Normen
EStG §34 Abs6;
EStG §35 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
EStG §34 Abs6;
EStG §35 Abs5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht - wie schon der mit dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2010, 2008/13/0126, entschiedene - in Bezug auf die Anerkennung von Pflegeheimkosten als außergewöhnliche Belastung gemäß § 35 Abs. 5 i.V.m. § 34 Abs. 6 EStG 1988 jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2010, 2008/13/0145, zu Grunde lag. In diesem Erkenntnis, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass es einem behinderten Steuerpflichtigen i.S. des § 35 EStG 1988, der behinderungsbedingt nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt selbst zu führen, freisteht, die tatsächlichen Kosten einer Heimunterbringung (auch in der Form der Unterkunft und Verpflegung, soweit diese Kosten über die Haushaltsersparnis hinausgehen) als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen (wobei es auch nicht auf den Bezug von Pflegegeld ankommt, vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2010, 2007/13/0051).
Im vorliegenden Fall hat die behinderte Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren geltend gemacht, sie sei auf Grund ihrer Gehbehinderung und der Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nach einem Schlaganfall nicht mehr in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu bewältigen, und in ein Senioren- und Pflegeheim übersiedelt, weil die erforderlichen Versorgungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen nur in einem solchen Heim abgedeckt würden. Die belangte Behörde hat sich zunächst Kommentarmeinungen angeschlossen, wonach auch die Kosten der Unterbringung zu berücksichtigen seien, wenn es wegen Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besonderer Betreuungsbedürftigkeit der Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim bedürfe. Unter Berufung auf ältere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tag, 2008/13/0185 und 2008/13/0186) hat sie in weiterer Folge jedoch die Auffassung vertreten, die Berufung der Beschwerdeführerin sei schon deshalb unberechtigt, weil eine außergewöhnliche Belastung nicht vorliege, solange "nicht auch besondere Aufwendungen abzudecken" seien, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht würden. Die Beschwerdeführerin habe zwar behauptet, in dem von ihr bezahlten Betrag seien auch Betreuungs- und Hilfeleistungen der im Pflegegeldgesetz genannten Art enthalten, sie habe aber auch darauf hingewiesen, dass "diese Leistungen nicht separat fakturiert" würden. "Damit", so die belangte Behörde, sei "der Charakter der Kosten als außergewöhnliche Belastung im Sinn des § 34 EStG 1988 nicht nachgewiesen", weil ein rechtzeitig behandelter Schlaganfall keine Dauerschäden verursache und ein künstliches Kniegelenk "nicht zwangsläufig Ursache für eine Gehbehinderung" sei. Auf die vom Bundessozialamt bestätigte Behinderung ging die belangte Behörde dabei nicht ein.
Mit diesen Rechts- und Beweisfragen vermischenden, Mehrkosten eines behinderungsbedingt erforderlichen Heimaufenthaltes nur mit Einschränkungen berücksichtigenden Ausführungen hat die belangte Behörde nach dem Maßstab des Erkenntnisses vom 30. Juni 2010, 2008/13/0145, auch im vorliegenden Fall die Rechtslage verkannt. Dies gilt ungeachtet der noch folgenden Zusatzargumente, mit denen die belangte Behörde, wie es scheint, zum Ausdruck bringen will, eine Gehbehinderung und die Folgen eines Schlaganfalles seien nicht geeignet, die Aufgabe des eigenen Haushalts und die Übersiedlung in ein Heim als erforderlich erscheinen zu lassen, "wenn ein Zahlungsnachweis betreffend eines Entgelts, das sich im Bereich der stationären Betreuung aus einem fixen Wert je nach Zimmerkategorie (=Grundpreis) und einer individuellen pflegebedarfsabhängigen Komponente (Pflegeaufschlag) zusammensetzt, gefehlt hatte". Die Annahme, es bedürfe einer solchen Aufspaltung der behinderungsbedingt notwendig gewordenen Mehrausgaben, widerspricht dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2010, 2008/13/0145.
Der angefochtene Bescheid war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. September 2012
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