VwGH 2009/16/0321

VwGH2009/16/032124.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der H.R.S.Ges.m.b.H. in L, vertreten durch die Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 16. November 2009, Zl. RV/0201-S/06, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §5;
HGB §122;
UGB §122;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §5;
HGB §122;
UGB §122;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und die H GmbH, welche über dieselben gemeinsam zeichnungsberechtigten Geschäftsführer verfügten, waren zu gleichen Teilen die Gesellschafter der damaligen R OHG. Als solche schlossen sie am 6. Juni 2005 eine "Vereinbarung über eine Sachentnahme im Sinne des § 122 HGB". Diese lautet auszugsweise:

"Erstens: Die R OHG … ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaften EZ. 1430…, BG … mit dem Grundstück 772 Baufläche … sowie EZ. 3009, BG … mit dem Grundstück 816/6 Baufläche … sowie Eigentümer der in Beilage ./A dargestellten Anlagegüter und Wertpapiere.

Zweitens: Mit Beschluss vom heutigen Tage wurde unter anderem die im Jahresabschluss vom 28. Februar 2005 ausgewiesene Gewinnrücklage in Höhe von EUR 4.200.000,00 aufgelöst. Anstelle der Ausschüttung der aufgelösten Rücklage wird nun die Entnahme der unter Punkt Erstens angeführten Liegenschaften sowie der unter Beilage./A dargestellten Anlagegüter und Wertpapiere vereinbart. Da der Wert der entnommenen Wirtschaftsgüter die aufgelöste Gewinnrücklage übersteigt, wird die Differenz dem Verrechnungskonto des Gesellschafters angelastet.

Drittens: Die R OHG … überträgt und übergibt nunmehr an die (Beschwerdeführerin) und diese entnimmt die im vorstehenden Punkt näher beschriebenen Liegenschaften EZ. 1430 und EZ. 3009, … sowie die in Beilage ./A dargestellten Anlagegüter und Wertpapiere ...

Fünftens: Übergabe und Übernahme der Liegenschaften

sowie der Wirtschaftsgüter erfolgten am Tag der Unterfertigung

dieser Vereinbarung. …

Siebtens: Sohin erteilt die R OHG die ausdrückliche Einwilligung, dass ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen nachstehende Grundbuchseintragungen vorgenommen werden:

ob der Liegenschaften Einlagezahl 1430 … und Einlagezahl 3009 … die Einverleibung des Eigentumsrechtes für :

(Beschwerdeführerin) …"

Mit Bescheid vom 25. Jänner 2006 schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin für den Erwerb der genannten Grundstücke Grunderwerbsteuer von EUR 185.500,-- vor. Dabei ging es von einer Gegenleistung in Höhe des Verkehrswertes der Grundstücke (Gewinnrücklage und Ausgleich) von EUR 5,300.000,-- aus.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass mit Gesellschafterbeschluss vom 6. Juni 2005 die Auflösung der Gewinnrücklage als handelsrechtliche Grundlage für die gleichzeitig geschlossene Vereinbarung der Entnahme der Liegenschaften zu werten sei, weil nur nach vorheriger Auflösung der Gewinnrücklage die Entnahme habe getätigt und gebucht werden können. Eine Gegenleistung für die Sachentnahme sei jedoch nicht vereinbart worden. Das Finanzamt habe die Auflösung der Gewinnrücklage von EUR 4,200.000,-- zuzüglich der Differenz zum Verkehrswert der Liegenschaften (EUR 5,300.000,--; ident mit dem Buchwert) als Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z 3 GrEStG unterstellt. Entgegen der Annahme des Finanzamtes sei auch durch die Auflösung der Gewinnrücklage mit der Vereinbarung von 6. Juni 2005 kein Anspruch auf Auszahlung der Gewinnrücklage entstanden, da seitens des Gesellschafters die Auszahlung der aufgelösten Gewinnrücklage nie verlangt und auch kein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst worden sei. Die Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt setze aber ein bereits bestehendes und auf Leistung gerichtetes Schuldverhältnis voraus. Es habe aber zu keiner Zeit eine entsprechende Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber der R OHG bestanden. Die Sachentnahme sei im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile an der R OHG im Juni 2005 zu sehen, zu der sich die Gesellschafter vertraglich verpflichtet hätten. Zum Zeitpunkt des Anteilverkaufes sollten sich die Grundstücke nicht mehr im Besitz der R OHG befinden. Mangels Vorliegens einer Gegenleistung für die Sachentnahme sei die Grunderwerbsteuer vom dreifachen Einheitswert zu bemessen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 14. März 2006 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Mit Schreiben vom 22. März 2006 stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. § 12 des Gesellschaftsvertrages der R OHG regle die Aufteilung des "Reingewinns- bzw. Verlustes", wonach gemäß Pkt 3. die Gewinn- und Verlustanteile den Gesellschaftern auf den Verrechnungskonten gutgebracht oder angelastet würden. Guthaben auf dem Privatkonto des Gesellschafters in Höhe von 25 % des anteiligen Vorjahresgewinnes sowie des zur Bezahlung aller Ertragsteuern des Gesellschafters erforderlichen Betrages könne der Gesellschafter frei entnehmen, die Entnahme des verbleibenden Guthabens sei nur mit schriftlicher Zustimmung der Gesellschafter zulässig.

Die Vereinbarung vom 6. Juni 2005 betreffend die Auflösung der Gewinnrücklage und die anstelle der Ausschüttung der aufgelösten Gewinnrücklage vereinbarte Liegenschaftsentnahme erfülle das Zustimmungserfordernis aller Gesellschafter betreffend eine Entnahme iSd § 12 des Gesellschaftsvertrages, wodurch der Rechtsanspruch auf Ausschüttung der aufgelösten Gewinnrücklage entstehe.

In der Bilanz zum 28. Februar 2005 sei auf der Passivseite unter Position A.III eine Gewinnrücklage von EUR 4,200.000,-- ausgewiesen. In der Bilanz des Rumpfwirtschaftsjahres 28. Februar bis 31. Dezember 2005 zum Stichtag 31. Dezember 2005 scheine unter dieser Position die Gewinnrücklage mit 0,-- auf. Dem auf der Aktivseite der Bilanz dargestellten Vermögensabgang im Rahmen des Anlagevermögens stehe die Auflösung der Gewinnrücklage gegenüber, welche jedoch nicht dem Verrechnungskonto der Beschwerdeführerin gutgebucht worden sei, weil sie statt dessen Liegenschaften und die in der Beilage A der Sachentnahmevereinbarung ausgewiesenen Anlagegüter und Wertpapiere erhalten habe. Diese hätten wertmäßig die Gewinnrücklage überstiegen und daher in Höhe des Differenzbetrages eine Belastung des Verrechnungskontos der Beschwerdeführerin erforderlich gemacht. Aus der Bilanz iVm dem Text der Sachentnahmevereinbarung sei daher der unmittelbare kausale Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Liegenschaften durch die Beschwerdeführerin und deren Gegenleistung in Form des Verzichtes auf Gewinnausschüttung und zusätzlicher Belastung des Verrechnungskontos ersichtlich.

Es sei daher entbehrlich, für den Nachweis des Vorliegens einer Gegenleistung für den Liegenschaftserwerb einen - überdies ohnehin auf Grund der Beschlussfassung der gemeinsam zeichnungsberechtigten Geschäftsführer beider persönlich haftenden Gesellschafter bestehenden - Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin auf Ausschüttung der Gewinnrücklage, welcher in der Folge durch die Liegenschafts- bzw. Anlagegüterentnahme als Leistung an Erfüllungs statt durch die R OHG befriedigt werden sollte, als unabdingbares Erfordernis annehmen zu wollen, weil bereits aus der Bilanz im Kontext mit der Sachentnahmevereinbarung dieser Leistungsaustausch ersichtlich ist.

Im Zuge des (zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 6. Juni 2005 unmittelbar bevorstehenden) Gesellschafterwechsels seien die gegenständlichen Liegenschaften und die in der Beilage ./A aufgelisteten Anlagegüter und Wertpapiere gegen Verzicht auf Ausschüttung der Gewinnrücklage und Belastung des Verrechnungskontos zurückbehalten worden, womit der für die Qualifikation als Gegenleistung erforderliche unmittelbare und wirtschaftliche Zusammenhang gegeben sei.

Aus dem Vertragspassus "Da der Wert der entnommenen Wirtschaftsgüter die aufgelöste Gewinnrücklage übersteigt, wird die Differenz dem Verrechnungskonto des Gesellschafters angelastet" gehe hervor, dass der Wert der entnommenen Wirtschaftsgüter und die vereinbarte Gegenleistung wertident seien, weshalb der Verkehrswert der Liegenschaften als auf die Liegenschaftsentnahme entfallende Gegenleistung heranzuziehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Heranziehen des dreifachen Einheitswertes als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG 1987 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Die Steuer ist gem. § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Stammfassung vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Gem. § 5 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einer Leistung an Erfüllungs statt der Wert, zu dem die Leistung an Erfüllungs statt angenommen wird.

Als Wert des Grundstückes ist nach § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG 1987 (in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) das Dreifache des Einheitswertes (lit. a) anzusetzen. Wird von einem Steuerschuldner nachgewiesen, dass der gemeine Wert des Grundstückes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geringer ist als das Dreifache des Einheitswertes, ist der nachgewiesene gemeine Wert maßgebend.

Nach § 122 Abs. 1 UGB (HGB) in der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Fassung vor dem HaRÄG, BGBl. I Nr. 120/2005, ist jeder Gesellschafter berechtigt, aus der Gesellschaftskasse Geld bis zum Betrage von vier vom Hundert seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils zu seinen Lasten zu erheben und, soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht, auch die Auszahlung seines den bezeichneten Betrag übersteigenden Anteils am Gewinne des letzten Jahres zu verlangen.

Gem. § 122 Abs. 2 leg. cit. ist ein Gesellschafter nicht befugt, ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter seinen Kapitalanteil zu vermindern.

Im Beschwerdefall gehen beide Parteien zu Recht davon aus, dass der Erwerbsvorgang der Grunderwerbsteuer unterliegt. Strittig ist ausschließlich, ob im Beschwerdefall die Grunderwerbsteuer vom Wert einer Gegenleistung oder mangels einer solchen vom dreifachen Einheitswert der Grundstücke zu berechnen ist.

Gem. § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Der Begriff der Gegenleistung ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt; jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, ist Teil der Bemessungsgrundlage (hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/16/0613, mwN). Der Begriff der Gegenleistung ist im Grunderwerbsteuerrecht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 Abs. 1 BAO) zu verstehen (vgl. Takacs, GrEStG5 § 4 E 1.55 und die dort angeführte hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, dass es für den Erwerb der Grundstücke keine Gegenleistung gegeben habe. Der Verzicht auf Gewinnausschüttung sei nicht als Gegenleistung der Beschwerdeführerin anzusehen, weil ein ausreichender Zusammenhang zwischen der Übereignung der Liegenschaft und dem Verzicht auf die Gewinnausschüttung fehle. Solcher hätte nur bei einem einklagbaren Anspruch der Gesellschafterin auf Auszahlung der Gewinnausschüttung gegen die R OHG bestanden.

Das Recht des Gesellschafters auf Entnahme seines Gewinnanteils entsteht erst mit Feststellung der Schlussbilanz des betreffenden Geschäftsjahres. Die Gesellschaft ist zur Auszahlung nur verpflichtet, wenn der Gesellschafter die Auszahlung verlangt. Durch ein solches Verlangen wird der Anspruch des Gesellschafters zu einer Gläubigerforderung (vgl. H. Torggler in Straube, HGB3, § 122, Rz 6, mwN).

Von der Entstehung dieses Anspruchs auf Gewinnauszahlung zu unterscheiden ist seine Fälligkeit. Zwar kann der einzelne Gesellschafter diesen Zahlungsanspruch jederzeit geltend machen; aber ohne eine solche Geltendmachung ist die Gesellschaft weder zur Zahlung verpflichtet noch dazu berechtigt. Es steht im freien Belieben des Gesellschafters, die Gewinnauszahlung zu verlangen oder durch Verzicht seinen Kapitalanteil zu erhöhen. Ist hingegen dieser Anspruch geltend gemacht worden, so handelt es sich um einen selbständigen Zahlungsanspruch, der abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden kann (Martens in Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, Tz 14f zu § 122).

Aus der Entnahmevereinbarung vom 6. Juni 2005 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin die Zahlung aus der Auflösung der Gewinnrücklage bereits geltend gemacht hat. In dieser Vereinbarung wird nämlich geregelt, dass die Beschwerdeführerin "statt der Ausschüttung (Auszahlung)" der aufgelösten Gewinnrücklage u.a. das Eigentum an den gegenständlichen Grundstücken erhalten soll. Dies setzt aber gedanklich bereits die Geltendmachung des Entnahmeanspruches voraus. Der Beschwerdeführerin wird damit vertraglich eine Rechtsposition zugestanden, die über einen bloßen Anspruch auf ihren Gewinnanteil bereits hinausgeht und die eine (nochmalige) Geltendmachung desselben überflüssig macht. Zudem enthält diese Vereinbarung in Punkt Siebtens bereits die ausdrückliche Erklärung der R OHG, dass sie in die grundbücherliche Durchführung dieses Eigentumsüberganges einwillige. Zu all dem wäre sie aber (in Ermangelung irgendeines Anhaltspunktes für einen anderen Rechtsgrund für die Liegenschaftsübertragung) ohne die Geltendmachung des Zahlungsanspruches durch die Beschwerdeführerin nicht berechtigt gewesen.

Es kann somit nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen einer Gegenleistung ausging und die Grunderwerbsteuer nicht vom dreifachen Einheitswert der Grundstücke berechnet hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Mai 2012

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte