VwGH 2010/10/0130

VwGH2010/10/013029.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des JL in W, vertreten durch Dr. Johannes Klausner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. April 2010, Zl. IIIa1-F- 10.062/5, betreffend Rodungsbewilligung und forstbehördlicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §172 Abs6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. April 2010 wurde dem Beschwerdeführer die forstrechtliche Bewilligung zur dauernden Rodung eines Teiles des Grundstückes Nr. 3642, GB. K. im Gesamtausmaß von 2.000 m2 zum Zweck der Errichtung einer Maschinenhalle versagt. Gleichzeitig wurde ihm zur Herstellung eines den forstrechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustandes auf den Grundstücken Nr. 3640 und 3642 GB. K. gemäß § 172 Abs. 6 ForstG 1975 aufgetragen, im einzelnen genannte Maßnahmen zu treffen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe um Bewilligung zur Rodung einer Waldfläche im Ausmaß von 2.000 m2 zum Zweck der Errichtung einer Maschinenhalle (Scheune) zur Lagerung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten angesucht.

Bei der betroffenen Waldfläche handle es sich um Schutzwald, dementsprechend sei die Fläche im Waldentwicklungsplan mit der Wertziffer 311 ausgewiesen. An der Walderhaltung bestehe somit ein besonderes öffentliches Interesse.

Der Beschwerdeführer habe die Notwendigkeit der Maschinenhalle für die existenzsichernde Bewirtschaftung des "L-Hofes" behauptet und vorgebracht, dass der Hof mittelfristig in den nächsten Jahren wieder besiedelt werden solle. Derzeit sei das Wohngebäude vermietet, dieses und das Stallgebäude seien in einem sehr schlechten Zustand. Die landwirtschaftlichen Flächen des Hofes würden, soweit es die Steilheit des Geländes erlaube, zumindest einmal jährlich gemäht. Die Weiden würden mit Rindern und Schafen beweidet. Derzeit müssten die erforderlichen Maschinen und Geräte für jeden Arbeitsgang von W., wo sich der Hof befinde, auf dem der Beschwerdeführer mit seiner Familie lebe, nach K. transportiert werden, wobei der Transport jeweils eine Dauer von 45 Minuten in Anspruch nehme. Am "L-Hof" selbst bestehe momentan keine Gelegenheit zur Unterbringung von Maschinen und Geräten. Ohne maschinelle Unterstützung könne der "L-Hof", ein extremer Bergbauernbetrieb, nicht bewirtschaftet werden.

Die Bezirkslandwirtschaftskammer habe darauf hingewiesen, dass der "L-Hof" mittelfristig in den nächsten Jahren wiederbesiedelt werden solle und dass die Aufrechterhaltung der Infrastruktur im ländlichen Raum langfristig nur durch bewirtschaftete und besiedelte Höfe gewährleistet werden könne. Hiezu bedürfe es aber der Möglichkeit, die erforderlichen Maschinen und Geräte unterzubringen.

Nun befinde sich - so die belangte Behörde - der "L-Hof" auf dem Grundstück Nr. 3639/1, GB. K., und somit in weiter Entfernung zur geplanten Maschinenhalle, obwohl der Beschwerdeführer in unmittelbarer Hofnähe über 2,78 ha Mähwiese, davon 0,14 ha flache Mähwiese verfüge. Gründe, die dafür sprächen, dass die Maschinenhalle nicht in unmittelbarer Hofnähe und damit auf einer Fläche, die keine Waldfläche sei, errichtet werden könnte, seien vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden. Auch sei durch die weite Entfernung zwischen dem Standort der geplanten Maschinenhalle und dem "L-Hof" ein Transport der Maschinen (nach wie vor) erforderlich. Für die Behörde sei daher nicht nachvollziehbar, wieso die Errichtung der Maschinenhalle am geplanten Standort für einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb des "L-Hofes" unumgänglich sein solle. Vielmehr sei keinerlei Verbindung zwischen der Errichtung der Maschinenhalle auf Grundstück Nr. 3642, GB. K., und der Existenzsicherung des "L-Hofes" zu erkennen. Eine im öffentlichen Interesse gelegene Verbesserung der Agrarstruktur werde durch die Rodung jedenfalls nicht bewirkt. Der Rodungsantrag sei daher abzuweisen gewesen.

Der Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes sei erforderlich, weil der Beschwerdeführer auf der Schutzwaldfläche Schotter abgebaut habe. Die vorgeschriebenen Maßnahmen seien forstfachlich geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007 (ForstG 1975), lauten auszugsweise wie folgt:

"Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

Forstaufsicht

§ 172. …

(6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, hat die Behörde, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

  1. a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,
  2. b) die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,
  3. c) die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten, sowie die Wildbachräumung,

    d) die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

    e) die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen, dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr

    im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen."

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf das Gutachten eines forstfachlichen Amtssachverständigen gestützte Auffassung zugrunde, das vom Beschwerdeführer beantragte Rodungsvorhaben, eine Maschinenhalle, solle auf einer Fläche ausgeführt werden, an deren Walderhaltung wegen ihrer Eigenschaft als Schutzwald ein besonderes öffentliches Interesse bestehe. Eine Rodungsbewilligung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG 1975 komme daher nicht in Betracht. Mangels eines öffentlichen Interesses am Rodungsvorhaben - ein solches sei im vorliegenden Fall insbesondere auch nicht in der Agrarstrukturverbesserung begründet - könne die beantragte Rodungsbewilligung nicht erteilt werden. Überdies seien dem Beschwerdeführer, der auf der Schutzwaldfläche Schotter abgebaut habe, die zur Wiederherstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben gewesen.

    Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, die beantragte Maschinenhalle sei unbedingt erforderlich, um die Existenz des "L-Hofes" zu sichern. Es sei zwar richtig, dass er in unmittelbarer Nähe dieses Hofes über ca. 3 ha Mähwiese verfüge; auf Grund der Steilheit des Geländes sei die Errichtung der Maschinenhalle hier aber nicht möglich. Auch sei eine Unterbringung der Maschinen im derzeitigen Wohnbzw. Wirtschaftsgebäude nicht möglich, zumal diese Gebäude erst neu gebaut werden müssten. Eine zeitgemäße Bewirtschaftung des "L-Hofes" vom Hof in W. aus sei wegen der langen Fahrzeit nicht möglich. Hingegen sei der geplante Standort der Maschinenhalle mit dem Traktor in nur zwei Fahrminuten vom Hof aus zu erreichen. Der "L-Hof" solle auch wieder selbständig zur Bewirtschaftung bewohnt werden. Hätte die belangte Behörde ein landwirtschaftliches Gutachten eingeholt, hätte sich ergeben, dass die Errichtung der beantragten Maschinenhalle der Agrarstrukturverbesserung diene und damit im öffentlichen Interesse liege. Eine Ausführung dieses Vorhaben sei ohne Inanspruchnahme von Waldflächen nicht möglich. Das behördlich eingeholte forstfachliche Gutachten sei mangelhaft. Es sei auf die Wirkungen des Waldes auf der zur Rodung beantragten Fläche nicht eingegangen. Weiters habe der Beschwerdeführer keine Bäume eingeschüttet und es seien im Zuge des Schotterabbaus "nur ganz geringe Mengen von Humus auf die talseitigen Böschungen gelangt". Der Sachverhalt hätte diesbezüglich ergänzt werden müssen. Gleiches gelte für die Auffassung der belangten Behörde, dass von den Abbaumaßnahmen nicht nur das Grundstück Nr. 3642, GB. K., betroffen sei, sondern auch das Grundstück Nr. 6340, GB. K.

    Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

    Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2011, Zl. 2009/10/0256, und die dort zitierte Vorjudikatur) ist ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche dann zu bejahen, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig ist; dies jedoch unter der für Rodungsbewilligungen allgemein geltenden Voraussetzung, dass die Inanspruchnahme von Waldboden für die Ausführung des Vorhabens überhaupt erforderlich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2011, Zl. 2009/10/0173), was jedenfalls dann nicht zutrifft, wenn das Vorhaben auch auf anderen zur Verfügung stehenden Flächen ausgeführt werden kann.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass die Maschinenhalle, die der Bewirtschaftung des "L-Hofes" dienen soll, in unmittelbarer Nähe dieses Hofes auf einer Nicht-Waldfläche (Mähwiese) errichtet werden könne und es daher der Inanspruchnahme von Waldboden hiefür nicht bedürfe.

    Dem tritt die Beschwerde, die nicht bestreitet, dass der Beschwerdeführer in unmittelbarer Hofnähe über ca. 3 ha Mähwiese verfüge, lediglich mit der Behauptung entgegen, das Gelände sei für die Errichtung der Maschinenhalle zu steil. Umstände, die einer Bauführung auf der - so die belangte Behörde - flachen Mähwiese hindernd entgegenstünden, hat der Beschwerdeführer aber weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde konkret aufgezeigt. Er hat auch nicht behauptet, dass die Auffassung der belangten Behörde, die Errichtung der Maschinenhalle sei in unmittelbarer Hofnähe auf Nicht-Waldflächen möglich, auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren beruhe.

    Ist solcherart aber davon auszugehen, dass die Verwendung von Waldboden für die Errichtung der Maschinenhalle gar nicht erforderlich ist, so erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Errichtung der Maschinenhalle für einen wirtschaftlichen Betrieb des "L-Hofes" unbedingt notwendig ist. Selbst wenn dies - ungeachtet des Umstandes, dass der Hof nach dem Beschwerdevorbringen derzeit gar nicht bewirtschaftet wird - so wäre, änderte dies nach dem Gesagten nämlich nichts am Fehlen eines öffentlichen Interesses an der Errichtung der Maschinenhalle auf Waldboden. Gleiches gilt für die Rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, in dieser Frage das Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen einzuholen.

    Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde sei in Ansehung des Auftrages zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes zu Unrecht davon ausgegangen, dass im Zuge des (unbestrittenen) Schotterabbaus Bäume eingeschüttet und talseitige Böschungen errichtet worden seien, ist er den sachverständigen Darlegungen im Verwaltungsverfahren weder konkret noch fachlich fundiert entgegengetreten. In der vorliegenden Beschwerde behauptet er zwar, dass der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben sei. Er hatte es aber unterlassen, auch die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzutun.

    Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

    Wien, am 29. Februar 2012

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