VwGH 2011/22/0105

VwGH2011/22/010513.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Z, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 16. Dezember 2010, Zl. 316.631/5- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

12010E020 AEUV Art20;
62009CJ0034 Zambrano VORAB;
62011CJ0256 Dereci VORAB;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3;
12010E020 AEUV Art20;
62009CJ0034 Zambrano VORAB;
62011CJ0256 Dereci VORAB;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 20. Oktober 2006 eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin, einer kroatischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe über eine Niederlassungsbewilligung als begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 49 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 mit Gültigkeit vom 24. März 2004 bis 31. März 2005 verfügt. Diesen Aufenthaltstitel habe sie von ihrem damaligen österreichischen Ehemann abgeleitet; diese Ehe sei am 5. April 2007 einvernehmlich geschieden worden.

Der am 30. September 2005 eingebrachte Verlängerungsantrag sei rechtskräftig zurückgewiesen worden. Beim gegenständlichen Antrag vom 20. Oktober 2006 handle es sich um einen Erstantrag, der entgegen § 21 Abs. 1 NAG im Inland gestellt worden sei. Die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 11. Juni 2010 belehrt worden, dass eine Antragstellung im Sinn des § 21 Abs. 3 NAG möglich sei. Es sei jedoch bis dato kein Antrag auf Zulassung der Inlandsantragstellung vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin sei nun (wieder) mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet. Ein "Freizügigkeitssachverhalt" im Sinn der §§ 51 ff NAG sei weder behauptet worden noch aus dem Verwaltungsakt erkennbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 23. Dezember 2010 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 maßgeblich sind und sich nachstehende Zitierungen auf diese Rechtslage beziehen.

Die Beschwerdeführerin bringt zwar vor, dass ihr Antrag nicht als Erstantrag, sondern als Verlängerungsantrag zu werten sei, meint dazu aber selbst, ihr "Verlängerungsantrag wurde von der Behörde jedoch nicht entgegengenommen". Unbestritten entschied die belangte Behörde nun - nachdem die Niederlassungsbewilligung der Beschwerdeführerin mit 31. März 2005 abgelaufen und der Verlängerungsantrag rechtskräftig zurückgewiesen worden war - über den Antrag vom 20. Oktober 2006. Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn diese den gegenständlichen - und von der Beschwerdeführerin bei der Antragstellung selbst auch so bezeichneten - Antrag als Erstantrag angesehen hat. Nicht nachvollziehbar ist der Beschwerdehinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, 2006/18/0493. Dieses Erkenntnis stützt nämlich keinesfalls die von der Beschwerdeführerin angestrebte Qualifizierung ihres Antrags als Verlängerungsantrag. Ins Leere geht auch die Relevierung des Art. 3 EMRK in der Beschwerde, ist doch eine Verletzung dieser Konventionsbestimmung nicht im Verfahren zur Erteilung des hier begehrten Aufenthaltstitels zu prüfen.

Aus der Beurteilung des Antrags als Erstantrag folgt, dass auf ihn die Bestimmung des § 21 Abs. 1 NAG über das Erfordernis der Auslandsantragstellung anzuwenden ist.

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann zwar die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland u.a. dann zulassen, wenn die Ausreise aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie trotz der im Akt erliegenden diesbezüglichen Belehrung vom 11. Juni 2010 einen solchen Antrag nicht gestellt hat. Aus diesem Grund ist den Beschwerdeausführungen betreffend die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK der Boden entzogen. Der Beschwerdehinweis, dass die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme hinsichtlich des Vorliegens eines Privat- und Familienlebens in Österreich abgegeben habe, ändert schon deswegen nichts am vorhin aufgezeigten Ergebnis, kann doch die am 6. Oktober 2008 erstattete Stellungnahme von vornherein keinen erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 eingeführten Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG enthalten.

Unzutreffend ist der Beschwerdehinweis, dass der Beschwerdeführerin schon auf Grund der Unionsbürgerschaft ihres Ehemannes die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Angehörige von EWR-Bürgern" gemäß § 57 iVm § 52 NAG gebühre. Dazu wäre nämlich notwendig, dass der österreichische Ehemann der Beschwerdeführerin sein unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht auch ausgeübt hat. Dazu fehlt jede Behauptung.

Letztlich vermag die Beschwerde auch kein direkt aus dem Unionsrecht abgeleitetes Aufenthaltsrecht aufzuzeigen. Sie verweist zwar auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 8. März 2011, C-34/09 "Zambrano". Sie zitiert daraus auch zutreffend, dass es die Unionsbürgerschaft gebiete, dem Familienangehörigen eines Unionsbürgers den Aufenthalt zu gestatten, wenn die Verweigerung dieses Rechts dem Unionsbürger den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte vorenthalten würde. Dazu wird jedoch außer dem Hinweis auf eine bestehende Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger nichts vorgebracht. Der bloße Wunsch allein, mit dem österreichischen Staatsbürger ein Familienleben in Österreich führen zu wollen, reicht für die Annahme einer Konstellation im Sinn des Urteils "Zambrano" jedoch nicht aus (vgl. das Urteil des EuGH vom 15. November 2011, C-256/11 "Dereci u.a.").

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 13. November 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte