VwGH 2010/16/0090

VwGH2010/16/009027.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der S in E, vertreten durch Dr. Johann Eder, Dr. Stefan Knaus, Dr. Cornelia Mazzucco, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 17. März 2010, Zlen. Jv 319/10y-33, Jv 320/10w-33, Jv 381/10s-33-9, betreffend Gerichtsgebühren,

Normen

VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
WFG 1984 §53 Abs3;
WFG 1984 §53 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
WFG 1984 §53 Abs3;
WFG 1984 §53 Abs4;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides richtet, zurückgewiesen; und II. zu Recht erkannt:

Im Übrigen (hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 3.) wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

III. Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die nachfolgend angeführten, zugunsten der Beschwerdeführerin vorgenommenen Pfandrechtseintragungen ausschließlich mit Blick auf die Wohnnutzfläche des ihr gehörigen Wohnhauses gemäß § 53 Abs. 3 Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984) von den Gerichtsgebühren befreit sind.

Mit Beschluss vom 1. April 2004 wurde vom zuständigen Bezirksgericht auf Antrag der Beschwerdeführerin auf der ihr gehörigen Liegenschaft EZ XY die Einverleibung des Pfandrechtes für die Darlehensforderung von EUR 168.300,-- samt Zinsen und Nebengebührensicherstellung von EUR 33.660,-- zugunsten der S AG bewilligt und am 2. April 2004 im Grundbuch vollzogen.

Mit Beschluss vom 7. April 2004 wurde vom zuständigen Bezirksgericht auf weiteren Antrag der Beschwerdeführerin auf der ihr gehörigen Liegenschaft EZ XY die Einverleibung eines weiteren Pfandrechtes für die Kreditforderung zugunsten des Landes Salzburg bis zum Höchstbetrag von EUR 218.790,-- bewilligt und am selben Tag im Grundbuch vollzogen.

Mit Zahlungsauftrag vom 22. Dezember 2009 wurde die Beschwerdeführerin auf Grund der erstgenannten Eintragung vom 2. April 2004 verpflichtet, Eingabengebühren gemäß TP 9 lit. a GGG, eine Einhebungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 GEG sowie einen Mehrbetrag gemäß § 31 GGG und mit weiterem Zahlungsauftrag vom 22. Dezember 2009 gemeinsam mit der S AG eine Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 4 GGG in der Höhe von EUR 2.424,-- zu bezahlen; wegen der zweitgenannten Eintragung vom 7. April 2004 wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Eingabengebühren von EUR 39,--, einer Einhebungsgebühr von EUR 8,-- , eines Mehrbetrages von EUR 19,50,-- sowie mit einem weiteren Zahlungsauftrag vom 22. Dezember 2009 gemeinsam mit dem Land Salzburg zur Zahlung einer Eintragungsgebühr in der Höhe von EUR 2.626,-- verpflichtet.

Soweit aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich erhob die Beschwerdeführerin gegen alle Zahlungsaufträge, die S AG nur gegen den sie verpflichtenden Zahlungsauftrag Berichtigungsanträge.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich des erst- und zweitgenannten Zahlungsauftrages ab (Spruchpunkt 1. und 3.) und gab im Spruchpunkt 2. dem Berichtigungsantrag der S AG gegen den erstgenannten Zahlungsauftrag nicht statt. In einem hier nicht wesentlichen Spruchpunkt 4. wies die belangte Behörde die Kostenbeamtin des zuständigen Bezirksgerichtes an, die auf Grund der Entscheidung der belangten Behörde erforderlichen Verfügungen zu treffen.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin mit den Grundbuchsanträgen die Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 beantragt, was zu einem Ermittlungsverfahren und zur Vorlage unter anderem der Einreichpläne sowie von Fotos des Keller-, Erd- und Obergeschoßes des der Beschwerdeführerin gehörigen Hauses geführt habe. Aus den Plänen gehe eine Wohnnutzfläche des Erdgeschoßes und des Obergeschoßes von 119,98 m2 hervor; die Wintergarten-Terrasse mit 18,34 m2 sei den Fotos folgend jedoch nicht realisiert worden. Wörtlich stellte die belangte Behörde nach der Wiedergabe einschlägiger Rechtsprechung weiter fest:

"Den vorliegenden Nachweisen ist unstrittig zu entnehmen, dass der mit Keller im Ausmaß von 22,99 m2 bezeichnete Raum verfliest und ausgemalt ist. Die Elektroinstallationen sind unter Putz verlegt. Der Raum verfügt zudem über eine ausreichende Beleuchtung. In diesem Raum befinden sich neben einem großen Kühlschrank Regale zur Aufbewahrung von Schuhen, Haushaltsgegenständen etc. sowie wabenförmige aufeinandergestapelte terrakottafarbene Behälter zur Aufbewahrung von Weinen. Da sich in diesem Raum Schuhe, ein Kühlschrank und Weine befinden, kommt diesem Raum die Bedeutung zu, den Wohnraum im engeren Sinn zu entlasten (vgl. VwGH 23.1.2003, 2002/16/0043).

Der Kellervorraum im Ausmaß von 11,79 m2 ist verfliest und ausgemalt hier befindet sich laut vorliegender Fotos ein Eckschreibtisch, welcher der Entlastung des Wohnraumes dient und deshalb zur Nutzfläche hinzuzuzählen ist.

Aus diesen Gründen sind sowohl der Kellerraum mit 22,99 m2 und der Vorraum mit 11,79 m2 für Wohnzwecke geeignet und sohin bei der Wohnnutzflächenberechnung zu berücksichtigen.

Den vorliegenden Nachweisen ist unstrittig zu entnehmen, dass der mit Dachboden bezeichnete Raum mit einem Parkettboden verlegt und die Wände geweißt sind. In diesem Raum befindet sich ein sechstüriger Schrank und wird laut Angaben der (Beschwerdeführerin) als Bügelzimmer verwendet. Dieser Raum befindet sich im Wohnungsverband und ist somit der Wohnnutzfläche hinzuzuzählen.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die hier in Rede stehende Gesamtwohnnutzfläche des betreffenden Einfamilienwohnhauses 136,42 m2 beträgt und damit jedenfalls 130 m2 übersteigt."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu I:

Zwar sind sämtliche Zahlungsaufträge allein an die Beschwerdeführerin gerichtet worden, als zahlungspflichtige Partei wurde hinsichtlich der oben genannten Eintragungsgebühren auch die S AG angeführt. Diese hat dagegen einen Berichtigungsantrag erhoben, dem die belangte Behörde im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nicht stattgegeben hat. Eine dagegen (Spruchpunkt II.) gerichtet Beschwerde könnte nur von der S AG selbst erhoben werden. Die Beschwerdeführerin war nicht berechtigt, Beschwerde auch gegen den die S AG betreffenden Spruchpunkt II. zu erheben. Insoweit war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Zu II:

Gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 sind Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, von den Gerichtsgebühren befreit. Bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 130 m2, bei mehr als fünf in gemeinsamem Haushalt lebenden Personen 150 m2 nicht übersteigt. Nach Abs. 4 leg. cit. ist für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung nach Abs. 3 der Zeitpunkt maßgeblich, in dem gemäß § 2 des GGG die Gebührenpflicht begründet würde. Fällt aber eine dieser Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren ab diesem Zeitpunkt weg, so entfällt damit auch die Gebührenbefreiung nach Abs. 3.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die Wohnnutzfläche des Hauses der Beschwerdeführerin die für die Gebührenbefreiung maßgebenden 130 m2 überschreitet.

Zu diesem Punkt der Feststellungen zeigt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf, dass die belangte Behörde, wie von dieser auch in der Gegenschrift zugestanden, die dem "großen Kellerraum" zugeordneten Fotos mit jenen des "ersten Kellerraumes" verwechselt hat und entsprechende Feststellungen, die den Fotos über den "ersten Kellerraum" zu entnehmen sind, dem zweiten Kellerraum zuordnet.

Die Feststellungen über die Ausstattung des "zweiten Kellerraums" mit 22,99 m2 erweisen sich demnach als aktenwidrig. Die Aktenwidrigkeit ist für den Verfahrensausgang auch wesentlich, weil die belangte Behörde von einer Gesamtwohnnutzfläche unter Einbeziehung des "zweiten Kellerraumes" von 136,42 m2 ausgegangen ist, bei einer Nichtberücksichtigung des "zweiten Kellerraums" im Ausmaß von 22,99 m2 die hier wesentliche Nutzfläche von 130 m2 aber unterschritten würde.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG aufzuheben, weil der Sachverhalt von der belangten Behörde in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde.

Für das weitere Verfahren ist anzumerken, dass die belangte Behörde vor dem Hintergrund der von ihr richtig dargestellten Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Vorraum im Ausmaß von 11,79 m2 - bezieht man die irrtümlich dem "zweiten Kellerraum" zugeordnete Ausstattung ein - der Entlastung des Wohnraums dient und damit zur Wohnnutzfläche zu zählen ist. Das Gesagte gilt auch - soweit aus den Fotos ersichtlich - für den "zweiten Kellerraum".

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 27. September 2012

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