Normen
AufG 1992;
FremdenG 1997;
NAG 2005 §8;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
AufG 1992;
FremdenG 1997;
NAG 2005 §8;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1 idF 2006/I/037;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Der Erstbeschwerdeführer, ein jordanischer Staatsangehöriger, stellte am 2. Oktober 1995 über die österreichische Botschaft in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) für sich und seine Gattin, die Zweitbeschwerdeführerin, einen Antrag auf Verleihung bzw. Erstreckung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
2. Am 5. März 1997 wurde dem Erstbeschwerdeführer durch die belangte Behörde über die österreichische Botschaft in Abu Dhabi mitgeteilt, dass eine positive Erledigung des Ansuchens gemäß § 10 Abs. 4 Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) mangels Vorliegens außerordentlicher Leistungen im Interesse der Republik Österreich derzeit nicht möglich sei. Die Wirtschaftsaktivitäten des Erstbeschwerdeführers gehörten laut einer Stellungnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten nämlich lediglich zu den normalen Tätigkeiten einer Handelsfirma. Eine Verleihung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG wäre nur bei Vorhandensein eines mindestens 10jährigen ununterbrochenen Inlandshauptwohnsitzes und Straffreiheit möglich, sofern auch die sonstigen Einbürgerungsvoraussetzungen (etwa Kenntnis der Landessprache) vorlägen.
Der Erstbeschwerdeführer bedauerte (in der bei der österreichischen Botschaft in Abu Dhabi aufgenommenen Niederschrift), dass seinem Antrag nicht stattgegeben worden sei, und betonte, dass er hoffe, die österreichische Staatsbürgerschaft zu einem späteren Zeitpunkt erwerben zu können sowie dass er Deutsch lernen wolle. Er habe die Führung der laufenden Geschäfte "im Golf" bereits übertragen und wolle sich nunmehr immer wieder längere Zeit in Österreich aufhalten.
3. Am 16. September 2002 erneuerten bzw. stellten die Beschwerdeführer, nunmehr rechtsanwaltlich vertreten, ihre Anträge auf Verleihung bzw. Erstreckung der österreichischen Staatsbürgerschaft.
4. In Folge eines zur hg. Zl. 2007/01/0118 protokollierten Säumnisbeschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof erließ die belangte Behörde am 2. August 2007 den vorliegend angefochtenen Bescheid (vgl. zur Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens den hg. Beschluss vom 22. August 2007, Zl. 2007/01/0118-9). Darin wies die belangte Behörde das Ansuchen des Erstbeschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG und § 11a Abs. 4 Z. 1 bis 4 StbG und die Anträge der übrigen Beschwerdeführer auf Erstreckung der Verleihung gemäß den §§ 16, 17 und 18 StbG ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Erstbeschwerdeführer habe das Staatsbürgerschaftsverfahren noch im März 1997 vom Ausland aus betrieben und auf Grund seines selbst angeführten Auslandswohnsitzes die Unterstützung der österreichischen Botschaft in Abu Dhabi in Anspruch genommen. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Einbürgerungswerber, der schon längst in Österreich den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe, vor den Behörden fälschlicherweise angebe, im Ausland zu wohnen, um sein Verfahren über die zuständige Vertretungsbehörde abwickeln zu lassen.
Aus den im Verfahren übermittelten Meldebestätigungen gehe hervor, dass der Erstbeschwerdeführer vom 10. Mai 1991 bis 12. Oktober 1999 und dann erst wieder ab 4. April 2001 durchgehend in Wien gemeldet gewesen sei. Vom 13. Oktober 1999 bis 3. April 2001 weise er keine Meldungen im Bundesgebiet auf. In der Zeit vom 1. Jänner 2000 bis 3. April 2001 habe er auch über keine Selbstversicherung (Krankenversicherung) nach dem ASVG verfügt. Von der belangten Behörde angeordnete Wohnsitzerhebungen im April 2007 hätten ergeben, dass die Beschwerdeführer an den bisherigen Meldeadressen fast gänzlich unbekannt gewesen seien. Lediglich an einer Adresse habe die Mieterin erklärt, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ihre Vormieter gewesen seien, sie selbst sei seit etwa 10 Jahren Mieterin der Wohnung. Seit 20. Oktober 2006 sei der Erstbeschwerdeführer nicht mehr aufrecht in Österreich gemeldet.
Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfüge, spreche ebenfalls gegen die Annahme, dass sich sein Lebensmittelpunkt in Österreich befinde.
Das Finanzamt habe im Zuge der Erhebungen mitgeteilt, dass es zweifelhaft sei, dass der Erstbeschwerdeführer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich habe, da bislang keine Steuernummer vergeben worden sei und Versuche einer Vorladung in der Vergangenheit fehlgeschlagen seien. Weiters wäre es zur Vermeidung von Doppelbesteuerung erforderlich gewesen, dass der Erstbeschwerdeführer seine Einkünfte im hierfür erforderlichen Verzeichnis ausweise.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Rechtslage:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), lauten:
"§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn
1. er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war;
...
§ 11a. ...
(4) Einem Fremden ist nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren im Bundesgebiet und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8, Abs. 2 und 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
...
4. die Verleihung auf Grund der vom Fremden bereits erbrachten und zu erwartenden außerordentlichen Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, künstlerischem oder sportlichem Gebiet im Interesse der Republik liegt.
...
§ 15. (1) Die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts nach diesem Bundesgesetz sowie der Lauf der Wohnsitzfristen nach den §§ 12 Z 1 lit. a und 14 Abs. 1 Z 2 werden unterbrochen
...
3. wenn sich der Fremde innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 20 v.H. der Zeitspanne außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat; in diesen Fällen beginnt die Frist ab der letzten rechtmäßigen Einreise neuerlich zu laufen oder
..."
2. Beschwerdevorbringen:
Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten bewiesen, dass sie seit 10. Mai 1991 (Dritt- und Viertbeschwerdeführer seit ihrer Geburt) durchgehend im Bundesgebiet aufrecht gemeldet und aufhältig seien, Ortsabwesenheiten seien lediglich durch den Beruf des Erstbeschwerdeführers bedingt. Das Vorliegen einer Nichtmeldung sei nicht durch den Erstbeschwerdeführer verschuldet und könne ihm daher nicht zur Last gelegt werden. Das Nichtwissen anderer Hausbewohner sei keine Grundlage für eine allfällige Abmeldung der Beschwerdeführer. Eine beruflich bedingte Ortsabwesenheit stelle rechtlich eine Zeit der Anwesenheit im Bundesgebiet dar.
Die Deutschkenntnisse seien für den täglichen Gebrauch ausreichend, auf Grund ständiger internationaler Geschäftsverbindungen sei Englisch die internationale Geschäftssprache, welche der Erstbeschwerdeführer beherrsche und auch tatsächlich anzuwenden habe.
Der Erstbeschwerdeführer sei Inhaber einer im Ausland ansässigen Firma, die in Österreich nicht steuerpflichtig sei. Er sei geschäftsführender Gesellschafter eines großen weltweit tätigen Unternehmens der Baubranche. Diese Tätigkeit und die nachgewiesenen intensiven Geschäftskontakte zu österreichischen Firmen lägen unbestrittenermaßen im Interesse der Republik Österreich, insbesondere wenn man an die für die inländischen Geschäftsabwicklungen benötigten Arbeitsplätze und Steuereinnahmen der Republik Österreich denke. Im Hinblick auf § 11a StbG habe die belangte Behörde keine ausreichenden Erhebungen angestellt.
3. Zum rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt (§ 10 Abs. 1 Z. 1 StbG):
3.1. Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2006/01/0943, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
3.2. Dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall bei den Beschwerdeführern bereits dieses Kriterium nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG als nicht erfüllt erachtete und dies mit deren nicht durchgehenden Hauptwohnsitzmeldung begründete.
In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG in der vorliegend maßgeblichen Fassung nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht mehr auf den ununterbrochenen Hauptwohnsitz, sondern eben auf den
rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt ankommt. Zum
rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt zählen vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Für Zeiten vor Inkrafttreten des NAG kann die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch mit Aufenthaltstiteln nach den Vorschriften des FrG 1997 oder des AufG nachgewiesen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2008, Zl. 2008/01/0316, mwN).
3.3. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer für den erforderlichen Zeitraum tatsächlich einen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt nachweisen konnten.
Denn nach § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG wird die Frist des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts unterbrochen, wenn sich der Fremde innerhalb dieser Frist insgesamt länger als 20 % der Zeitspanne außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten hat. Damit wird klargestellt, dass sich der Fremde in diesem Zeitraum nicht mehr als ein Fünftel der Zeit außerhalb des Bundesgebietes aufhalten darf und die Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthaltes nach § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG die tatsächliche Anwesenheit des Fremden im Bundesgebiet im Umfang von mindestens vier Fünftel des Zeitraumes erfordert.
3.4. In dieser Hinsicht geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid davon aus, dass sich die Beschwerdeführer keinesfalls für längere Zeit und somit in dem nach § 10 Abs. 1 Z. 1 iVm § 15 Abs. 1 Z. 3 StbG erforderlichen Umfang im Bundesgebiet aufgehalten haben.
Die Beschwerde kann die Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde hiezu angestellten und oben wiedergegebenen Beweiswürdigung nicht dartun:
Eine vorübergehende beruflich bedingte Ortsabwesenheit erklärt weder, weshalb die Beschwerdeführer an den Meldeadressen so gut wie unbekannt waren, noch die mangelnden Deutschkenntnisse noch weshalb der Erstbeschwerdeführer dem Finanzamt nicht seine Einkünfte ausgewiesen hat. Die belangte Behörde hat mit ihrem Bescheid daher nachvollziehbar dargelegt, dass die Ortsabwesenheiten der Beschwerdeführer nicht nur vorübergehend waren und sie sich tatsächlich nicht im oben angeführten erforderlichen Umfang im Bundesgebiet aufgehalten haben.
4. Die im Hinblick auf § 11a StbG von der Beschwerde behaupteten Ermittlungsmängel sind nicht zu sehen, zumal sich die belangte Behörde bei der Beurteilung der Frage der Leistungen des Erstbeschwerdeführers auf wirtschaftlichem Gebiet nach Abs. 4 Z. 4 dieser Bestimmung durchaus schlüssig auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten stützen konnte.
5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 16. Dezember 2009
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