Normen
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 Z3 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 Z3 idF 2006/I/037;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, beantragte am 16. Februar 2006 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
Mit Bescheid vom 23. August 2010 wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006, ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das Ermittlungsverfahren habe - auf Grund der näher dargestellten Unterlagen und Angaben bzw. Eingaben der Beschwerdeführerin - ergeben, dass die Beschwerdeführerin sich in den letzten zehn Jahren zumindest bis Ende 2004 regelmäßig und länger als zwei Monate pro Jahr im Iran (Islamische Republik Iran) aufgehalten habe. Dem näher bezeichneten Doppelbesteuerungsabkommen zufolge seien Personen in jenem Staat steuerpflichtig, in dem sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben. Für die Zeit vor Gründung der S GmbH im Jahr 2006 könne die Beschwerdeführerin aber weder eine Beschäftigung noch ein Einkommen in Österreich nachweisen; sie habe (gemeint: bis zu dieser Gesellschaftsgründung) regelmäßig im Iran Steuern bezahlt. Daraus sei (auch) zu folgern, dass sich der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin bis Ende 2004 im Iran befunden habe und sie sich mehr als 20 % der Zeit im Iran aufgehalten habe. Die Beschwerdeführerin gebe ihre Auslandsaufenthalte mit zwei bis drei Monaten an, wobei schon ein Auslandsaufenthalt in der Dauer von 12 Wochen im Jahr "25 % Auslandsaufenthalt" darstelle.
Nicht der Lebenserfahrung entsprechend sei es, dass die Beschwerdeführerin, ausgehend davon, dass sie im Iran zwei große Gesellschaften mit einer großen Anzahl von MitarbeiterInnen geführt, in Österreich aber mehr als zehn Jahre keinerlei Beschäftigung, Versicherung und Einkünfte habe, sich dennoch mehr als 80 % der Zeit im Bundesgebiet aufgehalten haben (will) sollte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass in den letzten zehn Jahren die Beschwerdeführerin sich mehr als 20 % der Zeit im Ausland aufgehalten habe. Erst ab dem Jahr 2005 könne davon ausgegangen werden, dass sie sich überwiegend im Bundesgebiet aufhalte und nur zwei Monate im Jahr wegen der Leitung der G Landwirtschafts- und Viehzuchtgesellschaft im Iran verbringe. Die (erst über Vorhalt der Aufenthaltszeiten) am 15. Juli 2008 übermittelte Bestätigung vom 27. August 2007 erscheine aus den im angefochtenen Bescheid näher dargelegten Erwägungen kein hinreichender Beweis, um die hervorgekommenen schlüssigen Hinweise auf die nicht nur kurzfristigen Auslandsaufenthalte der Beschwerdeführerin bis 2004 zu entkräften. Die gesamte wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerin (und auch ihres Ehegatten) beruhe auf umfangreichen Geschäftsbetrieben im Iran; demgegenüber seien in Österreich bis auf Wohnsitzmeldungen keine eindeutigen Belege für einen dauernden Aufenthalt, der über 80 % (der Zeit) liege, gegeben.
Da die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG nicht erfülle, sei ihr Verleihungsansuchen abzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.
Gemäß § 11a Abs. 4 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn weitere nachfolgend in den Ziffern 1 bis 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts nach diesem Bundesgesetz unterbrochen, wenn sich der Fremde innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 20 v.H. der Zeitspanne außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat; in diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass nach dem klaren Wortlaut der genannten Bestimmungen ("rechtmäßig und ununterbrochen") Verleihungsvoraussetzung ist, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen - unter Berücksichtigung der Unterbrechungstatbestände des § 15 Abs. 1 StbG - durchgehenden (eben "ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 2011, Zl. 2009/01/0063, und vom 20. September 2011, Zl. 2009/01/0047, jeweils mwN).
Hinsichtlich der Aufenthaltsfristen trifft den Verleihungswerber zwar keine (besondere) "Beweispflicht", er ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 4 StbG aber verpflichtet, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2011, Zl. 2009/01/0020).
Gegen die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe sich im Zeitraum der letzten zehn Jahre zumindest bis Ende 2004 mehr als ein Fünftel der Zeit außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten, bringt die Beschwerde (nur) vor, die Beschwerdeführerin habe ihren "ununterbrochenen Aufenthalt" im Bundesgebiet durch die "ständig aufrechte polizeiliche Meldung in Wien" und durch "vorgelegte Urkunden" nachgewiesen. Ihren Hauptwohnsitz habe sie seit 1987 in Österreich, zumindest habe sie ihren Willen in Österreich aufhältig zu sein niemals aufgegeben. Im Übrigen entspreche es "auch" der Lebenserfahrung, dass größere Unternehmen nicht vom Eigentümer sondern bestellten Geschäftsführern geleitet würden; "im heutigen Medienzeitalter" sei eine persönliche Anwesenheit bloß stichprobenartig notwendig.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Der ins Treffen geführte (bloße) Wille der Beschwerdeführerin, in Österreich aufhältig zu sein, genügt nicht und ändert auch daran nichts, dass sie sich im festgestellten Umfang außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat.
Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage (StbG in der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005) kommt es nicht darauf an, ob durch Auslandsaufenthalte ein im Inland von der Beschwerdeführerin begründeter "Hauptwohnsitz" verloren ging. Mit dem darauf abstellenden Beschwerdevorbringen bzw. dem bloßen Hinweis auf die "ständig aufrechte polizeiliche Meldung in Wien" wird kein Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet dargetan. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1030, festgehalten hat, kommt es nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den ununterbrochenen Hauptwohnsitz, sondern auf den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt an. Durch die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird klargestellt, dass sich der Fremde in diesem Zeitraum nicht mehr als ein Fünftel der Zeit außerhalb des Bundesgebietes aufhalten darf und die Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG die tatsächliche Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet im Umfang von mindestens vier Fünftel des Zeitraumes erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2010, Zl. 2007/01/0065).
Insoweit die Beschwerde (auch) eine "Lebenserfahrung" über die Leitung eines größeren Unternehmens bzw. das Erfordernis persönlicher Anwesenheit des Eigentümers im "Medienzeitalter" behauptet, sowie auf nicht konkretisierte "Urkunden" verweist, wird allein damit eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung nicht aufgezeigt. Auf die eingehenden und schlüssigen behördlichen Erwägungen zur Beweiswürdigung geht die Beschwerde gar nicht ein. Dass die Beschwerdeführerin (bis Ende 2004) im Iran zwei große Gesellschaften leitete, in diesem Land Steuern bezahlte, aber dem gegenüber (in den letzten zehn Jahren) in Österreich über keinerlei Beschäftigung, Versicherung und Einkünfte verfügte, übergeht die Beschwerde mit völligem Stillschweigen. Auch vermag die Beschwerde nicht darzutun, welche Indizien (Hinweise) - abgesehen von nicht aussagekräftigen polizeilichen Wohnsitzmeldungen - vorgelegen sind und die Behörde heranziehen hätte können (müssen), um auf einen dauernden Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet (im Umfang von mindestens vier Fünftel des Zeitraumes) schließen zu können. Weder die gegen ihre überwiegende Anwesenheit im Bundesgebiet sprechenden Hinweise wurden entkräftet, noch konnte die Beschwerdeführerin für ihre überwiegende Anwesenheit im Bundesgebiet konkrete Hinweise dartun.
Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall daher zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin die Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet in der Dauer von mindestens zehn Jahren im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (3. September 2010) noch nicht erfüllte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 26. Jänner 2012
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