VwGH 2009/05/0237

VwGH2009/05/023716.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der M AG in in Wien, vertreten durch Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Neuer Markt 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Juni 2009, Zl. RUl-BR-985/002-2009, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde T), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §1 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §56;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
EisenbahnG 1957 §10;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §1 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §56;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
EisenbahnG 1957 §10;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 4. September 2007 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Funkübertragungsstelle auf dem Grundstück Nr. 1119/4, EZ. 6833, KG P.

Nach der Baubeschreibung und den Einreichunterlagen handelt es sich um die Neuerrichtung einer Telekommunikationsanlage, bestehend aus einem ÖBB-Gittermasten und einem Container für die erforderliche Systemtechnik. Zwischen zwei Fahrleitungsmasten der ÖBB-Strecke werde, etwas außerhalb der Flucht dieser Maste, ein 22,5 m hoher ÖBB-Gittermast aufgestellt, der auf einem Rammpfahl gegründet sei. Nach einem im Akt befindlichen Grundbuchsauszug liegt die EZ. 6833 und damit auch das gegenständliche Grundstück im Eisenbahnbuch als Teileinlage für die KG P.

Mit Schreiben vom 14. September 2007 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit, dass bereits ein Antrag zur Errichtung einer Mobilfunkanlage abgewiesen worden sei. Es sei daher beabsichtigt, den Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 26. September 2007 nahm die K-Industrieanlagenbau, in deren Auftrag das Bauvorhaben nach den Einreichunterlagen verwirklicht werden solle, dahingehend Stellung, dass es wesentliche Änderungen gegenüber dem Vorprojekt gebe. Diese beträfen die Höhe, den Grundriss und die Situierung (wurde näher ausgeführt). Außerdem werde bemerkt, dass der neue Mast auch als Träger für ÖBB-Fahrleitung und -Spitzenleitung dienen werde.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 den Antrag vom 4. September 2007 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass bereits im Jahre 2004 ein Antrag betreffend die Errichtung einer Mobilfunkanlage fast an gleicher Stelle gestellt worden sei. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. März 2005 wegen Widerspruches zu den §§ 54 und 56 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) abgewiesen worden, was sowohl in zweiter Instanz als auch von der Vorstellungsbehörde bestätigt worden sei.

Die gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 6. Mai 2008 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung als Vorstellungsbehörde vom 25. Juni 2008 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung Folge gegeben, der Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 6. Mai 2008 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Vielzahl der Abweichungen des nunmehr eingereichten Projektes vom Projekt aus dem Jahr 2004 (Standort, Materialeigenschaft, Masthöhe, Antennenausführung, Anordnung der Systemtechnik) nicht von einem identen Objekt gesprochen werden könne. Allein die Tatsache, dass sich der Mast auf demselben Baugrundstück befinde und daher bezüglich des Bezugsbereiches bei einer Beurteilung nach § 54 BO keine wesentlichen Änderungen zu erwarten seien, könne das eingereichte Bauvorhaben nicht zu einer identen Sache machen. Im gegenständlichen Fall wäre daher ein neuerliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen und ein neuerliches Gutachten einzuholen gewesen.

In der Folge gab der Amtssachverständige Dipl. Ing. W. ein Gutachten vom 9. Dezember 2008 ab. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, auf dem gegenständlichen Grundstück (Bahngrund) solle neben dem Bahngleis in der Nähe eines kleinen containerartigen Gebäudes der ÖBB eine Telekommunikationsanlage errichtet werden, die aus einer Systemeinheit mit Schutzdach und einem 22,5 m hohen Stahlgittermast mit durchgehend gleichem rechteckigem Grundriss von 65 cm x 45 cm bestehe. Der Standort befinde sich auf Bahngrund direkt neben den Bahngleisen zwischen zwei Beton-Fahrleitungsmasten. Vor dem Aufstellungsplatz befinde sich eine Grünfläche (öffentliches Gut). Unmittelbar westlich des Standortes liege die W.-Straße, die die Südbahn mit einer Bahnunterführung quere. Südwestlich, entlang der die W.-Straße begleitenden Grünfläche und in der Folge entlang der Bahntrasse, führe in Richtung Osten die S.-Straße. Das Gebiet, dessen Bebauung zugleich mit dem geplanten Bauvorhaben von allgemein zugänglichen öffentlichen Orten ersichtlich sei bzw. auf das das geplante Vorhaben optische Auswirkungen haben könne, bestehe aus dem Siedlungsbereich nördlich der Bahntrasse, beginnend vom Kreisverkehr F.-Straße - W.-Straße, entlang der südlichen Seite der F.-Straße zwischen F.-Straße und Bahntrasse bis auf Höhe des Elektrofachgeschäftes G., dann der Parzellen beiderseits der W.- Straße, beginnend von der Bahnunterführung bis ca. 200 m Richtung Süden, und schließlich der Parzellen entlang der S.-Straße in östlicher Richtung bis auf Höhe der Fußgängerunterführung der Bahntrasse. Dieser Siedlungsbereich werde durch die Bahntrasse in zwei völlig voneinander getrennte Siedlungsteile unterteilt. Die Bahntrasse mit ihrem Bahndamm und den Oberleitungen mit den Stahlbeton-Leitungsmasten dominiere diesen Bereich nicht nur optisch, sondern stelle auch eine strukturelle wie auch optische Trennlinie dar. Die Bebauung entlang der F.-Straße sei dicht, die Gebäude seien sowohl in einer offenen Bebauung (mit Abständen zu den Anrainergrundgrenzen) als auch vereinzelt in einer geschlossenen Bebauung ausgeführt. Sie wiesen größtenteils nur ein Vollgeschoß (Erdgeschoß) auf. Vereinzelt seien Gebäude mit zwei Vollgeschoßen vorhanden. Hier seien Gebäudehöhen bis zu ca. 8 m gegeben. Die Bebauung entlang der W.-Straße und der S.-Straße sei annähernd gleich. Die Gebäude entsprächen einer offenen Bauweise, mit Abständen zu den seitlichen Grundgrenzen. Es seien ausschließlich Ein- und Zweifamilienhäuser mit Erdgeschoß, teilweise auch mit ausgebautem Dachgeschoß vorhanden. Als Dachform sei das Satteldach vorherrschend. Entlang der W.-Straße sei zusätzlich eine teilweise sehr einheitliche Bauweise, Ausrichtung, Anordnung und Gestaltung der Wohnhäuser gegeben. Die Gebäudehöhen lägen bei diesen Gebäuden im Bereich von Giebelwänden bei ca. 6,5 m. Die Höhen der Leitungsmaste der Fahrleitungen der Bahn längen bei ca. 7 m. Es gebe keinen Bebauungsplan und keine Bebauungsvorschriften. Maßgeblich sei daher § 54 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO). Bei der gegenständlichen Anlage handle es sich nicht um ein Gebäude, sondern um eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 4 BO. An baulichen Anlagen befänden sich im Beurteilungsgebiet Stützmauern im Bereich der Unterführung und die Fahrleitungsmaste der ÖBB. Die vorgesehene Telekommunikationsanlage liege etwas außerhalb der an dieser Seite durch die Leitungsmaste gebildeten Reihe, etwa auf Höhe des ÖBB-Containers. Der Sendemast mit 22,5 m überrage die Leitungsmaste um ca. das Dreifache. Die Höhe der Systemeinheit entspreche in etwa der Höhe des ÖBB-Containers. Die Gebäudehöhen der Gebäude im Untersuchungsbereich lägen im Durchschnitt etwa bei 6,5 m. Die größte Gebäudehöhe liege im Bereich F.-Straße bei etwa 8 m. Dies entspreche etwa einem Drittel der Höhe des Sendemastes. Der Lichteinfall auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken könne weder durch die Systemeinheit noch durch den Gittermast auf Grund der Dimensionen und der durch die Gitterkonstruktion bedingten Durchsichtigkeit beeinträchtigt werden. Maßgeblich sei ferner § 56 BO. Die Systemeinheit gleiche hinsichtlich ihrer Dimensionen dem bestehenden ÖBB-Container, auch wenn dieser zum Unterschied von der Systemeinheit ein sehr kleines Gebäude darstelle. Die Systemeinheit sei eine rein technische Anlage. Trotzdem werde sie gegenüber dem ÖBB-Container, dem Bahnkörper mit den Gleisanlagen und den Oberleitungen inklusive Leitungsmaste kaum auffallen und Auswirkungen auf das vorhandene Erscheinungsbild haben. Der Sendemast sei ebenfalls ein rein technisches Bauwerk, wie die Fahrleitungen mit den Leitungsmasten und den darauf befindlichen Leitungen. Da es sich bei dem Sendemast um ein technisches Bauwerk mit völlig anderem Charakter als jenem von Gebäuden handle, sei ein Vergleich mit Gebäuden sehr schwer möglich. Der Mast habe eine sehr kleine Grundfläche und eine große Höhe. Die Höhe des Mastes übersteige die Gebäudehöhen um das bis zu Dreifache. Die Grundrissfläche habe nicht einmal annähernd die Größe eines selbst sehr kleinen Nebengebäudes. Der Mast trete nur durch seine Höhe und seine technische Struktur optisch hervor, auch wenn er durchsichtig sei. Der Sendemast werde (direkt an der Bahnlinie bei gleichzeitiger Einsicht auf die Fahrleitungen mit den Leitungsmasten) gegenüber diesen linearen, den Siedlungsraum durchschneidenden Leitungen deutlich in den Hintergrund treten. Auch wenn er um ein Vielfaches höher sei als die Leitungsmaste, werde er gegenüber der Bahn-Oberleitung in den Hintergrund treten, und so werde seine optische Wirkung wesentlich gemildert. Etwas anderes gelte für die Wirkung von jenen Bereichen aus, von denen die Fahrleitungen und der Bahndamm nicht einsehbar seien, sondern nur der die Bebauung überragende Teil des Sendemastes. Doch auch hier werde der Sendemast auf Grund seiner Grundfläche, Gitterstruktur und der damit verbundenen Durchsichtigkeit nicht allzu stark in den Vordergrund treten und das Ortsbild beeinflussen. Voraussetzung sei jedoch, dass der Gittermast inklusive der Anlagenteile in einem unauffälligen Farbton gehalten werde und keine glitzernden Teile bzw. Oberflächen vorhanden seien. Systemeinheit, Mast sowie Aufstiegshilfen und die anderen Anlagenteile wie Antennen und dergleichen sollten im gleichen unauffälligen Farbton gehalten werden.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 25. März 2009 wurde daraufhin der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 "insoweit Folge gegeben, dass sie nicht als unbegründet abzuweisen war, sondern sie wird, als Folge des Antrages der M AG um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Telekommunikationsanlage auf dem Grundstück ... auf Grund des Widerspruches zu den §§ 54 und 56 NÖ BO 1996, abgewiesen." Begründend wurde ausgeführt, dass ein Gutachten eines Amtssachverständigen eingeholt worden sei und die Grundlage für die Entscheidung gebildet habe. Der Widerspruch zu § 54 BO ergebe sich klar aus der Aussage, dass der geplante Mast die bestehende Bebauung um das Dreifache überrage. Auch eine Störung des Ortsbildes auf Grund der Differenz in der Höhe, der Abweichung von der Bauweise und der Struktur und des Charakters zwischen bebauter und geplanter Bebauung liege vor. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides sei daher dahingehend abzuändern gewesen, dass die Berufung (und damit auch der Antrag um Baubewilligung) nicht als unbegründet, sondern wegen Widerspruchs zur BO abzuweisen gewesen sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, zunächst sei zu prüfen, ob § 54 BO überhaupt anzuwenden sei. Der Landesgesetzgeber sei verfassungsrechtlich verpflichtet, raumbezogene Maßnahmen, die der Bund in seinem Kompetenzbereich setze, gehörig zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung entsprechender Vorhaben und Planungen des Bundes im Flächenwidmungsplan könne nicht nur durch entsprechende Sonderwidmungen erfolgen. Unbedenklich sei auch die Berücksichtigung der Aufgaben des Bundes durch deren Kenntlichmachung im Interesse der Vollständigkeit des Flächenwidmungsplanes. Eine Ersichtlichmachung habe aber keine bindende Wirkung, sondern nur informativen Charakter. Nach der Niederösterreichischen Planzeichenverordnung sei die flächenhafte Erkenntlichmachung der Eisenbahn im Flächenwidmungsplan anstelle einer Widmungsart durch die Abgrenzung mit Widmungsgrenzen in der Signatur Bahn für eine öffentliche Bahn und eine blaugraue Farbgebung darzustellen. Es handle sich also um keine gewidmete Verkehrsfläche nach § 18 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG). Durch eine Flächenwidmung werde die Errichtung von Eisenbahnanlagen auf Eisenbahngrund nicht erfasst. Die Bestimmungen der BO könnten nur insoweit wirksam werden, als es sich um keine Eisenbahnanlagen handle. Auch könne die örtliche Baubehörde für Eisenbahngrundstücke Bebauungsbestimmungen erlassen, die allerdings nur für bahnfremde Bauten maßgebend seien. Es sei nun offensichtlich, dass die gegenständliche Mobilfunkanlage eine eisenbahnfremde Anlage sei. Selbst dann, wenn auch Funkanlagen der ÖBB auf diesem Mast angebracht werden sollten, sei für den überwiegenden Teil der Mastnutzung der private Zweck maßgeblich und daher die Baubehörde zuständig. Es sei durchaus zulässig, auf einer als Eisenbahnfläche kenntlich gemachten Grundfläche die Bestimmungen der BO anzuwenden. Somit komme auch § 54 BO zur Anwendung. Ob ein Bauvorhaben von der vorhandenen Bebauung wesentlich abweiche, sei eine Rechtsfrage, die von der Baubehörde zu behandeln sei. Aus dem Gutachten gehe eindeutig hervor, dass der gegenständliche Mast bis zu dreimal höher sei als die vorhandenen Leitungsmaste bzw. bestehenden Gebäude. Es sei eine wesentliche Überschreitung der dort vorhandenen Höhe festzustellen. Die Gemeindebehörde habe daher zutreffend ein auffallendes Abweichen des geplanten Sendemastes von der vorhandenen Bebauung festgestellt. Das Gutachten lasse diese Auslegung grundsätzlich zu. Im Hinblick auf § 56 BO sei es ohne Relevanz, ob die Baulichkeit im Grünland oder auf einer Verkehrsfläche stehe. Für den Bereich direkt an der Bahnlinie habe der Sachverständige herausgearbeitet, dass der Mast durch die Dominanz der Leitungsmaste und der Fahrleitungen in den Hintergrund trete und seine optische Wirkung gemildert werde. Er habe aber auch ausgeführt, dass die Wirkung von Bereichen, wo die Fahrleitung und der Bahndamm nicht einsehbar seien, sondern nur der die Gebäude überragende Teil des Mastes sichtbar werde, dieser sehr wohl auffällig sei und das Ortsbild beeinflussen könne. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, dass durch die Gitterstruktur und bei Verwendung eines unauffälligen Farbtones der Mast nicht allzu sehr in den Vordergrund trete, eine grundsätzliche Beeinflussung des Ortsbildes sei von ihm aber nicht verneint worden. Die Baubehörde der Gemeinde habe entschieden, dass der Mast einerseits auffallend von der vorhandenen Bebauung in der Höhe abweiche und andererseits, dass eine harmonische Einfügung in das vorhandene Ortsbild durch die Höhe nicht mehr gegeben sei. Eine denkunmögliche oder nicht nachvollziehbare Auswertung des Gutachtens könne nicht gesehen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass § 54 BO nur im ungeregelten Baulandbereich zum Tragen komme, die belangte Behörde sich aber nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob es sich überhaupt um Bauland handle. Nach § 19 ROG gelte die gegenständliche Fläche als Grünland, da sie weder als Bauland noch als Verkehrsfläche gewidmet sei, sodass die Errichtung des Mastes nach § 19 Abs. 6 ROG möglich sei. Auf der Basis ihrer Feststellungen, ausgehend vom Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen, hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass keine wesentliche Störung des Ortsbildes vorliege und sich das Bauwerk somit in die Umgebung harmonisch einfüge. Die Auffassung, dass einzelnstehende Maste stets das Landschaftsbild störten, entspreche nicht den Intentionen des Gesetzgebers. Es sei nicht allein auf die Höhe der Anlage abzustellen, sondern auch auf die Form, die Konstruktion und den Bezug zur umliegenden Bebauung. Die Abweichung, die diesbezüglich gegeben sei, werde vom Amtssachverständigen gerade auch zur Frage der Höhe des Mastes auf Grund seiner Gitterstruktur und Grundfläche klar verneint. Ferner werde eine Telekommunikationsanlage auf einem Grundstück der ÖBB errichtet, wobei der Mast auch als Träger für die ÖBB-Fahrleitung und - Spitzenleitung dienen werde. Ein Mast, der auch als Träger für die ÖBB-Fahr- und -Spitzenleitung diene, sei Teil einer Eisenbahnanlage und diene eindeutig der Personen- und Güterbeförderung. Ein bloß allenfalls wirtschaftlicher Zusammenhang zu privaten Zwecken bestehe nicht, sondern eine konkrete technische Beziehung. Die Bauordnung sei daher nicht anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs. 1 BO regelt dieses Gesetz das Bauwesen im Land Niederösterreich. § 1 Abs. 2 Z. 1 BO sieht vor, dass durch dieses Gesetz die Zuständigkeit des Bundes für bestimmte Bauwerke (z.B. Bundesstraßen, Bergbau-, Eisenbahn-, Luftfahrts-, Verteidigungs-, Wasserkraft- und öffentliche Schifffahrtsanlagen) nicht berührt wird.

§ 54 BO in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle

LGBl. Nr. 8200-17 lautet:

"§ 54

Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich

Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

o in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht oder

o den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster

zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.

Zur Wahrung des Charakters der Bebauung dürfen hievon Ausnahmen gewährt werden, wenn dagegen keine hygienischen oder brandschutztechnischen Bedenken bestehen."

§ 56 BO in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle

LGB1. Nr. 8200-17 lautet:

"§ 56

Ortsbildgestaltung

(1) Bauwerke, die einer Bewilligung nach § 14 bedürfen oder nach § 15 der Baubehörde anzuzeigen sind, haben sich in ihre Umgebung harmonisch einzufügen.

(2) Wo noch kein Bebauungsplan gilt oder dieser Bebauungsplan entweder keine oder keine anderen Regeln zur Ortsbildgestaltung enthält, ist das Bauwerk auf seine harmonische Einfügung in die Umgebung zu prüfen.

(3) Umgebung ist jener Bereich, der vom Standort des geplanten Bauwerks optisch beeinflusst werden wird. Harmonie ist jene optische Wechselbeziehung, die sich - unabhängig von Baudetails, Stilelementen und Materialien - durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der gebauten Struktur sowie der dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und dem geplanten Bauwerk ergibt. Struktur ist die Proportion der einzelnen Baumassen und deren Anordnung zueinander.

(4) Bei der Beurteilung nach Abs. 2 ist auszugehen von o der Gestaltungscharakteristik bzw. Struktur des Baubestandes der Umgebung,

o der Charakteristik der Landschaft, soweit sie wegen des Standorts des geplanten Bauwerks in die Umgebung einzubeziehen, ist und

o den charakteristischen gestalterischen Merkmalen des geplanten Bauwerks."

Gemäß § 19 Abs. 1 ROG gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland.

Die Errichtung von Bauwerken für die Energie- und Wasserversorgung sowie für die Abwasserbeseitigung, von fernmeldetechnischen Anlagen, Messstationen und Aussichtswarten, Kapellen, Marterln und Kleindenkmälern sowie Kunstwerken darf gemäß § 19 Abs. 6 ROG in allen Grünlandwidmungsarten bewilligt werden. Windkraftanlagen dürfen jedoch nur auf solchen Flächen errichtet werden, die als Grünland-Windkraftanlagen im Flächenwidmungsplan gewidmet sind.

Eisenbahnanlagen fallen nicht in die Kompetenz des Landesgesetzgebers, weil der Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Baues von Eisenbahnen begründet (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2004, Slg. Nr. 17.424, mwN). Der Kompetenztatbestand umfasst allerdings nicht jede Bauführung auf Eisenbahngrund. Für bahnfremde Anlagen auf Eisenbahngrund sind auch die Landesbauordnungen anwendbar (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2004 und z.B. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, Zl. 2009/05/0137).

Eisenbahnanlagen, die in die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG fallen, sind Bauten, ortsfeste eisenbahntechnische Einrichtungen und Grundstücke oder Eisenbahnen, die ganz oder teilweise, unmittelbar oder mittelbar der Abwicklung oder Sicherung des Eisenbahnbetriebes oder Eisenbahnverkehrs dienen. Ein räumlicher Zusammenhang mit der Fahrbahn ist nicht erforderlich (vgl. das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2004 und z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/05/0237, mwN).

Eisenbahnanlagen sind somit Einrichtungen, die mit dem Eisenbahnbetrieb oder mit dem Eisenbahnverkehr in einem solchen Zusammenhang stehen, dass ohne sie ein geordneter Eisenbahnbetrieb oder Eisenbahnverkehr nicht möglich ist. Zu beachten ist allerdings, dass Bauten auch dann Eisenbahnanlagen sind, wenn sie nur teilweise Eisenbahnzwecken dienen. Bauten, die für sich gesehen nicht unverzichtbar für den Eisenbahnbetrieb bzw. -verkehr sind, gelten dann als Teil einer Eisenbahnanlage, wenn sie mit Bauteilen, die nach ihrer Zweckwidmung für den Eisenbahnbetrieb bzw. -verkehr notwendig sind, in bautechnischem Zusammenhang stehen und nach der Verkehrsauffassung eine bauliche Einheit bilden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996, Zl. 94/03/0314).

Ausgehend von dieser Kompetenzrechtslage hätte die belangte Behörde zunächst den Sachverhalt dahingehend klären müssen, ob der gegenständliche Mast zumindest teilweise eine Eisenbahnanlage darstellt. Darauf, dass dieser Mast überwiegend für gewerbliche Zwecke verwendet würde und die Funkanlagen der Bahn ebenso auf bereits vorhandene Maste oder am Bahnhofsgebäude angebracht werden könnten, wie die belangte Behörde in der Bescheidbegründung bzw. in ihrer Gegenschrift ausführt, kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist ausschließlich die Zweckbestimmung der konkreten Anlage, die Gegenstand des Verfahrens ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2012, mwN).

Die Behörde hat in Verkennung der dargestellten Rechtslage keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen dahingehend getroffen, ob nach den zuvor dargelegten Grundsätzen eine Eisenbahnanlage vorliegt. Wäre dies nämlich der Fall, bestünde keine Zuständigkeit der Baubehörden, nach der BO eine Entscheidung zu treffen.

Sollte sich erweisen, dass keine Eisenbahnanlage gegeben ist, würde die BO allerdings zur Anwendung kommen. Für solche Anlagen, auch wenn sie auf Eisenbahngrund liegen, wären damit auch das ROG und der Flächenwidmungsplan bzw. gegebenenfalls Bebauungsplan maßgebend. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde die genaue Lage des Bauvorhabens feststellen und daraus ableiten müssen, welche Widmungskategorie für das Bauvorhaben maßgebend ist. Sollte es sich nicht um Bauland handeln, dann wäre § 54 BO nicht heranzuziehen.

Wenn § 54 BO jedoch zum Tragen kommt, ist der belangten Behörde allerdings Recht zu geben, dass es den Gemeindebehörden nicht vorgeworfen werden kann, wenn sie eine bauliche Anlage, die dreimal so hoch wie die Umgebungsbebauung ist, als mit dieser Bestimmung unvereinbar qualifiziert haben.

Was § 56 BO betrifft, reicht es hingegen nicht aus, eine negative Entscheidung hinsichtlich des gegenständlichen Mastes ausschließlich mit dessen Höhe zu begründen. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine optische Wechselbeziehung, die sich durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der gebauten Struktur sowie den dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und dem geplanten Bauwerk ergibt, besteht und damit eine harmonische Einfügung in die Umgebung erfolgt. Dies bedeutet nicht, dass der Mast nicht höher sein dürfte als die umliegende Bebauung, Voraussetzung ist vielmehr nur, dass ein ausgewogenes Verhältnis der optischen Wechselbeziehung vorhanden ist. Im Sachverständigengutachten des Dipl. Ing. W. vom 9. Dezember 2008 wird in diesem Zusammenhang etwa festgehalten, auch wenn der Sendemast um ein Vielfaches höher sei als die Leitungsmaste, werde er gegenüber der Bahn-Oberleitung in den Hintergrund treten und werde so seine optische Wirkung wesentlich gemildert. Auch für jene Bereiche, für die die Fahrleitungen und der Bahndamm nicht einsehbar seien, gelte, dass der Sendemast nicht allzu sehr in den Vordergrund treten und das Ortsbild beeinflussen werde.

Auf der Grundlage dieser Sachverständigenäußerungen hätte die Baubehörde nicht davon ausgehen dürfen, dass lediglich die Höhe des Mastes bedingt, dass dieser wegen Widerspruchs zu § 56 BO nicht bewilligt werden könne. Die belangte Behörde hat dies nicht aufgegriffen und daher auch insoweit ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ergibt sich abgesehen davon noch aus folgenden Gründen:

An die die Aufhebung tragenden Gründe eines aufsichtsbehördlichen Bescheides sind in weiterer Folge des Verfahrens nicht nur die Gemeinde und die Aufsichtsbehörde, sondern auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden. Wenn ein aufhebender Vorstellungsbescheid in Rechtskraft erwachsen ist, ist diese Bindungswirkung der tragenden Aufhebungsgründe gegeben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. Juli 2002, Zl. 2002/05/0336, mwN).

Hat die Unterbehörde lediglich über eine verfahrensrechtliche Frage entschieden, darf die Rechtsmittelinstanz keine Entscheidung in der Verwaltungssache selbst treffen, weil damit der Partei in dieser Sachfrage eine Instanz genommen wäre. "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG und demnach Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, wenn mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist, vielmehr nur die Frage, ob die Zurückweisung zu Recht erfolgt ist (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG III, S. 955 f, Rz 62, mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Vorstellungsbehörde mit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid vom 25. Juni 2008 bindend ausgesprochen, dass sich das Bauansuchen der Beschwerdeführerin vom 4. September 2007 von dem zuvor abgehandelten Bauansuchen unterscheide und diesbezüglich keine rechtskräftig entschiedene Sache vorliege.

Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde hätte daher, da in erster Instanz durch den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 lediglich eine zurückweisende Entscheidung wegen entschiedener Sache erfolgt ist, in Bindung an die genannte Vorstellungsentscheidung auf Grund der ihm vorliegenden Berufung nicht über den Bauantrag in der Sache selbst entscheiden dürfen, sondern den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 ersatzlos zu beheben gehabt. Auf Grund der tragenden Aufhebungsgründe des Vorstellungsbescheides vom 25. Juni 2008 hätte der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde somit keineswegs über die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 in bestätigender Weise (die Berufung erneut abweisend) entscheiden dürfen.

Auch dadurch, dass die belangte Behörde somit verkannte, dass hinsichtlich der Aufhebungsgründe im Vorstellungsbescheid vom 25. Juni 2008 nicht neuerlich eine Abweisung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Oktober 2007 in Frage kam, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 16. März 2012

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