VwGH 2011/16/0186

VwGH2011/16/018618.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des A S in W, vertreten durch die Dr. Zsizsik & Dr. Prattes Rechtsanwälte OG in 8600 Bruck an der Mur, Hauptplatz 23, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. Juni 2011, Zl. ABK - 221/10, betreffend Haftung für Kommunalsteuer für die Monate Jänner 2004 bis Dezember 2008 sowie für Dienstgeberabgabe für die Monate Jänner bis Dezember 2009, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
DienstgeberabgabeG Wr §6a Abs1;
KommStG 1993 §6a Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
DienstgeberabgabeG Wr §6a Abs1;
KommStG 1993 §6a Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war ab 19. Juni 2009 Geschäftsführer der F H GmbH in W, über deren Vermögen das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom 16. April 2010 das Konkursverfahren eröffnete.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 6a des Kommunalsteuer-gesetzes 1993 für den Rückstand der Gemeinschuldnerin an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen für die Monate Jänner 2004 bis Dezember 2008 in der Höhe von EUR 4.666,91 und gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen für die Monate Jänner bis Dezember 2009 in der Höhe von EUR 79,92 zur Haftung heran. Dass die angeführten Abgabenforderungen entstanden seien - so die Begründung - sei im Zuge einer gemeinsamen Prüfung der lohnabhängigen Abgaben durch das zuständige Finanzamt festgestellt worden und werde dies vom Beschwerdeführer weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten. Im Prüfbericht sei hiezu festgehalten worden, "für die steuerfrei ausbezahlten Bezüge gem. § 26 EStG 1988 in den Jahren 2004 bis 2008 konnten keine Nachweise (Diäten, -Kilometerabrechnungen) vorgelegt werden."

Weiters sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer ab 19. Juni 2009 Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei und somit zu dem in § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehöre. Ebenso stehe fest, dass über das Vermögen der Primärschuldnerin mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 16. April 2010 der Konkurs eröffnet worden sei. Daraus folge, dass die verfahrensgegenständlichen Abgabenrückstände bei dieser nicht oder zumindest erschwert einbringlich seien. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, wonach der Abgabepflichtige für jeden Monat längstens bis zum 15. des darauffolgenden Monats den Abgabenbetrag an die Stadt Wien zu entrichten habe.

Nach weiterer Wiedergabe des Berufungsvorbringens führte die belangte Behörde aus:

"Mit Schreiben vom 14. Jänner 2011 wurde der Berufungswerber aufgefordert, mitzuteilen, ob die F H GmbH ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer (19. Juni 2009) über ausreichend Mittel verfügt habe, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen. Verneinendenfalls werde er ersucht, bekannt zu geben, ob alle Gläubiger gleich behandelt wurden und hiezu eine Liquiditätsaufstellung für den gesamten Haftungszeitraum vorzulegen, wobei er hinsichtlich der näheren Gestaltung der Liquiditätsaufstellung angeleitet wurde.

Der Berufungswerber gab hierzu an, wenn jene Abgabenverbindlichkeiten, die vor seiner Geschäftsführertätigkeit entstanden seien, nicht existieren würden, hätten mit Sicherheit jene Verbindlichkeiten, die nach dem Juni 2009 entstanden seien, beglichen werden können. Die 'erste Frage' könne sohin bejaht werden. Laut seiner Kenntnis habe niemals eine Gläubigerbevorzugung stattgefunden. Seitens des Berufungswerbers wurde es jedoch unterlassen, die im Schreiben vom 14. Jänner 2011 ausdrücklich geforderte Liquiditätsaufstellung vorzulegen.

Die Einwände des Berufungswerbers sind nicht geeignet seiner Berufung zum Erfolg zu verhelfen:

Bei der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe handelt es sich um Selbstbemessungsabgaben, welche für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monats zu entrichten sind.

Soweit die Haftung auch Zeiträume erfasst, welche vor dem Beginn der Geschäftsführertätigkeit des Berufungswerbers mit 19. Juni 2009 liegen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes … zu verweisen, wonach die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten nicht mit dem Zeitpunkt der Entstehung der (Abgabenzahlungs‑)Schuld endet, sondern erst mit deren Abstattung. Die Primärschuldnerin bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr bzw. Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen; zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung verhalten. Dieser muss sich bei Übernahme seiner Funktion auch darüber unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist …, und es obliegt ihm, auch die vor seiner Bestellung fällig gewordenen, aber noch nicht abgestatteten Abgabenschuldigkeiten aus den vorhandenen Mitteln zu entrichten ...

Der Berufungswerber brachte hierzu im Vorlageantrag vor, er habe es nicht schuldhaft unterlassen, sich darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei und er sei über das im letzten Jahresviertel 2009 eingeleitete abgabenrechtliche Prüfungsverfahren mehr als überrascht gewesen.

Mit Schreiben vom 14. Jänner 2011 wurde er aufgefordert, hinsichtlich der Frage, ob bzw. auf welche Weise er sich anlässlich der Übernahme der Geschäftsführerposition darüber unterrichtet habe, ob Abgabenrückstände bestehen, konkrete und detaillierte Angaben zu machen und diese auch unter Beweis zu stellen.

Im Schreiben vom 10. März 2011 gab er jedoch lediglich an, bevor er die Funktion als Geschäftsführer übernommen habe, habe er sich selbstverständlich ausführlich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft in Kenntnis gesetzt. Faktum sei aber, dass zum Zeitpunkt der Übernahme der Funktion des Geschäftsführers für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass in Anbetracht einer bevorstehenden Finanzprüfung hohe Forderungen zu begleichen sein werden.

Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass der Berufungswerber seine Pflichten nicht schuldhaft verletzte. Er legte entgegen der Aufforderung vom 14. Jänner 2011 nicht konkret dar, inwieweit er sich erkundigte, ob Abgabenrückstände bestehen, sondern verwies pauschal darauf, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft in Kenntnis gesetzt habe. Nähere Angaben, die eine Beurteilung ermöglichen, inwieweit er anlässlich der Übernahme der Geschäftsführerposition überprüfte, ob und in welchem Ausmaß die Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen war, wurden ebenso unterlassen wie das Anbieten von Beweismitteln.

Es ist somit festzuhalten, dass es dem Berufungswerber bei der Übernahme der Geschäftsführerposition oblegen wäre, sich über die ordnungsgemäße Entrichtung der Abgaben zu unterrichten. Dass er sich dieser Verpflichtung entsprechend verhalten hätte, wurde von ihm weder überprüfbar dargelegt noch unter Beweis gestellt. Zudem zeigte die Prüfung des Finanzamtes im Jahre 2009 - für ihn erkennbar - das Bestehen abgabenrechtlicher Verbindlichkeiten auf. Da der Berufungswerber nicht für die ordnungsgemäße Entrichtung der Abgaben sorgte, verletzte er seine Pflichten als Geschäftsführer schuldhaft.

Den Nachweis einer anteiligen Begleichung der Verbindlichkeiten hat der Berufungswerber jedoch nicht erbracht, obwohl er von der Erstbehörde sogar aufgefordert wurde, eine Liquiditätsaufstellung für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorzulegen. Die Behauptung, es habe laut seiner Kenntnis niemals eine Gläubigerbevorzugung stattgefunden, wurde - trotz Aufforderung - nicht unter Beweis gestellt.

Soweit der Berufungswerber einwendet, eine Zahlung sei nicht möglich gewesen, da die Bezahlung der zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten eine Gläubigerbegünstigung dargestellt hätte, übersieht er, dass ihm nicht zum Vorwurf gemacht wird, dass er die Stadt Wien gegenüber anderen Gläubigern nicht begünstigte, sondern, dass die Abgabenverbindlichkeiten nicht im gleichen Ausmaß wie andere Verbindlichkeiten entrichtet wurden. Das Vorliegen der Gleichbehandlung der Abgabengläubigerin wurde vom Berufungswerber jedoch nicht nachgewiesen, sodass er für den ausständigen Abgabenbetrag zur Gänze haftet.

Soweit der Berufungswerber auf die Gründe für die Insolvenz der Primärschuldnerin Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese im gegenständlichen Haftungsverfahren nicht von Bedeutung sind, zumal ein Verschulden an der erschwerten Einbringung der Abgabenforderung, also ein Verschulden an der Herbeiführung des Konkurses, keine Voraussetzung für die Haftung ist. Ein Verschulden ist lediglich im Hinblick auf die Pflichtverletzung des Vertreters hinsichtlich der nicht (rechtzeitig) erfolgten Entrichtung der Abgaben erforderlich.

Ebenso ist im vorliegenden Verfahren nicht von Bedeutung, ob der Berufungswerber als Geschäftsführer der Primärschuldnerin rechtzeitig einen Konkursantrag gestellt hat. Wenngleich er damit eine ihm als Geschäftsführer zukommende Pflicht erfüllt haben sollte, kann ihn dieser Umstand nicht von der Haftung für die entstandenen Abgabenschulden befreien ...

Der Berufungswerber weist auch darauf hin, er habe am 3. Jänner 2010 einen Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens gestellt. Unabhängig davon, ob dies jener Antrag war, auf Grund dessen das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom 16. April 2010 … den Konkurs eröffnete, ist mit dem Hinweis auf den Zeitpunkt der Antragstellung für den Berufungswerber nichts zu gewinnen.

Der Berufungswerber war als Geschäftsführer der Primärschuldnerin verpflichtet, für die ordnungsgemäße Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Diese Verpflichtung erlosch erst am 17. April 2010, da der Konkurs am 16. April 2010 eröffnet und bekannt gemacht wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Berufungswerber für die Abgabenentrichtung verantwortlich. Ob bzw. wann der Berufungswerber einen Antrag auf Einleitung eines Ausleichs oder Konkurses stellte, ist im Haftungsverfahren hingegen ohne Belang.

Hat der Vertreter der Abgabepflichtigen schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war ...

Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, dass ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung herangezogen wird, anderenfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.

Zur Ausübung des Auswahlermessens ist zu bemerken, dass die weiteren Geschäftsführer … ebenfalls zur Haftung herangezogen wurden.

Für die erkennende Behörde war daher kein Grund evident, den Berufungswerber von der Haftung zu entbinden."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer u.a. in seinem Recht verletzt, für die in Rede stehenden Abgaben nicht zur Haftung herangezogen zu werden. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 BAO sind Abgaben im Sinn dieses Bundesgesetzes u.a. die Nebenansprüche aller Art. Nach § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG haften die in §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Gemäß § 6a Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970, haften die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe werden für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG sowie § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Einhebung der Dienstgeberabgabe).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 2011, Zl. 2011/16/0070).

Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, Zl. 2011/16/0027, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich der Vertreter bei Übernahme seiner Funktion auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, weil die Pflicht der Gesellschaft zur Abgabenentrichtung erst mit deren Abstattung endet. Die Gesellschaft bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer der Gesellschaft verhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 2011, Zl. 2011/16/0079, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haftet der Vertreter für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und kann eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften bestehen. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch die von der Gesellschaft getätigten Zug-um-Zug-Geschäfte zu erfassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. April 2011, Zl. 2011/16/0084, mwN).

Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2011, Zl. 2011/16/0075).

Die vorliegende Beschwerde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zunächst darin, dem eingangs genannten Betriebsprüfungsverfahren lägen Sachverhalte zugrunde, die weit vor der Bestellung des Beschwerdeführers zum Geschäftsführer lägen. Unmittelbar nach Kenntnis der vorliegenden Abgaben- und Steuerrückstände Ende des Jahres 2009 habe er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer keine Möglichkeit gesehen, die durch die finanzbehördliche Betriebsprüfung gefundenen Verbindlichkeiten abzudecken. Aus diesem Grund habe er Anfang des Jahres 2010 die Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens beantragt. Er habe ohne Verzögerung - im Sinne und zum Vorteil aller Gläubiger - gehandelt.

Dem ist entgegen zu halten, dass, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid näher dargelegt hat, der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren dazu aufgefordert worden war, hinsichtlich der Frage, ob bzw. auf welche Weise er sich anlässlich der Übernahme der Geschäftsführerposition darüber unterrichtet hätte, ob Abgabenrückstände bestünden, konkrete und detaillierte Angaben zu machen und diese auch unter Beweis zu stellen. Dem ist der Beschwerdeführer in seiner eingangs wiedergegebenen Eingabe vom 10. März 2011 jedoch nicht nachgekommen, weshalb der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie hieraus nicht die Schlussfolgerung ziehen konnte, dass der Beschwerdeführer seine Pflichten als Geschäftsführer nicht schuldhaft verletzt habe.

Die belangte Behörde verkenne - so die Beschwerde im Weiteren -, dass der Beschwerdeführer, wie bereits in der Berufung dargelegt, nicht nur zum Zeitpunkt der Fälligkeit der in Rede stehenden Abgaben nicht Geschäftsführer bzw. abgabenpflichtiger Vertreter gewesen sei, sondern erst im Zuge des Betriebsprüfungsverfahrens vom Rückstand Kenntnis erlangt habe.

Dem ist die eingangs wiedergegebene Rechtsprechung entgegen zu halten, dass die GmbH verpflichtet bleibt, Abgabenschuldigkeit, mit deren Abfuhr der Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung der Geschäftsführer der GmbH verhalten ist. Traf aber den Geschäftsführer nach dem bisher Gesagten mit der Übernahme der Geschäftsführung die Pflicht, sich auch darüber zu unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene GmbH bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, und im Falle des Erkennens von Rückständen (im Beschwerdefall spätestens mit der erwähnten abgabenbehördlichen Prüfung "im letzten Jahresviertel 2009") zur zumindest anteiligen Entrichtung der rückständigen Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft nach dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, so wäre es an ihm gelegen gewesen, die Erfüllung all dieser Verpflichtungen auch darzulegen. Einen solchen Nachweis sah die belangte Behörde jedoch zu Recht als nicht erbracht an.

Auch kann der Vorwurf der Beschwerde nicht geteilt werden, dass die belangte Behörde auf das Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht eingegangen und auch keine nachvollziehbare Begründung zu der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung ausführe. Denn nach dem eingangs Gesagten hatte der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung der Verpflichtung iSd § 9 Abs. 1 BAO annehmen durfte. Auch zeigt die Beschwerde nicht konkret auf, welche von der belangten Behörde in der eingangs wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides in Betracht gezogenen Umstände zu einer Entlastung des Beschwerdeführers hätten führen können. In Anbetracht des eingangs wiedergegebenen, im Abgabenverfahren nur zurückhaltend erstattenden Vorbringens des Beschwerdeführers über die von ihm bei Übernahme der Geschäftsführung konkret gepflogene Prüfung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft und die - im Hinblick auf die Gläubigergleichbehandlung wesentliche - weitere, von ihm zu verantwortende Gebarung war es der belangten Behörde nicht möglich, konkrete Feststellungen darüber zu treffen.

Mangels solcher Feststellungen konnte sie aber vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtslage und Rechtsprechung zu Recht auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer für die Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgaben ursächlich war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 18. April 2012

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