VwGH 2007/01/0065

VwGH2007/01/006521.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde der Dr. S K S in W, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich Schmidt-Platz 7, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. November 2006, Zl. MA 35/IV - K 1235/2003, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 Z3 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §11a Abs4 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §15 Abs1 Z3 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine iranische Staatsangehörige, beantragte am 2. Juli 1990 bei der belangten Behörde die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Da sie sich danach in den USA befand, wurde ihr Verleihungsverfahren 1991 "außer Evidenz" genommen. Am 16. April 1997 beantragte sie die Fortsetzung des Einbürgerungsverfahrens.

Mit Bescheid vom 10. September 1998 wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 10 Abs. 4 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985" (StbG in der damals geltenden Fassung) ab.

Mit Erkenntnis vom 11. Juni 2002, Zl. 2000/01/0355, wurde der Bescheid vom 10. September 1998 vom Verwaltungsgerichtshof (im Wesentlichen) mit der Begründung aufgehoben, die Behörde habe verabsäumt (auch) die Verleihungsvoraussetzungen "nach § 10 Abs. 1 und 3 StbG" (in der damals geltenden Fassung) zu prüfen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. November 2006 wies die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 Abs. 1, 11a Abs. 4 Z. 1 bis 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006, ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Ermittlungsverfahren habe - auf Grund der näher dargestellten Eingaben der Beschwerdeführerin und der von ihr vorgelegten Schreiben - ergeben, dass die Beschwerdeführerin sich nach Abschluss ihres Medizinstudiums in Wien spätestens ab Juni 1991 bis 1997 in den USA und im Anschluss daran bis Oktober 2003 im Iran aufgehalten habe. In den (näher bezeichneten) Schreiben aus dem Jahr 1998 habe die Beschwerdeführerin ihre Wohnadresse in Teheran angegeben und (unter anderem) ausgeführt, dass sie bloß "bis 1991 in Österreich lebte". Der Bescheid der Universität Wien vom 23. Juni 2003 über die Zulassung der Beschwerdeführerin zum Studium der Biologie enthalte eine Zustelladresse in Teheran. Laut "Meldelage" sei die Beschwerdeführerin von 1983 bis 31. Jänner 1992, vom 17. März 1997 bis 14. November 2001 (mit Nebenwohnsitz) und ab 28. Oktober  2003 durchgehend bis jetzt (mit Hauptwohnsitz) in Österreich gemeldet. Nach dem Auszug betreffend Sozialversicherungszeiten der Wiener Gebietskrankenkasse (vom 23. Februar 2004) scheine die Beschwerdeführerin erst ab 17. Jänner 2004 mit Versicherungszeiten auf; alle Daten (Versicherungszeiten) würden bei der Wiener Gebietskrankenkasse ab dem Jahr 1979 erfasst.

Nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, die Beschwerdeführerin habe sich von 1991 bis Oktober 2003 im Ausland aufgehalten. Relevante Beweise für einen tatsächlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in diesem Zeitraum in Österreich seien nicht erbracht worden. Demnach sei - auf Grund der Überschreitung der Frist des § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG - eine Unterbrechung des Fristlaufes eingetreten. Die Frist des ununterbrochenen Aufenthalts habe ab Oktober 2003 neu zu laufen begonnen. Die Beschwerdeführerin erfülle die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 StbG (ununterbrochener und rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von zehn Jahren) und nach § 11a Abs. 4 Z. 1 bis 4 StbG (ununterbrochener und rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von sechs Jahren bei Vornhandensein eines der og. Gründe) nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG (in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006) darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

Gemäß § 11a Abs. 4 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn weitere nachfolgend in den Ziffern 1 bis 4 genannte Voraussetzungen erfüllt sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts nach diesem Bundesgesetz unterbrochen, wenn sich der Fremde innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 20 v.H. der Zeitspanne außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat; in diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen.

Die Beschwerde macht geltend, die Beschwerdeführerin habe ihren "Hauptwohnsitz" nicht von Österreich weg nach Teheran (in den Iran) verlegt. Sie sei in die USA gegangen, um ihre medizinische Ausbildung zu vervollständigen. Als sie Österreich im Jahr 1991 verlassen habe, sei es "für sie selbstverständlich gewesen, dass sie in einiger Zeit nach Österreich zurückkehren würde". Wie lange ihre Ausbildung in den USA dauern würde, sei nicht vorhersehbar gewesen. Auf Grund der Änderung fremdenrechtlicher Bestimmungen sei ihre Rückkehr nach Österreich nicht möglich gewesen. Sie habe durch Jahre hindurch versucht, "in Österreich wieder Fuß zu fassen"; auf Grund des Verlustes der Beschäftigungsbewilligung und der Tatsache, "dass sie sich im Ausland befinde", sei ihr dies nicht möglich gewesen. Sie habe "ihren Hauptwohnsitz seit 1983 ohne Unterbrechung in Österreich", zumindest habe sie "ihren Willen in Österreich aufhältig zu sein, seit diesem Zeitpunkt niemals aufgegeben".

Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG ("rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten") bzw. des § 11a Abs. 4 ("nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von") ist Verleihungsvoraussetzung, dass ein Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden legalen Aufenthalt im Bundesgebiet in der erforderlichen Mindestdauer (von zehn bzw. sechs Jahren) aufweisen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0316).

Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen - die in der Beschwerde nicht bekämpft wurden - hat die Beschwerdeführerin sich von Juni 1991 bis Oktober 2003 in den USA und danach im Iran und demnach nicht im Bundesgebiet aufgehalten. Diese Aufenthaltszeiten im Ausland erfüllen die Verleihungsvoraussetzung eines rechtmäßigen Aufenthalts der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nicht.

Insoweit dagegen der "Willen in Österreich aufhältig zu sein" ins Treffen geführt wird, verkennt die Beschwerdeführerin, dass ihr bloßer Wille nicht genügt, und daran nichts ändert, dass sie sich außerhalb des Bundesgebiets aufgehalten hat.

Nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage (StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005) kommt es nicht darauf an, ob durch Auslandsaufenthalte der Beschwerdeführerin ein im Inland von ihr begründeter "Hauptwohnsitz" verloren ging. Mit dem darauf abstellenden Beschwerdevorbringen wird ein Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nicht dargetan. Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1030, festgehalten hat, kommt es nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den ununterbrochenen Hauptwohnsitz, sondern auf den rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt an. Durch die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird klargestellt, dass sich der Fremde in diesem Zeitraum nicht mehr als ein Fünftel der Zeit außerhalb des Bundesgebietes aufhalten darf und die Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG die tatsächliche Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet im Umfang von mindestens vier Fünftel des Zeitraumes erfordert.

Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall daher zu Recht davon aus, dass die Beschwerdeführerin legale Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet erst ab Oktober 2003 aufweist und demnach die Verleihungsvoraussetzung eines ununterbrochenen und rechtmäßigen Aufenthalts in der Dauer von mindestens sechs Jahren im Zeitpunkt der Bescheiderlassung (18. Dezember 2006) noch nicht erfüllte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. Jänner 2010

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