VwGH 2011/22/0242

VwGH2011/22/024213.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Maria-Theresia-Straße 9, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom 27. Juni 2011, Zl. 1/01- 1114/1/2/2009, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines armenischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG (in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009) iVm § 11 Abs. 2 NAG ab.

Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde zum einen mit dem Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG, weil der Beschwerdeführer weder seine (künftige) Selbsterhaltungsfähigkeit nachgewiesen noch eine Patenschaftserklärung vorgelegt habe. Die Einstellungszusagen des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin könnten die "bisherige Gesamtbeurteilung" nicht ersetzen, und selbst das zugesicherte Einkommen würde nicht die vom Gesetzgeber geforderten Mindestrichtsätze erreichen. Zum anderen führte die belangte Behörde aus, dass kein hoher Integrationsgrad des Beschwerdeführers vorliege; die Selbsterhaltungsfähigkeit sei zu keiner Zeit des Aufenthaltes gegeben gewesen, eine schulische und berufliche Aus- oder Weiterbildung liege nicht vor, und der Beschwerdeführer sei seit seiner illegalen Einreise im Jahr 2002 keiner Beschäftigung mit eigenem Einkommen nachgegangen; lediglich die Deutschkenntnisse seien nachgewiesen worden. Es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, die im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine andere Beurteilung als die der Asylbehörden nahelegen würden. Dazu verwies die belangte Behörde insbesondere auf den unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrags.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 44 Abs. 4 NAG ermöglicht die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" für besonders berücksichtigungswürdige "Altfälle", wofür solche Fremde in Betracht kommen, die sich zumindest seit 1. Mai 2004 durchgängig in Österreich aufhalten. Wann ein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" vorliegt, sagt das Gesetz nicht ausdrücklich. Es sieht aber vor, dass die Behörde "dabei" den Grad der Integration des Fremden, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen hat. Allfällige Bindungen zum Heimatstaat oder der Umstand des bislang gegebenen "unsicheren Aufenthaltsstatus" in Österreich können im vorliegenden Zusammenhang, weil sie nicht den Integrationsgrad betreffen, im Hinblick auf den klaren Gesetzeszweck der Bereinigung von "Altfällen" unter isolierter Bewertung allein des faktischen (zum Teil rechtmäßigen) Aufenthaltes sowie des Integrationsgrades im Bundesgebiet keine Rolle spielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2009/21/0255).

Bei der Beurteilung des Grades der Integration des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt, als sie eine - in Verfahren zur Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 4 NAG gar nicht vorgesehene - Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG iVm Art. 8 EMRK durchgeführt und dabei unter anderem dem unsicheren Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers und seinen sozialen Kontakten im Herkunftsstaat maßgebliche Bedeutung beigemessen hat.

Dennoch hat die belangte Behörde den Antrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil es schon am Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG, wonach der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen darf, gefehlt hat. Der Nachweis dieser Erteilungsvoraussetzung kann zwar nach § 44 Abs. 4 NAG auch durch eine Patenschaftserklärung erfolgen, eine solche wurde aber vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Die beiden vorgelegten Bestätigungen zum Nachweis künftiger Beschäftigungsmöglichkeiten waren nicht geeignet, das Vorhandensein ausreichender Unterhaltsmittel darzutun: Was die "Aufnahmebestätigung" vom 14. August 2009 (ebenso wie jene der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers) betrifft, so ist schon fraglich, ob sie zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 29. Juni 2011, aber auch schon zum Zeitpunkt der Antragstellung am 25. November 2010, überhaupt noch aktuell war. Vor allem aber stand sie unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass der Beschwerdeführer eine "Arbeitserlaubnis" bekomme; das Recht, eine unselbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, ist jedoch mit dem vom Beschwerdeführer beantragten Aufenthaltstitel ohne zusätzliche Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht verbunden - dass eine solche für den Beschwerdeführer erwirkt werde, wurde aber nicht behauptet. Was das e-mail der Pfarre S vom 22. Juni 2010 betrifft, so enthält es lediglich die Zusage, der Beschwerdeführer könne "gerne jederzeit zu uns kommen, um sich vorzustellen", sobald er eine "gültige Arbeitserlaubnis für Österreich" erhalte. Die "Anstellungszusage" der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers vom 21. Juni 2010 war schon auf Grund der geringen Höhe des in Aussicht gestellten Einkommens (EUR 340,-- bei einer Beschäftigung von zehn Wochenstunden) nicht geeignet, darzutun, dass Unterhaltsmittel im von § 11 Abs. 5 NAG geforderten Ausmaß vorlägen und sohin der Aufenthalt des Beschwerdeführers zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen werde.

Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 13. Oktober 2011

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