit zu verhängen, bekannt. Er hätte nach dem Gesagten die erforderlichen Nachweise initiativ, also aus eigenem Antrieb, zu erbringen gehabt. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde er zweimal (mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 29. April 2005 und mit Verfahrensanordnung vom 23. Juni 2005) zur Vorlage weiterer Urkunden aufgefordert. Weiters hatte er im Rahmen der Berufung sowie nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme der belangten Behörde vom 19. Juli 2006 Gelegenheit, allenfalls im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgelegte Unterlagen nachzureichen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer der Verpflichtung zum initiativen Nachweis eigener Unterhaltsmittel nicht nachgekommen und der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 7 FPG erfüllt sei, ist daher unbedenklich.

2.2. Die Feststellungen der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe am 22. März 2005 - ohne über eine entsprechende Bewilligung nach dem AuslBG verfügt zu haben - gearbeitet, blieben unbestritten. Der Gerichtshof hegt daher keine Bedenken, dass auch der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 8 FPG erfüllt ist.

In Anbetracht dieses Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers kann die Auffassung der belangten Behörde, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, in Österreich beruflich nicht integriert zu sein. Das Vorliegen eines Familienlebens wurde nicht nachgewiesen. Dennoch ist die belangte Behörde von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben ausgegangen und hat die Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und geregelten Arbeitsmarktes abgewogen. Im Hinblick darauf kann auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass § 66 Abs. 1 und 2 FPG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Entgegen der Beschwerdeansicht bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 60 Abs. 1 FrG zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch keine besonderen Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen. Mit seiner Behauptung, er sei im guten Glauben gewesen, der Arbeitgeber werde eine Arbeitsbewilligung beschaffen, und er habe ja nur einen Tag illegal gearbeitet, vermag der Beschwerdeführer keinen derartigen besonderen Umstand darzutun, muss doch von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Fremden verlangt werden, sich mit den hiefür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2004/18/0099, zu der inhaltsgleichen Bestimmung des § 36 Abs. 1 FrG). Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits am ersten Tag seiner illegalen Tätigkeit betreten wurde, kann ebenfalls nicht zu seinen Gunsten ausschlagen.

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Wien, am 4. Juni 2009

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