VwGH 2010/08/0200

VwGH2010/08/020012.9.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der I GmbH in T, vertreten durch Mag. Michael Steininger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Schießstattring 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. August 2010, Zl. GS5-A-948/735-2010, betreffend Beitragszuschlag gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs1a;
ASVG §33 Abs2;
ASVG §4 Abs2;
AVG §45 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §33 Abs1;
ASVG §33 Abs1a;
ASVG §33 Abs2;
ASVG §4 Abs2;
AVG §45 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 18. Februar 2010 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 1.800,-- vor, weil im Rahmen der am 17. November 2009 erfolgten Betretung durch das Finanzamt L./Team KIAB festgestellt worden sei, dass für die "zumindest am 17.11.2009" versicherten Personen S. Z. und P. K. die Anmeldungen beim zuständigen Krankenversicherungsträger nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, der auf Ersuchen ihres Rechtsvertreters Aktenkopien (insbesondere die mit S. Z. und P. K. aufgenommenen Niederschriften) übermittelt worden waren, Einspruch. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass S. Z. und P. K. selbständige Gewerbetreibende seien, die von der beschwerdeführenden Gesellschaft beauftragt worden seien. Das Anbot habe S. Z. gelegt, er sei in seinen Gestionen, insbesondere bei Gestaltung der Arbeitszeit und der Beschäftigung von Gehilfen, völlig frei gewesen. Herr M. S., der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft, sei in der gesamten Zeit vom 1. Oktober bis zum 24. Dezember 2009 keinen einzigen Tag in T. gewesen, er halte sich grundsätzlich in der Schweiz auf; es sei daher die niederschriftliche Aussage von Z. und K., dass er die Arbeiten fast täglich kontrolliert hätte, nicht erklärlich. Die Arbeitszeiten der Werkunternehmer seien für die beschwerdeführende Gesellschaft völlig irrelevant, zumal für die Herstellung mit S. Z. ein Pauschalpreis von EUR 2.880,-- vereinbart worden sei. Die Mitarbeit von P. K. und das ihm zu entrichtende Werkentgelt beruhten ausschließlich auf den Vereinbarungen zwischen S. Z. und P. K. Die beschwerdeführende Gesellschaft, die fallweise Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten an ihren Gebäuden in T. vornehmen lasse, habe keinerlei Interesse daran, diese durch bei ihr beschäftigte unselbständige Arbeitnehmer verrichten zu lassen und habe hierfür auch nicht die erforderliche Organisation. Sie vergebe daher einzelne Werke jeweils zu vereinbarten Festpreisen an den Bestbieter.

Dem Einspruch lagen eine von S. Z. gelegte Rechnung vom 3. Dezember 2009 über EUR 2.880,-- sowie ein Kostenvoranschlag (ohne Datum und Unterschrift) für "eine Fassade und Eingang (schwarzes Loch)" bei, der 19 Einzelleistungen von Gerüstaufbau über "Alten Putz abklopfen", Verspachtelung, Verputzen, Grundierung, Schleifen und Streichen von Eingangstor und Fenstern bis Gerüstabbau und "zusammenräumen" enthielt.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm in einem Vorlagebericht zum Einspruchsvorbringen Stellung.

In der Folge erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit dem sie dem Einspruch keine Folge gab und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte. Nach der Darstellung des Verfahrensgangs stellte sie fest, dass vor dem nunmehrigen Geschäftsführer dessen Vater (mit gleichem Familiennamen) Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft gewesen sei. Dieser habe von 1961 bis zum 15. April 2010 seinen Hauptwohnsitz in T. gehabt. Dass er die Qualifikation und die Erfahrung habe, in Abwesenheit seines Sohnes in Österreich die von ihm gegründete und viele Jahre geleitete Gesellschaft und deren Aktivitäten bzw. Liegenschaften zu kontrollieren und "nach dem Rechten zu sehen" sowie auch Bauarbeiten zu beaufsichtigen, stehe fest. Dass er auch tatsächlich solcherart tätig gewesen sei, ergebe sich sowohl aus der Niederschrift des Finanzamtes L./Team KIAB vom 17. November 2009 mit P. K., der - ohne Vornamensnennung - von seinem Chef S. spreche, als auch aus der Niederschrift vom gleichen Tag mit A. O., einem weiteren Arbeiter, der für die beschwerdeführende Gesellschaft tätig gewesen sei. Gleiches sage auch R. K. in der Niederschrift des Finanzamtes L./Team KIAB vom

1. und 9. Oktober 2009 aus.

A. O., welcher sich seit Juli 2009 in Österreich aufhalte und über P. K., seinen Schwiegersohn, zum Arbeiten nach Österreich geholt worden sei, arbeite seit dem 20. Juli 2009 ausschließlich für die beschwerdeführende Gesellschaft, wobei er als seinen Chef "M." (Vorname des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft) bezeichne sowie als weiteren Ansprechpartner einen älteren Herrn, "eindeutig" - so die belangte Behörde - W. S. (den Vater des Geschäftsführers).

Darüber hinaus habe W. S. am 18. November 2009 in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Finanzamtes L./Team KIAB unter anderem mitgeteilt, dass sein Sohn derzeit im Ausland wäre, aber am nächsten Tag zurückkommen würde. Damit stehe fest, dass sich Letzterer auch nach dem 1. Oktober 2009 in Österreich aufgehalten habe und überhaupt - schon zur Erledigung seiner Pflichten als handelsrechtlicher Geschäftsführer - gelegentlich nach Österreich komme.

Keiner der insgesamt vier für die beschwerdeführende Gesellschaft tätigen Arbeiter habe trotz der Gewerbeanmeldung auch nur Spuren einer geschäftlichen Infrastruktur aufzuweisen. Schon aus sprachlichen Gründen seien sie gar nicht imstande, Geschäftskontakte herzustellen und irgendeinen Schriftverkehr auf Deutsch zu führen. Sie wohnten zu viert in einer von W. S. vermieteten Wohnung und hätten dort ihre "Geschäftsadresse". Sie verfügten jeweils über ein Mobiltelefon und über Handwerkszeug in "eher geringem Wert" wie Spachtel, Hammer, Bohrmaschine, Schleifmaschine udgl.

R. K. verrichte außer Spachtelarbeiten auch andere Tätigkeiten wie Fenster und Türen austauschen, Wände vergipsen udgl., die drei anderen Arbeiter führten vor allem Verspachtelungsarbeiten aus. Nur R. K. habe ein Kraftfahrzeug und führe S. Z. und P. K. zu ihren Baustellen. Alle vier polnischen Arbeiter würden nach Quadratmeterpreisen bzw. den daraus berechneten Pauschalpreisen bezahlt. Alle würden zumindest wöchentlich (so A. O. in der Niederschrift vom 17. November 2009 hinsichtlich Verspachtelungsarbeiten), teilweise sogar täglich oder beinahe täglich (so P. K. in der Niederschrift vom 17. November 2009 hinsichtlich Fassadenarbeiten) kontrolliert.

Bei der Kontrolle am 17. November 2009 seien S. Z. und P. K. auf dem Betriebsgelände der beschwerdeführenden Gesellschaft bei Fassadenarbeiten angetroffen worden. Die beiden hätten angegeben, für die beschwerdeführende Gesellschaft tätig zu sein und als Entlohnung EUR 1.500,-- mit dem "Chef" vereinbart zu haben. Beiden sei schon am 1. September 2009 vom Finanzamt L. wegen "Scheinselbständigkeit" die Zuteilung einer Steuernummer verweigert worden. Das Arbeitsmaterial stamme von der beschwerdeführenden Gesellschaft, es dürfte zum Teil von den Arbeitern gegen Verrechnung und zum Teil von W. S. beschafft worden sein.

Zum Einspruchsvorbringen führte die belangte Behörde zunächst aus, dass "die Innehabung eines Gewerbescheines und ein Dienstverhältnis voneinander unabhängig" seien. Das von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgelegte "Anbot" (gemeint ist offenbar der mit dem Einspruch vorgelegte Kostenvoranschlag) enthalte keinen Hinweis, dass es tatsächlich von einem der beiden von der KIAB betretenen Arbeiter stamme. In Wirklichkeit würden die Aufträge "nach übereinstimmenden Aussagen" mündlich ausgehandelt, lediglich die Dokumentation des Vorganges erfolge zum Teil durch den Buchhalter F. Die vier Arbeiter hätten sich tatsächlich nur gegenseitig vertreten können, über eine Vertretung sei in Wirklichkeit nicht gesprochen worden, und es sei dafür auch kein Beweis vorgelegt oder angeboten worden. Hinsichtlich des Arbeitsmaterials für die Baustelle stehe außer Streit, dass es von der beschwerdeführenden Gesellschaft bezahlt worden sei. Dass sich der handelsrechtliche Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft nur gelegentlich in T. aufgehalten habe, ändere an der Sachlage nichts, zumal Anweisungen und Kontrollen durch den Vater des Geschäftsführers erfolgen konnten. Auf Grund dieser Kontrollen sei auch nachvollziehbar, dass die beschwerdeführenden Gesellschaft ein Interesse daran gehabt habe, dass die Arbeiten "zu normalen Tageszeiten bzw. üblichen Arbeitszeiten" stattfänden. Da die Arbeiten jedenfalls in vorbestimmter Zeit zu erledigen gewesen seien, seien die Arbeitnehmer jedenfalls zeitlich gebunden gewesen. Dass P. K. ein Gehilfe von S. Z. sei, sei der Aussage von P. K. nicht zu entnehmen, er habe ganz im Gegenteil Herrn S. als seinen Chef bezeichnet, S. Z. hingegen als seinen Mitbewohner in einer von S. vermieteten Wohnung.

Zur beantragten Einvernahme des handelsrechtlichen Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft gebe es keinen Anlass. Auf Grund seiner nach eigenen Angaben unregelmäßigen Anwesenheit in Österreich könne er wenig zum Sachverhalt beitragen, er hätte aber auch "in jedem Verfahrensstadium" die Möglichkeit gehabt, "sich selbst oder über seinen Rechtsvertreter inhaltlich zur Geltung zu bringen".

In rechtlicher Hinsicht verneinte die belangte Behörde das Vorliegen eines Werkvertrages mit folgenden Argumenten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber oder deren gemäß § 35 Abs. 3 ASVG Bevollmächtigte jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (vollversicherte und teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs. 1a ASVG so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherte mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Nach § 113 Abs. 1 ASVG kann ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldete Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf EUR 800,--. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

2. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Zur Auslegung des Dienstnehmerbegriffs gemäß § 4 Abs. 2 ASVG besteht umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu aus jüngerer Zeit etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. März 2012, Zl. 2009/08/0135, und vom 11. Juli 2012, Zl. 2010/08/0137, jeweils mwN). So hängt die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. 12.325 A).

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, Zl. 2009/08/0126).

Mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, VwSlg. Nr. 10.140 A, grundlegend beschäftigt und - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liege ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liege ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt.

Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2011, Zl. 2008/08/0222, mwN).

3. Die Beschwerde stellt in Abrede, dass S. Z. und P. K. in Beschäftigungsverhältnissen zur beschwerdeführenden Gesellschaft gestanden seien. Sie bestreitet insbesondere die persönliche Arbeitspflicht sowie die Weisungs- und Kontrollunterworfenheit von S. Z. und P. K. Aus den Feststellungen der belangten Behörde könne keinesweges abgeleitet werden, dass S. Z. und P. K. von W. S., dem Vater des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft, wie Dienstnehmer beaufsichtigt worden seien. W. S. habe sich aus der Geschäftsführung gänzlich zurückgezogen und sei auch nicht mehr mit der Verwaltung der Liegenschaften der beschwerdeführenden Gesellschaft befasst. Es treffe auch nicht zu, dass vertraglich kein Erfolg geschuldet gewesen sei, aus den mit dem Einspruch vorgelegten Urkunden ergebe sich vielmehr, dass dies durchaus der Fall gewesen sei; worauf sich die gegenteilige Feststellung der belangten Behörde gründe, sei nicht ersichtlich, und auch eine Kalkulation nach Quadratmeterpreisen würde nicht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages sprechen.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerde insbesondere, dass die belangte Behörde zu ihren Ermittlungsergebnissen kein Gehör gewährt habe.

4. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht.

Zwar ist die Behörde dann, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. in diesem Sinn etwa das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0270, mwN).

Solche atypischen Umstände hat die beschwerdeführende Gesellschaft aber schon in ihrem Einspruch behauptet, indem sie darauf hingewiesen hat, dass sich der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft meist im Ausland aufhalte und daher einerseits gar nicht die Möglichkeit habe, die Arbeiter zu kontrollieren, und andererseits nicht an der Einhaltung von bestimmten Arbeitszeiten, sondern nur an der Fertigstellung des zu einem Fixpreis aufgetragenen Werks - einer Fassadensanierung - interessiert sei.

Die belangte Behörde hat sodann den angefochtenen Bescheid erlassen, ohne der beschwerdeführenden Gesellschaft Parteiengehör zu gewähren. Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte zwar Kenntnis vom Inhalt des Verfahrensaktes der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, weil ihr auf Ersuchen ihres Rechtsvertreters Aktenkopien übermittelt worden waren. Im Einspruchsverfahren wurde ihr aber weder in Bezug auf den Vorlagebericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse noch in Bezug auf die Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Diesem Verfahrensmangel kommt insofern Relevanz zu, als die belangte Behörde die Weisungs- und Kontrollunterworfenheit von S. Z. und P. K., aber auch deren Bindung an vorgegebene Arbeitszeiten im Wesentlichen mit dem Argument bejaht hat, dass sie durch den Vater des nunmehrigen Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft überwacht würden. Wie oben wiedergegeben, bestreitet die Beschwerde dies und führt aus, dass sich der Vater aus der unternehmerischen Tätigkeit völlig zurückgezogen habe. Hätte die beschwerdeführende Gesellschaft schon im Verwaltungsverfahren Gelegenheit erhalten, dieses Vorbringen zu erstatten, so ist nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde in Auseinandersetzung damit zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das den Ersatz der Eingabengebühr betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 12. September 2012

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